Josef Masopust: Der "tschechische Ritter"

19 Weltmeisterschaften, 19 Stars: Vor der Jubiläumsauflage im Sommer erinnert DFB.de in einer Serie an prominente und weniger bekannte Spieler, die den bisherigen WM-Turnieren ihren Stempel aufdrückten. Heute: Josef Masopust, tschechoslowakischer Held beim Turnier 1962 in Chile.

Nicht vielen Menschen ist es vergönnt, ihr eigenes Denkmal zu betrachten. Josef Masopust gehört zu den wenigen Glücklichen, denn im Jahre 2011 ließ sein früherer Klub Dukla Prag eine lebensgroße Statue zu Ehren seines wohl besten Spielers errichten. In jenem Jahr wurde die Dukla-Legende 80 und erfreute sich noch immer bester Gesundheit und Popularität. Zu seinem runden Geburtstag lud er sogar Uwe Seeler ein, und auch "Franz Beckenbauer, Hans Tilkowski und Wolfgang Overath, alle diese hervorragenden deutschen Fußballer zähle ich zu meinen Freunden."

In seinen absoluten Glanztagen kreuzten sie seine Wege allerdings nicht. Bei der aus vielerlei Gründen unspektakulären WM 1962 in Chile war immerhin Uwe Seeler zwar auch dabei, doch der DFB-Tross reiste schon nach dem vierten Spiel - damals das Viertelfinale - enttäuscht wieder ab. Im Gegensatz zu den Tschechen um ihren Anführer Josef Masopust. 1962 war er 29 Jahre und als Spielmacher unverzichtbarer Bestandteil der vielleicht besten tschechischen Elf, die es je gegeben hat.

Pelé: "Einer der besten Spieler, die ich je gesehen habe"

Als die Tschecheslowaken in Chile landeten, hatte sie allerdings niemand auf der Rechnung. Masopust erinnerte sich 2011: "Es kursierte die Meinung, wir bräuchten unsere Koffer gar nicht erst auszupacken, weil wir keine Chance hätten." Als sie im Hotel eincheckten, wurde sein Name an der Rezeption falsch geschrieben: Joseph Masapost tauften ihn die Chilenen. In Europa wäre das wohl nicht passiert, aber in Südamerika musste sich Masopust erst noch einen Namen machen. Damit ließ er sich nicht allzu viel Zeit.

Beim Überraschungssieg gegen Spanien (1:0) schon einer der Besten, eroberte Masopust beim 0:0 gegen Weltmeister Brasilien die Herzen aller neutralen Zuschauer - auch durch seine ausgesprochene Fairness. Denn der große Pelé hatte sich verletzt in dieser Partie und humpelte dem Abpfiff entgegen in Zeiten, da Auswechseln verboten war. Masopust war sein Gegenspieler und unterließ es, dem Statisten Pelé den Ball abzunehmen, was ein Leichtes gewesen wäre.

"Das war eine Geste, die ich ihm nie vergessen werde", sagte Pelé, der auch über den Fußballer Masopust voll des Lobes war: "Er war einer der besten Spieler, die ich je gesehen habe. Aber es kann nicht sein, dass er in Europa geboren wurde. Mit diesen explosiven Dribblings musste er doch ein Brasilianer sein."

Erst mit 14 in den Fußballverein

War er nicht, Masopust kam im tschechischen Bergmannsdorf Strimice am 9. Februar 1931 zur Welt und erst mit 14 auf die Idee, sich bei einem Fußballverein anzumelden. Eigentlich zu spät für die ganz große Karriere, aber sein Talent machte vieles wett, was er nie oder erst später als andere gelernt hatte. Als er 1952 zum Militär ging, wurde er delegiert und musste den FK Teplice verlassen.

Soldaten hatten gefälligst für den Armeeklub zu spielen, Masopust wurde nicht gefragt und ins Trikot des ATK (später Dukla) Prag gesteckt. Die Mannschaft war gegründet worden, um Meister zu werden, und sie wurde fast jedes Jahr Meister. Popularität genoss sie nicht und ihre Stars schon gar nicht. Auch Masopust hatte darunter zu leiden, im FIFA-Porträt ist gar von einem "nationalen Bösewicht" die Rede. Nach Chile war er ein Held.

Einziger WM-Treffer im Endspiel 1962 gegen Brasilien

Die Mannschaft erreichte dort sensationell das Finale, bis zu dem Masopust keine WM-Sekunde verpasst und stets Bestnoten erhalten hatte. Dann kam es zum Wiedersehen mit Brasilien, das sich mit 3:1 behauptete, aber immerhin schoss Josef Masopust endlich sein erstes WM-Tor.

"Die 16. Minute brachte die überraschende Führung der Tschechoslowakei. Masopust, einer der besten Außenläufer dieses Turniers, schaltete sich großartig in den Angriff ein. Als Pospichal in die Gasse spielte und Brasiliens Torwart Gilmar etwas spät reagierte, lief der Ball an drei Brasilianern vorbei und wurde von Masopust unhaltbar verwandelt", dokumentierte das Sport Magazin den einzigen WM-Treffer Masopusts, der schon 1958 in Schweden dabei gewesen war.

Europas Fußballer des Jahres 1962

Ein klassischer Torjäger war der 1,71 Meter große "Pepi", wie ihn seine Freunde riefen, nicht, er war eher der elegante und dynamische Vorbereiter. Schon weit bevor sie ihm in Prag sein Denkmal errichteten, wurde ein Dribbling nach ihm benannt. In Tschechien weiß jedes fußballbegeisterte Kind, was ein "Masopustovsky-Slalom" ist.

Als Vizeweltmeister kehrte Masopust aus Chile zurück, die Krönung des Jahres stand ihm aber noch bevor: Er wurde zu Europas Fußballer des Jahres 1962 gewählt. 1963 folgte die schon überfällige Berufung in die Weltauswahl, 1964 führte er die Europaauswahl als Kapitän aufs Feld. Erst im Alter von 35 Jahren beendete Masopust, den man seit Chile auch "den tschechischen Ritter" nannte, seine Länderspielkarriere.

Stratege auch als tschechischer Nationaltrainer

Zwei Jahre später durfte er ins westliche Ausland, was auch verdienten Stars in Zeiten des Kalten Krieges nur am Abend der Karriere gestattet war. So schoss er seine letzten Tore für den belgischen Verein Crossing Molenbeek.

Sein Denkmal aber steht in Prag, wohin es ihn schon bald wieder zog. Denn der Stratege auf dem Feld erwies sich auch als solcher auf der Bank: zunächst bei Dukla Prag und am Ende gar als tschechischer Nationaltrainer. Im April 1985 traf Josef Masopust in der WM-Qualifikation auf die deutsche Mannschaft. Vor dem mit 1:5 verlorenen Spiel sagte er dem kicker: "Mir fehlt ein überragender Dirigent im Mittelfeld." Einer wie ich sagte er nicht - vermessen wäre es nicht gewesen.

JOSEF MASOPUST

Geburtsdatum: 9. Februar 1931
Nationalität: Tschecheslowake
Länderspiele/Tore: 63/11
WM-Spiele/Tore: 10 Spiele/1 Tor (1958 und 1962)
Vereine als Spieler: SK Most (1948 bis 1950), FK Teplice (1950 bis 1952), Dukla Prag (1952 bis 1968), Crossing Molenbeek (1968 bis 1970)
Größte Erfolge im Nationalteam: Vizeweltmeister 1962
Größte Erfolge im Verein: Achtmal tschechoslowakischer Meister
Auszeichnungen: Europas Fußballer des Jahres 1962

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19 Weltmeisterschaften, 19 Stars: Vor der Jubiläumsauflage im Sommer erinnert DFB.de in einer Serie an prominente und weniger bekannte Spieler, die den bisherigen WM-Turnieren ihren Stempel aufdrückten. Heute: Josef Masopust, tschechoslowakischer Held beim Turnier 1962 in Chile.

Nicht vielen Menschen ist es vergönnt, ihr eigenes Denkmal zu betrachten. Josef Masopust gehört zu den wenigen Glücklichen, denn im Jahre 2011 ließ sein früherer Klub Dukla Prag eine lebensgroße Statue zu Ehren seines wohl besten Spielers errichten. In jenem Jahr wurde die Dukla-Legende 80 und erfreute sich noch immer bester Gesundheit und Popularität. Zu seinem runden Geburtstag lud er sogar Uwe Seeler ein, und auch "Franz Beckenbauer, Hans Tilkowski und Wolfgang Overath, alle diese hervorragenden deutschen Fußballer zähle ich zu meinen Freunden."

In seinen absoluten Glanztagen kreuzten sie seine Wege allerdings nicht. Bei der aus vielerlei Gründen unspektakulären WM 1962 in Chile war immerhin Uwe Seeler zwar auch dabei, doch der DFB-Tross reiste schon nach dem vierten Spiel - damals das Viertelfinale - enttäuscht wieder ab. Im Gegensatz zu den Tschechen um ihren Anführer Josef Masopust. 1962 war er 29 Jahre und als Spielmacher unverzichtbarer Bestandteil der vielleicht besten tschechischen Elf, die es je gegeben hat.

Pelé: "Einer der besten Spieler, die ich je gesehen habe"

Als die Tschecheslowaken in Chile landeten, hatte sie allerdings niemand auf der Rechnung. Masopust erinnerte sich 2011: "Es kursierte die Meinung, wir bräuchten unsere Koffer gar nicht erst auszupacken, weil wir keine Chance hätten." Als sie im Hotel eincheckten, wurde sein Name an der Rezeption falsch geschrieben: Joseph Masapost tauften ihn die Chilenen. In Europa wäre das wohl nicht passiert, aber in Südamerika musste sich Masopust erst noch einen Namen machen. Damit ließ er sich nicht allzu viel Zeit.

Beim Überraschungssieg gegen Spanien (1:0) schon einer der Besten, eroberte Masopust beim 0:0 gegen Weltmeister Brasilien die Herzen aller neutralen Zuschauer - auch durch seine ausgesprochene Fairness. Denn der große Pelé hatte sich verletzt in dieser Partie und humpelte dem Abpfiff entgegen in Zeiten, da Auswechseln verboten war. Masopust war sein Gegenspieler und unterließ es, dem Statisten Pelé den Ball abzunehmen, was ein Leichtes gewesen wäre.

"Das war eine Geste, die ich ihm nie vergessen werde", sagte Pelé, der auch über den Fußballer Masopust voll des Lobes war: "Er war einer der besten Spieler, die ich je gesehen habe. Aber es kann nicht sein, dass er in Europa geboren wurde. Mit diesen explosiven Dribblings musste er doch ein Brasilianer sein."

Erst mit 14 in den Fußballverein

War er nicht, Masopust kam im tschechischen Bergmannsdorf Strimice am 9. Februar 1931 zur Welt und erst mit 14 auf die Idee, sich bei einem Fußballverein anzumelden. Eigentlich zu spät für die ganz große Karriere, aber sein Talent machte vieles wett, was er nie oder erst später als andere gelernt hatte. Als er 1952 zum Militär ging, wurde er delegiert und musste den FK Teplice verlassen.

Soldaten hatten gefälligst für den Armeeklub zu spielen, Masopust wurde nicht gefragt und ins Trikot des ATK (später Dukla) Prag gesteckt. Die Mannschaft war gegründet worden, um Meister zu werden, und sie wurde fast jedes Jahr Meister. Popularität genoss sie nicht und ihre Stars schon gar nicht. Auch Masopust hatte darunter zu leiden, im FIFA-Porträt ist gar von einem "nationalen Bösewicht" die Rede. Nach Chile war er ein Held.

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Einziger WM-Treffer im Endspiel 1962 gegen Brasilien

Die Mannschaft erreichte dort sensationell das Finale, bis zu dem Masopust keine WM-Sekunde verpasst und stets Bestnoten erhalten hatte. Dann kam es zum Wiedersehen mit Brasilien, das sich mit 3:1 behauptete, aber immerhin schoss Josef Masopust endlich sein erstes WM-Tor.

"Die 16. Minute brachte die überraschende Führung der Tschechoslowakei. Masopust, einer der besten Außenläufer dieses Turniers, schaltete sich großartig in den Angriff ein. Als Pospichal in die Gasse spielte und Brasiliens Torwart Gilmar etwas spät reagierte, lief der Ball an drei Brasilianern vorbei und wurde von Masopust unhaltbar verwandelt", dokumentierte das Sport Magazin den einzigen WM-Treffer Masopusts, der schon 1958 in Schweden dabei gewesen war.

Europas Fußballer des Jahres 1962

Ein klassischer Torjäger war der 1,71 Meter große "Pepi", wie ihn seine Freunde riefen, nicht, er war eher der elegante und dynamische Vorbereiter. Schon weit bevor sie ihm in Prag sein Denkmal errichteten, wurde ein Dribbling nach ihm benannt. In Tschechien weiß jedes fußballbegeisterte Kind, was ein "Masopustovsky-Slalom" ist.

Als Vizeweltmeister kehrte Masopust aus Chile zurück, die Krönung des Jahres stand ihm aber noch bevor: Er wurde zu Europas Fußballer des Jahres 1962 gewählt. 1963 folgte die schon überfällige Berufung in die Weltauswahl, 1964 führte er die Europaauswahl als Kapitän aufs Feld. Erst im Alter von 35 Jahren beendete Masopust, den man seit Chile auch "den tschechischen Ritter" nannte, seine Länderspielkarriere.

Stratege auch als tschechischer Nationaltrainer

Zwei Jahre später durfte er ins westliche Ausland, was auch verdienten Stars in Zeiten des Kalten Krieges nur am Abend der Karriere gestattet war. So schoss er seine letzten Tore für den belgischen Verein Crossing Molenbeek.

Sein Denkmal aber steht in Prag, wohin es ihn schon bald wieder zog. Denn der Stratege auf dem Feld erwies sich auch als solcher auf der Bank: zunächst bei Dukla Prag und am Ende gar als tschechischer Nationaltrainer. Im April 1985 traf Josef Masopust in der WM-Qualifikation auf die deutsche Mannschaft. Vor dem mit 1:5 verlorenen Spiel sagte er dem kicker: "Mir fehlt ein überragender Dirigent im Mittelfeld." Einer wie ich sagte er nicht - vermessen wäre es nicht gewesen.

JOSEF MASOPUST

Geburtsdatum: 9. Februar 1931
Nationalität: Tschecheslowake
Länderspiele/Tore: 63/11
WM-Spiele/Tore: 10 Spiele/1 Tor (1958 und 1962)
Vereine als Spieler: SK Most (1948 bis 1950), FK Teplice (1950 bis 1952), Dukla Prag (1952 bis 1968), Crossing Molenbeek (1968 bis 1970)
Größte Erfolge im Nationalteam: Vizeweltmeister 1962
Größte Erfolge im Verein: Achtmal tschechoslowakischer Meister
Auszeichnungen: Europas Fußballer des Jahres 1962