Joachim Löw: "Wir arbeiten optimal zusammen"

Der 25. Oktober war für Bundestrainer Joachim Löw, seinen Assistenten Hans-Dieter Flick, Torwart-Trainer Andreas Köpke und Chefscout Urs Siegenthaler ein besonderer Tag. Vor dem Festakt des DFB-Bundestages im Staatstheater in Mainz verlängerten sie gemeinsam ihre Verträge bis nach der WM 2010.

Damit sind sie gemeinsam mit Oliver Bierhoff, dessen Vertrag als Nationalmannschaftsmanager bereits vor der WM 2006 um weitere vier Jahre verlängert worden war, weiterhin die Denker und Lenker rund um die deutsche Nationalmannschaft. DFB-Kommunikationsdirektor Harald Stenger befragt den Bundestrainer im aktuellen "DFB.de-Gespräch der Woche" über die Perspektiven seiner Arbeit.

Frage: Joachim Löw, lange war die Rede davon, dass das Trainerteam von Turnier zu Turnier denkt und erst nach der EURO 2008 über die Vertragsverlängerung verhandelt wird. Warum nun die vorzeitige Entscheidung?

Joachim Löw: Oliver Bierhoff kam im Auftrag von DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger und des neuen Generalsekretärs Wolfgang Niersbach auf uns zu und hat vorgeschlagen, das Thema schneller anzugehen. Da uns die EM-Qualifikation bereits Mitte Oktober gelungen ist, haben wir dann nach den beiden letzten Länderspielen das Gespräch gesucht, unsere Positionen ausgetauscht und sind uns schnell einig geworden. Alle Beteiligten können damit sehr zufrieden sein, denn nun herrscht erst einmal Klarheit für fast drei Jahre. Für uns war wichtig, dass wir die optimale Unterstützung der DFB-Verantwortlichen bei der Umsetzung unserer Fußball-Philosophie spüren.

Frage: Waren die Gespräche schwierig?

Joachim Löw: Nein, überhaupt nicht. Das zeigt allein, wie zügig wir zu einem Abschluss gekommen sind.

Frage: Demnach könnte das Vertrauen des DFB-Präsidiums in den Bundestrainer und seine Kollegen nicht größer sein.

Joachim Löw: Es hat uns echt gefreut, dass Dr. Zwanziger bei seiner kurzen Ansprache beim Essen nach der EM-Qualifikation in Dublin in besonderer Weise vor der Mannschaft deren Entwicklung gelobt und gleichzeitig deutlich gemacht hat, dass er viel Vertrauen in die Arbeit des kompletten Teams bei der Nationalmannschaft hat. Das betrifft nicht nur die Trainer, sondern auch die Spieler und Betreuer – wir arbeiten derzeit in der Tat optimal zusammen.

Frage: Gibt es Ideen, was noch verbessert werden kann, oder neue Konzepte, die im Blick auf die EM-Vorbereitung kurzfristig umgesetzt werden sollen?

Joachim Löw: Es gibt nichts, was nicht schon bekannt ist. Wir wissen, dass wir uns nicht auf den Erfolgen der WM 2006 ausruhen können, zumal ich bei aller Glorifizierung des Sommermärchens in der Öffentlichkeit sofort bei meinem Amtsantritt als Nachfolger von Jürgen Klinsmann immer allen gesagt habe, dass Nostalgie absolut deplatziert ist. Wir müssen nach vorne schauen – ehrgeiziger und konzentrierter denn je. Denn die EURO 2008 ist ein hochkarätig besetztes Turnier.

Frage: Schwingt da die Angst mit, dass es der DFB-Auswahl wie bei der EM 2004 gehen könnte: Als Vize-Weltmeister nach Portugal angereist, in der Vorrunde ausgeschieden...

Joachim Löw: Nein. Ich bin überzeugt davon, dass unsere Mannschaft stabiler geworden ist. Wir dürfen uns aber nicht überschätzen oder selbstzufrieden sein. Die Europameisterschaft vor vier Jahren hat gezeigt, dass es hier im Gegensatz zur WM praktisch keine leichten Gegner zum Einspielen gibt und das Turnier von Anfang an auf höchstem Niveau gespielt wird.

Frage: Wie ist das Teilnehmerfeld in der Schweiz und Österreich zu beurteilen?

Joachim Löw: Es spricht für die Ausgeglichenheit des europäischen Fußballs, dass einige große und etabliere Nationen noch um die Teilnahme an der EURO bangen müssen, allen voran die Engländer. Es wird im kommenden Sommer – wie immer – etwa ein halbes Dutzend Favoriten geben, und dazu gehört natürlich auch unser Team. Wir warten jetzt mal voller Spannung die EM-Auslosung am 2. Dezember in Luzern ab. Und danach werden wir uns intensiv mit unseren Vorrundengegner beschäftigen.

Frage: Damit wären wir wieder beim Trainer-Team. Was sind die Ziele unter den neuen Vorzeichen der Vertragsverlängerung bis 2010?

Joachim Löw: Im Grunde genommen bleiben sie erst mal unverändert: Wir wollen bei der EM schönen Fußball spielen und den Titel gewinnen. An die WM in Südafrika denken wir zur Stunde überhaupt nicht. Insgesamt gehe ich die neue Etappe als Bundestrainer genauso optimistisch wie die gesamte Arbeit seit meinem ersten Tag in DFB-Diensten an. Unser Hauptanliegen ist es von jeher, die Entwicklung der Mannschaften des DFB und damit die des Fußballs in Deutschland voranzubringen. Dieses Ziel werden wir Trainer gemeinsam mit Matthias Sammer und Oliver Bierhoff mit aller Vehemenz und Energie verfolgen. Individuell, technisch und taktisch sind weiterhin Verbesserungen drin. Sicher muss bei allen strukturellen Überlegungen der Wille zum sportlichen Erfolg dominieren. Andererseits kann das Ergebnisdenken nicht permanent absolute Priorität haben.

Frage: Zur aktuellen Situation: Nach der frühzeitigen EM-Qualifikation durch das 0:0 gegen Irland in Dublin folgte ein 0:3 gegen Tschechien in München. Es gab danach verständlicherweise Kritik am Spiel, vor allem die Zuschauer im Stadion waren enttäuscht.

Joachim Löw: Ich habe das unmittelbar nach dem Abpfiff in der Pressekonferenz gesagt und kann das mit der nötigen Distanz nur wiederholen: Diese Mannschaft hat keine Pfiffe verdient. Ihre Einstellung stimmt. Gegen Tschechien konnten wir aber die Dinge nicht so umsetzen, wie wir uns das vorgestellt hatten. Organisation, Tempo, Spiel ohne Ball – das war nicht so gut wie in den vorausgegangenen Begegnungen. Außerdem hatte ich gerade nach der Sommerpause mehrfach mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass wir längst nicht da sind, wo ich es mir vorstelle. Ich bin jedoch sicher, dass wir aus der jüngsten Niederlage wieder einiges lernen werden.

Frage: Folgten deshalb zuletzt einige unruhige Stunden?

Joachim Löw: Nein, warum denn? Wir haben zuletzt vielen jungen Spielern eine Chance gegeben, die diese durchaus genutzt haben. Es werden einige bewährte und routinierte Kräfte, die wegen Verletzung gefehlt haben, bald wieder fit sein. Wir haben Substanz im Team. Wichtig wird doch sein, was 2008 ist. Wenn die Vorbereitung los geht, müssen alle Mann an Bord und in guter Verfassung sein – und dann bereiten wir uns intensiv auf die EURO vor.

Das Video-Interview mit Bundestrainer Joachim Löw finden Sie hier.

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Der 25. Oktober war für Bundestrainer Joachim Löw, seinen Assistenten Hans-Dieter Flick, Torwart-Trainer Andreas Köpke und Chefscout Urs Siegenthaler ein besonderer Tag. Vor dem Festakt des DFB-Bundestages im Staatstheater in Mainz verlängerten sie gemeinsam ihre Verträge bis nach der WM 2010.

Damit sind sie gemeinsam mit Oliver Bierhoff, dessen Vertrag als Nationalmannschaftsmanager bereits vor der WM 2006 um weitere vier Jahre verlängert worden war, weiterhin die Denker und Lenker rund um die deutsche Nationalmannschaft. DFB-Kommunikationsdirektor Harald Stenger befragt den Bundestrainer im aktuellen "DFB.de-Gespräch der Woche" über die Perspektiven seiner Arbeit.

Frage: Joachim Löw, lange war die Rede davon, dass das Trainerteam von Turnier zu Turnier denkt und erst nach der EURO 2008 über die Vertragsverlängerung verhandelt wird. Warum nun die vorzeitige Entscheidung?

Joachim Löw: Oliver Bierhoff kam im Auftrag von DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger und des neuen Generalsekretärs Wolfgang Niersbach auf uns zu und hat vorgeschlagen, das Thema schneller anzugehen. Da uns die EM-Qualifikation bereits Mitte Oktober gelungen ist, haben wir dann nach den beiden letzten Länderspielen das Gespräch gesucht, unsere Positionen ausgetauscht und sind uns schnell einig geworden. Alle Beteiligten können damit sehr zufrieden sein, denn nun herrscht erst einmal Klarheit für fast drei Jahre. Für uns war wichtig, dass wir die optimale Unterstützung der DFB-Verantwortlichen bei der Umsetzung unserer Fußball-Philosophie spüren.

Frage: Waren die Gespräche schwierig?

Joachim Löw: Nein, überhaupt nicht. Das zeigt allein, wie zügig wir zu einem Abschluss gekommen sind.

Frage: Demnach könnte das Vertrauen des DFB-Präsidiums in den Bundestrainer und seine Kollegen nicht größer sein.

Joachim Löw: Es hat uns echt gefreut, dass Dr. Zwanziger bei seiner kurzen Ansprache beim Essen nach der EM-Qualifikation in Dublin in besonderer Weise vor der Mannschaft deren Entwicklung gelobt und gleichzeitig deutlich gemacht hat, dass er viel Vertrauen in die Arbeit des kompletten Teams bei der Nationalmannschaft hat. Das betrifft nicht nur die Trainer, sondern auch die Spieler und Betreuer – wir arbeiten derzeit in der Tat optimal zusammen.

Frage: Gibt es Ideen, was noch verbessert werden kann, oder neue Konzepte, die im Blick auf die EM-Vorbereitung kurzfristig umgesetzt werden sollen?

Joachim Löw: Es gibt nichts, was nicht schon bekannt ist. Wir wissen, dass wir uns nicht auf den Erfolgen der WM 2006 ausruhen können, zumal ich bei aller Glorifizierung des Sommermärchens in der Öffentlichkeit sofort bei meinem Amtsantritt als Nachfolger von Jürgen Klinsmann immer allen gesagt habe, dass Nostalgie absolut deplatziert ist. Wir müssen nach vorne schauen – ehrgeiziger und konzentrierter denn je. Denn die EURO 2008 ist ein hochkarätig besetztes Turnier.

Frage: Schwingt da die Angst mit, dass es der DFB-Auswahl wie bei der EM 2004 gehen könnte: Als Vize-Weltmeister nach Portugal angereist, in der Vorrunde ausgeschieden...

Joachim Löw: Nein. Ich bin überzeugt davon, dass unsere Mannschaft stabiler geworden ist. Wir dürfen uns aber nicht überschätzen oder selbstzufrieden sein. Die Europameisterschaft vor vier Jahren hat gezeigt, dass es hier im Gegensatz zur WM praktisch keine leichten Gegner zum Einspielen gibt und das Turnier von Anfang an auf höchstem Niveau gespielt wird.

Frage: Wie ist das Teilnehmerfeld in der Schweiz und Österreich zu beurteilen?

Joachim Löw: Es spricht für die Ausgeglichenheit des europäischen Fußballs, dass einige große und etabliere Nationen noch um die Teilnahme an der EURO bangen müssen, allen voran die Engländer. Es wird im kommenden Sommer – wie immer – etwa ein halbes Dutzend Favoriten geben, und dazu gehört natürlich auch unser Team. Wir warten jetzt mal voller Spannung die EM-Auslosung am 2. Dezember in Luzern ab. Und danach werden wir uns intensiv mit unseren Vorrundengegner beschäftigen.

Frage: Damit wären wir wieder beim Trainer-Team. Was sind die Ziele unter den neuen Vorzeichen der Vertragsverlängerung bis 2010?

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Joachim Löw: Im Grunde genommen bleiben sie erst mal unverändert: Wir wollen bei der EM schönen Fußball spielen und den Titel gewinnen. An die WM in Südafrika denken wir zur Stunde überhaupt nicht. Insgesamt gehe ich die neue Etappe als Bundestrainer genauso optimistisch wie die gesamte Arbeit seit meinem ersten Tag in DFB-Diensten an. Unser Hauptanliegen ist es von jeher, die Entwicklung der Mannschaften des DFB und damit die des Fußballs in Deutschland voranzubringen. Dieses Ziel werden wir Trainer gemeinsam mit Matthias Sammer und Oliver Bierhoff mit aller Vehemenz und Energie verfolgen. Individuell, technisch und taktisch sind weiterhin Verbesserungen drin. Sicher muss bei allen strukturellen Überlegungen der Wille zum sportlichen Erfolg dominieren. Andererseits kann das Ergebnisdenken nicht permanent absolute Priorität haben.

Frage: Zur aktuellen Situation: Nach der frühzeitigen EM-Qualifikation durch das 0:0 gegen Irland in Dublin folgte ein 0:3 gegen Tschechien in München. Es gab danach verständlicherweise Kritik am Spiel, vor allem die Zuschauer im Stadion waren enttäuscht.

Joachim Löw: Ich habe das unmittelbar nach dem Abpfiff in der Pressekonferenz gesagt und kann das mit der nötigen Distanz nur wiederholen: Diese Mannschaft hat keine Pfiffe verdient. Ihre Einstellung stimmt. Gegen Tschechien konnten wir aber die Dinge nicht so umsetzen, wie wir uns das vorgestellt hatten. Organisation, Tempo, Spiel ohne Ball – das war nicht so gut wie in den vorausgegangenen Begegnungen. Außerdem hatte ich gerade nach der Sommerpause mehrfach mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass wir längst nicht da sind, wo ich es mir vorstelle. Ich bin jedoch sicher, dass wir aus der jüngsten Niederlage wieder einiges lernen werden.

Frage: Folgten deshalb zuletzt einige unruhige Stunden?

Joachim Löw: Nein, warum denn? Wir haben zuletzt vielen jungen Spielern eine Chance gegeben, die diese durchaus genutzt haben. Es werden einige bewährte und routinierte Kräfte, die wegen Verletzung gefehlt haben, bald wieder fit sein. Wir haben Substanz im Team. Wichtig wird doch sein, was 2008 ist. Wenn die Vorbereitung los geht, müssen alle Mann an Bord und in guter Verfassung sein – und dann bereiten wir uns intensiv auf die EURO vor.

Das Video-Interview mit Bundestrainer Joachim Löw finden Sie hier.