Jenas Andreas Zimmermann: "Zeit der Rechnerei ist vorbei"

[bild1]

"Berliner sind Chamäleons und können sich überall anpassen", so jüngst Kevin-Prince Boateng vom Bundesligisten FC Schalke 04. Das dürfte wohl auch auf den gebürtigen Berliner Andreas Zimmermann zutreffen, der vor kurzem das Traineramt beim Nordost-Regionalligisten FC Carl Zeiss Jena übernommen hat. Nach optimalen sechs Punkten aus den ersten beiden Partien unter der Regie des ehemaligen Profis von Hertha BSC und Union Berlin schöpft der ambitionierte Traditionsverein aus Thüringen neue Hoffnung im Rennen um die Meisterschaft.

Im Profigeschäft war Andreas Zimmermann, der in Jena die Nachfolge von Petrik Sander angetreten hat, kurzzeitig bereits als Interimstrainer beim ehemaligen Zweitligisten Rot Weiss Ahlen tätig. Nach seiner Ausbildung zum Fußball-Lehrer 2011 (unter anderem mit den jetzigen Bundesligatrainern Thomas Schneider und Markus Gisdol) arbeitete der 43-Jährige zuletzt im Nachwuchsbereich des FC Ingolstadt 04.

Im DFB.de-Interview mit dem Journalisten Dominik Sander spricht Andreas Zimmermann, dessen Frau und 15-jährige Tochter im westfälischen Werl leben, über die Stimmung nach dem überwundenen Fehlstart, den Stellenwert des Nachwuchsleistungszentrums in Jena und seine "Eichhörnchen-Taktik".

DFB.de: Zwei Spiele, sechs Punkte, kein Gegentor. Kommt der als Aufstiegsfavorit gestartete FC Carl Zeiss Jena nun ins Rollen, Herr Zimmermann?

Andreas Zimmermann: Ich würde eher sagen: Wir sind auf dem richtigen Weg. In Jena ist noch längst nicht alles Gold, was glänzt. Trotz der beiden Partien ohne Gegentor haben wir unseren Gegnern einige Torchancen ermöglicht. Nun kommt es auch darauf an, die Feinheiten einzustudieren. Dafür reicht es nicht, nur an ein bis zwei Stellschrauben zu drehen.

DFB.de: Ist die Stimmung innerhalb der Mannschaft nach dem allenfalls durchwachsenen Saisonstart denn nun etwas gelöster?

Zimmermann: Ja klar. Vor allem nach dem jüngsten 1:0-Auswärtssieg beim SV Babelsberg 03 in Unterzahl wirkten die Jungs sehr erleichtert. Die gute Stimmung ist in der jetzigen Phase sehr wichtig, damit wir in Ruhe arbeiten können.

DFB.de: Sie bezeichnen sich selbst als "akribisch und detailverliebt". Was konnten Sie in der bisher kurzen Zeit beim FCC alles verändern?

Zimmermann: Zunächst einmal habe ich vorab intensiv die Namen gelernt, damit ich alle Spieler schon nach einem Tag persönlich ansprechen konnte. In den ersten Trainingseinheiten und Spielen ging es darum, die Balance zwischen einer variablen Offensive und einer kompakten Defensive herzustellen. Jetzt nach zwei Wochen zu sagen, dass alles perfekt läuft, wäre zu einfach. Auch wenn es Rückschläge gibt, müssen wir uns weiter stabilisieren.

DFB.de: Haben Sie privat von Jena schon mehr gesehen als Stadion und Trainingsplatz?

Zimmermann: Ein wenig habe ich mich schon umgesehen. Jena ist eine Studentenstadt mit vielen jungen und freundlichen Leuten. Das gefällt mir. Allerdings bin ich nicht als Tourist, sondern zum Arbeiten nach Jena gekommen. Und wir haben eine Menge Arbeit vor der Brust.

DFB.de: Zuvor waren Sie für den FC Ingolstadt 04 als U 19-Trainer tätig. Wie ist bei rund 40 Bewerbungen von anderen Kandidaten der Kontakt nach Jena entstanden?

Zimmermann: Über einen Freund kam es einem Gespräch mit Präsident Rainer Zipfel. Wir haben uns nur einmal getroffen, da der Verein auch mit anderen Kandidaten in Kontakt stand. Daher freue ich mich umso mehr, dass die Wahl auf mich gefallen ist.

DFB.de: In Ingolstadt waren Sie maßgeblich am Aufbau des Nachwuchsleistungszentrums beteiligt. Wie genau haben Sie die Jugend beim FCC im Blick?

Zimmermann: Genauso intensiv wie in Ingolstadt oder zuvor bei Rot Weiss Ahlen. Beim 6:0-Derbysieg der A-Jugend gegen Rot-Weiß Erfurt saß ich auf der Tribüne. Auch in den nächsten Tagen werden regelmäßig Spieler aus der U 19 und U 23 bei uns mittrainieren, damit ich die Jungs auch menschlich etwas besser kennen lerne.

DFB.de: Der erst 19-jährige Innenverteidiger Marius Grösch erkämpfte sich seit Ihrem Amtsantritt einen Stammplatz!

Zimmermann: Für mich spielt es keine Rolle, ob ein Spieler 19 oder 29 Jahre alt ist. Es zählt nur die Leistung. Marius Grösch hat sich im Training gut präsentiert und auch in den beiden Spielen überzeugt. Er ist ein Junge aus unserem Internat und unterstreicht die gute Nachwuchsarbeit in Jena.

DFB.de: Der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Reinhardt Töpel hat in einem Interview die schon vor Saisonbeginn formulierte Zielsetzung "Aufstieg in die 3. Liga" noch einmal unterstrichen. Wie gehen Sie mit diesem Druck um?

[bild2]

Zimmermann: Mit unseren beiden Siegen haben wir neue Euphorie entfacht. Doch ich bleibe auf dem Boden und rede mit der Mannschaft nicht über solche Dinge. Unsere Quintessenz lautet: Wir wollen bis zur Winterpause Punkte sammeln wie fleißige Eichhörnchen und dann sehen, was möglich ist. Die Zeit der großen Rechnerei ist in Jena vorbei.

DFB.de: Aktuell führt der Berliner AK die Tabelle knapp vor der TSG Neustrelitz und der Reserve Ihres Ex-Klubs 1. FC Union Berlin an. Wen erwarten Sie am Saisonende als stärkste Konkurrenten um die Meisterschaft?

Zimmermann: Ich kann nicht in die Zukunft schauen, aber es gibt auch in dieser Saison Überraschungen. Wobei mich speziell das bisherige Abschneiden der Union-Reserve nicht groß überrascht hat. In dieser jungen Mannschaft steckt großes Potenzial und man erkennt eine klare Entwicklung. Der Berliner AK hat auf die Abgänge einiger Stammkräfte wie Justin Gerlach oder Filip Krstic, die nun für Jena spielen, mit starken Verpflichtungen reagiert. Neustrelitz verfügt mit dem ehemaligen Nationalspieler Thomas Brdaric über einen absoluten Top-Trainer. Auch den 1. FC Magdeburg schreibe ich trotz einiger Dämpfer noch längst nicht ab.

DFB.de: Das Ernst-Abbe-Sportfeld, das im Sommer wegen der Flut komplett unter Wasser stand, soll in den nächsten Jahren zu einer modernen Multifunktionsarena umgebaut werden. Welche Perspektiven sehen Sie in den nächsten Jahren?

Zimmermann: Zwar ist in Sachen Stadionumbau noch nicht alles in trockenen Tüchern, aber es wäre für Jena und die gesamte Region eine super Sache. Wir tun aber gut daran, uns nicht so viel mit Zukunftsmusik, sondern lieber mit dem nächsten Spiel zu beschäftigen. Gegen den Tabellenletzten 1. FC Lokomotive Leipzig erwartet von uns am Sonntag jeder einen Dreier.

[mspw]

[bild1]

"Berliner sind Chamäleons und können sich überall anpassen", so jüngst Kevin-Prince Boateng vom Bundesligisten FC Schalke 04. Das dürfte wohl auch auf den gebürtigen Berliner Andreas Zimmermann zutreffen, der vor kurzem das Traineramt beim Nordost-Regionalligisten FC Carl Zeiss Jena übernommen hat. Nach optimalen sechs Punkten aus den ersten beiden Partien unter der Regie des ehemaligen Profis von Hertha BSC und Union Berlin schöpft der ambitionierte Traditionsverein aus Thüringen neue Hoffnung im Rennen um die Meisterschaft.

Im Profigeschäft war Andreas Zimmermann, der in Jena die Nachfolge von Petrik Sander angetreten hat, kurzzeitig bereits als Interimstrainer beim ehemaligen Zweitligisten Rot Weiss Ahlen tätig. Nach seiner Ausbildung zum Fußball-Lehrer 2011 (unter anderem mit den jetzigen Bundesligatrainern Thomas Schneider und Markus Gisdol) arbeitete der 43-Jährige zuletzt im Nachwuchsbereich des FC Ingolstadt 04.

Im DFB.de-Interview mit dem Journalisten Dominik Sander spricht Andreas Zimmermann, dessen Frau und 15-jährige Tochter im westfälischen Werl leben, über die Stimmung nach dem überwundenen Fehlstart, den Stellenwert des Nachwuchsleistungszentrums in Jena und seine "Eichhörnchen-Taktik".

DFB.de: Zwei Spiele, sechs Punkte, kein Gegentor. Kommt der als Aufstiegsfavorit gestartete FC Carl Zeiss Jena nun ins Rollen, Herr Zimmermann?

Andreas Zimmermann: Ich würde eher sagen: Wir sind auf dem richtigen Weg. In Jena ist noch längst nicht alles Gold, was glänzt. Trotz der beiden Partien ohne Gegentor haben wir unseren Gegnern einige Torchancen ermöglicht. Nun kommt es auch darauf an, die Feinheiten einzustudieren. Dafür reicht es nicht, nur an ein bis zwei Stellschrauben zu drehen.

DFB.de: Ist die Stimmung innerhalb der Mannschaft nach dem allenfalls durchwachsenen Saisonstart denn nun etwas gelöster?

Zimmermann: Ja klar. Vor allem nach dem jüngsten 1:0-Auswärtssieg beim SV Babelsberg 03 in Unterzahl wirkten die Jungs sehr erleichtert. Die gute Stimmung ist in der jetzigen Phase sehr wichtig, damit wir in Ruhe arbeiten können.

DFB.de: Sie bezeichnen sich selbst als "akribisch und detailverliebt". Was konnten Sie in der bisher kurzen Zeit beim FCC alles verändern?

Zimmermann: Zunächst einmal habe ich vorab intensiv die Namen gelernt, damit ich alle Spieler schon nach einem Tag persönlich ansprechen konnte. In den ersten Trainingseinheiten und Spielen ging es darum, die Balance zwischen einer variablen Offensive und einer kompakten Defensive herzustellen. Jetzt nach zwei Wochen zu sagen, dass alles perfekt läuft, wäre zu einfach. Auch wenn es Rückschläge gibt, müssen wir uns weiter stabilisieren.

DFB.de: Haben Sie privat von Jena schon mehr gesehen als Stadion und Trainingsplatz?

Zimmermann: Ein wenig habe ich mich schon umgesehen. Jena ist eine Studentenstadt mit vielen jungen und freundlichen Leuten. Das gefällt mir. Allerdings bin ich nicht als Tourist, sondern zum Arbeiten nach Jena gekommen. Und wir haben eine Menge Arbeit vor der Brust.

DFB.de: Zuvor waren Sie für den FC Ingolstadt 04 als U 19-Trainer tätig. Wie ist bei rund 40 Bewerbungen von anderen Kandidaten der Kontakt nach Jena entstanden?

Zimmermann: Über einen Freund kam es einem Gespräch mit Präsident Rainer Zipfel. Wir haben uns nur einmal getroffen, da der Verein auch mit anderen Kandidaten in Kontakt stand. Daher freue ich mich umso mehr, dass die Wahl auf mich gefallen ist.

DFB.de: In Ingolstadt waren Sie maßgeblich am Aufbau des Nachwuchsleistungszentrums beteiligt. Wie genau haben Sie die Jugend beim FCC im Blick?

Zimmermann: Genauso intensiv wie in Ingolstadt oder zuvor bei Rot Weiss Ahlen. Beim 6:0-Derbysieg der A-Jugend gegen Rot-Weiß Erfurt saß ich auf der Tribüne. Auch in den nächsten Tagen werden regelmäßig Spieler aus der U 19 und U 23 bei uns mittrainieren, damit ich die Jungs auch menschlich etwas besser kennen lerne.

DFB.de: Der erst 19-jährige Innenverteidiger Marius Grösch erkämpfte sich seit Ihrem Amtsantritt einen Stammplatz!

Zimmermann: Für mich spielt es keine Rolle, ob ein Spieler 19 oder 29 Jahre alt ist. Es zählt nur die Leistung. Marius Grösch hat sich im Training gut präsentiert und auch in den beiden Spielen überzeugt. Er ist ein Junge aus unserem Internat und unterstreicht die gute Nachwuchsarbeit in Jena.

DFB.de: Der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Reinhardt Töpel hat in einem Interview die schon vor Saisonbeginn formulierte Zielsetzung "Aufstieg in die 3. Liga" noch einmal unterstrichen. Wie gehen Sie mit diesem Druck um?

[bild2]

Zimmermann: Mit unseren beiden Siegen haben wir neue Euphorie entfacht. Doch ich bleibe auf dem Boden und rede mit der Mannschaft nicht über solche Dinge. Unsere Quintessenz lautet: Wir wollen bis zur Winterpause Punkte sammeln wie fleißige Eichhörnchen und dann sehen, was möglich ist. Die Zeit der großen Rechnerei ist in Jena vorbei.

DFB.de: Aktuell führt der Berliner AK die Tabelle knapp vor der TSG Neustrelitz und der Reserve Ihres Ex-Klubs 1. FC Union Berlin an. Wen erwarten Sie am Saisonende als stärkste Konkurrenten um die Meisterschaft?

Zimmermann: Ich kann nicht in die Zukunft schauen, aber es gibt auch in dieser Saison Überraschungen. Wobei mich speziell das bisherige Abschneiden der Union-Reserve nicht groß überrascht hat. In dieser jungen Mannschaft steckt großes Potenzial und man erkennt eine klare Entwicklung. Der Berliner AK hat auf die Abgänge einiger Stammkräfte wie Justin Gerlach oder Filip Krstic, die nun für Jena spielen, mit starken Verpflichtungen reagiert. Neustrelitz verfügt mit dem ehemaligen Nationalspieler Thomas Brdaric über einen absoluten Top-Trainer. Auch den 1. FC Magdeburg schreibe ich trotz einiger Dämpfer noch längst nicht ab.

DFB.de: Das Ernst-Abbe-Sportfeld, das im Sommer wegen der Flut komplett unter Wasser stand, soll in den nächsten Jahren zu einer modernen Multifunktionsarena umgebaut werden. Welche Perspektiven sehen Sie in den nächsten Jahren?

Zimmermann: Zwar ist in Sachen Stadionumbau noch nicht alles in trockenen Tüchern, aber es wäre für Jena und die gesamte Region eine super Sache. Wir tun aber gut daran, uns nicht so viel mit Zukunftsmusik, sondern lieber mit dem nächsten Spiel zu beschäftigen. Gegen den Tabellenletzten 1. FC Lokomotive Leipzig erwartet von uns am Sonntag jeder einen Dreier.