Jauch: "Flausen im Kopf und den Kicker in der Hand"

Eine Sportart, in der sich Günther Jauch nicht auskennt? A: Golf, B: Reitsport, C: Wasserballett, D: Motorsport. Joker gefällig? 50:50, das Publikum, ein Telefonat? Eher nicht. Denn: Richtig sind alle vier Antworten. Da wird das Raten zum Kinderspiel. Wir sind ja hier auch nicht bei „Wer wird Millionär?“, dies ist schließlich keine Quizsendung.

DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke hat sich mit dem Beliebtesten aller Deutschen unterhalten und viel über seine ganz besondere Leidenschaft für den Fußball erfahren.

Günther Jauch ist gescheitert. Kläglich, grandios, vollumfänglich. Nicht, dass er sich keine Mühe gegeben hätte. Nur geholfen hat es nichts – ein guter Fußballer ist nicht aus ihm geworden. Eher ein „grotten­schlechter“, wie er selber sagt. Mit seinen Kommentaren und Moderationen beim Fußball hat er Zigmillionen begeistert, zweimal stand er am Spielfeldrand, als deutsche Mannschaften die Champions League gewonnen haben - einen Schritt weiter, auf dem Rasen, hätte er Bestürzung ausgelöst.

Dabei wäre er so gerne ein guter Fußballer geworden. Täglich hat er geübt, zwei Stunden lang, Minimum. Vor dem Garagentor, mit Freunden auf den Aschenplätzen in Lichterfelde-West. Hier wuchs er auf in den 60er- und 70er-Jahren. Gutbürgerlich, mit Flausen im Kopf, dem „Kicker“ in der Hand und dem Ball am Fuß.

Im Schulsport „am Block verkauft“

Natürlich hat er Fortschritte gemacht, natürlich hat er sich verbessert, Jauch war schließlich ehrgeizig. Doch weit gebracht hat ihn dies nicht. Für einen Verein hat es nie gereicht, im Schulsport wurde er bei der Wahl der Mannschaften „am Block verkauft“. Jauch und zwei andere Untalentierte gegen einen mittelmäßigen Spieler. So ähnlich wie Samuel Eto’o, den Barcelona einst gegen Zlatan Ibrahimovic tauschte und angeblich noch 50 Millionen Euro drauflegte. Der Handel hat sich bei Eto’o als grandioser Irrtum herausgestellt; bei Jauch nicht.

Das Gespräch mit ihm ist geprägt von einer merkwürdigen Konstellation: Er ist ein alter Bekannter, vertraut die Stimme, vertraut das Gesicht. Ein bisschen gehört er schließlich zu jeder Familie, häufiger als Jauch ist kein anderer Gast in deutschen Wohnzimmern. Natürlich ist er kein alter Bekannter, natürlich gehört er nicht zur Familie. Es fühlt sich nur so an. Das „Du“ liegt häufig auf der Zunge. Zum Beispiel als sich Jauch in Understatement übt und behauptet, dass er keine Ahnung mehr vom Fußball habe. Keine Ahnung ... so ein Unsinn! „Jajajaja“, ist Jauchs Antwort.

Stimmt natürlich nicht, dass er keine Ahnung hat. Abgesehen von Wasserballett, Golf, Reit- und Motorsport hat Jauch schließlich von so ziemlich allem Ahnung.

“Kicker“-Tage waren immer Festtage

Erst Recht vom Fußball. Von Kleinauf war er mit dem Virus infiziert, Montag und Donnerstag waren „Kicker“-Tage und damit Festtage. Das Abonnement für 5,30 DM im Monat, die 60er-Jahre in Berlin, andere Zeiten, schöne Zeiten.

Seine erste Liebe hieß Hertha BSC, die Dame war günstig zu haben. Eine Mark für 90 Minuten. Der ganze Oberring des Berliner Olympiastadions war dann seiner. Minus 15 Grad konnte es haben, Jauch war trotzdem da. Oft bereits zwei Stunden vor Spielbeginn, dann konnte ihm niemand seinen Lieblingsplatz oberhalb der Ehrentribüne stibitzen und stören, wenn er seine Lieblinge bewunderte. Lorenz Horr und Zoltan Varga hatten es ihm besonders angetan, zwei „großartige Spieler“, schwärmt Jauch.

Es waren gute Zeiten für Hertha BSC, die besten Zeiten für Jauch sollten noch kommen. 1975 verließ er Berlin und zog aus, um zu dem zu werden, was er heute ist: Journalist, Moderator, Entertainer. Ein Tausendsassa, dekoriert und beliebt wie kein anderer in Deutschland. Und ein alter Bekannter auf den Fußballplätzen in Europa.

Erster Interview-Partner Gerd Müller

Gleich sein erstes Interview führte ihn nach ganz oben. Als junger Reporter des Bayerischen Rundfunks bekam er den Auftrag, Gerd Müller zu interviewen. Die Knie zitterten, die Kehle war trocken, Müller war schließlich auch sein Idol. Und, wie war’s? Großartig! „Er war absolut freundlich und mit mir als Neuling sehr geduldig“, erinnert sich Jauch. Nach und nach wurde aus dem einst im Sport­unterricht verschmähten Hobbyfußballer ein Sportjournalist, der sich auf zahlreichen Stationen mit den besten Fußballern Deutschlands anfreundete. Besonders mit Franz Beckenbauer, „aber eigentlich habe ich mich mit allen immer gut verstanden“, sagt Jauch.

Ein besserer Fußballer ist er dadurch nicht geworden. Wenn die Kameras ausgeschaltet waren, hat auch er sich in seiner Funktion als Moderator des „Aktuellen Sportstudios“ im ZDF an der Torwand versucht. Sein damaliger Kollege Michael Steinbrecher erzählt gerne von den vier Treffern, die ihm bei einer solchen Gelegenheit gelungen sind. Und Jauch? Mühte sich vergeblich. „Ich war bisweilen froh, wenn ich die Wand getroffen habe“, scherzt er.

“Familien-Interesse“ an der Nationalmannschaft

Jauch plaudert, und die Distanz schwindet weiter. Also los, wie ist die Aufstellung bei Jauchs zu Hause? Kritik seiner fünf Frauen an seinen Sendungen? Gibt es nicht. Nicht, weil es nichts zu kritisieren geben würde, sondern weil die „Damen“, wie Jauch seine Frau Thea und die Töchter Svenja, Kirstin, Katja und Mascha liebevoll nennt, seine Sendungen so gut wie nie gucken. „Das ist aber nicht böse gemeint“, schiebt er flugs hinterher. Weiter im Text. Ist Fußball im Hause Jauch ein Thema? War es mal, wird aber weniger. Eine seiner Töchter hatte früher eine Dauerkarte für die Spiele von Hertha BSC. „Aber sie kam immer häufiger enttäuscht nach Hause.“ Geblieben ist nur das Interesse an der Nationalmannschaft, das die Familie eint. „Feiern auf der Fanmeile hat den Damen schon gut gefallen“, sagt Jauch.

Fußballverrückt aber ist nur einer: er. So wie Jauch es aus seiner Kindheit gewohnt ist. Sein Vater hat sich Länderspiele angeschaut, mehr nicht. Seine Mutter nicht einmal das. Den kleinen Günther hat es nicht gestört. Auch nicht, dass bei ihm Talent und Leidenschaft für den Fußball nicht einander entsprochen haben. „Ich habe keine psychosoziale Schädigung davon getragen“, sagt Jauch. Eher war es für ihn eine gute Schule. „Man lernt zu akzeptieren, wenn man etwas nicht gut kann.“

“Eine großartige Mannschaft – die begeisternd Fußball spielt“

Er kann vieles ziemlich gut, mit Menschen umgehen und über Fußball reden ganz besonders. Die WM 2006 war ein Highlight, auch die Spiele der Champions League, von denen er für RTL berichten durfte. Seit 2007 kann er dies nicht mehr, die Rechte liegen jetzt bei SAT.1. Umso mehr hat es ihm Spaß gemacht, bei der WM 2010 an der Seite von Jürgen Klopp zu arbeiten. Endlich wieder Fußball, endlich wieder seine große Leidenschaft. „Ja, das hat mir gefehlt“, sagt er.

Andere waren überrascht von den Leistungen der deutschen Mannschaft in Südafrika, Jauch nicht. „Ja, das habe ich“, antwortet er auf die Frage, ob er Philipp Lahm & Co. zugetraut hat, auf solch berauschende Art Fußball zu spielen. „Dank Jürgen Klinsmann, Oliver Bierhoff und Joachim Löw haben sich viele Dinge zum Positiven geändert“, sagt er, „das ist eine großartige Mannschaft – die begeisternd Fußball spielt.“

Zum Schluss noch ein Tipp – wie geht’s aus heute Abend, wie schlägt sich die großartige Mannschaft gegen die Türkei? Klare Ansage. „Deutschland gewinnt mit zwei Toren Unterschied“, sagt Jauch und verabschiedet sich. Tschüss Günther, äh, auf Wiedersehen Herr Jauch. Bis zum nächsten Mal.

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Eine Sportart, in der sich Günther Jauch nicht auskennt? A: Golf, B: Reitsport, C: Wasserballett, D: Motorsport. Joker gefällig? 50:50, das Publikum, ein Telefonat? Eher nicht. Denn: Richtig sind alle vier Antworten. Da wird das Raten zum Kinderspiel. Wir sind ja hier auch nicht bei „Wer wird Millionär?“, dies ist schließlich keine Quizsendung.

DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke hat sich mit dem Beliebtesten aller Deutschen unterhalten und viel über seine ganz besondere Leidenschaft für den Fußball erfahren.

Günther Jauch ist gescheitert. Kläglich, grandios, vollumfänglich. Nicht, dass er sich keine Mühe gegeben hätte. Nur geholfen hat es nichts – ein guter Fußballer ist nicht aus ihm geworden. Eher ein „grotten­schlechter“, wie er selber sagt. Mit seinen Kommentaren und Moderationen beim Fußball hat er Zigmillionen begeistert, zweimal stand er am Spielfeldrand, als deutsche Mannschaften die Champions League gewonnen haben - einen Schritt weiter, auf dem Rasen, hätte er Bestürzung ausgelöst.

Dabei wäre er so gerne ein guter Fußballer geworden. Täglich hat er geübt, zwei Stunden lang, Minimum. Vor dem Garagentor, mit Freunden auf den Aschenplätzen in Lichterfelde-West. Hier wuchs er auf in den 60er- und 70er-Jahren. Gutbürgerlich, mit Flausen im Kopf, dem „Kicker“ in der Hand und dem Ball am Fuß.

Im Schulsport „am Block verkauft“

Natürlich hat er Fortschritte gemacht, natürlich hat er sich verbessert, Jauch war schließlich ehrgeizig. Doch weit gebracht hat ihn dies nicht. Für einen Verein hat es nie gereicht, im Schulsport wurde er bei der Wahl der Mannschaften „am Block verkauft“. Jauch und zwei andere Untalentierte gegen einen mittelmäßigen Spieler. So ähnlich wie Samuel Eto’o, den Barcelona einst gegen Zlatan Ibrahimovic tauschte und angeblich noch 50 Millionen Euro drauflegte. Der Handel hat sich bei Eto’o als grandioser Irrtum herausgestellt; bei Jauch nicht.

Das Gespräch mit ihm ist geprägt von einer merkwürdigen Konstellation: Er ist ein alter Bekannter, vertraut die Stimme, vertraut das Gesicht. Ein bisschen gehört er schließlich zu jeder Familie, häufiger als Jauch ist kein anderer Gast in deutschen Wohnzimmern. Natürlich ist er kein alter Bekannter, natürlich gehört er nicht zur Familie. Es fühlt sich nur so an. Das „Du“ liegt häufig auf der Zunge. Zum Beispiel als sich Jauch in Understatement übt und behauptet, dass er keine Ahnung mehr vom Fußball habe. Keine Ahnung ... so ein Unsinn! „Jajajaja“, ist Jauchs Antwort.

Stimmt natürlich nicht, dass er keine Ahnung hat. Abgesehen von Wasserballett, Golf, Reit- und Motorsport hat Jauch schließlich von so ziemlich allem Ahnung.

“Kicker“-Tage waren immer Festtage

Erst Recht vom Fußball. Von Kleinauf war er mit dem Virus infiziert, Montag und Donnerstag waren „Kicker“-Tage und damit Festtage. Das Abonnement für 5,30 DM im Monat, die 60er-Jahre in Berlin, andere Zeiten, schöne Zeiten.

Seine erste Liebe hieß Hertha BSC, die Dame war günstig zu haben. Eine Mark für 90 Minuten. Der ganze Oberring des Berliner Olympiastadions war dann seiner. Minus 15 Grad konnte es haben, Jauch war trotzdem da. Oft bereits zwei Stunden vor Spielbeginn, dann konnte ihm niemand seinen Lieblingsplatz oberhalb der Ehrentribüne stibitzen und stören, wenn er seine Lieblinge bewunderte. Lorenz Horr und Zoltan Varga hatten es ihm besonders angetan, zwei „großartige Spieler“, schwärmt Jauch.

Es waren gute Zeiten für Hertha BSC, die besten Zeiten für Jauch sollten noch kommen. 1975 verließ er Berlin und zog aus, um zu dem zu werden, was er heute ist: Journalist, Moderator, Entertainer. Ein Tausendsassa, dekoriert und beliebt wie kein anderer in Deutschland. Und ein alter Bekannter auf den Fußballplätzen in Europa.

Erster Interview-Partner Gerd Müller

Gleich sein erstes Interview führte ihn nach ganz oben. Als junger Reporter des Bayerischen Rundfunks bekam er den Auftrag, Gerd Müller zu interviewen. Die Knie zitterten, die Kehle war trocken, Müller war schließlich auch sein Idol. Und, wie war’s? Großartig! „Er war absolut freundlich und mit mir als Neuling sehr geduldig“, erinnert sich Jauch. Nach und nach wurde aus dem einst im Sport­unterricht verschmähten Hobbyfußballer ein Sportjournalist, der sich auf zahlreichen Stationen mit den besten Fußballern Deutschlands anfreundete. Besonders mit Franz Beckenbauer, „aber eigentlich habe ich mich mit allen immer gut verstanden“, sagt Jauch.

Ein besserer Fußballer ist er dadurch nicht geworden. Wenn die Kameras ausgeschaltet waren, hat auch er sich in seiner Funktion als Moderator des „Aktuellen Sportstudios“ im ZDF an der Torwand versucht. Sein damaliger Kollege Michael Steinbrecher erzählt gerne von den vier Treffern, die ihm bei einer solchen Gelegenheit gelungen sind. Und Jauch? Mühte sich vergeblich. „Ich war bisweilen froh, wenn ich die Wand getroffen habe“, scherzt er.

“Familien-Interesse“ an der Nationalmannschaft

Jauch plaudert, und die Distanz schwindet weiter. Also los, wie ist die Aufstellung bei Jauchs zu Hause? Kritik seiner fünf Frauen an seinen Sendungen? Gibt es nicht. Nicht, weil es nichts zu kritisieren geben würde, sondern weil die „Damen“, wie Jauch seine Frau Thea und die Töchter Svenja, Kirstin, Katja und Mascha liebevoll nennt, seine Sendungen so gut wie nie gucken. „Das ist aber nicht böse gemeint“, schiebt er flugs hinterher. Weiter im Text. Ist Fußball im Hause Jauch ein Thema? War es mal, wird aber weniger. Eine seiner Töchter hatte früher eine Dauerkarte für die Spiele von Hertha BSC. „Aber sie kam immer häufiger enttäuscht nach Hause.“ Geblieben ist nur das Interesse an der Nationalmannschaft, das die Familie eint. „Feiern auf der Fanmeile hat den Damen schon gut gefallen“, sagt Jauch.

Fußballverrückt aber ist nur einer: er. So wie Jauch es aus seiner Kindheit gewohnt ist. Sein Vater hat sich Länderspiele angeschaut, mehr nicht. Seine Mutter nicht einmal das. Den kleinen Günther hat es nicht gestört. Auch nicht, dass bei ihm Talent und Leidenschaft für den Fußball nicht einander entsprochen haben. „Ich habe keine psychosoziale Schädigung davon getragen“, sagt Jauch. Eher war es für ihn eine gute Schule. „Man lernt zu akzeptieren, wenn man etwas nicht gut kann.“

“Eine großartige Mannschaft – die begeisternd Fußball spielt“

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Er kann vieles ziemlich gut, mit Menschen umgehen und über Fußball reden ganz besonders. Die WM 2006 war ein Highlight, auch die Spiele der Champions League, von denen er für RTL berichten durfte. Seit 2007 kann er dies nicht mehr, die Rechte liegen jetzt bei SAT.1. Umso mehr hat es ihm Spaß gemacht, bei der WM 2010 an der Seite von Jürgen Klopp zu arbeiten. Endlich wieder Fußball, endlich wieder seine große Leidenschaft. „Ja, das hat mir gefehlt“, sagt er.

Andere waren überrascht von den Leistungen der deutschen Mannschaft in Südafrika, Jauch nicht. „Ja, das habe ich“, antwortet er auf die Frage, ob er Philipp Lahm & Co. zugetraut hat, auf solch berauschende Art Fußball zu spielen. „Dank Jürgen Klinsmann, Oliver Bierhoff und Joachim Löw haben sich viele Dinge zum Positiven geändert“, sagt er, „das ist eine großartige Mannschaft – die begeisternd Fußball spielt.“

Zum Schluss noch ein Tipp – wie geht’s aus heute Abend, wie schlägt sich die großartige Mannschaft gegen die Türkei? Klare Ansage. „Deutschland gewinnt mit zwei Toren Unterschied“, sagt Jauch und verabschiedet sich. Tschüss Günther, äh, auf Wiedersehen Herr Jauch. Bis zum nächsten Mal.