Jan Siewert: "Werkzeugkiste für Talente"

Hinter Jan Siewert, dem neuen Nachwuchs-Cheftrainer beim 1. FSV Mainz 05, liegen bewegte Zeiten. Innerhalb von nur drei Jahren hatte er den Sprung vom Regionalliga-Trainer zum Chefcoach bei Huddersfield Town in der englischen Premier League geschafft. Im DFB.de-Interview spricht der 37-Jährige mit Mitarbeiter Peter Haidinger über die Rückkehr in seine Heimat, Jadon Sancho und Roy Keane.

DFB.de: Wie groß ist die Vorfreude auf Ihren neuen Job beim 1. FSV Mainz 05, Herr Siewert?

Jan Siewert: Sehr groß! Nach meiner Freistellung bei Huddersfield Town hatte ich in den vergangenen Monaten viel Zeit. Dann kam auch noch die Corona-Pandemie hinzu. So konnte ich reflektieren, was in den vergangenen zehn Jahren alles passiert ist und wie schnell es für mich nach oben ging. Es war ein guter Zeitpunkt, um wieder herunterzukommen und mich auf die neue Aufgabe vorzubereiten.

DFB.de: Wie sind die Gespräche mit dem Mainzer Nachwuchsleiter Volker Kersting und FSV-Sportvorstand Rouven Schröder verlaufen?

Siewert: Es hat mir imponiert, wie sich Rouven Schröder und Volker Kersting in den intensiven Gesprächen um mich bemüht haben. Das war letztlich auch mit einer der ausschlaggebenden Punkte, warum ich mich für Mainz 05 entschieden habe. Der Kontakt zum FSV bestand bereits seit längerer Zeit. Volker kenne ich beispielsweise schon, seit ich im Fußballverband Rheinland Sportlicher Leiter und DFB-Stützpunktkoordinator war. Und auch Rouven kenne ich schon länger, so dass bereits eine Vertrauensbasis bestand.

DFB.de: Sie waren seit August 2019 ohne Job. Wie haben Sie die Zeit überbrückt und wie ist der Kontakt mit Mainz 05 entstanden?

Siewert: Ich hatte mich zunächst ganz bewusst dazu entschieden, nicht überstürzt in eine neue Aufgabe zu starten. Nach meiner Freistellung bei Huddersfield Town hat die League Managers Association einen hervorragenden Job gemacht. Die Organisation kümmert sich in spezieller Form um Trainer, die ohne Job sind, und bietet unter anderem Angebote zur Fortbildung an. Dort habe ich viele Kurse und Seminare belegt und konnte bei Trainerkollegen hospitieren. Die persönlichen Kontakte zu David Moyes, dem aktuellen Cheftrainer von West Ham United, oder dem ehemaligen irischen Nationaltrainergespann mit Martin O'Neill und Roy Keane, die ich auf den Seminaren kennengelernt hatte, sind mir nachhaltig in Erinnerung geblieben. Dann kam der Anruf von Rouven und Volker. Sie haben mir die Rolle des Nachwuchs-Cheftrainers in Mainz dargestellt und gleichzeitig die nötige Zeit gegeben, mir ein Bild von der Aufgabe zu machen.

DFB.de: Hat letztlich der Vierjahresvertrag den Ausschlag für ihre Zusage gegeben?

Siewert: Das war ein Grund, aber es gibt noch viele weitere. Ich habe mich für diese inhaltliche und strategische Aufgabe entschieden, weil ich künftig Trainern und Spielern weiterhelfen möchte, aber auch für mich Möglichkeiten der Entwicklung sehe. Du wirst nur dann besser, wenn du Wissen teilst und dich mit Kollegen austauschst.

DFB.de: Wie sieht künftig Ihr Aufgabengebiet beim FSV aus?

Siewert: Als Junioren-Cheftrainer muss ich einen Überblick von der U 23, U 19 bis hin zur U 17 haben. Ich werde die Talente beim Übergang vom Jugend- in den Profibereich begleiten, sehe mich als eine Art Bindeglied. Wir wollen unsere Jungs so fördern, dass sie sich hoffentlich im Mainzer Profikader etablieren können. Den Nachwuchstrainern möchte ich bei ihren Aufgaben mit Hilfestellungen zur Seite stehen. Ich bin in den vergangenen zehn Jahren viel herumgekommen und konnte bereits einige Erfahrungen sammeln. Von diesen Erfahrungen möchte ich meine Trainerkollegen und unsere Spieler partizipieren lassen.

DFB.de: Sie haben als DFB-Stützpunktkoordinator im Rheinland angefangen, sind nun wieder im Nachwuchsbereich tätig. Schließt sich für Sie damit der Kreis?

Siewert: Es ist schön, wieder in der Heimat zu sein. Meine Familie wohnt jetzt in Hochheim am Main, nur 15 Minuten von Mainz entfernt. Unser gesamtes familiäres Umfeld ist mit der Region fest verwurzelt. Als Sportlicher Leiter und DFB-Stützpunktkoordinator im Fußballverband Rheinland war ich als Co-Trainer für die U 18- und U 17-Nationalmannschaften des DFB tätig. Auch dort stand die Entwicklung der Spieler im Vordergrund. Es ist schon etwas anders, ob man jedes Wochenende als Profitrainer Ergebnisse liefern muss - oder sein Wissen teilt, um selbst neue Impulse zu bekommen.

DFB.de: Wo liegt für Sie der große Reiz, mit jungen und hungrigen Spielern zu arbeiten?

Siewert: Mainz 05 hat in einer großen Vielzahl bewiesen, dass man Spieler dauerhaft im Profifußball etablieren kann. Das ist auch mein Steckenpferd. (lacht) Zum Beispiel Timo Becker, der mittlerweile in der Bundesliga beim FC Schalke 04 spielt, konnten wir bei Rot-Weiss Essen in den Profikader etablieren. Bei Borussia Dortmund durfte ich unter anderem Amos Pieper begleiten, der mit Arminia Bielefeld gerade in die Bundesliga aufgestiegen ist. Auch Luca Kilian hat den Sprung beim SC Paderborn 07 geschafft und in dieser Saison 15 Spiele absolviert. Die Jungs haben einen Traum und ich versuche, sie mit einer Werkzeugkiste auszurüsten, die ihnen im Profibereich hilft, Fuß zu fassen.

DFB.de: Im Seniorenbereich haben Sie für Rot-Weiss Essen, die U 23 von Borussia Dortmund und zuletzt in der englischen Premier League für Huddersfield Town gearbeitet. Was haben Sie von diesen Stationen für sich mitgenommen?

Siewert: Die Premier League in England war eine ganz andere Hausnummer. Das war nicht mit dem zu vergleichen, was ich zuvor als Trainer in Essen oder Dortmund erlebt hatte. Dennoch waren auch diese beiden Stationen sehr prägend für meine persönliche Entwicklung. Im Grunde habe ich von jeder Station etwas Neues mitnehmen können.

DFB.de: Welche Erkenntnisse haben Sie in England gewonnen und welche werden Sie künftig mit einfließen lassen?

Siewert: Bei Borussia Dortmund durfte ich bereits mit Jadon Sancho zusammenarbeiten. Die Ausbildung junger Spieler läuft in England etwas anders.

DFB.de: Wo liegen die ganz großen Unterschiede?

Siewert: Aus meiner Erfahrung legen sich die Engländer relativ früh fest, auf welcher Position ein junger Spieler ausgebildet werden muss. Dabei fokussieren sie sich auf ganz bestimmte Dinge im Fußball. Durch ständige Wiederholungen wird ein Spieler gedrillt, um später mit Drucksituationen in einem vollen Stadion besser umgehen zu können. Außerdem entscheidet sich ein Spieler schon in jungen Jahren für seinen Berufsweg zum Profifußballer. Die Ausbildung in Deutschland ist dagegen viel umfassender.

DFB.de: Wird man Sie in ferner Zukunft auch noch einmal als Cheftrainer sehen?

Siewert: Ich verfolge immer einen inhaltlichen Ansatz. Gerade bei meiner neuen Aufgabe ist das von entscheidender Bedeutung. Ich habe bei Mainz 05 die Möglichkeit, nachhaltig zu arbeiten. Und mich selbst weiterzuentwickeln. Ich freue mich auf diese Aufgabe und will meinen Job gut ausüben.

DFB.de: Vermissen Sie denn nicht die Trainerbank?

Siewert: Das ist das Schöne an meiner neuen Aufgabe. Ich kann weiterhin auch in die Praxis. (lacht). Zwar nicht in allererster Linie, doch ich kann eigene Talentgruppen leiten und bin bei der Entwicklung der Talente hautnah dabei.

[mspw]

Hinter Jan Siewert, dem neuen Nachwuchs-Cheftrainer beim 1. FSV Mainz 05, liegen bewegte Zeiten. Innerhalb von nur drei Jahren hatte er den Sprung vom Regionalliga-Trainer zum Chefcoach bei Huddersfield Town in der englischen Premier League geschafft. Im DFB.de-Interview spricht der 37-Jährige mit Mitarbeiter Peter Haidinger über die Rückkehr in seine Heimat, Jadon Sancho und Roy Keane.

DFB.de: Wie groß ist die Vorfreude auf Ihren neuen Job beim 1. FSV Mainz 05, Herr Siewert?

Jan Siewert: Sehr groß! Nach meiner Freistellung bei Huddersfield Town hatte ich in den vergangenen Monaten viel Zeit. Dann kam auch noch die Corona-Pandemie hinzu. So konnte ich reflektieren, was in den vergangenen zehn Jahren alles passiert ist und wie schnell es für mich nach oben ging. Es war ein guter Zeitpunkt, um wieder herunterzukommen und mich auf die neue Aufgabe vorzubereiten.

DFB.de: Wie sind die Gespräche mit dem Mainzer Nachwuchsleiter Volker Kersting und FSV-Sportvorstand Rouven Schröder verlaufen?

Siewert: Es hat mir imponiert, wie sich Rouven Schröder und Volker Kersting in den intensiven Gesprächen um mich bemüht haben. Das war letztlich auch mit einer der ausschlaggebenden Punkte, warum ich mich für Mainz 05 entschieden habe. Der Kontakt zum FSV bestand bereits seit längerer Zeit. Volker kenne ich beispielsweise schon, seit ich im Fußballverband Rheinland Sportlicher Leiter und DFB-Stützpunktkoordinator war. Und auch Rouven kenne ich schon länger, so dass bereits eine Vertrauensbasis bestand.

DFB.de: Sie waren seit August 2019 ohne Job. Wie haben Sie die Zeit überbrückt und wie ist der Kontakt mit Mainz 05 entstanden?

Siewert: Ich hatte mich zunächst ganz bewusst dazu entschieden, nicht überstürzt in eine neue Aufgabe zu starten. Nach meiner Freistellung bei Huddersfield Town hat die League Managers Association einen hervorragenden Job gemacht. Die Organisation kümmert sich in spezieller Form um Trainer, die ohne Job sind, und bietet unter anderem Angebote zur Fortbildung an. Dort habe ich viele Kurse und Seminare belegt und konnte bei Trainerkollegen hospitieren. Die persönlichen Kontakte zu David Moyes, dem aktuellen Cheftrainer von West Ham United, oder dem ehemaligen irischen Nationaltrainergespann mit Martin O'Neill und Roy Keane, die ich auf den Seminaren kennengelernt hatte, sind mir nachhaltig in Erinnerung geblieben. Dann kam der Anruf von Rouven und Volker. Sie haben mir die Rolle des Nachwuchs-Cheftrainers in Mainz dargestellt und gleichzeitig die nötige Zeit gegeben, mir ein Bild von der Aufgabe zu machen.

DFB.de: Hat letztlich der Vierjahresvertrag den Ausschlag für ihre Zusage gegeben?

Siewert: Das war ein Grund, aber es gibt noch viele weitere. Ich habe mich für diese inhaltliche und strategische Aufgabe entschieden, weil ich künftig Trainern und Spielern weiterhelfen möchte, aber auch für mich Möglichkeiten der Entwicklung sehe. Du wirst nur dann besser, wenn du Wissen teilst und dich mit Kollegen austauschst.

DFB.de: Wie sieht künftig Ihr Aufgabengebiet beim FSV aus?

Siewert: Als Junioren-Cheftrainer muss ich einen Überblick von der U 23, U 19 bis hin zur U 17 haben. Ich werde die Talente beim Übergang vom Jugend- in den Profibereich begleiten, sehe mich als eine Art Bindeglied. Wir wollen unsere Jungs so fördern, dass sie sich hoffentlich im Mainzer Profikader etablieren können. Den Nachwuchstrainern möchte ich bei ihren Aufgaben mit Hilfestellungen zur Seite stehen. Ich bin in den vergangenen zehn Jahren viel herumgekommen und konnte bereits einige Erfahrungen sammeln. Von diesen Erfahrungen möchte ich meine Trainerkollegen und unsere Spieler partizipieren lassen.

DFB.de: Sie haben als DFB-Stützpunktkoordinator im Rheinland angefangen, sind nun wieder im Nachwuchsbereich tätig. Schließt sich für Sie damit der Kreis?

Siewert: Es ist schön, wieder in der Heimat zu sein. Meine Familie wohnt jetzt in Hochheim am Main, nur 15 Minuten von Mainz entfernt. Unser gesamtes familiäres Umfeld ist mit der Region fest verwurzelt. Als Sportlicher Leiter und DFB-Stützpunktkoordinator im Fußballverband Rheinland war ich als Co-Trainer für die U 18- und U 17-Nationalmannschaften des DFB tätig. Auch dort stand die Entwicklung der Spieler im Vordergrund. Es ist schon etwas anders, ob man jedes Wochenende als Profitrainer Ergebnisse liefern muss - oder sein Wissen teilt, um selbst neue Impulse zu bekommen.

DFB.de: Wo liegt für Sie der große Reiz, mit jungen und hungrigen Spielern zu arbeiten?

Siewert: Mainz 05 hat in einer großen Vielzahl bewiesen, dass man Spieler dauerhaft im Profifußball etablieren kann. Das ist auch mein Steckenpferd. (lacht) Zum Beispiel Timo Becker, der mittlerweile in der Bundesliga beim FC Schalke 04 spielt, konnten wir bei Rot-Weiss Essen in den Profikader etablieren. Bei Borussia Dortmund durfte ich unter anderem Amos Pieper begleiten, der mit Arminia Bielefeld gerade in die Bundesliga aufgestiegen ist. Auch Luca Kilian hat den Sprung beim SC Paderborn 07 geschafft und in dieser Saison 15 Spiele absolviert. Die Jungs haben einen Traum und ich versuche, sie mit einer Werkzeugkiste auszurüsten, die ihnen im Profibereich hilft, Fuß zu fassen.

DFB.de: Im Seniorenbereich haben Sie für Rot-Weiss Essen, die U 23 von Borussia Dortmund und zuletzt in der englischen Premier League für Huddersfield Town gearbeitet. Was haben Sie von diesen Stationen für sich mitgenommen?

Siewert: Die Premier League in England war eine ganz andere Hausnummer. Das war nicht mit dem zu vergleichen, was ich zuvor als Trainer in Essen oder Dortmund erlebt hatte. Dennoch waren auch diese beiden Stationen sehr prägend für meine persönliche Entwicklung. Im Grunde habe ich von jeder Station etwas Neues mitnehmen können.

DFB.de: Welche Erkenntnisse haben Sie in England gewonnen und welche werden Sie künftig mit einfließen lassen?

Siewert: Bei Borussia Dortmund durfte ich bereits mit Jadon Sancho zusammenarbeiten. Die Ausbildung junger Spieler läuft in England etwas anders.

DFB.de: Wo liegen die ganz großen Unterschiede?

Siewert: Aus meiner Erfahrung legen sich die Engländer relativ früh fest, auf welcher Position ein junger Spieler ausgebildet werden muss. Dabei fokussieren sie sich auf ganz bestimmte Dinge im Fußball. Durch ständige Wiederholungen wird ein Spieler gedrillt, um später mit Drucksituationen in einem vollen Stadion besser umgehen zu können. Außerdem entscheidet sich ein Spieler schon in jungen Jahren für seinen Berufsweg zum Profifußballer. Die Ausbildung in Deutschland ist dagegen viel umfassender.

DFB.de: Wird man Sie in ferner Zukunft auch noch einmal als Cheftrainer sehen?

Siewert: Ich verfolge immer einen inhaltlichen Ansatz. Gerade bei meiner neuen Aufgabe ist das von entscheidender Bedeutung. Ich habe bei Mainz 05 die Möglichkeit, nachhaltig zu arbeiten. Und mich selbst weiterzuentwickeln. Ich freue mich auf diese Aufgabe und will meinen Job gut ausüben.

DFB.de: Vermissen Sie denn nicht die Trainerbank?

Siewert: Das ist das Schöne an meiner neuen Aufgabe. Ich kann weiterhin auch in die Praxis. (lacht). Zwar nicht in allererster Linie, doch ich kann eigene Talentgruppen leiten und bin bei der Entwicklung der Talente hautnah dabei.

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