Jahrhundertfußballer Pelé: Der jüngste Weltmeister aller Zeiten

19 Weltmeisterschaften, 19 Stars: Vor der Jubiläumsauflage im Sommer erinnert DFB.de in einer Serie an prominente und weniger bekannte Spieler, die den bisherigen WM-Turnieren ihren Stempel aufdrückten. Heute: Pelé, der jüngste Weltmeister aller Zeiten - und vom Weltverband FIFA im Jahr 2000 zum "Jahrhundertfußballer" gewählt.

Schon sein Vater war ein Fußballprofi, seinen geliebten Ball nahm er mit ins Bett und seine erste Mannschaft kickte auf den Straßen der Favelas von Bauri in der Nähe von Sao Paulo. In jeder freien Minute, die der Tag eines Schuhputzers erübrigte, trat er gegen den Ball, ob dieser nun aus Stoff oder aus Socken war oder in Gestalt einer Blechdose daherkam. Im Leben des kleinen Edson Arantes do Nascimento, den sie damals Dico riefen und den alle Welt heute als Pelé kennt, hat es nie etwas Wichtigeres als Fußball gegeben.

Heute, fast 40 Jahre nach Ende seiner Karriere, kann man umgekehrt getrost sagen, dass nur wenige Persönlichkeiten wichtiger für den Fußball waren als Pelé. Wenn überhaupt. Ehe Diego Maradona in den Achtzigern die Weltbühne betrat, gab es keinen vernünftigen Menschen, der bezweifelte, Pelé sei der beste Spieler aller Zeiten gewesen. Seitdem tobt ein Expertenstreit, nicht selten nationalistisch gefärbt, der nie zu lösen sein wird. Argentinier und Brasilianer gönnen sich eben nicht viel, schon gar nicht im Fußball.

Brasilien schafft erst mit 17-jährigem Pelé ersten WM-Triumph

Aber seit der WM 1958 hat Brasilien in diesem Nachbarschaftsduell die Nase vorn. In Schweden gewann die Selecao erstmals den WM-Pokal, und daran hatte Pelé einen erheblichen Anteil. Schon mit 16 hatte er sein Länderspieldebüt gegeben und gleich ein Tor gegen Argentinien erzielt. So ein Juwel durfte, ja musste mit zur WM fahren - weil er offenkundig mehr Talent hatte als alle Ballzauberer, die man sonst an den Stränden der Copacabana gesehen hatte.

Mit 15 hatte er bereits für seinen FC Santos in der obersten Liga debütiert und ein Tor erzielt, das seinen Mythos nährte, als er noch ein Kind war. Es war gegen Corinthians Sao Paulo, als er sich jonglierend durch die Abwehr schlängelte, auch den Kopf zur Hilfe nahm und schließlich den Torwart tunnelte. "Ein unsichtbarer Königsmantel hängt über seinen Schultern", schrieb der Dramatiker Nelson Rodrigues verheißungsvoll. Schon mit 17 unterschrieb Pelé seinen ersten Profivertrag, und noch vor seinem 18. Geburtstag wurde er zum Weltstar. Damals in Schweden.

15. Juni 1958: Pelé betritt große WM-Bühne gegen UdSSR

Die Reise nach Übersee trat der junge Stürmer mit einer Mission an. 1950 hatte er mit einem Freund vor dem Radio gesessen und die Katastrophe von Maracana mitverfolgt, jenes legendäre 1:2 gegen Uruguay, das den sicher geglaubten WM-Titel gekostet hatte. Der Freund weinte, Pelé nicht. Um ihn zu trösten, versprach er ihm dass er - sobald er groß sei - dafür sorgen werde, dass Brasilien endlich Weltmeister wird.

Und wie er dafür sorgte. Am Knie verletzt, verpasste er noch die ersten beiden Gruppenspiele in Schweden, aber dann wollte Trainer Vicente Feola nicht länger auf sein Wunderkind verzichten. Gegen die UdSSR zeigte Pelé seine erste Galashow bei einer Weltmeisterschaft, seiner Vorarbeit entsprang das entscheidende 2:0. Er war 17 Jahre und 235 Tage alt an jenem 15. Juni 1958 - und damit bis ins Jahr 1982 der jüngste WM-Spieler aller Zeiten. Ein Tor gelang ihm noch nicht, auch wenn das einige Reporter voreilig vermeldeten. Sie verwechselten ihn mit Vava, was nicht mehr oft passieren sollte.

Hattrick im Halbfinale - in nur 22 Minuten

Sein Premierentor sparte er sich noch vier Tage auf, im Viertelfinale gegen Wales (1:0) entschied ein Geniestreich Pelés das Spiel. Und wieder stand er in den Geschichtsbüchern - diesmal als jüngster WM-Torschütze, und das ist er bis heute geblieben. Nun kamen die europäischen Reporter und stellten Fragen. Etwa die, warum dieser Junge eigentlich Pelé heiße. Sie erfuhren, dass Klein-Edson früher auch gern im Tor stand und das regionale Torwartidol namens Bele imitierte. So entstehen Namen von Weltruf. Gleich nach der WM ließ er sich diesen als Marke schützen.

Sein Markenzeichen aber waren Tore, gleich sechs glückten bei der ersten WM, sagenhafte 1281 in seiner ganzen Karriere. Im Halbfinale gegen Frankreich gelang ihm ein klassischer Hattrick, für den er nur 22 Minuten brauchte. Er bewies bei der Gelegenheit, dass er ein kompletter Stürmer war: Ein Abstauber, ein Kopfballtor und ein prachtvoller Distanzschuss schlugen im französischen Kasten ein. Pelé stellte damit sogar Just Fontaine in den Schatten - der Stürmer der "Equipe Tricolore" erzielte in Schweden 1958 immerhin sagenhafte 13 Treffer, bis heute ein Turnierrekord.

Aber Pelé schwebte noch mal in anderen Sphären, auch die schwedischen Zuschauer konnten nicht anders, als zu applaudieren. "Didi-Vava-Pelé - das weltbeste Innentrio", schrieb das Sport Magazin. Nun musste Brasilien "nur" noch Weltmeister werden, was in Europa bis dahin noch keinem Team aus Südamerika gelungen war. Doch die Selecao wurde es, auch Gastgeber Schweden, das Titelverteidiger Deutschland eliminiert hatte, fand kein Rezept.

Könige unter sich

Am 29. Juni 1958 schüttelten sich zwei Könige die Hände: Der eine - Gustav Adolf - war das gekrönte Oberhaupt Schwedens, der andere der neue Fußball-König der Welt: Pelé. Wer noch zweifelte, war nach den 90 Minuten von Stockholm bekehrt. Dem brasilianischen Jungspund gelangen noch einmal zwei Treffer, sein Tor zum 3:1 entschied das Finale, das zum 5:2 beendete es.

Das 3:1 hätte die Wahl zum schönsten Tor des Turniers gewiss mit großem Abstand gewonnen, aber auf so etwas kam man damals noch nicht. Das Sport Magazin schrieb: "Man muß es gesehen haben, man kann es kaum mit Worten schildern. Pelé saugte den Ball in eineinhalb Metern Höhe förmlich nach unten, so präzise und exakt, als würde der Ball an einer Schnur heruntergezogen. Für Kenner ein Hochgenuß. Pelé zog den Ball von einem auf den anderen Fuß und knallte dann nach einigem Überlegen, in welche Torecke er zielen sollte, bildschön ins Netz."

Nach dem Spiel wurde der Junge mit der Nummer 10, die er zur mythischsten Rückennummer des Fußballs machte, obwohl er stets Stürmer war, von seinen Gefühlen überwältigt. Er brach in Tränen aus, dabei hatte er so viel Grund zum Lachen. Seit dem 29. Juni 1958 ist Pelé auch der jüngste Weltmeister aller Zeiten. Es sollten noch zwei Titel hinzukommen, 1962 in Chile und 1970 in Mexiko - auch das ist Weltrekord für einen Spieler. Seit dem Triumph von Schweden ist nichts mehr in seinem Leben, wie es war. Und Pelé hielt den Zeitpunkt gekommen, seine Memoiren zu schreiben. "Eu sou Pelé" ("Ich bin Pelé") erschien, als er 19 war. Auch ein Rekord.

Edson Arantes do Nascimento, genannt "Pelé"

Geburtsdatum: 23. Oktober 1940
Nationalität: Brasilianisch
Länderspiele/Tore: 92/77
WM-Spiele/Tore: 14/12 (1958 bis 1970)
Vereine als Spieler: AC Bauri (1954 bis 1956), FC Santos (1956 bis 1974), Cosmos New York (1975 bis 1977)
Größte Erfolge im Nationalteam: Weltmeister 1958, 1962 und 1970
Größte Erfolge im Verein: Südamerika-Pokalsieger 1962, 1963; Brasilianischer Meister 1959, 1963 bis 1968; USA-Meister: 1977
Auszeichnungen: FIFA-Jahrhundertfußballer (2000), Athlet des Jahrhunderts (1980), Fußballer des Jahres in Südamerika 1973, 17-mal Torschützenkönig in Brasilien

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19 Weltmeisterschaften, 19 Stars: Vor der Jubiläumsauflage im Sommer erinnert DFB.de in einer Serie an prominente und weniger bekannte Spieler, die den bisherigen WM-Turnieren ihren Stempel aufdrückten. Heute: Pelé, der jüngste Weltmeister aller Zeiten - und vom Weltverband FIFA im Jahr 2000 zum "Jahrhundertfußballer" gewählt.

Schon sein Vater war ein Fußballprofi, seinen geliebten Ball nahm er mit ins Bett und seine erste Mannschaft kickte auf den Straßen der Favelas von Bauri in der Nähe von Sao Paulo. In jeder freien Minute, die der Tag eines Schuhputzers erübrigte, trat er gegen den Ball, ob dieser nun aus Stoff oder aus Socken war oder in Gestalt einer Blechdose daherkam. Im Leben des kleinen Edson Arantes do Nascimento, den sie damals Dico riefen und den alle Welt heute als Pelé kennt, hat es nie etwas Wichtigeres als Fußball gegeben.

Heute, fast 40 Jahre nach Ende seiner Karriere, kann man umgekehrt getrost sagen, dass nur wenige Persönlichkeiten wichtiger für den Fußball waren als Pelé. Wenn überhaupt. Ehe Diego Maradona in den Achtzigern die Weltbühne betrat, gab es keinen vernünftigen Menschen, der bezweifelte, Pelé sei der beste Spieler aller Zeiten gewesen. Seitdem tobt ein Expertenstreit, nicht selten nationalistisch gefärbt, der nie zu lösen sein wird. Argentinier und Brasilianer gönnen sich eben nicht viel, schon gar nicht im Fußball.

Brasilien schafft erst mit 17-jährigem Pelé ersten WM-Triumph

Aber seit der WM 1958 hat Brasilien in diesem Nachbarschaftsduell die Nase vorn. In Schweden gewann die Selecao erstmals den WM-Pokal, und daran hatte Pelé einen erheblichen Anteil. Schon mit 16 hatte er sein Länderspieldebüt gegeben und gleich ein Tor gegen Argentinien erzielt. So ein Juwel durfte, ja musste mit zur WM fahren - weil er offenkundig mehr Talent hatte als alle Ballzauberer, die man sonst an den Stränden der Copacabana gesehen hatte.

Mit 15 hatte er bereits für seinen FC Santos in der obersten Liga debütiert und ein Tor erzielt, das seinen Mythos nährte, als er noch ein Kind war. Es war gegen Corinthians Sao Paulo, als er sich jonglierend durch die Abwehr schlängelte, auch den Kopf zur Hilfe nahm und schließlich den Torwart tunnelte. "Ein unsichtbarer Königsmantel hängt über seinen Schultern", schrieb der Dramatiker Nelson Rodrigues verheißungsvoll. Schon mit 17 unterschrieb Pelé seinen ersten Profivertrag, und noch vor seinem 18. Geburtstag wurde er zum Weltstar. Damals in Schweden.

15. Juni 1958: Pelé betritt große WM-Bühne gegen UdSSR

Die Reise nach Übersee trat der junge Stürmer mit einer Mission an. 1950 hatte er mit einem Freund vor dem Radio gesessen und die Katastrophe von Maracana mitverfolgt, jenes legendäre 1:2 gegen Uruguay, das den sicher geglaubten WM-Titel gekostet hatte. Der Freund weinte, Pelé nicht. Um ihn zu trösten, versprach er ihm dass er - sobald er groß sei - dafür sorgen werde, dass Brasilien endlich Weltmeister wird.

Und wie er dafür sorgte. Am Knie verletzt, verpasste er noch die ersten beiden Gruppenspiele in Schweden, aber dann wollte Trainer Vicente Feola nicht länger auf sein Wunderkind verzichten. Gegen die UdSSR zeigte Pelé seine erste Galashow bei einer Weltmeisterschaft, seiner Vorarbeit entsprang das entscheidende 2:0. Er war 17 Jahre und 235 Tage alt an jenem 15. Juni 1958 - und damit bis ins Jahr 1982 der jüngste WM-Spieler aller Zeiten. Ein Tor gelang ihm noch nicht, auch wenn das einige Reporter voreilig vermeldeten. Sie verwechselten ihn mit Vava, was nicht mehr oft passieren sollte.

Hattrick im Halbfinale - in nur 22 Minuten

Sein Premierentor sparte er sich noch vier Tage auf, im Viertelfinale gegen Wales (1:0) entschied ein Geniestreich Pelés das Spiel. Und wieder stand er in den Geschichtsbüchern - diesmal als jüngster WM-Torschütze, und das ist er bis heute geblieben. Nun kamen die europäischen Reporter und stellten Fragen. Etwa die, warum dieser Junge eigentlich Pelé heiße. Sie erfuhren, dass Klein-Edson früher auch gern im Tor stand und das regionale Torwartidol namens Bele imitierte. So entstehen Namen von Weltruf. Gleich nach der WM ließ er sich diesen als Marke schützen.

Sein Markenzeichen aber waren Tore, gleich sechs glückten bei der ersten WM, sagenhafte 1281 in seiner ganzen Karriere. Im Halbfinale gegen Frankreich gelang ihm ein klassischer Hattrick, für den er nur 22 Minuten brauchte. Er bewies bei der Gelegenheit, dass er ein kompletter Stürmer war: Ein Abstauber, ein Kopfballtor und ein prachtvoller Distanzschuss schlugen im französischen Kasten ein. Pelé stellte damit sogar Just Fontaine in den Schatten - der Stürmer der "Equipe Tricolore" erzielte in Schweden 1958 immerhin sagenhafte 13 Treffer, bis heute ein Turnierrekord.

Aber Pelé schwebte noch mal in anderen Sphären, auch die schwedischen Zuschauer konnten nicht anders, als zu applaudieren. "Didi-Vava-Pelé - das weltbeste Innentrio", schrieb das Sport Magazin. Nun musste Brasilien "nur" noch Weltmeister werden, was in Europa bis dahin noch keinem Team aus Südamerika gelungen war. Doch die Selecao wurde es, auch Gastgeber Schweden, das Titelverteidiger Deutschland eliminiert hatte, fand kein Rezept.

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Könige unter sich

Am 29. Juni 1958 schüttelten sich zwei Könige die Hände: Der eine - Gustav Adolf - war das gekrönte Oberhaupt Schwedens, der andere der neue Fußball-König der Welt: Pelé. Wer noch zweifelte, war nach den 90 Minuten von Stockholm bekehrt. Dem brasilianischen Jungspund gelangen noch einmal zwei Treffer, sein Tor zum 3:1 entschied das Finale, das zum 5:2 beendete es.

Das 3:1 hätte die Wahl zum schönsten Tor des Turniers gewiss mit großem Abstand gewonnen, aber auf so etwas kam man damals noch nicht. Das Sport Magazin schrieb: "Man muß es gesehen haben, man kann es kaum mit Worten schildern. Pelé saugte den Ball in eineinhalb Metern Höhe förmlich nach unten, so präzise und exakt, als würde der Ball an einer Schnur heruntergezogen. Für Kenner ein Hochgenuß. Pelé zog den Ball von einem auf den anderen Fuß und knallte dann nach einigem Überlegen, in welche Torecke er zielen sollte, bildschön ins Netz."

Nach dem Spiel wurde der Junge mit der Nummer 10, die er zur mythischsten Rückennummer des Fußballs machte, obwohl er stets Stürmer war, von seinen Gefühlen überwältigt. Er brach in Tränen aus, dabei hatte er so viel Grund zum Lachen. Seit dem 29. Juni 1958 ist Pelé auch der jüngste Weltmeister aller Zeiten. Es sollten noch zwei Titel hinzukommen, 1962 in Chile und 1970 in Mexiko - auch das ist Weltrekord für einen Spieler. Seit dem Triumph von Schweden ist nichts mehr in seinem Leben, wie es war. Und Pelé hielt den Zeitpunkt gekommen, seine Memoiren zu schreiben. "Eu sou Pelé" ("Ich bin Pelé") erschien, als er 19 war. Auch ein Rekord.

Edson Arantes do Nascimento, genannt "Pelé"

Geburtsdatum: 23. Oktober 1940
Nationalität: Brasilianisch
Länderspiele/Tore: 92/77
WM-Spiele/Tore: 14/12 (1958 bis 1970)
Vereine als Spieler: AC Bauri (1954 bis 1956), FC Santos (1956 bis 1974), Cosmos New York (1975 bis 1977)
Größte Erfolge im Nationalteam: Weltmeister 1958, 1962 und 1970
Größte Erfolge im Verein: Südamerika-Pokalsieger 1962, 1963; Brasilianischer Meister 1959, 1963 bis 1968; USA-Meister: 1977
Auszeichnungen: FIFA-Jahrhundertfußballer (2000), Athlet des Jahrhunderts (1980), Fußballer des Jahres in Südamerika 1973, 17-mal Torschützenkönig in Brasilien