Jedes Land hat seinen Fußballhelden: In Deutschland ist es Beckenbauer, in den Niederlanden Cruyff, in Brasilien
Pelé, in England Bobby Charlton. Israel hat Mordechai „Motti“ Spiegler. Der Offensivspieler aus Netanya, der auch
bei Paris Saint-Germain und Cosmos New York spielte, gilt als bester israelischer Spieler aller Zeiten. 1970 in
Mexiko gelang dem Kapitän beim 1:1 gegen Schweden das „Tor von Toluca“, Israels einziger Treffer bei der einzigen
WM-Teilnahme des Landes. Im Interview mit DFB-Redakteur Roy Rajber erzählt Spiegler (67), warum er schon
vor 40 Jahren zur deutschen Mannschaft hielt und warum es nicht mit einem Wechsel in die Bundesliga klappte.
DFB.de: Herr Spiegler, welche Gefühle weckt das Länderspiel
zwischen Deutschland und Israel in Ihnen?
Mordechai Spiegler: Ich freue mich sehr darüber, dass Deutschland Israel zu
diesem Freundschaftsspiel eingeladen hat. Für die
Deutschen ist es eine wichtige Generalprobe vor der
Europameisterschaft in Polen und der Ukraine, die in wenigen
Tagen startet. Für Israel ist es mit dem neuen Trainer
Eli Gutman eine Standortbestimmung im Hinblick auf die
Qualifikation zur WM 2014 in Brasilien. Die Israelis haben
nicht jede Woche und jedes Jahr die Möglichkeit, sich mit
einer der größten Fußballnationen der Welt zu messen.
Es wird auch ein Freundschaftsspiel für die Geschichtsbücher. Wenn Deutschland und Israel aufeinandertreffen,
ist es auch über das Sportliche hinaus immer ein besonderes
Spiel, weil beide Länder durch ihre gemeinsame
Geschichte eng miteinander verbunden sind.
DFB.de: In Israel gibt es heute viele Fans der deutschen
Nationalmannschaft. Inwiefern hat der Fußball zu den
freundschaftlichen Beziehungen beigetragen?
Spiegler: Ich erinnere mich noch sehr gut an den deutschen WM-Erfolg
1974. Ich habe ihn damals in Saint-Tropez gesehen.
Alle Franzosen um mich herum waren voller Trauer, ich
habe gejubelt. Man fragte mich, wie ich als Israeli so glücklich über den deutschen Sieg sein kann, und ich antwortete,
dass ich Günter Netzer kenne, Berti Vogts und Franz
Beckenbauer und dass ich mich sehr für meine Freunde
freue. Die Leute um mich herum haben dann verstanden,
wie sehr der Fußball Menschen zusammenbringt. Deshalb
freue ich mich immer wieder, wenn Deutschland und Israel
gegeneinander Fußball spielen. Es stärkt das Bewusstsein
dafür, dass wir heute im Jahr 2012 leben und den Blick
auf das Leben und die Welt nach vorne richten müssen
und nicht auf das, was vor 70 Jahren war.
DFB.de: Kann der Fußball Brücken bauen, die die Politik und
Diplomatie nicht errichten können?
Spiegler: Die Beziehungen zwischen Menschen sind niemals das
Ergebnis eines Fußballspiels. Aber der Fußball begeistert
und verbindet zu meiner Freude so viele Menschen auf
der Welt, dass man zu Recht von einer großen Kraft sprechen
kann. Dies gilt nicht nur für Deutschland und Israel,
sondern für alle Länder auf der Welt.
DFB.de: Sie haben Günter Netzer und Berti Vogts genannt. Wie
hat sich die Freundschaft zwischen Ihnen und den deutschen
Fußballern entwickelt?
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Jedes Land hat seinen Fußballhelden: In Deutschland ist es Beckenbauer, in den Niederlanden Cruyff, in Brasilien
Pelé, in England Bobby Charlton. Israel hat Mordechai „Motti“ Spiegler. Der Offensivspieler aus Netanya, der auch
bei Paris Saint-Germain und Cosmos New York spielte, gilt als bester israelischer Spieler aller Zeiten. 1970 in
Mexiko gelang dem Kapitän beim 1:1 gegen Schweden das „Tor von Toluca“, Israels einziger Treffer bei der einzigen
WM-Teilnahme des Landes. Im Interview mit DFB-Redakteur Roy Rajber erzählt Spiegler (67), warum er schon
vor 40 Jahren zur deutschen Mannschaft hielt und warum es nicht mit einem Wechsel in die Bundesliga klappte.
DFB.de: Herr Spiegler, welche Gefühle weckt das Länderspiel
zwischen Deutschland und Israel in Ihnen?
Mordechai Spiegler: Ich freue mich sehr darüber, dass Deutschland Israel zu
diesem Freundschaftsspiel eingeladen hat. Für die
Deutschen ist es eine wichtige Generalprobe vor der
Europameisterschaft in Polen und der Ukraine, die in wenigen
Tagen startet. Für Israel ist es mit dem neuen Trainer
Eli Gutman eine Standortbestimmung im Hinblick auf die
Qualifikation zur WM 2014 in Brasilien. Die Israelis haben
nicht jede Woche und jedes Jahr die Möglichkeit, sich mit
einer der größten Fußballnationen der Welt zu messen.
Es wird auch ein Freundschaftsspiel für die Geschichtsbücher. Wenn Deutschland und Israel aufeinandertreffen,
ist es auch über das Sportliche hinaus immer ein besonderes
Spiel, weil beide Länder durch ihre gemeinsame
Geschichte eng miteinander verbunden sind.
DFB.de: In Israel gibt es heute viele Fans der deutschen
Nationalmannschaft. Inwiefern hat der Fußball zu den
freundschaftlichen Beziehungen beigetragen?
Spiegler: Ich erinnere mich noch sehr gut an den deutschen WM-Erfolg
1974. Ich habe ihn damals in Saint-Tropez gesehen.
Alle Franzosen um mich herum waren voller Trauer, ich
habe gejubelt. Man fragte mich, wie ich als Israeli so glücklich über den deutschen Sieg sein kann, und ich antwortete,
dass ich Günter Netzer kenne, Berti Vogts und Franz
Beckenbauer und dass ich mich sehr für meine Freunde
freue. Die Leute um mich herum haben dann verstanden,
wie sehr der Fußball Menschen zusammenbringt. Deshalb
freue ich mich immer wieder, wenn Deutschland und Israel
gegeneinander Fußball spielen. Es stärkt das Bewusstsein
dafür, dass wir heute im Jahr 2012 leben und den Blick
auf das Leben und die Welt nach vorne richten müssen
und nicht auf das, was vor 70 Jahren war.
DFB.de: Kann der Fußball Brücken bauen, die die Politik und
Diplomatie nicht errichten können?
Spiegler: Die Beziehungen zwischen Menschen sind niemals das
Ergebnis eines Fußballspiels. Aber der Fußball begeistert
und verbindet zu meiner Freude so viele Menschen auf
der Welt, dass man zu Recht von einer großen Kraft sprechen
kann. Dies gilt nicht nur für Deutschland und Israel,
sondern für alle Länder auf der Welt.
DFB.de: Sie haben Günter Netzer und Berti Vogts genannt. Wie
hat sich die Freundschaft zwischen Ihnen und den deutschen
Fußballern entwickelt?
Spiegler: Mich verbindet eine enge Freundschaft mit vielen deutschen
Fußballern. Ich kenne auch Jupp Heynckes und Karl-
Heinz Rummenigge sehr gut und habe den deutschen Fußball
schon immer in höchstem Maß geschätzt. Angefangen hat
es mit Hennes Weisweiler, der ein persönlicher Freund
und Lehrer unseres damaligen Nationaltrainers Emanuel
Schaffer war. In Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft
1970 in Mexiko hatten wir zwei Testspiele gegen Borussia
Mönchengladbach. Eines in Deutschland und eines in Israel.
Es war die Mannschaft von Hennes Weisweiler, Günter Netzer,
Berti Vogts und den anderen großen Spielern von damals.
Seitdem haben wir Kontakt gehalten. Ich war sogar für
einige Tage in Gladbach und hätte beinahe einen Vertrag
unterschrieben. Da die Borussia mit Allan Simonsen, Henning
Jensen und meinem Landsmann Shmuel Rosenthal aber
bereits drei Ausländer im Kader hatte – mehr war zur
damaligen Zeit nicht erlaubt – bin ich letztlich nach Paris
gewechselt. Es war schade, dass das nicht geklappt hat,
aber insgesamt habe ich sehr viele gute Erinnerungen an
diese Zeit.
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DFB.de: Prägend ist sicherlich auch die Erinnerung an die WM
1970 in Mexiko. Seitdem konnte sich Israel nicht mehr
für ein großes Turnier qualifizieren.
Spiegler: Das ist richtig. Es gab in Israel immer gute Spieler. Aber
leider haben wir es auch nach 40 Jahren, Hunderten
Fußballern und Dutzenden Trainern nicht geschafft, diesen
Erfolg zu wiederholen.
DFB.de: Warum?
Spiegler: Das ist nicht ganz einfach zu begründen. Ich bin kein
Professor, beschäftige mich weniger mit Spieltaktik, sondern
mehr mit dem Leben. Und ich versuche, meine
Lebenserfahrung an die junge Generation weiterzugeben.
Natürlich wünsche ich mir, dass wir uns wieder für ein
großes Turnier qualifizieren und noch viele Tore schießen
werden. Meines soll nicht das Einzige gewesen sein.
DFB.de: Durch Ihr Tor beim 1:1 gegen Schweden wurden Sie Teil
einer Legende. Was geht in Ihnen vor, wenn Sie die
Aufzeichnung sehen?
Spiegler: Wenn ich mir die Fernsehbilder von dem Tor anschaue, habe
ich immer noch jedes Mal Angst, der Torhüter fängt den
Ball. (lacht) Zum Glück hat er das bis heute nicht getan.
DFB.de: Dieser große Moment ist jetzt 42 Jahre her. Wann sehen
wir Israel wieder bei einem großen Turnier?
Spiegler: Ich habe vor jeder Qualifikationsrunde gesagt: „Diesmal
schaffen wir es“. Das sage ich auch jetzt. Am Anfang ist
die Hoffnung immer groß. Ich wünsche den jungen Spielern,
dass es beim nächsten Mal wirklich wahr wird. Es wäre
schön, wenn die Spieler unser Land wieder auf so einer
großen Bühne vertreten könnten.