Ismael: "Junge Spieler brauchen Zuckerbrot und Peitsche"

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Er war zweimal Deutscher Meister und gewann zweimal den DFB-Pokal. Mit Werder Bremen holte er 2004 das Double, mit Bayern München 2006. Valerien Ismael absolvierte als Innenverteidiger insgesamt 113 Bundesligaeinsätze für Werder, Bayern und Hannover 96. Seit November 2011 ist der 36-jährige Franzose, der in Straßburg geboren wurde, Trainer von Hannovers zweiter Mannschaft in der Regionalliga Nord.

Am Freitag, 3. August, startet die Saison mit einem Auswärtsspiel beim Goslarer SC 08/Sudmerberg. Vorher spricht Valerien Ismael im DFB.de-Interview mit Redakteur Jochen Breideband über Kommunikation, wichtige Botschaften, seine Zukunft, seine Vergangenheit als Synchronsprecher – und er verrät, was ihn auf die Palme bringt.

DFB.de: Herr Ismael, am Wochenende beginnen die Olympischen Spiele. Was fällt Ihnen als erstes zum Thema Olympia ein?

Valerien Ismael: Olympia ist immer etwas Besonderes. Ich war noch nie vor Ort dabei, bin aber wie viele andere ein großer Fan. Vor allem die Leichtathletik-Wettbewerbe gefallen mir.

DFB.de: Ich dachte eher an Ihren Auftritt als Synchronsprecher im Film "Asterix bei den Olympischen Spielen"...

Ismael: Ach so. (lacht) Ja, das war eine sehr interessante Erfahrung und eine echte Herausforderung. Als das Angebot kam, dachte ich: "Da gehe ich hin, stelle mich ans Mikro, spreche schnell meine fünf, sechs Sätze, und das war's." Aber das ist richtige Arbeit. Man muss mitfühlen, Emotionen zeigen, und wenn es nicht richtig klappt, kann man für ein paar Sätze einige Stunden hängen bleiben. Lustig war, als ich den Film später mit Freunden geschaut habe, die davon nichts wussten. Einer hat gesagt: "Die Stimme kenne ich doch." Ich habe ihm dann gesagt, dass es meine ist, und wir haben uns kaputt gelacht.

DFB.de: Sie hatten auch eine Rolle als Schiedsrichter im Hörbuch "Gustav vor, noch ein Tor". Ist Ihre Sprecherkarriere eigentlich beendet?

Ismael: Bis jetzt hatte ich keine weiteren Angebote.

DFB.de: Wie wichtig sind Sprache und Kommunikation im Fußball?

Ismael: Für einen Trainer ist Kommunikation das Wichtigste überhaupt, einen Draht zu den Spielern zu bekommen, um seine Botschaften zu vermitteln. Man muss eng an der Mannschaft sein, aber nicht zu eng. Die Spieler sollen sich nicht beobachtet fühlen.

DFB.de: Welchen Kommunikationsstil pflegen Sie?

Ismael: Ich versuche, auf den Punkt zu kommen. Ich mochte es als Spieler nicht, wenn Trainer sehr viel geredet haben, weil sie sich gerne zugehört haben. In den ersten zehn Minuten ist man konzentriert, irgendwann aber hört man nicht mehr richtig hin. Ich mag es kurz und knackig, die Spieler bekommen die wichtigsten Infos und können dann jederzeit Fragen stellen.

DFB.de: Ist Kommunikation wichtiger geworden im Vergleich zu Ihrer aktiven Zeit?

Ismael: Ja, deutlich wichtiger. Ich hatte das Glück, dass ich mit Gilbert Gress einen Trainer der alten Generation kennengelernt habe und anschließend die neuere mit Leuten wie Thomas Schaaf oder Ottmar Hitzfeld. Andere wie Jürgen Klopp konnte ich aus der Ferne beobachten. Es hat eine unglaubliche Entwicklung stattgefunden. Früher bekam ein Spieler nur gesagt, dass er gut oder schlecht war. Damit musste er klarkommen. Heute ist das ganz anders. Kommunikation ist eine wichtige Basis. Ich versuche, meine Spieler mitzunehmen, stelle ihnen viele Fragen. Die Spieler müssen die Gedanken des Trainers verinnerlichen. Ich will ihnen zeigen: Es ist nicht das Projekt des Trainers, sondern unser gemeinsames Projekt.

DFB.de: Welcher Trainer hat Sie am stärksten geprägt?

Ismael: In Deutschland Thomas Schaaf – durch seine Menschenführung, sein positives Denken und seine vorwärts gerichtete Spielphilosophie, alles fußballerisch zu lösen. Auch von Felix Magath habe ich viel gelernt. Er war total konsequent: Wer 100 Prozent Leistung im Training gebracht hat, hat gespielt – egal, ob 18 Jahre alt oder 35. Große Führungsqualitäten hatte Ottmar Hitzfeld.

DFB.de: Thomas Schaaf ist sehr sachlich, ein Jürgen Klopp sehr emotional. Welche Art bevorzugen Sie als Trainer?

Ismael: Ein bisschen von allem. Auch ein dosierter, kalkulierter Wutausbruch ist mal nötig. Die erste Frage für mich ist immer: Wie präsentiert sich mein Team? Wenn die Mannschaft alles versucht, aber keinen guten Tag oder Pech hat und unglücklich verliert, kann ich nicht sauer sein. Andersherum halte ich den Druck hoch, wenn wir gewonnen, aber schlecht gespielt haben.

DFB.de: Was bringt Sie auf die Palme?

Ismael: Undiszipliniertheit, Leichtsinnigkeit, einfache Ballverluste. Jeder Fehler kann ein Tor nach sich ziehen, jedes Tor kann Punkte kosten, jeder Punkt kann über Aufstieg oder Abstieg entscheiden. Dafür will ich meine jungen Spieler sensibilisieren, schließlich wollen wir für die Bundesliga ausbilden.

DFB.de: Sie gehen mit Hannover 96 II in Ihre zweite Saison. Welche Lehren haben Sie aus Ihrem ersten Halbjahr gezogen?

Ismael: Geduld zu haben in der Arbeit mit jungen Spielern. Manche setzen schnell etwas um, andere brauchen mehr Zeit – ob athletisch, spielerisch oder taktisch. Wichtig ist eine gute Dosierung von Zuckerbrot und Peitsche. Junge Spieler brauchen beides.

DFB.de: Was muss Ihre Mannschaft lernen?

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Ismael: Konstant zu werden. Täglich an der Leistung zu arbeiten, täglich neu anzufangen und nicht zu denken, dass es nach zwei, drei Siegen von alleine läuft. Es ist die größte und schönste Aufgabe für einen Trainer, diese Konstanz auf möglichst hohem Niveau herzustellen – was die Leistungen betrifft und anschließend auch die Ergebnisse.

DFB.de: Wie sehen Hannovers Saisonziele in der Regionalliga Nord aus?

Ismael: Vergangene Saison sind wir Sechster geworden. Minimalziel ist jetzt Platz fünf.

DFB.de: Wie schätzen Sie die Nord-Gruppe nach der Regionalliga-Reform ein?

Ismael: Das kann ich erst nach der Hinrunde sagen. Es sind einige Teams aus der Oberliga hinzugekommen, deren Stärke ich nicht einschätzen kann. Vergangene Saison war das Niveau in der Regionalliga sehr hoch, die 4. Liga wurde da oft unterschätzt. Das hat man auch gemerkt, wenn Spieler aus dem Profikader nach Verletzungspausen bei uns wieder eingestiegen sind. Sie hatten zum Teil sehr große Probleme.

DFB.de: Vor Übernahme des Traineramtes waren Sie Assistent von Sportdirektor Jörg Schmadtke und haben International Management studiert. Wo sehen Sie ihre Zukunft: Als Trainer oder im Managementbereich?

Ismael: Als Trainer. Ich habe die Position aus Überzeugung gewechselt. Ich habe von Jörg Schmadtke viel gelernt, und die Arbeit hat auch Spaß gemacht, aber ich habe Monat für Monat stärker gespürt, dass mir der Rasen fehlt, der Kabinengeruch, die Spannung vor dem Spiel, die Emotionen in einem Team. Im vergangenen November habe ich die A-Lizenz gemacht, nächstes Jahr will ich mich zur Fußball-Lehrer-Ausbildung anmelden. Ich habe immer gesagt, dass es nichts Schöneres gibt, als Fußballer zu sein. Das ist eigentlich kein Beruf, sondern Leidenschaft. Und der zweitschönste Beruf ist Fußballtrainer.

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Er war zweimal Deutscher Meister und gewann zweimal den DFB-Pokal. Mit Werder Bremen holte er 2004 das Double, mit Bayern München 2006. Valerien Ismael absolvierte als Innenverteidiger insgesamt 113 Bundesligaeinsätze für Werder, Bayern und Hannover 96. Seit November 2011 ist der 36-jährige Franzose, der in Straßburg geboren wurde, Trainer von Hannovers zweiter Mannschaft in der Regionalliga Nord.

Am Freitag, 3. August, startet die Saison mit einem Auswärtsspiel beim Goslarer SC 08/Sudmerberg. Vorher spricht Valerien Ismael im DFB.de-Interview mit Redakteur Jochen Breideband über Kommunikation, wichtige Botschaften, seine Zukunft, seine Vergangenheit als Synchronsprecher – und er verrät, was ihn auf die Palme bringt.

DFB.de: Herr Ismael, am Wochenende beginnen die Olympischen Spiele. Was fällt Ihnen als erstes zum Thema Olympia ein?

Valerien Ismael: Olympia ist immer etwas Besonderes. Ich war noch nie vor Ort dabei, bin aber wie viele andere ein großer Fan. Vor allem die Leichtathletik-Wettbewerbe gefallen mir.

DFB.de: Ich dachte eher an Ihren Auftritt als Synchronsprecher im Film "Asterix bei den Olympischen Spielen"...

Ismael: Ach so. (lacht) Ja, das war eine sehr interessante Erfahrung und eine echte Herausforderung. Als das Angebot kam, dachte ich: "Da gehe ich hin, stelle mich ans Mikro, spreche schnell meine fünf, sechs Sätze, und das war's." Aber das ist richtige Arbeit. Man muss mitfühlen, Emotionen zeigen, und wenn es nicht richtig klappt, kann man für ein paar Sätze einige Stunden hängen bleiben. Lustig war, als ich den Film später mit Freunden geschaut habe, die davon nichts wussten. Einer hat gesagt: "Die Stimme kenne ich doch." Ich habe ihm dann gesagt, dass es meine ist, und wir haben uns kaputt gelacht.

DFB.de: Sie hatten auch eine Rolle als Schiedsrichter im Hörbuch "Gustav vor, noch ein Tor". Ist Ihre Sprecherkarriere eigentlich beendet?

Ismael: Bis jetzt hatte ich keine weiteren Angebote.

DFB.de: Wie wichtig sind Sprache und Kommunikation im Fußball?

Ismael: Für einen Trainer ist Kommunikation das Wichtigste überhaupt, einen Draht zu den Spielern zu bekommen, um seine Botschaften zu vermitteln. Man muss eng an der Mannschaft sein, aber nicht zu eng. Die Spieler sollen sich nicht beobachtet fühlen.

DFB.de: Welchen Kommunikationsstil pflegen Sie?

Ismael: Ich versuche, auf den Punkt zu kommen. Ich mochte es als Spieler nicht, wenn Trainer sehr viel geredet haben, weil sie sich gerne zugehört haben. In den ersten zehn Minuten ist man konzentriert, irgendwann aber hört man nicht mehr richtig hin. Ich mag es kurz und knackig, die Spieler bekommen die wichtigsten Infos und können dann jederzeit Fragen stellen.

DFB.de: Ist Kommunikation wichtiger geworden im Vergleich zu Ihrer aktiven Zeit?

Ismael: Ja, deutlich wichtiger. Ich hatte das Glück, dass ich mit Gilbert Gress einen Trainer der alten Generation kennengelernt habe und anschließend die neuere mit Leuten wie Thomas Schaaf oder Ottmar Hitzfeld. Andere wie Jürgen Klopp konnte ich aus der Ferne beobachten. Es hat eine unglaubliche Entwicklung stattgefunden. Früher bekam ein Spieler nur gesagt, dass er gut oder schlecht war. Damit musste er klarkommen. Heute ist das ganz anders. Kommunikation ist eine wichtige Basis. Ich versuche, meine Spieler mitzunehmen, stelle ihnen viele Fragen. Die Spieler müssen die Gedanken des Trainers verinnerlichen. Ich will ihnen zeigen: Es ist nicht das Projekt des Trainers, sondern unser gemeinsames Projekt.

DFB.de: Welcher Trainer hat Sie am stärksten geprägt?

Ismael: In Deutschland Thomas Schaaf – durch seine Menschenführung, sein positives Denken und seine vorwärts gerichtete Spielphilosophie, alles fußballerisch zu lösen. Auch von Felix Magath habe ich viel gelernt. Er war total konsequent: Wer 100 Prozent Leistung im Training gebracht hat, hat gespielt – egal, ob 18 Jahre alt oder 35. Große Führungsqualitäten hatte Ottmar Hitzfeld.

DFB.de: Thomas Schaaf ist sehr sachlich, ein Jürgen Klopp sehr emotional. Welche Art bevorzugen Sie als Trainer?

Ismael: Ein bisschen von allem. Auch ein dosierter, kalkulierter Wutausbruch ist mal nötig. Die erste Frage für mich ist immer: Wie präsentiert sich mein Team? Wenn die Mannschaft alles versucht, aber keinen guten Tag oder Pech hat und unglücklich verliert, kann ich nicht sauer sein. Andersherum halte ich den Druck hoch, wenn wir gewonnen, aber schlecht gespielt haben.

DFB.de: Was bringt Sie auf die Palme?

Ismael: Undiszipliniertheit, Leichtsinnigkeit, einfache Ballverluste. Jeder Fehler kann ein Tor nach sich ziehen, jedes Tor kann Punkte kosten, jeder Punkt kann über Aufstieg oder Abstieg entscheiden. Dafür will ich meine jungen Spieler sensibilisieren, schließlich wollen wir für die Bundesliga ausbilden.

DFB.de: Sie gehen mit Hannover 96 II in Ihre zweite Saison. Welche Lehren haben Sie aus Ihrem ersten Halbjahr gezogen?

Ismael: Geduld zu haben in der Arbeit mit jungen Spielern. Manche setzen schnell etwas um, andere brauchen mehr Zeit – ob athletisch, spielerisch oder taktisch. Wichtig ist eine gute Dosierung von Zuckerbrot und Peitsche. Junge Spieler brauchen beides.

DFB.de: Was muss Ihre Mannschaft lernen?

[bild2]

Ismael: Konstant zu werden. Täglich an der Leistung zu arbeiten, täglich neu anzufangen und nicht zu denken, dass es nach zwei, drei Siegen von alleine läuft. Es ist die größte und schönste Aufgabe für einen Trainer, diese Konstanz auf möglichst hohem Niveau herzustellen – was die Leistungen betrifft und anschließend auch die Ergebnisse.

DFB.de: Wie sehen Hannovers Saisonziele in der Regionalliga Nord aus?

Ismael: Vergangene Saison sind wir Sechster geworden. Minimalziel ist jetzt Platz fünf.

DFB.de: Wie schätzen Sie die Nord-Gruppe nach der Regionalliga-Reform ein?

Ismael: Das kann ich erst nach der Hinrunde sagen. Es sind einige Teams aus der Oberliga hinzugekommen, deren Stärke ich nicht einschätzen kann. Vergangene Saison war das Niveau in der Regionalliga sehr hoch, die 4. Liga wurde da oft unterschätzt. Das hat man auch gemerkt, wenn Spieler aus dem Profikader nach Verletzungspausen bei uns wieder eingestiegen sind. Sie hatten zum Teil sehr große Probleme.

DFB.de: Vor Übernahme des Traineramtes waren Sie Assistent von Sportdirektor Jörg Schmadtke und haben International Management studiert. Wo sehen Sie ihre Zukunft: Als Trainer oder im Managementbereich?

Ismael: Als Trainer. Ich habe die Position aus Überzeugung gewechselt. Ich habe von Jörg Schmadtke viel gelernt, und die Arbeit hat auch Spaß gemacht, aber ich habe Monat für Monat stärker gespürt, dass mir der Rasen fehlt, der Kabinengeruch, die Spannung vor dem Spiel, die Emotionen in einem Team. Im vergangenen November habe ich die A-Lizenz gemacht, nächstes Jahr will ich mich zur Fußball-Lehrer-Ausbildung anmelden. Ich habe immer gesagt, dass es nichts Schöneres gibt, als Fußballer zu sein. Das ist eigentlich kein Beruf, sondern Leidenschaft. Und der zweitschönste Beruf ist Fußballtrainer.