HSV gegen VfB: Mal Meisterschaftsfinale, mal Abstiegskampf pur

Ungleiches Duell 1977: Aufsteiger gegen Europapokalsieger

Nach zweieinhalb Jahren war es wieder soweit und obgleich das Resultat im August 1977 identisch (1:2) war, war die Stimmung eine andere. Trainer Jürgen Sundermann hatte eine Mannschaft mit Perspektive in die Bundesliga zurückgeführt, Hansi Müller und Karl-Heinz Förster sollten schon in ihrer ersten Saison Nationalspieler werden. Dass sie gegen den amtierenden Europapokalsieger trotz großen Chancenplus' dennoch verloren, hatte viel mit Pech zu tun: Sundermann hatte in der Schlussphase zwei Stürmer eingewechselt und sie beauftragt, Tore zu schießen. Während Dieter Hoeneß das sinngemäß ausführte und sein erstes Bundesligator erzielte, traf der eingewechselte Ottmar Hitzfeld zwei Minuten vor Schluss nur ins eigene Tor. Für den kicker war es schlicht eine "Tragödie des Neulings".

Im nächsten VfB-Heimspiel hatte sich der Fußball-Gott etwas Ähnliches ausgedacht, nun schoss der Hamburger Hans-Jürgen Ripp das entscheidende Tor, ohne Glückwünsche zu erhalten. Ins gegnerische Tor hat Ripp in 177 Einsätzen übrigens nie getroffen, bis 1999 war er damit Rekordhalter.

1979: Das erste Spitzenspiel

Das Rückspiel vom 3. Februar 1979 (1:1) firmiert als erstes Spitzenspiel der Kontrahenten, in Hamburg traf der Dritte auf den Zweiten und nachher war der VfB Erster einer allerdings ziemlich schiefen Tabelle im schneereichen Winter 1978/79. Im Blickpunkt stand der junge VfB-Verteidiger Bernd Martin, der Superstar Kevin Keegan bewachte und seine Aufgabe meisterte. Erstaunt berichtete Martin den Reportern von der feinen englischen Art Keegans: "Nach jedem Foul hat er gesagt: Entschuldigung." Das Fairplay wurde belohnt, am Ende stand die erste Bundesliga-Meisterschaft des HSV, unter dem einstigen VfB-Trainer Branko Zebec. Die Schwaben wurden Zweiter, etablierten sich aber als Spitzenmannschaft.

In der Saison 1980/1981 etwa gewannen sie beide Spiele gegen den mit Nationalspielern gespickten HSV. Der 15. November 1980 ging aber weniger wegen des 3:2-Sieges in die Annalen ein, sondern wegen einer kuriosen Einwechslung. Amerika-Rückkehrer Franz Beckenbauer wurde von Zebec in der Halbzeit überraschend aufgefordert, sich umzuziehen. Damit hatte der Kaiser, der in 424 Spielen nur an jenem Tag eingewechselt wurde, nicht gerechnet. Bis er soweit war, lief das Spiel schon wieder – und so bekam Beckenbauer bei der nächsten Unterbrechung seinen Extraauftritt. Am 16. Mai 1981 stand er im Rückspiel in der Startelf und erlebte mit, wie der VfB dem HSV die Meisterschaft vermasselte. Ein junger Türke namens Ilyas Tüfekci schoss sich bei jenem 3:1 mit zwei Toren ins Rampenlicht.

Es folgten zwei grandiose HSV-Jahre mit Meisterschaften und dem Europacup-Triumph von Athen 1983 - und ohne Niederlage gegen den VfB. Das sollte sich erst 1983/1984 wieder ändern, als die Schwaben nach den Sternen griffen und in Hamburg gleich zweimal gewannen. Im Dezember gab es in der Liga an einem bitterkalten Abend ein furioses 0:2 mit dem sich der VfB die Herbstmeisterschaft im Stadion des Meisters sicherte. Das roch schon verdächtig nach Wachablösung. "So klug und clever agiert nur ein Titelfavorit", lobte der kicker nach einem Klassespiel, das Tore von Dan Corneliusson und Karl Allgöwer entschieden.



Sie sind Urgesteine der Bundesliga, in der sie jeweils dreimal Meister wurden. Zuletzt erwiesen sie sich nur noch als Überlebenskünstler, zweimal in Folge entgingen sie nur knapp dem Abstieg. Beide haben schon viel bessere Tage erlebt, einmal trugen sie sogar ein inoffizielles Meisterschaftsfinale aus. Ein Rückblick auf die Geschichte des Spiels zweier etablierter Bundesligisten - das Duell HSV gegen VfB.

In der Bundesliga gibt es nur eine Paarung, die häufiger ausgetragen wurde als die Partie Hamburg gegen Stuttgart - nur das Nordduell mit Bremen hat es mit der Ausnahme von einer Saison immer gegeben. Dem HSV und dem VfB fehlen zwei Jahre, verursacht durch den Abstieg der Schwaben 1975. Am Samstag (ab 18.30 Uhr, live bei Sky) treffen sie sich zum 101. Mal im Oberhaus.

1937: Spiel um Meisterschaftsplatz drei in Leipzig

Erstmals in einem bedeutenden Spiel standen sich die beiden vor dem Krieg gegenüber, als die Halbfinalverlierer im Meisterschaftsrennen das erst 1936 eingeführte Spiel um Platz drei austragen mussten. An jenem 20. Juni 1937 schoss Stuttgarts Erich Koch das einzige Tor, gesehen haben es in Leipzig rund 10.000 Zuschauer. Mehr war nicht vor Gründung der Bundesrepublik, was vornehmlich an den Schwaben lag. Während sich der HSV regelmäßig für die Endrunde qualifizierte, scheiterte der VfB auf regionaler Ebene oft genug schon am Widersacher in der eigenen Stadt, den Kickers.

1953 kam es dann zu den ersten Meisterschaftsspielen, in der Endrundengruppe zwei traf man zweimal aufeinander - und beide Partien gingen mit 2:1 an den VfB. In Hamburg entnervte den HSV ein Doppelschlag von Baitner und Waldner in der 9. und 10. Minute. Der erste HSV-Sieg glückte im fünften Anlauf: wieder war es ein Endrundenspiel zur Meisterschaft. Nach torlosem Hinspiel am Rothenbaum stürmten die Hamburger das Neckarstadion und bekamen nach dem 4:2 am 3. Juni 1956 Beifall vom Stuttgarter Anhang.

Der 19 Jahre junge Uwe Seeler schoss damals sein erstes von sechs Toren im Neckarstadion. Die Hamburger begeisterten an jenem Sommertag, das "Sport Magazin" stellte fest: "Der VfB hätte sich nicht wundern dürfen, wenn es ein 6:2, 7:2 oder 8:2 gegeben hätte." Nun, ein solches Resultat sollte es niemals geben, das Rekordergebnis in, inklusive DFB-Pokal, exakt 109 Begegnungen war ein 5:1 für den VfB am 30. April 1988. Torlos endeten nur zwei Spiele.

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1963: Zuschauerrekord im Neckarstadion

Sie schenkten sich meist nichts - bezeichnend dass die drei ersten Bundesligapaarungen remis endeten. Das erste Bundesligator erzielte Stuttgarts Theodor Hoffmann, der im November 1963 in Hamburg nach fünf Minuten traf. Da sich zwei Stuttgarter aber verletzten und als Statisten bis zum Abpfiff herum humpelten, kam der HSV noch zum Ausgleich. Im Rückspiel (2:2) strömten 75.000 ins Neckarstadion, was Rekord für dieses Duell ist, und amüsierten sich köstlich. Zumindest über das zweite VfB-Tor, als der zuvor noch verletzt im Aus liegende Hans Arnold sich hinter dem Rücken von Torwart Horst Schnoor ins Feld stahl, dessen Abschlag abfing und Kollege Rolf Geiger bediente. Der HSV glich noch aus, in den ersten vier Jahren gönnte er dem VfB keinen Sieg.

Als die Hanseaten im April 1966 zum zweiten Mal in Stuttgart gewannen, wurde er erneut gefeiert, jedenfalls sein Star. "Uwe, Uwe"-Sprechchöre prasselten von den Rängen, dabei hatte eigentlich Bernd Dörfel Uwe Seeler die Show gestohlen - mit einem Rückzieher, für die später Klaus Fischer berühmt werden sollte, traf er zum 3:1.

60er-Jahre: Im Mittelmaß gefangen

Beide Mannschaften waren rückblickend betrachtet in den Sechzigern nicht sonderlich interessant, hatten weder mit Titelkampf noch mit dem Abstieg etwas zu tun. Und im Mittelmaß regiert nicht selten Tristesse, die sich im Dezember 1967 am Rothenbaum widerspiegelte, als nur noch 8000 Zuschauer kamen. Das Rückspiel an einem Dienstagabend im Mai 1968 interessierte auch nur 12.000, aber die sahen immerhin den ersten Bundesliga-Sieg (4:1) des VfB in diesem Duell - im zehnten Anlauf. Damals waren nur zwei Ausländer pro Team erlaubt. Gilbert Gress und Bo Larsson rechtfertigten ihre Aufstellung und schossen eine frühe Führung heraus. Das Besondere an diesem Spiel: obwohl es zum 34. Spieltag gehörte, war es ein Nachholspiel, da der HSV kurz zuvor noch im Europacup-Finale gestanden hatte. Ein Novum in der Bundesliga, in der längst alle Partien am 33. und 34. Spieltag zeitgleich stattfinden müssen.

Nun war der Bann gebrochen, auch das nächste Heimspiel (3:0) ging an den VfB und wieder traf der Franzose Gress. Aber auch Uwe Seeler war regelmäßig unter den Torschützen, im August entschied er das Heimspiel seines HSV durch ein Tor in der 86. Minute. Im nächsten Spiel (15. Oktober 1969) glückte dem VfB dann der erste Sieg in Hamburg (3:1), unter den Augen von Bundestrainer Helmut Schön engagierte sich besonders Doppel-Torschütze Willi Entenmann. Nach den Sechzigern war das Nord-Süd-Duell noch kein Klassiker, beide Teams schwammen in der Liga einfach nur mit. In der Saison des Bundesliga-Skandals kamen auch im Neckarstadion nur 8.000 Zuschauer, die immerhin Zeuge eines Dramas wurden. Nach dem 3:3 knurrte VfB-Trainer Branko Zebec, gerade bei den Bayern entlassen: "Ein Gerd Müller hätte hier drei, vier Tore geschossen."

1975: "Stuttgart wirkte konfus und einfallslos"

Im Oktober 1971 erreichte der HSV den noch immer gültigen Rekordsieg beim VfB (3:0), der dennoch bis 1974 stets vor dem Hamburgern in der Tabelle einlief. Dann kam die Saison 1974/1975, in der sich die Vorzeichen wandelten und die Schwaben erstmals abstiegen. Der HSV hatte daran seinen Anteil und gewann beide Spiele. Nach dem Hinspiel (1:0) war er sogar Tabellenführer, 23.000 sahen nur ein Elfmetertor, das der spätere Stuttgarter Georg Volkert markierte. Die Schere ging auseinander, der HSV steuerte der erfolgreichsten Ära überhaupt entgegen, der VfB dagegen dem Tiefpunkt.

Das Rückspiel (1:2) stellte die Weichen für den Abstieg, denn es war demoralisierend. "Stuttgart wirkte konfus, einfallslos, mit indisponierten Solisten anstelle einer verschworenen Mannschaft", mäkelte der kicker im März 1975. Während Volkert wieder einen Elfmeter verwandelte, verschoss VfB-Spieler Hans-Joachim Weller beim Stand von 0:2. Der spätere HSV-Trainer Egon Coordes verkürzte noch auf 1:2, doch nach dem Spiel ahnten 40.000, dass sie den HSV so schnell nicht wiedersehen würden. So kam es auch.

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Ungleiches Duell 1977: Aufsteiger gegen Europapokalsieger

Nach zweieinhalb Jahren war es wieder soweit und obgleich das Resultat im August 1977 identisch (1:2) war, war die Stimmung eine andere. Trainer Jürgen Sundermann hatte eine Mannschaft mit Perspektive in die Bundesliga zurückgeführt, Hansi Müller und Karl-Heinz Förster sollten schon in ihrer ersten Saison Nationalspieler werden. Dass sie gegen den amtierenden Europapokalsieger trotz großen Chancenplus' dennoch verloren, hatte viel mit Pech zu tun: Sundermann hatte in der Schlussphase zwei Stürmer eingewechselt und sie beauftragt, Tore zu schießen. Während Dieter Hoeneß das sinngemäß ausführte und sein erstes Bundesligator erzielte, traf der eingewechselte Ottmar Hitzfeld zwei Minuten vor Schluss nur ins eigene Tor. Für den kicker war es schlicht eine "Tragödie des Neulings".

Im nächsten VfB-Heimspiel hatte sich der Fußball-Gott etwas Ähnliches ausgedacht, nun schoss der Hamburger Hans-Jürgen Ripp das entscheidende Tor, ohne Glückwünsche zu erhalten. Ins gegnerische Tor hat Ripp in 177 Einsätzen übrigens nie getroffen, bis 1999 war er damit Rekordhalter.

1979: Das erste Spitzenspiel

Das Rückspiel vom 3. Februar 1979 (1:1) firmiert als erstes Spitzenspiel der Kontrahenten, in Hamburg traf der Dritte auf den Zweiten und nachher war der VfB Erster einer allerdings ziemlich schiefen Tabelle im schneereichen Winter 1978/79. Im Blickpunkt stand der junge VfB-Verteidiger Bernd Martin, der Superstar Kevin Keegan bewachte und seine Aufgabe meisterte. Erstaunt berichtete Martin den Reportern von der feinen englischen Art Keegans: "Nach jedem Foul hat er gesagt: Entschuldigung." Das Fairplay wurde belohnt, am Ende stand die erste Bundesliga-Meisterschaft des HSV, unter dem einstigen VfB-Trainer Branko Zebec. Die Schwaben wurden Zweiter, etablierten sich aber als Spitzenmannschaft.

In der Saison 1980/1981 etwa gewannen sie beide Spiele gegen den mit Nationalspielern gespickten HSV. Der 15. November 1980 ging aber weniger wegen des 3:2-Sieges in die Annalen ein, sondern wegen einer kuriosen Einwechslung. Amerika-Rückkehrer Franz Beckenbauer wurde von Zebec in der Halbzeit überraschend aufgefordert, sich umzuziehen. Damit hatte der Kaiser, der in 424 Spielen nur an jenem Tag eingewechselt wurde, nicht gerechnet. Bis er soweit war, lief das Spiel schon wieder – und so bekam Beckenbauer bei der nächsten Unterbrechung seinen Extraauftritt. Am 16. Mai 1981 stand er im Rückspiel in der Startelf und erlebte mit, wie der VfB dem HSV die Meisterschaft vermasselte. Ein junger Türke namens Ilyas Tüfekci schoss sich bei jenem 3:1 mit zwei Toren ins Rampenlicht.

Es folgten zwei grandiose HSV-Jahre mit Meisterschaften und dem Europacup-Triumph von Athen 1983 - und ohne Niederlage gegen den VfB. Das sollte sich erst 1983/1984 wieder ändern, als die Schwaben nach den Sternen griffen und in Hamburg gleich zweimal gewannen. Im Dezember gab es in der Liga an einem bitterkalten Abend ein furioses 0:2 mit dem sich der VfB die Herbstmeisterschaft im Stadion des Meisters sicherte. Das roch schon verdächtig nach Wachablösung. "So klug und clever agiert nur ein Titelfavorit", lobte der kicker nach einem Klassespiel, das Tore von Dan Corneliusson und Karl Allgöwer entschieden.

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1984: Der Kampf um den Meistertitel

Schon fünf Wochen später gab es dank des Loses im ersten DFB-Pokaltreffen überhaupt Gelegenheit zur Revanche. Guido Buchwalds spätes Ausgleichstor machte ein Wiederholungsspiel in Hamburg nötig, wo am 31. Januar 1984 das nächste Fußballfest stieg. Wieder hieß der Sieger VfB, mit 4:3 nach Verlängerung. Und wieder war Buchwald, damals in seiner ersten Bundesliga-Saison, der Pokal-Held. In der 109. Minute traf er zum 3:4. HSV-Trainer Ernst Happel, selten zum Überschwang neigend, bilanzierte: "Ein großes Spiel zweiter großer Mannschaften. Ein Jammer, dass einer ausscheiden muss." Das lag auch zu einem gewissen Anteil an Manfred Kaltz, der einen Elfmeter über das Tor schoss. Felix Magath kasteite sich mit Selbstvorwürfen: "Ich musste das 3:1 machen". Verdient wäre es nicht gewesen. Der kicker titelte: "Alle begeistert: So schafft Stuttgart sogar das Double." Ganz so wurde es nicht, aber am 26. Mai 1984 hielt Kapitän Karl-Heinz Förster als erster VfB-Kapitän seit 1952 die Meisterschale in den Händen.

Das stand quasi schon vor Anpfiff fest, das vom Spielplan ermöglichte Endspiel um den Titel war eine Mogelpackung: der HSV hätte 5:0 gewinnen müssen. Daran glaubte niemand, Karl-Heinz Förster antwortete auf die Frage was passieren müsse, damit es doch einträfe: "Vielleicht von Anfang an katastrophale Fehler unterlaufen, Eigentore." Nichts dergleichen geschah, die Mannschaft von Trainer Helmut Benthaus war auf Torverhinderung bedacht und kam nicht aus der Deckung. Der HSV glaubte auch nicht mehr an seine Chance, kam aber immerhin durch Jürgen Milewski nach 85 Minuten zum Tor des Tages. Torwart Hermann Roleder nahm es auf seine Kappe: "Ich war einfach nicht mehr konzentriert. Aber was soll’s?". 71.000 Zuschauer feierten trotzdem, denn mit sieben Toren Vorsprung vor den Hamburgern liefen die Schwaben ins Ziel ein.

1996: Das "magische Dreieck" des VfB entzaubert den HSV

Das war das letzte klassische Spitzenspiel der beiden Klubs, der HSV wartet seit 1983 auf eine Meisterschaft. Der VfB wiederholte das Kunststück 1992 und 2007. Das 0:1 von Stuttgart im vermeintlichen Meisterfinale 1984 war auch in anderer Hinsicht ein Wendepunkt. Elf Jahre sollten vergehen, ehe es in diesem Duell wieder einen Auswärtssieg gab. 16 Heimsiege und fünf Unentschieden (alle 1:1) wurden gezählt, ehe der VfB am 18. Februar 1995 ein denkwürdiges Spiel im Volksparkstadion gewann (0:2). Denkwürdig deshalb, weil es drei Platzverweise gab, von denen zwei an die Gäste gingen. Torwart Eike Immel musste schon nach 13 Minuten vom Platz. Der Ex-Stuttgarter Jürgen Hartmann sorgte nach 43 Minuten wieder für Waffengleichheit, ehe auch Carlos Dunga nach 74 Minuten unter die Dusche ging. Am VfB-Sieg endete das nichts, Fredi Bobic und Andreas Buck trafen schon vor der Pause.

Schon die zweite Demütigung für den HSV binnen eines Jahres. Zuvor hatte er in Stuttgart vier Tore in acht Minuten kassiert und 0:4 verloren. Mitte der Neunziger waren die Stuttgarter obenauf, von 1994 bis 1998 gewannen sie acht von zehn Spielen. Darunter war auch der höchste Sieg in Hamburg, als HSV-Trainer Felix Magath gegen einen seiner zahlreichen kommenden Klubs kein Rezept fand. Sein Gegenüber dagegen machte alles richtig. Der 36 Jahre alte Joachim Löw, damals noch eine Interimslösung, erntete Lob von allen Seiten. "Löw hat den Löwen-Anteil", dichtete der kicker und Weltmeister Thomas Berthold lobte: "Er bringt gute Stimmung in die Mannschaft."

Der VfB profitierte damals auch vom "magischen Dreieck", das an jenem 27. August 1996 durchaus Magie versprühte. Krassimir Balakov schoss zwei Tore beim 4:0, auch Fredi Bobic traf, nur Giovane Elber ging leer aus. Der VfB wurde am Saisonende DFB-Pokalsieger, der HSV Dreizehnter. Wie fast immer seit 1990 landete er in der unteren Tabellenhälfte und musste zu den Schwaben aufschauen. In der Ära Löw holte er nur einen Punkt aus vier Spielen, 1997 kassierte der HSV in Stuttgart in drei Spielen inklusive des Pokal-Halbfinales (1:2) elf Tore. Ob Zufall oder nicht - nach dem Ausscheiden des heutigen Bundestrainers verlor der VfB für den HSV seinen Schrecken und die Hamburger blieben zwischen 1999 und 2001 sechsmal ungeschlagen. Nun polierte der HSV seine Bilanz wieder auf, unter dem Strich ist sie in der Bundesliga positiv gegen den VfB (42-21-37), der nur gegen Bayern noch häufiger verloren hat.

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2007: Meisterlicher Schwaben-Streich

Im neuen Jahrtausend war der VfB erfolgreicher als der Liga-Dino, wurde 2007 Meister und stand immerhin zweimal im Pokalfinale. So etwas kann der HSV seinen Fans schon seit Jahrzehnten nicht mehr bieten.

Meisterlich waren die Schwaben-Streiche in der HSV-Arena 2006 (2:0) und 2007 (4:2). Das 2:0 vom 26. Februar 2006 bleibt wegen einer kuriosen Szene im Schlussakt in Erinnerung: Nach einer Ecke für den HSV war auch Torwart Stefan Wächter nach vorne geeilt. Rafael van der Vaart bemerkte das nicht und spielte zurück - auf das leere Tor. Der eine Minute zuvor eingewechselte Mario Gomez witterte seine Chance, überspurtete van der Vaart, der seinen Lapsus ausbügeln wollte, und schoss ins leere Tor.

Am 13. Februar 2007 sprach alles von einem anderen Stürmer: Weltklassemann Ruud van Nistelrooy war in der Winterpause von Madrid an die Elbe gewechselt und wurde von Bruno Labbadia nach 65 Minuten erstmals eingesetzt. Der Joker stach prompt und schoss zwei Tore. "Ja, er ist ein Gigant!", titelte die Hamburger Morgenpost euphorisch.

2015: Harnik und der "Affen-Jubel"

In jüngerer Vergangenheit mutierte der VfB jedoch zum Angstgegner des HSV, der nur eins der letzten sieben Spiele gewann. Am 3. März 2012 kamen die Schwaben zu ihrem höchsten Sieg in Hamburg (0:4), etwas entschuldigt durch Paulo Guerreros Platzverweis. Seit fast fünf Jahren haben die Hamburger gegen den VfB kein Heimspiel mehr gewonnen, das letzte am 16. Dezember 2014 endete 0:1 - obwohl der VfB ab der 53. Minute nach Rot gegen Niedermeier in Unterzahl spielte. Aber die Null blieb stehen für die Elf von Huub Stevens, der wieder mal die Retter-Rolle einnehmen musste. Zum zweiten Mal in Folge bereits beim VfB, 2007 tat er es auch überaus erfolgreich für den HSV.

Den hätte er am 16. Mai 2015 beinahe in die 2. Bundesliga befördert. Das Rückspiel am 33. Spieltag geriet zu einer Art Finale um den Klassenverbleib. Hätte der HSV gewonnen, wäre der VfB abgestiegen. Und danach sah es nach Gojko Kacars Führungstor in der zwölften Minute zunächst aus. Aber Treffer von Christian Gentner und Martin Harnik drehten die Partie noch vor der Pause. Nach dem 2:1-Heimsieg hatte der "Affen-Jubel" Premiere in der Bundesliga, die VfB-Spieler machten sich auf diese Weise lustig über Stevens, der sie während des Trainings - durchaus provokativ gemeint - als "Affen" tituliert hatte.

Zu einer weiteren Wende waren die Gäste dann weder nervlich noch physisch in der Lage. Rafael van der Vaart brachte sich mit einem dummen Foul um seinen Einsatz am letzten Spieltag (Gelb-Sperre), bekam aber noch in der letztlich erfolgreichen Relegation gegen den KSC die Chance, vom Hamburger Publikum Abschied zu nehmen. Nach dem Spiel war nichts geklärt. 60.000 abzüglich der HSV-Fans jubelten zwar, aber die Entscheidung im Abstiegskampf aufgeschoben. Letztlich ging es gut aus für die beiden Traditionsklubs, sonst stünden sie sich am Samstag nicht schon wieder gegenüber - das Nord-Süd-Duell lebt weiter.