Hrubesch: "Neuer gegen Balotelli war sensationell"

Hrubesch: Ja, ein außergewöhnlicher Spieler. Auch die anderen, die heute in den beiden Nationalteams dabei sind. Da sieht man einfach, dass es sich für die Jungs auszahlt, auch Juniorenturniere auf höchstem Niveau bestreiten zu können.

DFB.de: Warum?

Hrubesch: Die Jungs lernen dabei, was international gefordert ist, und sie realisieren, dass sie auf diesem hohen Niveau mithalten können. Das ist ja ein Gesamtpaket aus der Entwicklung in den kleineren Vereinen, den Stützpunkten des Talentförderprogramms und den Leistungszentren der Bundesliga. Bei den internationalen Vergleichen erhalten die Jungs dann das nötige Rüstzeug, um an die Spitze zu kommen. Wenn ich beispielsweise daran denke, wie Mesut Özil damals im Halbfinale defensiv mitgearbeitet hat, dann kann ich nur den Hut ziehen. Nur so, als Mannschaft, kann man große Titel erringen.

DFB.de: Welche Faktoren sind noch entscheidend?

Hrubesch: Die Ehrlichkeit, sich selbst richtig einzuschätzen, und der Charakter, alles zu geben, wenn es darauf ankommt. Spieler wie Khedira oder Neuer, aber auch Boateng, Höwedes und Schmelzer sind leidensfähig und haben Leidenschaft. Dadurch sind sie bereit, alles zu geben, wenn es drauf ankommt. Und sie haben Demut und wissen, dass sie auf dem Platz ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen müssen. Hinzu kommt, dass einige wie Khedira, Özil oder Neuer bei den Vereinswechseln die richtigen Entscheidungen getroffen haben. So konnten sie sich auf höchstem Niveau stabilisieren und Topleistungen abrufen.

DFB.de: Wie haben Sie aus diesen Spielern eine Mannschaft geformt?

Hrubesch: Ich hatte damals das Team ja erst ein halbes Jahr zuvor übernommen. Wir haben einiges getestet und waren zu Beginn der Vorbereitung ein zusammengewürfelter Haufen. Sami Khedira war eine Führungsfigur, ihm habe ich die Rolle als Kapitän anvertraut. Dazu kamen Individualisten wie Mesut Özil, Ashkan Dejagah und Gonzalo Castro, der ein tolles Turnier gespielt hat. Diese haben wir in das Team eingebaut. Mannschaftsspieler wie Andi Beck, Benedikt Höwedes oder Fabian Johnson haben selbstverständlich ebenfalls viel fürs Team getan.

DFB.de: War bei der U 21-EM der Titelgewinn unter diesen Voraussetzungen quasi programmiert?



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Es war der 26. Juni 2009. Genau vor drei Jahren trafen Deutschland und Italien im Halbfinale der Europameisterschaft aufeinander. Beim U 21-Turnier in Schweden, Spielort war Helsingborg. Boateng, Höwedes, Hummels, Khedira, Neuer, Özil und Schmelzer standen damals im deutschen Aufgebot - Abate, Balotelli und Giovinco trugen das italienische Trikot. Sie können auch am Donnerstag (ab 20.45 Uhr, live in der ARD) im EM-Halbfinale in Warschau zum Einsatz kommen, wenn Deutschland und Italien den Endspielteilnehmer ermitteln - diesmal bei den Männern.

Vor drei Jahren siegte der DFB-Nachwuchs durch einen Treffer von Rechtsverteidiger Andreas Beck mit 1:0, Torwart Manuel Neuer sicherte mit einigen glänzenden Paraden den Einzug ins Finale, das Deutschland gegen England mit 4:0 gewann und damit erstmals den EM-Titel bei den U 21-Junioren holte.

Im aktuellen DFB.de-Interview mit Redakteur Maximilian Geis spricht DFB-Trainer Horst Hrubesch, seinerzeit für die U 21 verantwortlich, über seine Erinnerungen an das EM-Halbfinale 2009, die Entwicklung der Spieler und die aktuellen Chancen der Auswahl von Bundestrainer Joachim Löw gegen Italiens Elite.

DFB.de: Horst Hrubesch, wie schlägt man Italien?

Horst Hrubesch: Indem man sein eigenes Spiel durchzieht und den Gegner nicht zur Entfaltung kommen lässt. Das trifft aber auch auf jeden anderen Kontrahenten zu. Diese Partie bei der U 21-EM in Schweden war richtungweisend für das Endspiel später. Danach hatte jeder Spieler das Selbstvertrauen, um auch im Finale gegen England keine Zweifel aufkommen zu lassen. Das stimmt mich bei unserer Nationalmannschaft auch positiv. Joachim Löw hat ein Team geformt, das von Beginn an dominieren und jeden Gegner bezwingen kann.

DFB.de: Welche Szene aus dem Halbfinale 2009 ist Ihnen noch besonders präsent?

Hrubesch: Neben dem Tor von Andreas Beck, einem herrlichen Fernschuss, ist es vor allem eine Parade unseres Torwarts. In der Nachspielzeit hatte Italien einen Freistoß, den Mario Balotelli mit voller Wucht auf unseren Kasten gebracht hat. Keeper Manuel Neuer hat den Flatterball dann nicht mit einer Parade entschärft, sondern per Volleyschuss in hohem Bogen zurück ins Feld gekickt. Er hat später gesagt, dass es fast eine Bewegung wie beim Tippkick war. Diese Parade war sensationell!

DFB.de: Sie sprechen Mario Balotelli an. War er damals schon die schillernde Figur wie heute?

Hrubesch: Ja, ein außergewöhnlicher Spieler. Auch die anderen, die heute in den beiden Nationalteams dabei sind. Da sieht man einfach, dass es sich für die Jungs auszahlt, auch Juniorenturniere auf höchstem Niveau bestreiten zu können.

DFB.de: Warum?

Hrubesch: Die Jungs lernen dabei, was international gefordert ist, und sie realisieren, dass sie auf diesem hohen Niveau mithalten können. Das ist ja ein Gesamtpaket aus der Entwicklung in den kleineren Vereinen, den Stützpunkten des Talentförderprogramms und den Leistungszentren der Bundesliga. Bei den internationalen Vergleichen erhalten die Jungs dann das nötige Rüstzeug, um an die Spitze zu kommen. Wenn ich beispielsweise daran denke, wie Mesut Özil damals im Halbfinale defensiv mitgearbeitet hat, dann kann ich nur den Hut ziehen. Nur so, als Mannschaft, kann man große Titel erringen.

DFB.de: Welche Faktoren sind noch entscheidend?

Hrubesch: Die Ehrlichkeit, sich selbst richtig einzuschätzen, und der Charakter, alles zu geben, wenn es darauf ankommt. Spieler wie Khedira oder Neuer, aber auch Boateng, Höwedes und Schmelzer sind leidensfähig und haben Leidenschaft. Dadurch sind sie bereit, alles zu geben, wenn es drauf ankommt. Und sie haben Demut und wissen, dass sie auf dem Platz ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen müssen. Hinzu kommt, dass einige wie Khedira, Özil oder Neuer bei den Vereinswechseln die richtigen Entscheidungen getroffen haben. So konnten sie sich auf höchstem Niveau stabilisieren und Topleistungen abrufen.

DFB.de: Wie haben Sie aus diesen Spielern eine Mannschaft geformt?

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Hrubesch: Ich hatte damals das Team ja erst ein halbes Jahr zuvor übernommen. Wir haben einiges getestet und waren zu Beginn der Vorbereitung ein zusammengewürfelter Haufen. Sami Khedira war eine Führungsfigur, ihm habe ich die Rolle als Kapitän anvertraut. Dazu kamen Individualisten wie Mesut Özil, Ashkan Dejagah und Gonzalo Castro, der ein tolles Turnier gespielt hat. Diese haben wir in das Team eingebaut. Mannschaftsspieler wie Andi Beck, Benedikt Höwedes oder Fabian Johnson haben selbstverständlich ebenfalls viel fürs Team getan.

DFB.de: War bei der U 21-EM der Titelgewinn unter diesen Voraussetzungen quasi programmiert?

Hrubesch: Zwar haben wir den Titel immer als Ziel ausgegeben, aber in das Turnier mussten wir erst hineinwachsen. In der Vorrunde haben wir uns leicht getan, im Halbfinale haben wir uns die Überzeugung geholt, die für den Titelgewinn nötig war. Gegen Italien im Halbfinale und später gegen England hat sich dabei übrigens als richtig erwiesen, dass wir Mats Hummels mitgenommen haben, obwohl er zuvor von einer Verletzung geplagt war.

DFB.de: Haben Sie die Entwicklung der einzelnen Spieler so erwartet, wie es nun gekommen ist? Dass heute beispielsweise sieben U 21-Europameister von 2009 im Kader der A-Nationalmannschaft stehen.

Hrubesch: Direkt nach dem Finale, beim Bankett in der Innenstadt von Malmö, habe ich zu Jogi Löw gesagt, dass er in Zukunft die Qual der Wahl haben wird. Man konnte schon damals sehen, dass viele junge Spieler nachrücken, die gut ausgebildet sind. Jogi hatte den Mut, bereits bei der WM 2010 in Südafrika auf einige dieser Spieler zu setzen. Und auch die Jungs, die auf der Bank sitzen, müssen funktionieren. Sie müssen sich fit halten und bereit sein, jederzeit einspringen zu können. Diese Qualität ist da.

DFB.de: Wie weit kann der "Geist von Malmö" die Nationalmannschaft bei dieser EM tragen?

Hrubesch: Bis zum Titel, keine Frage. Ein entscheidender Faktor ist die Ausgeglichenheit der Mannschaft - und die Formstärke der spielbestimmenden Akteure wie Khedira, Neuer oder Özil. Zudem haben die Jungs eine Menge Erfahrung, sie wissen, wie man Titel holt. Ich bin kein Freund der Aussage, dass man aus Niederlagen am meisten lernt. Denn nur wenn man am Ende den Pokal gewonnen hat, weiß man, was auf dem Weg dorthin nötig war und getan werden musste.