Hingst: "Wollen auf jeden Fall Medaille holen"

Ariane Hingst gehört zu den festen Größen in der deutschen Frauen-Nationalmannschaft. Die 28 Jahre alte Abwehr-Chefin kann auf die Erfahrung von 149 Länderspielen blicken. Mit der DFB-Auswahl ist sie 2003 und 2007 Weltmeisterin geworden, 1997, 2001 und 2005 gehörte sie zu dem Team, das den Titel bei der Europameisterschaft holte, und auch zum Gewinn der Bronze-Medaille bei den Olympischen Spielen 2000 und 2004 leistete sie ihren Beitrag.

Sie weiß also genau, was auf das deutsche Nationalteam beim Olympischen Fußball-Turnier zukommt. Über die Aussichten für Peking 2008 spricht Ariane Hingst im exklusiven DFB.de-Interview mit DFB-Redakteur Niels Barnhofer.

Frage: Ist in Ihrer Vitrine schon ein Platz für die Olympische Gold-Medaille freigeräumt?

Ariane Hingst: Meine Eltern hätten bestimmt noch ein Plätzchen dafür frei. Die verwahren solche Sachen für mich auf. Ich selbst habe nach Schweden nur die Medaille von der vergangenen WM mitgenommen. Aber da würde eine weitere goldene gut dazu passen. Ich hätte auch keine Probleme, die noch unter zu bringen.

Frage: Verspüren Sie großen Erwartungsdruck?

Hingst: Überhaupt nicht! Was von außen kommt, ist mir ziemlich egal. Aber momentan stecken wir noch in der Vorbereitung. Wenn, dann würde sich das ohnehin erst in der heißen Phase, während des Turniers bemerkbar machen. Aber ich sehe das nicht grundsätzlich negativ. Unsere Fans sind es eben von uns gewohnt, gut Leistungen geboten zu bekommen. Aus der Forderung nach Gold spricht daher auch Vertrauen in unsere Fähigkeiten – und das haben wir uns hart erarbeitet.

Jubiläum Ariane Hingst

Frage: Welche Erwartungen haben Sie selbst?

Hingst: Natürlich stecken wir uns selbst auch hohe Ziele. Wir wollen auf jeden Fall eine Medaille holen. Am liebsten natürlich Gold. Insofern decken sich unsere Erwartungen so ziemlich mit denen der Fans. Aber um so weit zu kommen, muss man sehr hart arbeiten. Von daher hoffe ich, dass niemand denkt, wir machen das im Vorbeigehen, das ist bei weitem keine Selbstverständlichkeit.

Frage: Woher nehmen Sie den Optimismus, dass Sie schon wieder ein erfolgreiches Turnier spielen können?

Hingst: Dafür gibt es verschiedene Gründe. Wir sind eine wahnsinnig erfahrene Mannschaft, die aber immer noch hungrig und heiß auf weitere Erfolge ist. Außerdem sind wir ein eingespieltes Team, seit der WM gab es nur wenige personelle Veränderungen. Wir wissen um unsere Stärken und können daher selbstbewusst ins Turnier gehen. Gleichzeitig ist uns bewusst, dass gerade die Mannschaften in der Weltspitze immer enger zusammenrücken und es daher absolut notwendig ist, von der ersten Minute des ersten Spiels alles zu geben.

Frage: Besteht die Gefahr, mal bei einem solchen Turnier in ein Loch zu fallen?

Hingst: Nein, allein mit dem Gedanken, dass es nicht laufen könnte, wäre man schon auf dem falschen Weg. Seit der Auslosung sind wir uns dessen bewusst, welch schwere Aufgabe auf uns wartet. Dennoch ist bei mir die Vorfreude groß. Ich sehe das als schöne Herausforderung an. Ich fiebere dem Eröffnungsspiel gegen Brasilien entgegen. Ich bin auch überzeugt davon, dass wir sehr gut vorbereitet, auf den Punkt körperlich topfit und taktisch bestens eingestellt sein werden.

Frage: Jedes Turnier ist anders, worauf wird es bei den Olympischen Spielen Ihrer Meinung nach ankommen?

Hingst: Man muss zu 100 Prozent fit sein, wenn das Turnier losgeht. Die klimatischen Bedingungen sind nicht einfach. Der Spielplan ist eng und der Kader mit 18 Spielerinnen nicht sonderlich groß. Extrem wichtig ist es, schon beim ersten Spiel voll da zu sein, sonst kann es passieren, dass man seine Koffer schneller packen muss, als einem lieb ist.

Frage: Wie schätzen Sie die Konkurrenz ein?

Hingst: Man hat schon bei der WM in China gesehen, dass immer mehr Mannschaften auf einem sehr hohen Niveau spielen. Da hat man gemerkt, dass sich der Frauenfußball sehr positiv entwickelt. Jetzt ist bei den Olympischen Spielen das Teilnehmerfeld mit zwölf Teams noch einmal kleiner geworden, das heißt, das Leistungsgefüge hat sich weiter verdichtet. Ich gehe davon aus, dass es schon in der Gruppenphase sehr spannend zugehen wird.

Frage: Wen zählen Sie zum Favoritenkreis?

Hingst: Für Gold kommen einige Teams in Frage. Die USA, Nordkorea und China werden sich wieder super vorbereiten. Die USA haben mit Pia Sundhage eine neue Trainerin, die noch einmal mehr Fußball-Kultur in die Mannschaft bringen wird. Nordkorea und China werden alles daran setzen, um besser als bei der WM abzuschneiden. Auf jeden Fall muss man Norwegen auf der Rechnung haben, das eine junge, entwicklungsfähige Mannschaft zusammen hat. Auch die Schwedinnen haben zuletzt unter ihren Möglichkeiten gespielt. Und die afrikanischen Vertreter sind einfach unberechenbar, bei denen ist immer etwas möglich.

Frage: Die Vorbereitung ist kürzer als zum Beispiel vor der WM 2007. Damals hatten sie über zehn Wochen Zeit, jetzt haben sie knapp mehr als einen Monat. Welche Rolle spielt das?

Hingst: Das ist natürlich ein Unterschied, aber das macht mich nicht bange. Das ist eine Herausforderung an das Trainer-Team, wir haben nun einfach eine andere Herangehensweise.

Frage: Wie wichtig sind die Länderspiele in dieser Phase?

Hingst: Sehr wichtig! Sie sind Leistungstests und Standortbestimmungen. Für das Trainer-Team liefern diese Begegnungen wichtige Erkenntnisse, in diesen Partien können sie noch mal etwas ausprobieren. Mit England und Norwegen treffen wir jetzt auf sehr starke Gegner, das ist genau richtig im Hinblick auf die Olympischen Spiele.

Frage: Häufig haben die Spielerinnen in diesen Begegnungen schwere Beine. Sind sie aus Spielerinnen-Sicht ein notwendiges Übel?

Hingst: Keineswegs. Egal, ob mit schweren Beinen oder nicht, ich will jedes Spiel gewinnen. Wer das nicht will, der bringt nicht die richtige Einstellung mit, den kann man direkt aus dem Kader streichen. Und bezüglich des England-Spiels kommen noch einmal zwei Faktoren hinzu. Zum einen haben wir wenig Zeit in der Vorbereitung, deswegen müssen wir sie optimal nutzen. Zum anderen ist das das letzte Spiel vor der endgültigen Kader-Nominierung.

Frage: Wie schätzen Sie die Engländerinnen ein?

Hingst: Bei der WM in China konnte man sehen, wie stark sie sind. Sie waren das einzige Team, das uns im Turnierverlauf einen Punkt abgenommen hat. Sie haben sehr gut gespielt und sind verdient bis ins Viertelfinale vorgedrungen. Die Engländerinnen spielen mittlerweile das gleiche System wie wir, sie stehen vor allen Dingen sehr gut in der Abwehr. Das ist eine harte Nuss, die nur schwer zu knacken ist.

Frage: Was für ein Spiel können die Zuschauer erwarten?

Hingst: Wir sind eine Mannschaft, die immer vollen Einsatz zeigt. Die Einstellung ist da, wir wollen alles geben und gewinnen. Ich hoffe, dass die Engländerinnen nicht zu defensiv spielen, so dass sich die Fans auf einen offenen Schlagabtausch freuen können.

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Ariane Hingst gehört zu den festen Größen in der deutschen Frauen-Nationalmannschaft. Die 28 Jahre alte Abwehr-Chefin kann auf die Erfahrung von 149 Länderspielen blicken. Mit der DFB-Auswahl ist sie 2003 und 2007 Weltmeisterin geworden, 1997, 2001 und 2005 gehörte sie zu dem Team, das den Titel bei der Europameisterschaft holte, und auch zum Gewinn der Bronze-Medaille bei den Olympischen Spielen 2000 und 2004 leistete sie ihren Beitrag.

Sie weiß also genau, was auf das deutsche Nationalteam beim Olympischen Fußball-Turnier zukommt. Über die Aussichten für Peking 2008 spricht Ariane Hingst im exklusiven DFB.de-Interview mit DFB-Redakteur Niels Barnhofer.

Frage: Ist in Ihrer Vitrine schon ein Platz für die Olympische Gold-Medaille freigeräumt?

Ariane Hingst: Meine Eltern hätten bestimmt noch ein Plätzchen dafür frei. Die verwahren solche Sachen für mich auf. Ich selbst habe nach Schweden nur die Medaille von der vergangenen WM mitgenommen. Aber da würde eine weitere goldene gut dazu passen. Ich hätte auch keine Probleme, die noch unter zu bringen.

Frage: Verspüren Sie großen Erwartungsdruck?

Hingst: Überhaupt nicht! Was von außen kommt, ist mir ziemlich egal. Aber momentan stecken wir noch in der Vorbereitung. Wenn, dann würde sich das ohnehin erst in der heißen Phase, während des Turniers bemerkbar machen. Aber ich sehe das nicht grundsätzlich negativ. Unsere Fans sind es eben von uns gewohnt, gut Leistungen geboten zu bekommen. Aus der Forderung nach Gold spricht daher auch Vertrauen in unsere Fähigkeiten – und das haben wir uns hart erarbeitet.

Jubiläum Ariane Hingst

Frage: Welche Erwartungen haben Sie selbst?

Hingst: Natürlich stecken wir uns selbst auch hohe Ziele. Wir wollen auf jeden Fall eine Medaille holen. Am liebsten natürlich Gold. Insofern decken sich unsere Erwartungen so ziemlich mit denen der Fans. Aber um so weit zu kommen, muss man sehr hart arbeiten. Von daher hoffe ich, dass niemand denkt, wir machen das im Vorbeigehen, das ist bei weitem keine Selbstverständlichkeit.

Frage: Woher nehmen Sie den Optimismus, dass Sie schon wieder ein erfolgreiches Turnier spielen können?

Hingst: Dafür gibt es verschiedene Gründe. Wir sind eine wahnsinnig erfahrene Mannschaft, die aber immer noch hungrig und heiß auf weitere Erfolge ist. Außerdem sind wir ein eingespieltes Team, seit der WM gab es nur wenige personelle Veränderungen. Wir wissen um unsere Stärken und können daher selbstbewusst ins Turnier gehen. Gleichzeitig ist uns bewusst, dass gerade die Mannschaften in der Weltspitze immer enger zusammenrücken und es daher absolut notwendig ist, von der ersten Minute des ersten Spiels alles zu geben.

Frage: Besteht die Gefahr, mal bei einem solchen Turnier in ein Loch zu fallen?

Hingst: Nein, allein mit dem Gedanken, dass es nicht laufen könnte, wäre man schon auf dem falschen Weg. Seit der Auslosung sind wir uns dessen bewusst, welch schwere Aufgabe auf uns wartet. Dennoch ist bei mir die Vorfreude groß. Ich sehe das als schöne Herausforderung an. Ich fiebere dem Eröffnungsspiel gegen Brasilien entgegen. Ich bin auch überzeugt davon, dass wir sehr gut vorbereitet, auf den Punkt körperlich topfit und taktisch bestens eingestellt sein werden.

Frage: Jedes Turnier ist anders, worauf wird es bei den Olympischen Spielen Ihrer Meinung nach ankommen?

Hingst: Man muss zu 100 Prozent fit sein, wenn das Turnier losgeht. Die klimatischen Bedingungen sind nicht einfach. Der Spielplan ist eng und der Kader mit 18 Spielerinnen nicht sonderlich groß. Extrem wichtig ist es, schon beim ersten Spiel voll da zu sein, sonst kann es passieren, dass man seine Koffer schneller packen muss, als einem lieb ist.

Frage: Wie schätzen Sie die Konkurrenz ein?

Hingst: Man hat schon bei der WM in China gesehen, dass immer mehr Mannschaften auf einem sehr hohen Niveau spielen. Da hat man gemerkt, dass sich der Frauenfußball sehr positiv entwickelt. Jetzt ist bei den Olympischen Spielen das Teilnehmerfeld mit zwölf Teams noch einmal kleiner geworden, das heißt, das Leistungsgefüge hat sich weiter verdichtet. Ich gehe davon aus, dass es schon in der Gruppenphase sehr spannend zugehen wird.

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Frage: Wen zählen Sie zum Favoritenkreis?

Hingst: Für Gold kommen einige Teams in Frage. Die USA, Nordkorea und China werden sich wieder super vorbereiten. Die USA haben mit Pia Sundhage eine neue Trainerin, die noch einmal mehr Fußball-Kultur in die Mannschaft bringen wird. Nordkorea und China werden alles daran setzen, um besser als bei der WM abzuschneiden. Auf jeden Fall muss man Norwegen auf der Rechnung haben, das eine junge, entwicklungsfähige Mannschaft zusammen hat. Auch die Schwedinnen haben zuletzt unter ihren Möglichkeiten gespielt. Und die afrikanischen Vertreter sind einfach unberechenbar, bei denen ist immer etwas möglich.

Frage: Die Vorbereitung ist kürzer als zum Beispiel vor der WM 2007. Damals hatten sie über zehn Wochen Zeit, jetzt haben sie knapp mehr als einen Monat. Welche Rolle spielt das?

Hingst: Das ist natürlich ein Unterschied, aber das macht mich nicht bange. Das ist eine Herausforderung an das Trainer-Team, wir haben nun einfach eine andere Herangehensweise.

Frage: Wie wichtig sind die Länderspiele in dieser Phase?

Hingst: Sehr wichtig! Sie sind Leistungstests und Standortbestimmungen. Für das Trainer-Team liefern diese Begegnungen wichtige Erkenntnisse, in diesen Partien können sie noch mal etwas ausprobieren. Mit England und Norwegen treffen wir jetzt auf sehr starke Gegner, das ist genau richtig im Hinblick auf die Olympischen Spiele.

Frage: Häufig haben die Spielerinnen in diesen Begegnungen schwere Beine. Sind sie aus Spielerinnen-Sicht ein notwendiges Übel?

Hingst: Keineswegs. Egal, ob mit schweren Beinen oder nicht, ich will jedes Spiel gewinnen. Wer das nicht will, der bringt nicht die richtige Einstellung mit, den kann man direkt aus dem Kader streichen. Und bezüglich des England-Spiels kommen noch einmal zwei Faktoren hinzu. Zum einen haben wir wenig Zeit in der Vorbereitung, deswegen müssen wir sie optimal nutzen. Zum anderen ist das das letzte Spiel vor der endgültigen Kader-Nominierung.

Frage: Wie schätzen Sie die Engländerinnen ein?

Hingst: Bei der WM in China konnte man sehen, wie stark sie sind. Sie waren das einzige Team, das uns im Turnierverlauf einen Punkt abgenommen hat. Sie haben sehr gut gespielt und sind verdient bis ins Viertelfinale vorgedrungen. Die Engländerinnen spielen mittlerweile das gleiche System wie wir, sie stehen vor allen Dingen sehr gut in der Abwehr. Das ist eine harte Nuss, die nur schwer zu knacken ist.

Frage: Was für ein Spiel können die Zuschauer erwarten?

Hingst: Wir sind eine Mannschaft, die immer vollen Einsatz zeigt. Die Einstellung ist da, wir wollen alles geben und gewinnen. Ich hoffe, dass die Engländerinnen nicht zu defensiv spielen, so dass sich die Fans auf einen offenen Schlagabtausch freuen können.