Hingst: "Bundesliga liegt ganz weit vorne"

Ein Gutes hatte der sportliche Misserfolg dann doch: Ariane Hingst, mit den Newcastle Jets nicht für die Play-offs in der australischen Frauenfußball-Liga qualifiziert, hatte Zeit, um sich die Australian Open in Melbourne anzuschauen und die deutsche Tennisspielerin Sabine Lisicki auf ihrem Weg ins Achtelfinale zu unterstützen.

Mal eben so zu einem Grand-Slam-Turnier - auch das gehört zu den Möglichkeiten, die der 174-malige Nationalspielerin Down Under geboten werden. Auch deshalb beurteilt die 32-Jährige ihr australisches Abenteuer als persönlichen Gewinn. Im DFB.de-Gespräch der Woche mit Redakteur Niels Barnhofer redet die zweimalige Welt- und viermalige Europameisterin über Weltklasse-Tennis, ihre Wertschätzung der Frauen-Bundesliga und Zukunftspläne.

DFB.de: Ariane Hingst, die Saison in der australischen Liga ist für Sie beendet - allzu früh...

Ariane Hingst: Leider ja, wir haben die Play-offs nicht erreicht, was eigentlich unser Ziel war. Wir haben uns mit einem blamablen 2:4 gegen Perth verabschiedet, das war mit das schlechteste Spiel, das wir diese Saison abgeliefert haben. Perth ist Vorletzter in der Tabelle.

DFB.de: Am Wochenende fanden dann die Halbfinals in der W-League statt. Wie sehr schmerzte es, nur Zuschauerin zu sein?

Ariane Hingst: Wir hatten ja seit mehreren Wochen nur noch geringste Chancen auf die Play-offs, insofern war die Enttäuschung nicht allzu groß. Außerdem hatte ich so ein paar supertolle Tage bei den Australien Open - auf Einladung von Fed-Cup-Kapitänin Barbara Rittner.

DFB.de: Tennis statt Fußball nach einer Saison in ganz neuen Gefilden. Wie lief die Spielzeit?

Ariane Hingst: Es war auf jeden Fall eine sehr interessante Erfahrung, in der australischen Liga zu spielen. Man merkt natürlich schnell, dass die Strukturen bei weitem nicht so professionell sind wie in der Bundesliga. Ich habe zwar nur in der deutschen, schwedischen und der australischen Liga gespielt, aber ich bin überzeugt, dass im weltweiten Vergleich die Bundesliga ganz weit vorne liegt.

DFB.de: Woran machen Sie das fest?

Ariane Hingst: Das spiegelt sich allein schon in der Größe der Liga wider. In Australien gehören sieben Teams der ersten Liga an. Man spielt aber nicht gegen jeden Gegner zweimal, in der regulären Saison werden zehn Spiele bestritten. Da stellt sich sofort die Frage, wie ausgeglichen der Wettbewerb ist, weil ja der Spielplan die eine Mannschaft benachteiligen und die andere bevorteilen könnte.

DFB.de: Wie sieht das Trainingspensum aus?

Ariane Hingst: In Newcastle haben wir dreimal pro Woche trainiert. In manch anderem Klub wird wohl häufiger trainiert. Auf jeden Fall kann man sagen, dass da noch Luft nach oben ist.

DFB.de: Wie sehen das die Spielerinnen?

Ariane Hingst: Die Einstellung stimmt. Die wollen alle. Aber dazu gehört natürlich auch das Umfeld. Und das ist halt noch nicht zu 100 Prozent professionell. Es sind noch ein paar Schritte zu gehen.

DFB.de: Wer sind die treibenden Kräfte im australischen Frauenfußball?

Ariane Hingst: Der Verband fördert den Frauenfußball natürlich. Allerdings stößt er offensichtlich auch an seine Grenzen. Zum Beispiel ist es nicht möglich, die Saison um zwei Spieltage zu verlängern, so dass jeder zweimal gegen jeden spielt. Das ist wohl auch eine Kostenfrage.

DFB.de: Das müssen Sie erklären!

Ariane Hingst: Man darf hier beispielsweise bei Punktspielen nur drei Feldspielerinnen und eine Torhüterin auf die Bank setzen. Der Hintergrund ist, dass die Reisekosten für Auswärtsfahrten vom Verband mitfinanziert werden, und da muss man im Kostenrahmen bleiben. Und das scheint ein größerer Posten zu sein. Was ja auch vor dem Hintergrund verständlich wird, wenn man betrachtet, wie groß Australien ist und dass man zu manchem Auswärtsspiel einfach fliegen muss. Und aus Gründen der Gleichbehandlung darf dann halt auch das Heimteam nur 15 Spielerinnen pro Partie auf den Spielberichtsbogen schreiben.

DFB.de: Wenn Sie sagen, dass Sie mit Newcastle hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind, heißt es im Umkehrschluss, dass es auch Überraschungen gab. Oder ist die Liga so ausgeglichen besetzt?

Ariane Hingst: Ja, von Platz eins bis fünf ist die Liga ausgeglichen. Perth und Adelaide auf den letzten Plätzen fallen hingegen schon ein bisschen ab. Oben stand nach der Punktrunde Canberra, die Mannschaft ist ungeschlagen durchmarschiert. Aber jetzt in den Play-offs werden die Karten noch einmal neu gemischt.

DFB.de: Wie ist das Niveau in Relation zur Bundesliga?

Ariane Hingst: Ich finde es wahnsinnig schwer zu vergleichen, wie diese Mannschaften in der Bundesliga mithalten würden. Ich denke, selbst die Topteams aus Australien hätten es schwer, in Deutschland mitzuhalten. Der deutlichste Unterschied besteht meiner Meinung nach im Spieltempo - das ist auf jeden Fall langsamer in Australien.

DFB.de: Wie ist das öffentliche Interesse am Frauenfußball in Down Under?

Ariane Hingst: Die Zuschauerresonanz war in Newcastle relativ gut. Wir hatten bei unseren Heimspielen etwa 800 Zuschauer im Schnitt. In anderen Stadien waren aber auch mal nur 200 oder 300 Fans. Was insofern verständlich ist, als dass Fußball hier nicht Frauen-Sportart Nummer eins ist. Das ist Netball, eine Art Basketball.

DFB.de: Und wie ist die Medienpräsenz?

Ariane Hingst: Ein Spiel pro Spieltag wird live im Fernsehen gezeigt. Immer ab 15 Uhr Ortszeit auf ABC, das ist ein öffentlichrechtlicher Sender, der ARD oder ZDF entspricht. Ansonsten wird nicht so viel über Frauenfußball berichtet. Mich hat die örtliche Zeitung gelegentlich angerufen, aber auch hier wird deutlich mehr über den Männerfußball und auch andere Sportarten berichtet. Hier werden auch selten Pressekonferenzen gehalten oder Interviews nach den Spielen gegeben.

DFB.de: Wie lief die Saison für Sie persönlich aus sportlicher Sicht?

Ariane Hingst: Am Anfang wusste ich nicht, was mich erwartet. Von daher war ich neugierig, meine Haltung war: Ich nehme das australische Leben mit und spiele auch noch Fußball. Je länger die Saison dauerte, desto besser lief es sportlich. Genauso habe ich aber gemerkt, dass ich auch das Leben drumherum genossen habe. Denn ich habe realisiert, dass Fußball nicht mehr ganz so wichtig für mich ist. Das hing auch damit zusammen, dass ich einsehen musste, dass Fußball hier anders ist als in Deutschland, dass ich mit dem Hochleistungsgedanken, mit dem ich hierher kam, schnell an Grenzen stieß. Ich war halt die Bundesliga oder die schwedische Liga gewohnt, die einen ganz anderen Standard haben. Deshalb musste ich ganz einfach herunterfahren, sonst hätte das Frust verursacht. Es wart also sicher keine überragende Saison von mir, aber es war okay und hat Spaß gemacht.

DFB.de: Sie waren auch Spielführerin der Jets.

Ariane Hingst: Ich bin vom Trainer bestimmt worden. Zwar spielt hier auch Melissa Barbieri, die Spielführerin der australischen Nationalmannschaft, aber da sie die Hälfte der Woche in Melbourne arbeitet und deswegen nicht komplett in Newcastle sein konnte, hat der Trainer eine andere Spielführerin gesucht. Und er wollte gerne eine erfahrene Spielerin in dieser Funktion haben, aus diesem Grund hatte er mich gefragt.

DFB.de: Was hat Ihnen das bedeutet?

Ariane Hingst: Das war eine sehr interessante Erfahrung, auch wenn ich durch die Binde am Arm nicht präsenter auf dem Platz bin, als ich es ohnehin sein würde. Es entspricht meinem Naturell, eine Mannschaft mit zu führen. Allerdings scheint es für die Australier eine richtig große Ehre zu sein: Als bekanntgegeben wurden, dass ich Spielführerin bin, haben alle Mitspielerinnen geklatscht und Glückwünsche ausgesprochen. Und auch ringsherum aus dem Umfeld kamen viele auf mich zu und gratulierten mir - da wusste ich zunächst gar nicht, wie mir geschieht.

DFB.de: Wie sieht Ihre sportliche Zukunft aus?

Ariane Hingst: Klar ist, dass ich nicht noch einmal in Deutschland spielen werde. Das wusste ich aber schon, bevor ich nach Australien gegangen bin. Und ich kann es mir auch nur sehr schwer vorstellen, noch irgendwo anders auf der Welt in einer für mich neuen Liga zu spielen. Ich merke, auf dem Niveau der australischen Liga könnte es schon noch weitergehen, aber wieder zurückzuschalten, jeden Tag zu trainieren, das will ich einfach nicht. Den Leistungsanspruch, den ich heruntergeschraubt habe, wieder hochzufahren, das würde mir sicher schwerfallen.

DFB.de: Das klingt logisch, aber sehr rational.

Ariane Hingst: Ja, definitiv. Ich habe noch keine endgültige Entscheidung getroffen, ob ich hier noch eine zweite Saison dranhänge. Hier wird noch nicht für die nächste Saison geplant. Da steht zum Beispiel die Frage im Raum, wie es mit den Jets überhaupt weitergeht. Außerdem würde die Vorbereitung auf die neue Saison erst im September beginnen.

DFB.de: Wie könnten Sie die Zeit überbrücken?

Ariane Hingst: Die australischen Spielerinnen schließen sich nach der Saison in der Westfield-League kleineren Vereinen an und spielen in den regionalen Ligen. Damit spielen sie weiterhin Klubfußball, allerdings auf niedrigerem Niveau. Daran habe ich kein großes Interesse. Und es ist natürlich die Frage, ob man wieder voll einsteigen will und kann, wenn man ein halbes Jahr gar keinen Fußball gespielt hat. Derzeit ist also alles komplett offen.

DFB.de: Aber privat werden Sie noch in Down Under bleiben?

Ariane Hingst: Ja, ich will mir einen Van mit eingebautem Bett und allem Drumunddran kaufen, um hier ein wenig herumzureisen und das Land zu erkunden. Ich habe eine Tour geplant bis Mitte März. Dann muss ich mich um ein neues Visum kümmern, gerne ein neues Sportvisum, das ein halbes Jahr gültig wäre.

DFB.de: Was könnten Sie damit machen?

Ariane Hingst: Das würde zum Beispiel bedeuten, dass ich auch coachen könnte. Das habe ich hier und da schon gemacht, größtenteils im Jugendbereich. Unser Trainer hat ein Fußballschule, in der ich Kinder im Alter zwischen sieben und zwölf Jahren trainiert habe. Unsere Co-Trainerin arbeitet an einer Highschool und bildet dort die Mädchen zwischen zwölf und 15 Jahre aus, da war ich auch schon dabei. Solch ein Arrangement wäre perfekt, da bliebe genug Zeit zu reisen.

DFB.de: Und wohin soll die Reise gehen?

Ariane Hingst: Tauchen steht ganz oben auf der Liste, ich will auf jeden Fall zum Great Barrier Reef. Ansonsten habe ich die Leute hier in Australien als sehr offen kennengelernt und einige Kontakte geknüpft. Insofern gibt es genug Anlaufstellen. Ich freue mich schon auf die Rundreise.

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Ein Gutes hatte der sportliche Misserfolg dann doch: Ariane Hingst, mit den Newcastle Jets nicht für die Play-offs in der australischen Frauenfußball-Liga qualifiziert, hatte Zeit, um sich die Australian Open in Melbourne anzuschauen und die deutsche Tennisspielerin Sabine Lisicki auf ihrem Weg ins Achtelfinale zu unterstützen.

Mal eben so zu einem Grand-Slam-Turnier - auch das gehört zu den Möglichkeiten, die der 174-malige Nationalspielerin Down Under geboten werden. Auch deshalb beurteilt die 32-Jährige ihr australisches Abenteuer als persönlichen Gewinn. Im DFB.de-Gespräch der Woche mit Redakteur Niels Barnhofer redet die zweimalige Welt- und viermalige Europameisterin über Weltklasse-Tennis, ihre Wertschätzung der Frauen-Bundesliga und Zukunftspläne.

DFB.de: Ariane Hingst, die Saison in der australischen Liga ist für Sie beendet - allzu früh...

Ariane Hingst: Leider ja, wir haben die Play-offs nicht erreicht, was eigentlich unser Ziel war. Wir haben uns mit einem blamablen 2:4 gegen Perth verabschiedet, das war mit das schlechteste Spiel, das wir diese Saison abgeliefert haben. Perth ist Vorletzter in der Tabelle.

DFB.de: Am Wochenende fanden dann die Halbfinals in der W-League statt. Wie sehr schmerzte es, nur Zuschauerin zu sein?

Ariane Hingst: Wir hatten ja seit mehreren Wochen nur noch geringste Chancen auf die Play-offs, insofern war die Enttäuschung nicht allzu groß. Außerdem hatte ich so ein paar supertolle Tage bei den Australien Open - auf Einladung von Fed-Cup-Kapitänin Barbara Rittner.

DFB.de: Tennis statt Fußball nach einer Saison in ganz neuen Gefilden. Wie lief die Spielzeit?

Ariane Hingst: Es war auf jeden Fall eine sehr interessante Erfahrung, in der australischen Liga zu spielen. Man merkt natürlich schnell, dass die Strukturen bei weitem nicht so professionell sind wie in der Bundesliga. Ich habe zwar nur in der deutschen, schwedischen und der australischen Liga gespielt, aber ich bin überzeugt, dass im weltweiten Vergleich die Bundesliga ganz weit vorne liegt.

DFB.de: Woran machen Sie das fest?

Ariane Hingst: Das spiegelt sich allein schon in der Größe der Liga wider. In Australien gehören sieben Teams der ersten Liga an. Man spielt aber nicht gegen jeden Gegner zweimal, in der regulären Saison werden zehn Spiele bestritten. Da stellt sich sofort die Frage, wie ausgeglichen der Wettbewerb ist, weil ja der Spielplan die eine Mannschaft benachteiligen und die andere bevorteilen könnte.

DFB.de: Wie sieht das Trainingspensum aus?

Ariane Hingst: In Newcastle haben wir dreimal pro Woche trainiert. In manch anderem Klub wird wohl häufiger trainiert. Auf jeden Fall kann man sagen, dass da noch Luft nach oben ist.

DFB.de: Wie sehen das die Spielerinnen?

Ariane Hingst: Die Einstellung stimmt. Die wollen alle. Aber dazu gehört natürlich auch das Umfeld. Und das ist halt noch nicht zu 100 Prozent professionell. Es sind noch ein paar Schritte zu gehen.

DFB.de: Wer sind die treibenden Kräfte im australischen Frauenfußball?

Ariane Hingst: Der Verband fördert den Frauenfußball natürlich. Allerdings stößt er offensichtlich auch an seine Grenzen. Zum Beispiel ist es nicht möglich, die Saison um zwei Spieltage zu verlängern, so dass jeder zweimal gegen jeden spielt. Das ist wohl auch eine Kostenfrage.

DFB.de: Das müssen Sie erklären!

Ariane Hingst: Man darf hier beispielsweise bei Punktspielen nur drei Feldspielerinnen und eine Torhüterin auf die Bank setzen. Der Hintergrund ist, dass die Reisekosten für Auswärtsfahrten vom Verband mitfinanziert werden, und da muss man im Kostenrahmen bleiben. Und das scheint ein größerer Posten zu sein. Was ja auch vor dem Hintergrund verständlich wird, wenn man betrachtet, wie groß Australien ist und dass man zu manchem Auswärtsspiel einfach fliegen muss. Und aus Gründen der Gleichbehandlung darf dann halt auch das Heimteam nur 15 Spielerinnen pro Partie auf den Spielberichtsbogen schreiben.

DFB.de: Wenn Sie sagen, dass Sie mit Newcastle hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind, heißt es im Umkehrschluss, dass es auch Überraschungen gab. Oder ist die Liga so ausgeglichen besetzt?

Ariane Hingst: Ja, von Platz eins bis fünf ist die Liga ausgeglichen. Perth und Adelaide auf den letzten Plätzen fallen hingegen schon ein bisschen ab. Oben stand nach der Punktrunde Canberra, die Mannschaft ist ungeschlagen durchmarschiert. Aber jetzt in den Play-offs werden die Karten noch einmal neu gemischt.

DFB.de: Wie ist das Niveau in Relation zur Bundesliga?

Ariane Hingst: Ich finde es wahnsinnig schwer zu vergleichen, wie diese Mannschaften in der Bundesliga mithalten würden. Ich denke, selbst die Topteams aus Australien hätten es schwer, in Deutschland mitzuhalten. Der deutlichste Unterschied besteht meiner Meinung nach im Spieltempo - das ist auf jeden Fall langsamer in Australien.

DFB.de: Wie ist das öffentliche Interesse am Frauenfußball in Down Under?

Ariane Hingst: Die Zuschauerresonanz war in Newcastle relativ gut. Wir hatten bei unseren Heimspielen etwa 800 Zuschauer im Schnitt. In anderen Stadien waren aber auch mal nur 200 oder 300 Fans. Was insofern verständlich ist, als dass Fußball hier nicht Frauen-Sportart Nummer eins ist. Das ist Netball, eine Art Basketball.

DFB.de: Und wie ist die Medienpräsenz?

Ariane Hingst: Ein Spiel pro Spieltag wird live im Fernsehen gezeigt. Immer ab 15 Uhr Ortszeit auf ABC, das ist ein öffentlichrechtlicher Sender, der ARD oder ZDF entspricht. Ansonsten wird nicht so viel über Frauenfußball berichtet. Mich hat die örtliche Zeitung gelegentlich angerufen, aber auch hier wird deutlich mehr über den Männerfußball und auch andere Sportarten berichtet. Hier werden auch selten Pressekonferenzen gehalten oder Interviews nach den Spielen gegeben.

DFB.de: Wie lief die Saison für Sie persönlich aus sportlicher Sicht?

Ariane Hingst: Am Anfang wusste ich nicht, was mich erwartet. Von daher war ich neugierig, meine Haltung war: Ich nehme das australische Leben mit und spiele auch noch Fußball. Je länger die Saison dauerte, desto besser lief es sportlich. Genauso habe ich aber gemerkt, dass ich auch das Leben drumherum genossen habe. Denn ich habe realisiert, dass Fußball nicht mehr ganz so wichtig für mich ist. Das hing auch damit zusammen, dass ich einsehen musste, dass Fußball hier anders ist als in Deutschland, dass ich mit dem Hochleistungsgedanken, mit dem ich hierher kam, schnell an Grenzen stieß. Ich war halt die Bundesliga oder die schwedische Liga gewohnt, die einen ganz anderen Standard haben. Deshalb musste ich ganz einfach herunterfahren, sonst hätte das Frust verursacht. Es wart also sicher keine überragende Saison von mir, aber es war okay und hat Spaß gemacht.

DFB.de: Sie waren auch Spielführerin der Jets.

Ariane Hingst: Ich bin vom Trainer bestimmt worden. Zwar spielt hier auch Melissa Barbieri, die Spielführerin der australischen Nationalmannschaft, aber da sie die Hälfte der Woche in Melbourne arbeitet und deswegen nicht komplett in Newcastle sein konnte, hat der Trainer eine andere Spielführerin gesucht. Und er wollte gerne eine erfahrene Spielerin in dieser Funktion haben, aus diesem Grund hatte er mich gefragt.

DFB.de: Was hat Ihnen das bedeutet?

Ariane Hingst: Das war eine sehr interessante Erfahrung, auch wenn ich durch die Binde am Arm nicht präsenter auf dem Platz bin, als ich es ohnehin sein würde. Es entspricht meinem Naturell, eine Mannschaft mit zu führen. Allerdings scheint es für die Australier eine richtig große Ehre zu sein: Als bekanntgegeben wurden, dass ich Spielführerin bin, haben alle Mitspielerinnen geklatscht und Glückwünsche ausgesprochen. Und auch ringsherum aus dem Umfeld kamen viele auf mich zu und gratulierten mir - da wusste ich zunächst gar nicht, wie mir geschieht.

DFB.de: Wie sieht Ihre sportliche Zukunft aus?

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Ariane Hingst: Klar ist, dass ich nicht noch einmal in Deutschland spielen werde. Das wusste ich aber schon, bevor ich nach Australien gegangen bin. Und ich kann es mir auch nur sehr schwer vorstellen, noch irgendwo anders auf der Welt in einer für mich neuen Liga zu spielen. Ich merke, auf dem Niveau der australischen Liga könnte es schon noch weitergehen, aber wieder zurückzuschalten, jeden Tag zu trainieren, das will ich einfach nicht. Den Leistungsanspruch, den ich heruntergeschraubt habe, wieder hochzufahren, das würde mir sicher schwerfallen.

DFB.de: Das klingt logisch, aber sehr rational.

Ariane Hingst: Ja, definitiv. Ich habe noch keine endgültige Entscheidung getroffen, ob ich hier noch eine zweite Saison dranhänge. Hier wird noch nicht für die nächste Saison geplant. Da steht zum Beispiel die Frage im Raum, wie es mit den Jets überhaupt weitergeht. Außerdem würde die Vorbereitung auf die neue Saison erst im September beginnen.

DFB.de: Wie könnten Sie die Zeit überbrücken?

Ariane Hingst: Die australischen Spielerinnen schließen sich nach der Saison in der Westfield-League kleineren Vereinen an und spielen in den regionalen Ligen. Damit spielen sie weiterhin Klubfußball, allerdings auf niedrigerem Niveau. Daran habe ich kein großes Interesse. Und es ist natürlich die Frage, ob man wieder voll einsteigen will und kann, wenn man ein halbes Jahr gar keinen Fußball gespielt hat. Derzeit ist also alles komplett offen.

DFB.de: Aber privat werden Sie noch in Down Under bleiben?

Ariane Hingst: Ja, ich will mir einen Van mit eingebautem Bett und allem Drumunddran kaufen, um hier ein wenig herumzureisen und das Land zu erkunden. Ich habe eine Tour geplant bis Mitte März. Dann muss ich mich um ein neues Visum kümmern, gerne ein neues Sportvisum, das ein halbes Jahr gültig wäre.

DFB.de: Was könnten Sie damit machen?

Ariane Hingst: Das würde zum Beispiel bedeuten, dass ich auch coachen könnte. Das habe ich hier und da schon gemacht, größtenteils im Jugendbereich. Unser Trainer hat ein Fußballschule, in der ich Kinder im Alter zwischen sieben und zwölf Jahren trainiert habe. Unsere Co-Trainerin arbeitet an einer Highschool und bildet dort die Mädchen zwischen zwölf und 15 Jahre aus, da war ich auch schon dabei. Solch ein Arrangement wäre perfekt, da bliebe genug Zeit zu reisen.

DFB.de: Und wohin soll die Reise gehen?

Ariane Hingst: Tauchen steht ganz oben auf der Liste, ich will auf jeden Fall zum Great Barrier Reef. Ansonsten habe ich die Leute hier in Australien als sehr offen kennengelernt und einige Kontakte geknüpft. Insofern gibt es genug Anlaufstellen. Ich freue mich schon auf die Rundreise.