Heynckes erhält Ehrenring: "Vorbild an Menschlichkeit"

Jupp Heynckes will noch etwas loswerden. Der 70-Jährige spricht kurz mit Moderator Dieter Kürten. Der Applaus ebbt ab und die Band, die bereits die Hände an den Gitarren hat, hält inne. Heynckes hat noch etwas zu sagen. Etwas für ihn persönlich besonders Wichtiges.

"Uli Hoeneß und Franz Beckenbauer haben einmal gesagt: Ohne Gerd Müller wäre der FC Bayern nicht das, was er heute ist. Ich kann das nur unterstreichen. Ich weiß, dass er ein großartiger Fußballer war, aber noch ein viel besserer Mensch", sagt Heynckes und bittet die rund 300 Gäste, die nur wegen ihm ins Haus Erholung nach Mönchengladbach gekommen sind, mit Standing Ovations einen Gruß nach München zum an Alzheimer erkrankten Müller zu schicken. Heynckes wird emotional, die Tränen schießen ihm in die Augen, als er sich schließlich wieder setzt.

Diese Szene zum Ende der Verleihung des Ehrenringes in seiner Heimatstadt Mönchengladbach ist typisch für den Menschen Heynckes, der bei seinem eigenen Festakt vor allem an andere denkt. Im Mittelpunkt steht Heynckes sowieso eher ungerne. Es verwundert also nicht, dass er sich in seiner Dankesrede bei fast allen Wegbegleitern bedankt und für jeden ein paar nette Worte findet.

"Heimat ist ein zentraler Begriff"

Für seine Rede hat er sich Notizen gemacht. Im schwarzen Anzug, grauer Krawatte und mit der Lesebrille auf der Nase merkt man ihm die leichte Nervosität an. "Heimat ist ein zentraler Begriff und Wert in meinem Leben. Heimat ist ein Lebensgefühl, das mich nie verlassen hat", sagt er. Und man nimmt es ihm ab, auch wenn er die Hälfte der 50 Jahre, die er den Fußball als Spieler und Trainer geprägt hat, außerhalb seiner Heimat Mönchengladbach verbracht hat.

"Ich bin sehr gerührt, dass ihr alle hier seid", sagt Heynckes, und schaut in den Saal, in dem viele Weggefährten wie Günter Netzer, Rainer Bonhof, Berti Vogts oder „Hacki“ Wimmer für eine besondere Art von "Klassentreffen" sorgen. "Dass ich hier stehen darf, ist etwas ganz Besonderes", sagt Heynckes, als er auf dem Podest steht, vor ihm in rot und gelb gehaltene Blumengebinde.

Der festlich geschmückte Kaisersaal im Haus Erholung nahe des Rathauses und des Museums mitten in Mönchengladbach ist prädestiniert für die Verleihung des Ehrenrings, neben der Ehrenbürgerschaft die höchste Auszeichnung, die die Stadt zu vergeben hat. Die großen Türbögen, verbunden mit den hohen Decken, den Kronleuchtern, dem dunklen Parkettboden und dem Blick über die Stadt, verleihen der Zeremonie mehr als einen Hauch von Heimat.

Hoeneß hält emotionale Laudatio

Heynckes, der im vergangenen Jahr vom DFB mit dem Ehrenpreis "Lebenswerk" ausgezeichnet wurde, kommt zu Beginn der Veranstaltung gemeinsam mit Uli Hoeneß in den Saal. Der frühere Präsident des FC Bayern München hält auf Heynckes’ Wunsch die Laudatio. Der mit Spannung erwartete erste öffentliche Auftritt nach Verbüßung seiner Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung wird eine Hommage an Heynckes. Hoeneß stützt sich mit beiden Händen am Pult ab, als er in seiner emotionalen Rede ohne Manuskript vor allem den Menschen Heynckes hervorhebt, der ihm in den zurückliegenden, schwierigen Zeiten die größte Hilfe war.

Hoeneß erzählt zunächst von den gemeinsamen Zeiten bei der Nationalmannschaft, mit der sie 1972 Europameister und 1974 Weltmeister geworden sind. Von der ersten Ära als Trainer beim FC Bayern (1987 bis 1991) und dem laut Hoeneß "großen Fehler", dass man sich damals von ihm getrennt habe. Dass beide damals "wie die Schlosshunde" geheult haben. Hoeneß gewährt Einblicke hinter die Kulissen. Dass Heynckes’ Frau Iris ihren Mann schon mal verteidigt hat, dass die Wände gewackelt haben.

Und Hoeneß erzählt von Freundschaft. Einer Freundschaft, die über die Jahre und Jahrzehnte gewachsen ist. Heynckes sei "ein Vorbild an Ehrgeiz, Willen - aber auch Menschlichkeit", so Hoeneß. Immer wieder streut er kleine Anekdoten ein, sorgt für Lacher und Erinnerungen. Erinnerungen an die 70er Jahre, als Heynckes mit der Borussia viermal Meister, einmal DFB-Pokalsieger und einmal UEFA-Pokalsieger wurde.

Oder an 2013, als Heynckes zum Abschluss seiner Trainerkarriere mit dem FC Bayern das Triple holte. Obwohl er schon länger wusste, dass sich die Bayern für Pep Guardiola als neuen Trainer entschieden hatten. "Für uns gab es nur ein Zeitfenster 2012/13, Guardiola zu verpflichten. Wir waren begeistert von der Idee. Du warst sauer. Verständlicherweise. Du hast dir gesagt: Diesen Deppen zeige ich es. Du hast gekämpft. Bayern spielte mit den besten Fußball, den München je gesehen hat", sagt Hoeneß.

"Möchte mich vor deinem Lebenswerk verneigen"

Hoeneß ist der Stolz, diese Laudatio halten zu dürfen, deutlich anzumerken. Auch die Bedeutung ihrer Freundschaft hört man aus fast jedem Satz heraus. "Jupp Heynckes hat mir 2015 zum Geburtstag ein Video gemacht. Er hat 100 Stunden Arbeit reingesteckt. So etwas Emotionales habe ich noch nie gesehen. Ich möchte mich vor deinem Lebenswerk verneigen. Du bist ein Vorbild, wie es der Fußball selten hervorgebracht hat. Es gibt keinen besseren Menschen, der seine Heimatstadt so verkörpert", sagt Hoeneß.

Nach seiner Rede geht er von der Bühne und umarmt Heynckes. Hoeneß sind die Emotionen deutlich anzusehen, er kämpft mit den Tränen, als er Heynckes innig umarmt. Bei Heynckes selbst, der mit dem Rücken zum Publikum sitzt, kann man nur erahnen, wie bewegt er von der Laudatio ist.

Während der anschließenden, von sanften Gitarrenklängen umrahmten Verleihung des Ehrenrings und dem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt erhält Heynckes lange anhaltenden Applaus und Standing Ovations. "Es war wunderschön, bei so viel Lob braucht man aber ordentlich Bodenhaftung, dass man nicht abhebt", sagt Heynckes. Nach seiner Rede kann er sich dann endlich ganz dem Klassentreffen widmen und mit den Weggefährten über alte Zeiten sprechen. Zeiten, die er mitgeprägt hat. Als Sportler. Vor allem aber auch als Mensch.

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Jupp Heynckes will noch etwas loswerden. Der 70-Jährige spricht kurz mit Moderator Dieter Kürten. Der Applaus ebbt ab und die Band, die bereits die Hände an den Gitarren hat, hält inne. Heynckes hat noch etwas zu sagen. Etwas für ihn persönlich besonders Wichtiges.

"Uli Hoeneß und Franz Beckenbauer haben einmal gesagt: Ohne Gerd Müller wäre der FC Bayern nicht das, was er heute ist. Ich kann das nur unterstreichen. Ich weiß, dass er ein großartiger Fußballer war, aber noch ein viel besserer Mensch", sagt Heynckes und bittet die rund 300 Gäste, die nur wegen ihm ins Haus Erholung nach Mönchengladbach gekommen sind, mit Standing Ovations einen Gruß nach München zum an Alzheimer erkrankten Müller zu schicken. Heynckes wird emotional, die Tränen schießen ihm in die Augen, als er sich schließlich wieder setzt.

Diese Szene zum Ende der Verleihung des Ehrenringes in seiner Heimatstadt Mönchengladbach ist typisch für den Menschen Heynckes, der bei seinem eigenen Festakt vor allem an andere denkt. Im Mittelpunkt steht Heynckes sowieso eher ungerne. Es verwundert also nicht, dass er sich in seiner Dankesrede bei fast allen Wegbegleitern bedankt und für jeden ein paar nette Worte findet.

"Heimat ist ein zentraler Begriff"

Für seine Rede hat er sich Notizen gemacht. Im schwarzen Anzug, grauer Krawatte und mit der Lesebrille auf der Nase merkt man ihm die leichte Nervosität an. "Heimat ist ein zentraler Begriff und Wert in meinem Leben. Heimat ist ein Lebensgefühl, das mich nie verlassen hat", sagt er. Und man nimmt es ihm ab, auch wenn er die Hälfte der 50 Jahre, die er den Fußball als Spieler und Trainer geprägt hat, außerhalb seiner Heimat Mönchengladbach verbracht hat.

"Ich bin sehr gerührt, dass ihr alle hier seid", sagt Heynckes, und schaut in den Saal, in dem viele Weggefährten wie Günter Netzer, Rainer Bonhof, Berti Vogts oder „Hacki“ Wimmer für eine besondere Art von "Klassentreffen" sorgen. "Dass ich hier stehen darf, ist etwas ganz Besonderes", sagt Heynckes, als er auf dem Podest steht, vor ihm in rot und gelb gehaltene Blumengebinde.

Der festlich geschmückte Kaisersaal im Haus Erholung nahe des Rathauses und des Museums mitten in Mönchengladbach ist prädestiniert für die Verleihung des Ehrenrings, neben der Ehrenbürgerschaft die höchste Auszeichnung, die die Stadt zu vergeben hat. Die großen Türbögen, verbunden mit den hohen Decken, den Kronleuchtern, dem dunklen Parkettboden und dem Blick über die Stadt, verleihen der Zeremonie mehr als einen Hauch von Heimat.

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Hoeneß hält emotionale Laudatio

Heynckes, der im vergangenen Jahr vom DFB mit dem Ehrenpreis "Lebenswerk" ausgezeichnet wurde, kommt zu Beginn der Veranstaltung gemeinsam mit Uli Hoeneß in den Saal. Der frühere Präsident des FC Bayern München hält auf Heynckes’ Wunsch die Laudatio. Der mit Spannung erwartete erste öffentliche Auftritt nach Verbüßung seiner Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung wird eine Hommage an Heynckes. Hoeneß stützt sich mit beiden Händen am Pult ab, als er in seiner emotionalen Rede ohne Manuskript vor allem den Menschen Heynckes hervorhebt, der ihm in den zurückliegenden, schwierigen Zeiten die größte Hilfe war.

Hoeneß erzählt zunächst von den gemeinsamen Zeiten bei der Nationalmannschaft, mit der sie 1972 Europameister und 1974 Weltmeister geworden sind. Von der ersten Ära als Trainer beim FC Bayern (1987 bis 1991) und dem laut Hoeneß "großen Fehler", dass man sich damals von ihm getrennt habe. Dass beide damals "wie die Schlosshunde" geheult haben. Hoeneß gewährt Einblicke hinter die Kulissen. Dass Heynckes’ Frau Iris ihren Mann schon mal verteidigt hat, dass die Wände gewackelt haben.

Und Hoeneß erzählt von Freundschaft. Einer Freundschaft, die über die Jahre und Jahrzehnte gewachsen ist. Heynckes sei "ein Vorbild an Ehrgeiz, Willen - aber auch Menschlichkeit", so Hoeneß. Immer wieder streut er kleine Anekdoten ein, sorgt für Lacher und Erinnerungen. Erinnerungen an die 70er Jahre, als Heynckes mit der Borussia viermal Meister, einmal DFB-Pokalsieger und einmal UEFA-Pokalsieger wurde.

Oder an 2013, als Heynckes zum Abschluss seiner Trainerkarriere mit dem FC Bayern das Triple holte. Obwohl er schon länger wusste, dass sich die Bayern für Pep Guardiola als neuen Trainer entschieden hatten. "Für uns gab es nur ein Zeitfenster 2012/13, Guardiola zu verpflichten. Wir waren begeistert von der Idee. Du warst sauer. Verständlicherweise. Du hast dir gesagt: Diesen Deppen zeige ich es. Du hast gekämpft. Bayern spielte mit den besten Fußball, den München je gesehen hat", sagt Hoeneß.

"Möchte mich vor deinem Lebenswerk verneigen"

Hoeneß ist der Stolz, diese Laudatio halten zu dürfen, deutlich anzumerken. Auch die Bedeutung ihrer Freundschaft hört man aus fast jedem Satz heraus. "Jupp Heynckes hat mir 2015 zum Geburtstag ein Video gemacht. Er hat 100 Stunden Arbeit reingesteckt. So etwas Emotionales habe ich noch nie gesehen. Ich möchte mich vor deinem Lebenswerk verneigen. Du bist ein Vorbild, wie es der Fußball selten hervorgebracht hat. Es gibt keinen besseren Menschen, der seine Heimatstadt so verkörpert", sagt Hoeneß.

Nach seiner Rede geht er von der Bühne und umarmt Heynckes. Hoeneß sind die Emotionen deutlich anzusehen, er kämpft mit den Tränen, als er Heynckes innig umarmt. Bei Heynckes selbst, der mit dem Rücken zum Publikum sitzt, kann man nur erahnen, wie bewegt er von der Laudatio ist.

Während der anschließenden, von sanften Gitarrenklängen umrahmten Verleihung des Ehrenrings und dem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt erhält Heynckes lange anhaltenden Applaus und Standing Ovations. "Es war wunderschön, bei so viel Lob braucht man aber ordentlich Bodenhaftung, dass man nicht abhebt", sagt Heynckes. Nach seiner Rede kann er sich dann endlich ganz dem Klassentreffen widmen und mit den Weggefährten über alte Zeiten sprechen. Zeiten, die er mitgeprägt hat. Als Sportler. Vor allem aber auch als Mensch.