Hermann Neuberger: Ein großer Regisseur auf allen Weltbühnen

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Als er 50 wurde, wurden viele Reden gehalten. „Ich wusste gar nicht, dass man in fünf Lebensjahrzehnten so viel erreichen kann“, staunte etwa der saarländische Ministerpräsident Franz-Josef Röder. Das war 1969, am 12. Dezember. Am Samstag wäre Hermann Neuberger, der vom 25. Oktober 1975 bis zu seinem Tode am 27. September 1992 Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) war, also 90 Jahre alt geworden. Es war ihm nicht vergönnt, der tückische Krebs bereitete seinem Leben 72-jährig ein Ende. Es war ein erfülltes, das lässt sich mit Fug und Recht sagen, dieser Mann hat Spuren hinterlassen.

Das verwundert niemanden, der den dynamischen Saarländer kennengelernt hat. Er hatte immer ein Ziel vor Augen oder, wie es der DFB anlässlich seines Todes in den Verbandsmitteilungen formulierte: „Ihm war nichts zuviel, wenn es darum ging, ein angestrebtes Ziel zu erreichen.“ Im September 1992 wurde er aus einem überaus aktiven Leben gerissen.

Wir schauen noch einmal hinein. Als junger Mann will Hermann Neuberger nach dem Abitur auf einer alt-sprachlichen Internats-Schule in Sasbach/Schwarzwald eigentlich zum Theater und Regisseur werden, doch da kommen ihm wie so vielen jungen Menschen, die unter der Nazi-Diktatur groß wurden, die Zeitumstände in die Quere. Der Krieg zwingt den gerade 20-jährigen in Uniform und in eine Rolle, die er sich nicht ersehnt. Er kämpft als Hauptmann in Rommels Afrika-Corps und später in Italien.

Ein Gründervater der Bundesliga

Als der Weltenbrand vorüber ist, kehrt Neuberger im November 1945 in die saarländische Heimat zurück. Geboren ist er nämlich in Fenne bei Völklingen. Jetzt kann er sich seiner zweiten großen Leidenschaft, dem Fußball, widmen. Schon als Kind jagte er dem Ball nach, beim FV 1903 Saarbrücken. Nun wird er 1946 Jugendleiter des 1. FC Saarbrücken und verdient sich zugleich erste journalistische Sporen beim Saarbrücker „Sport-Echo“.

Dabei findet Neuberger auch noch Zeit, sich sportpolitisch zu engagieren und baut den Saarländischen Fußball-Verband mit auf. 1950 wird er dessen Präsident und weil das Saarland in Folge des Krieges eigenständig ist, ist er mit 31 der damals jüngste Präsident eines FIFA-Mitglieds. In seiner Doppel-Funktion als Journalist und Funktionär kämpft er vehement für die Einführung der Bundesliga 1963, zu deren Gründervätern Neuberger mit Recht gezählt wird. Damit hat er auch einen Anteil am internationalen Aufschwung des deutschen Fußballs, weil die Konzentration der Kräfte sportliche Auswirkungen hatte, die zu zahlreichen Europapokalsiegen, zwei WM- und drei EM-Triumphen führte.

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"Beim Fußball zählen Kameradschaft und Tore"

1969 wird er zum DFB-Vizepräsidenten gewählt und zieht in den Vorstand ein. Bei der reibungslosen Organisation der ersten Fußball-WM 1974 im eigenen Lande erwirbt der Mann, der es geradezu liebte Spielpläne zu erstellen, sich weltweite Anerkennung. Das führt dazu, dass er noch im gleichen Jahr Vizepräsident der FIFA wird und bei den WM-Endrunden 1978, 1982, 1986 und 1990 OK-Chef ist. „Seine Überzeugungskraft und seine Ideen haben in dieser Zeit ein Festival des Fußballs geschaffen“, lobt das Fachblatt „Kicker“ in seinem Nachruf.

1980 erhält Neuberger bereits das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern. Für sein Wirken und für seine Haltung, für Sätze wie diese: „Beim Fußball zählen nicht Nation, Kultur und Sprache, sondern Kameradschaft und Tore.“ Ein Höhepunkt seines Schaffens ist die Vereinigung der deutschen Fußballverbände im Herbst 1990 nach dem Zusammenbruch der DDR. Natürlich gibt es auch mal Reibungspunkte mit dem Sohn eines Lehrer-Ehepaares. Als etwa Spaniens WM-OK 1982 gegen Neubergers Willen ein kompliziertes Ticketing durchsetzt, schimpft er: „Das ist ein Debattierklub, der 27 Versionen eines Plans anbietet.“ Und so mancher Journalist erhält von Neuberger persönlich Post, um Unwahrheiten anzuprangern. Und sei es nur, dass der damalige Bundestrainer Jupp Derwall (1978-84) „keineswegs mein Duz-Freund“ sei.

Das Stadion als "Bretter, die die Welt bedeuten"

Neuberger konnte streiten und hatte nicht nur Freunde, das war unabdingbar in seiner Position. Der „Kicker“ schrieb im Nachruf: „Er entwickelte den DFB zum größten und mächtigsten Sportverband, dem selbst seine vielen Neider ein hohes Maß an Effektivität zugestehen müssen.“ Neuberger machte den DFB zu dem, was er heute ist und so hat man den siebten Präsidenten dort als „freundlichen und hilfsbereiten Menschen, der sich den Problemen und Alltagssorgen seiner Mitmenschen spontan annahm und sich mit seiner unerschöpflichen Fürsorge um alles kümmerte“ (Verbandsmitteilung 30. 9. 1992) in Erinnerung.

Eine Erinnerung, die in Ehren gehalten wird. Wer heute die Verbandszentrale im Frankfurter Stadtwald betritt, der geht ins „Hermann-Neuberger-Haus“. Und seit 1995 wird der „Hermann-Neuberger-Preis“ an Vereine vergeben, die sich besonders um den Jugendleistungssport im Saarland verdient gemacht haben. In Saarbrücken ist eine Sportschule, in Völklingen das Stadion nach dem Mann benannt worden, der so gerne zum Theater wollte. Sepp Blatter, heute FIFA-Präsident, stellte bei seiner Beerdigung die Verbindung her: „Er machte für sich das Stadion zu den Brettern, die die Welt bedeuten.“ Auch die Worte von Oskar Lafontaine würden ihm gefallen haben: „Er ist auf der Bühne des Sports ein großer Regisseur gewesen.“ Also doch ein Regisseur.

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Als er 50 wurde, wurden viele Reden gehalten. „Ich wusste gar nicht, dass man in fünf Lebensjahrzehnten so viel erreichen kann“, staunte etwa der saarländische Ministerpräsident Franz-Josef Röder. Das war 1969, am 12. Dezember. Am Samstag wäre Hermann Neuberger, der vom 25. Oktober 1975 bis zu seinem Tode am 27. September 1992 Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) war, also 90 Jahre alt geworden. Es war ihm nicht vergönnt, der tückische Krebs bereitete seinem Leben 72-jährig ein Ende. Es war ein erfülltes, das lässt sich mit Fug und Recht sagen, dieser Mann hat Spuren hinterlassen.

Das verwundert niemanden, der den dynamischen Saarländer kennengelernt hat. Er hatte immer ein Ziel vor Augen oder, wie es der DFB anlässlich seines Todes in den Verbandsmitteilungen formulierte: „Ihm war nichts zuviel, wenn es darum ging, ein angestrebtes Ziel zu erreichen.“ Im September 1992 wurde er aus einem überaus aktiven Leben gerissen.

Wir schauen noch einmal hinein. Als junger Mann will Hermann Neuberger nach dem Abitur auf einer alt-sprachlichen Internats-Schule in Sasbach/Schwarzwald eigentlich zum Theater und Regisseur werden, doch da kommen ihm wie so vielen jungen Menschen, die unter der Nazi-Diktatur groß wurden, die Zeitumstände in die Quere. Der Krieg zwingt den gerade 20-jährigen in Uniform und in eine Rolle, die er sich nicht ersehnt. Er kämpft als Hauptmann in Rommels Afrika-Corps und später in Italien.

Ein Gründervater der Bundesliga

Als der Weltenbrand vorüber ist, kehrt Neuberger im November 1945 in die saarländische Heimat zurück. Geboren ist er nämlich in Fenne bei Völklingen. Jetzt kann er sich seiner zweiten großen Leidenschaft, dem Fußball, widmen. Schon als Kind jagte er dem Ball nach, beim FV 1903 Saarbrücken. Nun wird er 1946 Jugendleiter des 1. FC Saarbrücken und verdient sich zugleich erste journalistische Sporen beim Saarbrücker „Sport-Echo“.

Dabei findet Neuberger auch noch Zeit, sich sportpolitisch zu engagieren und baut den Saarländischen Fußball-Verband mit auf. 1950 wird er dessen Präsident und weil das Saarland in Folge des Krieges eigenständig ist, ist er mit 31 der damals jüngste Präsident eines FIFA-Mitglieds. In seiner Doppel-Funktion als Journalist und Funktionär kämpft er vehement für die Einführung der Bundesliga 1963, zu deren Gründervätern Neuberger mit Recht gezählt wird. Damit hat er auch einen Anteil am internationalen Aufschwung des deutschen Fußballs, weil die Konzentration der Kräfte sportliche Auswirkungen hatte, die zu zahlreichen Europapokalsiegen, zwei WM- und drei EM-Triumphen führte.

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"Beim Fußball zählen Kameradschaft und Tore"

1969 wird er zum DFB-Vizepräsidenten gewählt und zieht in den Vorstand ein. Bei der reibungslosen Organisation der ersten Fußball-WM 1974 im eigenen Lande erwirbt der Mann, der es geradezu liebte Spielpläne zu erstellen, sich weltweite Anerkennung. Das führt dazu, dass er noch im gleichen Jahr Vizepräsident der FIFA wird und bei den WM-Endrunden 1978, 1982, 1986 und 1990 OK-Chef ist. „Seine Überzeugungskraft und seine Ideen haben in dieser Zeit ein Festival des Fußballs geschaffen“, lobt das Fachblatt „Kicker“ in seinem Nachruf.

1980 erhält Neuberger bereits das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern. Für sein Wirken und für seine Haltung, für Sätze wie diese: „Beim Fußball zählen nicht Nation, Kultur und Sprache, sondern Kameradschaft und Tore.“ Ein Höhepunkt seines Schaffens ist die Vereinigung der deutschen Fußballverbände im Herbst 1990 nach dem Zusammenbruch der DDR. Natürlich gibt es auch mal Reibungspunkte mit dem Sohn eines Lehrer-Ehepaares. Als etwa Spaniens WM-OK 1982 gegen Neubergers Willen ein kompliziertes Ticketing durchsetzt, schimpft er: „Das ist ein Debattierklub, der 27 Versionen eines Plans anbietet.“ Und so mancher Journalist erhält von Neuberger persönlich Post, um Unwahrheiten anzuprangern. Und sei es nur, dass der damalige Bundestrainer Jupp Derwall (1978-84) „keineswegs mein Duz-Freund“ sei.

Das Stadion als "Bretter, die die Welt bedeuten"

Neuberger konnte streiten und hatte nicht nur Freunde, das war unabdingbar in seiner Position. Der „Kicker“ schrieb im Nachruf: „Er entwickelte den DFB zum größten und mächtigsten Sportverband, dem selbst seine vielen Neider ein hohes Maß an Effektivität zugestehen müssen.“ Neuberger machte den DFB zu dem, was er heute ist und so hat man den siebten Präsidenten dort als „freundlichen und hilfsbereiten Menschen, der sich den Problemen und Alltagssorgen seiner Mitmenschen spontan annahm und sich mit seiner unerschöpflichen Fürsorge um alles kümmerte“ (Verbandsmitteilung 30. 9. 1992) in Erinnerung.

Eine Erinnerung, die in Ehren gehalten wird. Wer heute die Verbandszentrale im Frankfurter Stadtwald betritt, der geht ins „Hermann-Neuberger-Haus“. Und seit 1995 wird der „Hermann-Neuberger-Preis“ an Vereine vergeben, die sich besonders um den Jugendleistungssport im Saarland verdient gemacht haben. In Saarbrücken ist eine Sportschule, in Völklingen das Stadion nach dem Mann benannt worden, der so gerne zum Theater wollte. Sepp Blatter, heute FIFA-Präsident, stellte bei seiner Beerdigung die Verbindung her: „Er machte für sich das Stadion zu den Brettern, die die Welt bedeuten.“ Auch die Worte von Oskar Lafontaine würden ihm gefallen haben: „Er ist auf der Bühne des Sports ein großer Regisseur gewesen.“ Also doch ein Regisseur.