Guildo Horn: „Ich war ein Eisenfuß – hart, humorlos, aber fair“

Guildo Horn hat 1998 das erlebt, was die DFB-Auswahl bei jedem großen Turnier, bei jedem einzelnen Länderspiel erlebt. Er hat eine Nation vertreten, ein Land, 80 Millionen Fans. Der gebürtige Trierer hat vor 15 Jahren den angestaubten Grand Prix d’Eurovision mit seinem Lied „Guildo hat euch lieb" durcheinander gewirbelt und damit den siebten Platz belegt.

„Wir waren im Rausch der Gefühle, wir haben einfach unser Ding durchgezogen. Ich habe keinen Druck gespürt“, sagt der 50-Jährige rückblickend, der mit seinem Auftritt den deutschen Schlager wieder in die Schlagzeilen gebracht hatte. Aber Horn ist auch riesiger Fußball-Fan. Er ist Mitglied des 1. FC Köln, er drückt der Nationalmannschaft die Daumen: „Die Jungs beherrschen die große Kunst. Wir haben tolle Spieler. Darum beneiden uns sicher viele Nationen“, sagt Horn im fanclub.dfb.de-Interview mit Sven Winterschladen.

Früher hat der Diplom-Pädagoge selbst in einem Verein gespielt – bis die Musik in sein Leben kam. Mittlerweile ist er schon längst nicht mehr auf den Schlager reduziert. Horn spielt in Musicals und Opern mit. Außerdem ist er für seine Arbeit mit geistig behinderten Menschen für den Adolf-Grimme-Preis nominiert worden.

fanclub.dfb.de: Herr Horn, was fasziniert Sie am Fußball? Warum lieben Sie diesen Sport so?

Guildo Horn: Die Komplexität der ganzen Welt wird auf einen Ball reduziert. Alles andere verliert seine Wichtigkeit und man konzentriert sich endlich auf das Wesentliche! Das Runde muss ins Eckige, herrlich! Mein Vater war Jugendwart beim Eisenbahn Turn und Sportverein Trier und hat dort in der Altherren-Mannschaft gekickt. Mich hat es völlig umgehauen. Getreu dem Moto: Fußball erleuchte mein Leben! Das reicht bis heute! Mittlerweile bin ich leidenschaftlicher Passivfußballer im klassischen Zweikampf: Sofa, Stadion!

fanclub.dfb.de: Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Zeit im Verein?

Guildo Horn: Die ETuS war im sozialen Brennpunkt angesiedelt. Mein Vater und einige fleißige Überzeugungstäter haben in den Ferien Fußballlager für alle auf einem stillgelegten Bahnhof organisiert. Unsere Familie war stets mit Kind und Kegel im Epizentrum des Geschehens. Mein Fazit: Fußball heißt miteinander. Ich habe viel gelernt, unter anderem auch mich durchzusetzen. Aber ich habe vor allem viele bunte Freunde gefunden. Als ich sieben Jahre war, ist mein Vater, gerade mal 36 Jahre alt, nach einer Embolie leider in die ewigen Jagdgründe übergesiedelt und ich bin dann zum Post Sportverein Trier gewechselt. Natürlich gegen eine hohe Ablösesumme: zwei Hanuta oder so…

fanclub.dfb.de: Waren Sie eher der Zerstörer in der Defensive oder der kreative Kopf in der Offensive?



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Guildo Horn hat 1998 das erlebt, was die DFB-Auswahl bei jedem großen Turnier, bei jedem einzelnen Länderspiel erlebt. Er hat eine Nation vertreten, ein Land, 80 Millionen Fans. Der gebürtige Trierer hat vor 15 Jahren den angestaubten Grand Prix d’Eurovision mit seinem Lied „Guildo hat euch lieb" durcheinander gewirbelt und damit den siebten Platz belegt.

„Wir waren im Rausch der Gefühle, wir haben einfach unser Ding durchgezogen. Ich habe keinen Druck gespürt“, sagt der 50-Jährige rückblickend, der mit seinem Auftritt den deutschen Schlager wieder in die Schlagzeilen gebracht hatte. Aber Horn ist auch riesiger Fußball-Fan. Er ist Mitglied des 1. FC Köln, er drückt der Nationalmannschaft die Daumen: „Die Jungs beherrschen die große Kunst. Wir haben tolle Spieler. Darum beneiden uns sicher viele Nationen“, sagt Horn im fanclub.dfb.de-Interview mit Sven Winterschladen.

Früher hat der Diplom-Pädagoge selbst in einem Verein gespielt – bis die Musik in sein Leben kam. Mittlerweile ist er schon längst nicht mehr auf den Schlager reduziert. Horn spielt in Musicals und Opern mit. Außerdem ist er für seine Arbeit mit geistig behinderten Menschen für den Adolf-Grimme-Preis nominiert worden.

fanclub.dfb.de: Herr Horn, was fasziniert Sie am Fußball? Warum lieben Sie diesen Sport so?

Guildo Horn: Die Komplexität der ganzen Welt wird auf einen Ball reduziert. Alles andere verliert seine Wichtigkeit und man konzentriert sich endlich auf das Wesentliche! Das Runde muss ins Eckige, herrlich! Mein Vater war Jugendwart beim Eisenbahn Turn und Sportverein Trier und hat dort in der Altherren-Mannschaft gekickt. Mich hat es völlig umgehauen. Getreu dem Moto: Fußball erleuchte mein Leben! Das reicht bis heute! Mittlerweile bin ich leidenschaftlicher Passivfußballer im klassischen Zweikampf: Sofa, Stadion!

fanclub.dfb.de: Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Zeit im Verein?

Guildo Horn: Die ETuS war im sozialen Brennpunkt angesiedelt. Mein Vater und einige fleißige Überzeugungstäter haben in den Ferien Fußballlager für alle auf einem stillgelegten Bahnhof organisiert. Unsere Familie war stets mit Kind und Kegel im Epizentrum des Geschehens. Mein Fazit: Fußball heißt miteinander. Ich habe viel gelernt, unter anderem auch mich durchzusetzen. Aber ich habe vor allem viele bunte Freunde gefunden. Als ich sieben Jahre war, ist mein Vater, gerade mal 36 Jahre alt, nach einer Embolie leider in die ewigen Jagdgründe übergesiedelt und ich bin dann zum Post Sportverein Trier gewechselt. Natürlich gegen eine hohe Ablösesumme: zwei Hanuta oder so…

fanclub.dfb.de: Waren Sie eher der Zerstörer in der Defensive oder der kreative Kopf in der Offensive?

Guildo Horn: Im Laufe meiner berauschenden Fußballkarriere habe ich auf fast allen Positionen mal gespielt. Früher wurde im Jugendfußball ohnehin nicht so viel Wert auf Taktik gelegt, wie das heute der Fall ist. Wir haben einen Ball bekommen, und dann ging es los. Gepflegtes Kick and Rush. Ich habe als Verteidiger angefangen, zwischendurch war ich plötzlich Sturmspitze und wenig später habe ich das Tor gehütet. Um ehrlich zu sein: Unsere Mannschaft war sauschlecht und ich ihr Leistungsträger. Wenn Sie mich nach meiner persönlichen Einschätzung fragen: Ich war ein Eisenfuß. Hart, humorlos, aber fair – und das Trikot immer aus der Hose.

fanclub.dfb.de: Wieso war trotzdem mit 14 Jahren Schluss?

Guildo Horn: Ich hab mich ins Schlagzeugspielen verliebt und dann mit 13 meine erste Band gegründet: „Crash and Company“. Der Name war Programm. Um mein Schlagzeug zu finanzieren, habe ich dann einen Job angenommen - bei Edeka Krebs, gegenüber vom Moselstadion, und dann jeden Tag zwei bis drei Stunden Lebensmittel an Senioren geliefert. Da musste ich mich für eine Sache entscheiden, und der Rock `n’ Roll hat gesiegt. Der Fußball ist seitdem für mich aber nicht unwichtiger geworden. Ich brauche viel davon und wenn ich mal richtig alt bin, also noch älter, also in etwa fünf Jahren, beabsichtige ich alle Tätigkeiten einzustellen und nur noch Fußball zu gucken! Ich bin ja viel unterwegs und oft am Wochenende, oder parallel bei gewichtigen Spielen selber auf der Bühne. Wie Fußballprofis auch bin ich ja Freizeitgestalter und da arbeitet man ziemlich zur gleichen Zeit. Bundesliga gibt es bei mir meist via Radio im Auto auf dem Weg zum Konzert. Ich liebe es! Zu Hause bei Horns laufen fast nur Nachrichten und Sport. Das sind die direktesten, ehrlichsten Sendeformate.

fanclub.dfb.de: Keine Spielfilme, keine Castingshows?

Guildo Horn: Außer Germany‘s next Topmodel nix. Nachrichten brauche ich, um informiert zu sein. Und beim Fußball liebe ich es, dass die Emotionen offen liegen. Ach ja, Boxen ist auch so eine passive Leidenschaft von mir. Und GNTM ist Realsatire.

fanclub.dfb.de: In Spielfilmen sieht man doch auch Emotionen.

Guildo Horn: Das stimmt. Aber die sind dann eben gespielt, wie es das Wort schon sagt. Im Fußball sind sie echt. Freude, Leid, Verausgabung, Enttäuschung, Frust – alles, was dazu gehört. Ich mag die Bewegung beim Fußball, die Ästhetik des Laufens, gerne auch so unkonventionell wie bei Thomas Müller und bei einer geilen Ballannahme näss ich mich fast ein vor Freude auf meinem Sofa. Obendrauf ist Fußball natürlich auch die perfekte Daily Soap, eine Operette von ganz besonderer Güte. Die Geschichten, die abseits des Platzes passieren, ob sie nun stimmen oder nicht, sind das Salz in der Suppe. Das ist wahnsinnig unterhaltsam. Junge Menschen werden steinreich und berühmt und betreiben den schönsten Sport der Welt. Das ist phantastisch. Ich versuche, meine Frau auch immer für noch mehr Fußball zu ködern, indem ich Sie mit Hintergrundinfos füttere. Das klappt mittlerweile ganz gut. Ich schaue mir zwar auch manchmal zum Beispiel ein Spiel zweier brasilianischer Mannschaften an. Das fesselt mich aber nicht so, obwohl die herausragend den Ball laufen lassen.

fanclub.dfb.de: Warum nicht?

Guildo Horn: Weil ich die Jungs auf dem Platz nicht kenne. Ich möchte auch etwas über die Persönlichkeiten und Befindlichkeiten erfahren. Etwas Klatsch und Tratsch gehört zum Fußball dazu. Vielleicht ist das meine weibliche Seite. Ich verschlinge massenweise Sportlerbiografien, weil es für mich halt irgendwie dazugehört, zu meiner persönlichen Fußball-Operettenwelt.

fanclub.dfb.de: Sehen Sie Parallelen zwischen Musik und Fußball?

Guildo Horn: Ja, durchaus. Im Grunde bin ich mit 13 Jahren nur in eine andere Mannschaft gewechselt. Nichts anderes ist eine Band. All das, was den Fußball so stark macht, ist in einer Band ebenfalls wichtig: Zusammengehörigkeitsgefühl, gegenseitige Unterstützung, Respekt voreinander, ein Ziel vor Augen haben, Kreativität, Fleiß und vor allem Spaß zu haben. Auf die Ausgewogenheit kommt es an, es muss nicht immer der beste Schlagzeuger sein. Im Fußball sind ja auch die Spieler wichtig, die vielleicht technisch nicht überragend sind. Die bringen dann andere Qualitäten mit. Sie halten womöglich die Defensive zusammen, oder sind einfach mannschaftsdienlich, weil Sie ein großes Kämpferherz besitzen. Auch solche Jungs braucht ein gutes Team.

fanclub.dfb.de: Sie sind Mitglied und Fan des 1. FC Köln. Wir sehr leiden Sie derzeit unter der Zweitklassigkeit?

Guildo Horn: Es ist eine schwere Phase, da gibt es keine zwei Meinungen. Vor drei oder vier Jahren habe ich mal vor Abpfiff das Stadion verlassen. Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal machen würde. Ich habe mich immer gefragt: Was sind das für Leute, die so was tun? Haben die denn da, wo ich einen Ball habe, einen Stein? Aber diesmal ging es einfach nicht mehr. Dabei lag der FC 3:1 vorne, der Kick jedoch war derart grottenschlecht, dass er mich in tiefe Depression getrieben hat. Ich meine, wenn ich auf der Bühne stehe, lustlos bin und nur Mist spiele, kommen die Leute auch nicht wieder. Ich musste jedenfalls schnell raus. Meine Sitznachbarn waren völlig euphorisiert ob der Kölner Führung. Aber das ist nicht mein Anspruch. Ich möchte erkennen, dass die Mannschaft einen Geist und Spaß auf dem Platz hat, oder sich zumindest irgendwas einfallen lässt, um uns Fans zu unterhalten. Ich hoffe wirklich, dass es jetzt langsam wieder aufwärts geht. Die Kölner Fans sind überragend und haben besseres verdient. Klar stehe ich weiterhin zum 1. FC Köln. Aber wer bezahlt mir die Stunden bei meinem Psycho? Auf geht´s FC, andere machen es doch auch!

fanclub.dfb.de: Zum Beispiel?

Guildo Horn: Wir hatten zum Beispiel zwei großartige Klubs im Endspiel der Champions League. Um noch mal einen Vergleich mit der Musik zu spielen: Borussia Dortmund spielt Rock ´n` Roll, der FC Bayern eher geschliffenen Pop.

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fanclub.dfb.de: Und die Nationalmannschaft?

Guildo Horn: Von den Spielern her eine klasse Truppe und ich freu mich wahnsinnig auf die WM. Ich finde auch, dass der Trainer und sein Team bisher eine gute Arbeit leisten. Nach den internationalen Erfolgen vor allem von Dortmund und Bayern müssen nun irgendwie aber auch in der Nationalmannschaft Titel her.

fanclub.dfb.de: Schon bei der WM 2014 in Brasilien?

Guildo Horn: Ja, warum nicht? Alles ist möglich. Wenn wir in Brasilien einen Lauf bekommen, dann sind wir kaum zu stoppen. Mit den Jungs aus München und Dortmund haben wir einen sehr starken Block. Wir haben grandiose Spieler. Ich kann mich noch gut an Zeiten erinnern, als wir ein Nachwuchsproblem hatten. Da hat der DFB auf jeden Fall die richtigen Schlüsse gezogen.

fanclub.dfb.de: Wie geht man mit dem Druck um, Deutschland zu vertreten? Sie haben es 1998 beim Grand Prix d’Eurovision selbst erlebt?

Guildo Horn: Mit Druck geht jeder anders mit um. Ich habe das damals nicht so an mich rankommen lassen. Wir waren auf Dauer-Tour und standen ohnehin mindestens 300 Mal im Jahr auf der Bühne. Also haben wir einfach unser Ding durchgezogen wie jeden Abend mit Freude und Hingabe und Hornhaut. Ich habe jedenfalls keinen Druck gespürt. Ich komme aus einem gut funktionierenden familiären Umfeld. Da finde ich immer Rückhalt und vor allem Erdhaftung. Außerdem war ich 1998 schon 35 Jahre alt und gerade Vater geworden. Da gibt es eben auch mal andere Prioritäten. Man darf nicht immer alles übertreiben: Ernst ist das Leben, heiter die Kunst. Für mich ist meine Arbeit immer ein Spiel, ein Spaß, ein Zeitvertreib. Da geht es nicht um Leben und Tod.

fanclub.dfb.de: Wie sind Sie mit dem Kult umgegangen?

Guildo Horn: Auf der Bühne bin ich die Kunstfigur Guildo Horn. Diesem Bühnenmensch gehören das Lob und der Applaus nach einem guten Auftritt. Wenn ich nach Hause komme, bin ich wieder Horst Köhler. Dann bin ich eine andere Person. Ich kann das sehr gut trennen, zum Glück. Wenn man das zusammenwirft, wird es ziemlich schwierig. Zumindest glaube ich, dass es so ist. Und übrigens glaube ich auch nicht, dass sich Fußballer bei einem Länderspiel darüber Gedanken machen, dass sie gerade eine ganze Nation vertreten. Es geht doch nur darum, dieses Spiel zu gewinnen. Es geht doch nur darum, das Runde ins Eckige zu bringen.

fanclub.dfb.de: Haben Sie besondere Erinnerungen an einen bestimmten Stadionbesuch?

Guildo Horn: Einer meiner schönsten Stadionbesuche war wohl dieses Jahr Ende April für den Fernsehsender Sky bei einem Stadioncheck mit behinderten Fußballfans auf Schalke. Mein Fazit: Ob blind, gelähmt, geistig behindert: Bei der Begeisterung für Fußball gibt es keine Behinderung. Da sind wir uns alle gleich.

fanclub.dfb.de: Was fasziniert Sie an Menschen mit Behinderung?

Guildo Horn: Ich habe seit über 30 Jahren vor allem mit geistig und mehrfachbehinderten Menschen Kontakt. In dieser Zeit habe ich viel gelacht, viel gelernt und bin auf weitgehend positive, äußerst authentische Menschen getroffen. Was will man mehr?