Großkopf: "Regionalliga ist als Unterbau sehr wichtig"

DFB.de: Können Sie das näher beschreiben?

Großkopf: Es geht um die Bereitschaft, regelmäßig auch abseits des Trainings an sich zu arbeiten. Das ist eine Grundvoraussetzung im Fußball. Komme ich aus der U19, habe ich meist nicht die gleichen körperlichen Voraussetzung wie ein Lizenzspieler. Also muss ich mich körperlich auf den erforderlichen Stand bringen. Das ist mit ein- oder zweimal Krafttraining nicht getan. Die Eigenmotivation ist sehr wichtig.

DFB.de: Also die Bereitschaft, bereits in jungem Alter wie ein Profi zu leben?

Großkopf: Ganz genau. Ich sage immer: Wer etwas erreichen will, muss verzichten können! Das ist nicht immer einfach. Besonders wenn ich Freunde habe, die am Wochenende immer ins Kino oder in die Discothek gehen. Welcher junge Mann bleibt dann gerne zu Hause? Aber wer nicht verzichten kann, wird im Fußball nicht weit kommen. Wenn am Samstag ein Spiel ansteht, braucht der Körper am Freitagabend Ruhe. Nur so kann ich am nächsten Tag rechtzeitig aufstehen, ein ordentliches Frühstück einnehmen, meinen Kreislauf mit einem kleinen Lauf in Schwung bringen und mich mental auf das Spiel vorbereiten. Einige verstehen das, sehr viele leider nicht.

DFB.de: Fällt es Ihnen schwer, einem jungen Spieler irgendwann mitteilen zu müssen, dass er nicht das Zeug zum Profi hat und den Verein verlassen muss?

Großkopf: Letztendlich reicht es bei den meisten nicht für den Profifußball. So ist das Geschäft, damit muss jeder umgehen können. Es geht nicht um Sympathien, sondern um Leistung und charakterliche Eigenschaften. Aber natürlich bringe ich das den Jungs einfühlsam bei. Ich gebe Ihnen zum Beispiel den Rat, sich mehr auf die berufliche Laufbahn zu konzentrieren und nebenher in der Oberliga Fußball zu spielen. So ein Gespräch unter vier Augen ist mir wichtig. Mir hat man früher solch eine Botschaft zwischen Tür und Angel überbracht.

DFB.de: Inwiefern?

Großkopf: Ich war 1991 Profi beim FC St. Pauli. Unser damaliger Manager Herbert Liedtke sagte mir praktisch beim Vorbeigehen, dass ich keinen Vertrag mehr bekomme. Das war ein Schlag ins Gesicht.



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Jörn Großkopf ist durch und durch St. Paulianer. Bereits als Spieler stand er drei Jahre beim Kiezverein unter Vertrag. Im Jahre 2007 übernahm der einstige Stürmer das Traineramt der U 19. Seit 2009 ist er für die U 23 zuständig. In der Regionalliga Nord spielt der FC St. Pauli II als aktueller 15. gegen den Abstieg. Für Jörn Großkopf geht es aber nicht nur um den Klassenverbleib zu halten - seine wichtigste Aufgabe ist die Entwicklung von Talenten. Nachwuchsspielern wie Dennis Daube und Marcel Andrijanic hat er bereits dabei geholfen, zur Profimannschaft vorzudringen.

Im DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Oliver Jensen spricht der 46-Jährige über die Förderung von Nachwuchsspielern, die sportliche Situation seiner Mannschaft und sein Praktikum bei Werder-Trainer Thomas Schaaf.

DFB.de: Herr Großkopf, am vergangenen Wochenende unterlag Ihre Mannschaft Hannover II mit 0:7. Zur Halbzeit stand es noch 0:1. Wie ist dieses Ergebnis zu erklären?

Jörn Großkopf: In der ersten Halbzeit haben wir unser Vorhaben noch anständig umgesetzt. In der zweiten Hälfte machten wir unverständlicherweise unser Abwehrdrittel komplett auf. Wenn eine Spitzenmannschaft wie Hannover 96 diese Räume bekommt, werden diese auch genutzt. Das erklärt die sechs Gegentreffer in der zweiten Halbzeit.

DFB.de: Am Samstag steht die nächste schwere Aufgabe an: Der Tabellenfünfte TSV Havelse wird zu Gast sein.

Großkopf: In dieser Liga gibt es ohnehin keine leichten Aufgaben. Wir müssen am Spieltag alles abrufen. Wenn ein oder zwei Spieler das nicht tun, bekommen wir ein Problem. Die Qualitäten der Gegner sind groß.

DFB.de: Die zweiten Mannschaften von Hannover 96, dem VfL Wolfsburg und dem SV Werder Bremen sind in der Regionalliga vorne mit dabei. St. Pauli II spielt gegen den Abstieg. Ist das mit einem deutlich geringeren Budget zu erklären?

Großkopf: Der finanzielle Unterschied ist zu diesen Mannschaften tatsächlich riesengroß. Trotzdem wollen wir die Liga halten. Das wird zwar sehr schwierig. Aber wir haben genügend Klasse, um das hinzubekommen. Auch wenn wir mit 40 Gegentoren ziemlich weit hinten stehen.

DFB.de: Sie haben einmal gesagt, die Entwicklung der Talente ist wichtiger als der Tabellenplatz. Trotzdem: Wie wichtig ist es für den gesamten Verein, dass Ihre Mannschaft in der Regionalliga bleibt?

Großkopf: Die Regionalliga ist als Unterbau für unsere Profimannschaft sehr wichtig. Die Kluft zwischen der Oberliga und der 2. Bundesliga wäre einfach zu groß. Wir haben bereits vorletztes Jahr in der 5. Liga gespielt. Das Niveau war zu niedrig, um junge Leute auf den Profifußball vorzubereiten. Und unser Ziel ist es, jedes Jahr ein oder zwei Spieler in den Lizenzbereich zu bekommen.

DFB.de: Können Sie sich vorstellen, langfristig Trainer der Reserve-Mannschaft zu sein oder streben Sie nach einer Funktion in einer höheren Liga?

Großkopf: Ich sehe meine Arbeit beim FC. St. Pauli jedenfalls nicht als Übergangsstation. Ich fühle mich in dieser Aufgabe sehr wohl und möchte das gerne weitermachen. Trotzdem habe ich den Willen, irgendwann in einer höheren Liga zu trainieren. Nicht zuletzt deswegen mache ich den Fußballlehrer.

DFB.de: Was ist für einen Trainer das Reizvolle daran, die zweite Mannschaft eines Profivereins zu trainieren?

Großkopf: Es macht Spaß, den jungen Spielern dabei zu helfen, sich weiterzuentwickeln. Als Trainer einer Profi-Mannschaft hat man nicht immer die Möglichkeit dazu. Dort zählen die Ergebnisse.

DFB.de: Wie schnell erkennen Sie, wenn ein junger Spieler in Ihre Mannschaft kommt, ob er das Zeug zum Profi hat?

Großkopf: Zumindest erkenne ich sehr schnell, ob er bei uns in der Regionalliga Fuß fassen kann. Dabei geht es nicht ausschließlich um die fußballerischen Fähigkeiten. Der Charakter ist mindestens genauso wichtig. Ich habe viele Talente erlebt, die aufgrund einer mangelnden Einstellung auf der Strecke geblieben sind.

DFB.de: Können Sie das näher beschreiben?

Großkopf: Es geht um die Bereitschaft, regelmäßig auch abseits des Trainings an sich zu arbeiten. Das ist eine Grundvoraussetzung im Fußball. Komme ich aus der U19, habe ich meist nicht die gleichen körperlichen Voraussetzung wie ein Lizenzspieler. Also muss ich mich körperlich auf den erforderlichen Stand bringen. Das ist mit ein- oder zweimal Krafttraining nicht getan. Die Eigenmotivation ist sehr wichtig.

DFB.de: Also die Bereitschaft, bereits in jungem Alter wie ein Profi zu leben?

Großkopf: Ganz genau. Ich sage immer: Wer etwas erreichen will, muss verzichten können! Das ist nicht immer einfach. Besonders wenn ich Freunde habe, die am Wochenende immer ins Kino oder in die Discothek gehen. Welcher junge Mann bleibt dann gerne zu Hause? Aber wer nicht verzichten kann, wird im Fußball nicht weit kommen. Wenn am Samstag ein Spiel ansteht, braucht der Körper am Freitagabend Ruhe. Nur so kann ich am nächsten Tag rechtzeitig aufstehen, ein ordentliches Frühstück einnehmen, meinen Kreislauf mit einem kleinen Lauf in Schwung bringen und mich mental auf das Spiel vorbereiten. Einige verstehen das, sehr viele leider nicht.

DFB.de: Fällt es Ihnen schwer, einem jungen Spieler irgendwann mitteilen zu müssen, dass er nicht das Zeug zum Profi hat und den Verein verlassen muss?

Großkopf: Letztendlich reicht es bei den meisten nicht für den Profifußball. So ist das Geschäft, damit muss jeder umgehen können. Es geht nicht um Sympathien, sondern um Leistung und charakterliche Eigenschaften. Aber natürlich bringe ich das den Jungs einfühlsam bei. Ich gebe Ihnen zum Beispiel den Rat, sich mehr auf die berufliche Laufbahn zu konzentrieren und nebenher in der Oberliga Fußball zu spielen. So ein Gespräch unter vier Augen ist mir wichtig. Mir hat man früher solch eine Botschaft zwischen Tür und Angel überbracht.

DFB.de: Inwiefern?

Großkopf: Ich war 1991 Profi beim FC St. Pauli. Unser damaliger Manager Herbert Liedtke sagte mir praktisch beim Vorbeigehen, dass ich keinen Vertrag mehr bekomme. Das war ein Schlag ins Gesicht.

DFB.de: Bleiben wir bei Ihrer Person. Sie absolvieren gerade den Fußball-Lehrer-Lehrgang und machen dafür ein Praktikum beim SV Werder Bremen. Wie kann man sich das vorstellen?

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Großkopf: Der Lehrgang begann im Juni. Im August stand ein erstes Praktikum über drei Wochen an. Zwei Monate später fand ein zweites über zwei Wochen statt - nun steht noch im Januar eine dreiwöchige Phase an. Ich werde beim Trainingslager dabei sein. Ich kann nur sagen, dass das Praktikum eine grandiose Erfahrung ist. Ich bin bei jeder internen Besprechung und bei jeder Trainingseinheit ganz nahe dran. Das ist keine Selbstverständlichkeit und ist nicht bei allen Lehrgangsteilnehmern der Fall.

DFB.de: Sind Sie beim Training eher Zuschauer oder leiten Sie auch gelegentlich eine Übung?

Großkopf: Das ist verschieden. Manchmal schaue ich nur zu, in anderen Fällen begleite ich eine kleine Trainingseinheit oder fungiere bei einem Trainingsspiel als Schiedsrichter. Es sind all die Aufgaben, die auch die Co-Trainer von Thomas Schaaf erledigen.

DFB.de: Welche Erkenntnisse haben Sie bisher aus dem Praktikum gezogen?

Großkopf: Natürlich habe ich einige Trainingsinhalte auch für mein Training übernommen. Besonders beeindruckt haben mich die Ansprachen von Thomas Schaaf an seine Spieler. Er hat klare Vorstellungen und bringt diese bestimmend rüber. Er ist kritisch, wird dabei aber nie beleidigend. Es hat einfach alles Hand und Fuß. Es gibt viele Trainer, die sprechen in eine Gruppe hinein - und niemand fühlt sich angesprochen. Aber mit der Ansprache von Thomas Schaaf kann jeder einzelne Spieler etwas anfangen. Das hat mir sehr imponiert.