Grabowski: "Beste Leistung aller WM-Teilnehmer"

Vier Tage bevor das WM-Endspiel im Soccer City in Johannesburg stattfindet, wird Jürgen Grabowski seinen 66. Geburtstag feiern. Zu seiner Glanzzeit gehörte im das Frankfurter Waldstadion, dort zelebrierte er sein außergewöhnliches Können. Eintracht-Fans fieberten seinen Auftritten entgegen, er verkörperte den Klub, mehr als jeder Trainer oder Präsident.

Spielübersicht zeichnete Jürgen Grabowski aus, und er verfügte über die Technik und die Athletik, seine Ideen durch- und umzusetzen. Für 15 Jahre lenkte „Grabi“ das Spiel seiner Eintracht, bis zum vorzeitigen Karriereende 1980.

Für Deutschland bestritt er 44 Länderspiele. Beim WM-Turnier 1974 musste er sich nach einer zwischenzeitlichen Verbannung auf die Bank wieder in die Startmannschaft zurück kämpfen. Mit Eintracht Frankfurt wurde Jürgen Grabowski 1974 und 1975 Deutscher Pokalsieger und holte 1980 den UEFA-Pokal. Im DFB.de-Interview mit Onlineredakteur Thomas Hackbarth erzählt der Welt- und Europameister, wie sehr ihn der erste Auftritt der deutschen Nationalmannschaft begeistert hat.

DFB.de: Herr Grabowski, wie hat Ihnen das 4:0 über Australien gefallen?

Jürgen Grabowski: Diese Leistung hat mich positiv überrascht. Nach der starken zweiten Halbzeit gegen Bosnien-Herzegowina hatte sich binnen weniger Tage unglaublich viel Euphorie aufgebaut. Etwas zuviel nach meinem Geschmack, zumal die Australier vor vier Jahren ein wirklich überzeugendes Team nach Deutschland geschickt hatten. Ganz ehrlich, ich war auf ein umkämpftes Spiel mit einem knappen Sieg vorbereitet.

DFB.de: Das 4:0 wird Sie dennoch nicht geärgert haben?

Grabowski: Nein, natürlich nicht. Wir haben bislang den besten Eindruck hinterlassen, unter allen WM-Mannschaften hat Deutschland die beste Leistung abgeliefert. Das war schon richtig gut. Ballzirkulation ist eine Sache, aber die deutsche Mannschaft hat mehr als nur Ballsicherheit demonstriert, sondern konnte auch blitzschnell in die Tiefe passen. Das war eine reife Leistung.

DFB.de: Waren die Australier schon ein wirklicher Prüfstein?

Grabowski: Die Schere zwischen beiden Teams ging sehr weit auseinander. Australien hat enttäuscht. Die USA etwa haben deutlich mehr Gegenwehr beim Spiel gegen England gezeigt.

DFB.de: Die Nationalmannschaft hat einen neuen Zehner, auch wenn er die Nummer acht trägt. Wie stark sehen Sie Mesut Özil?

Grabowski: Ein technisch ausgezeichneter Spieler, unglaublich kreativ, mit klasse Ideen. Aber er hatte bei Bremen in der Rückrunde einen Durchhänger. Negativ ist, dass er viele Torchancen liegen lässt. Nicht nur gegen Australien, auch gegen die Bosnier hat er klare Möglichkeiten nicht verwertet, was mich gerade mit Blick auf sein technisches Potenzial überrascht. Er müsste die Dinger reinmachen. Das wird aber kommen, der Knoten wird platzen.

DFB.de: 1974 saßen sie nach der Niederlage gegen die DDR auf der Bank. Mit einer starken Leistung und einem spektakulären Tor im Spiel gegen Schweden haben sie sich wieder in die Startaufstellung gekämpft. Welchen Tipp können Sie den gegenwärtigen Bankdrückern in der Mannschaft geben?

Grabowski: Man darf in dieser Situation nicht den Kopf hängen lassen, man darf sich auch nicht in einer wütenden Grundhaltung verschanzen. Jeder Spieler, der für eine Weltmeisterschaft nominiert wurde, will nichts sehnlicher, als auf dem Platz zu stehen. Klar jubeln sie bei einem Tor mit, aber wenn die Tür zugeht, kann der Frust auch groß sein. Jeder sucht doch seine Chance. Und die kann kommen, gerade heutzutage, wo doch viel häufiger gewechselt wird als zu meiner aktiven Zeit. Heute wird das volle Auswechselpotenzial von drei Spielern fast immer wahrgenommen. Rotation gab es damals bei uns nicht, während heute auch mal ein starker Mann runtergenommen wird, um Kräfte zu schonen. Spieler wie Stefan Kießling oder Jerome Boateng müssen im Training beißen, dann wird sicher auch die Chance kommen.

DFB.de: Ist Marin ein guter Einwechselspieler?

Grabowski: Ein sehr guter, wobei ich ihm gönnen würde, von Beginn an zu spielen. Den Stempel des Jokers kriegt man schnell aufgedrückt, wenn man sich sofort ins Spiel einfindet. Wenn er auf das Feld kommt, tut sich was. Ich sehe ihn sehr gerne.

DFB.de: Philipp Lahm sprach von der besten Nationalmannschaft, in der er je spielte. Sie wurden zu Beginn der 70er-Jahre Welt- und Europameister mit Deutschland. Ist die gegenwärtige Mannschaft schon auf diesem Niveau?

Grabowski: Eine Antwort will ich mir nicht anmaßen, aber Lahms Aussage war sicher mutig. Eins steht aber auch fest: Gegen Australien war die Technik und Spielgestaltung der deutschen Mannschaft wirklich gut.

DFB.de: Was erwarten Sie für das zweite Gruppenspiel am Freitag gegen Serbien?

Grabowski: Ohne ein Ergebnis zu tippen, ist eins klar: Es wird mit absoluter Sicherheit viel schwieriger als gegen Australien, nicht nur weil die Serben mit einem stärkeren Team vertreten sind. Für die Reife unserer Mannschaft wird es ein wirklicher Gradmesser sein, ob sie die Leistung wiederholen kann.

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Vier Tage bevor das WM-Endspiel im Soccer City in Johannesburg stattfindet, wird Jürgen Grabowski seinen 66. Geburtstag feiern. Zu seiner Glanzzeit gehörte im das Frankfurter Waldstadion, dort zelebrierte er sein außergewöhnliches Können. Eintracht-Fans fieberten seinen Auftritten entgegen, er verkörperte den Klub, mehr als jeder Trainer oder Präsident.

Spielübersicht zeichnete Jürgen Grabowski aus, und er verfügte über die Technik und die Athletik, seine Ideen durch- und umzusetzen. Für 15 Jahre lenkte „Grabi“ das Spiel seiner Eintracht, bis zum vorzeitigen Karriereende 1980.

Für Deutschland bestritt er 44 Länderspiele. Beim WM-Turnier 1974 musste er sich nach einer zwischenzeitlichen Verbannung auf die Bank wieder in die Startmannschaft zurück kämpfen. Mit Eintracht Frankfurt wurde Jürgen Grabowski 1974 und 1975 Deutscher Pokalsieger und holte 1980 den UEFA-Pokal. Im DFB.de-Interview mit Onlineredakteur Thomas Hackbarth erzählt der Welt- und Europameister, wie sehr ihn der erste Auftritt der deutschen Nationalmannschaft begeistert hat.

DFB.de: Herr Grabowski, wie hat Ihnen das 4:0 über Australien gefallen?

Jürgen Grabowski: Diese Leistung hat mich positiv überrascht. Nach der starken zweiten Halbzeit gegen Bosnien-Herzegowina hatte sich binnen weniger Tage unglaublich viel Euphorie aufgebaut. Etwas zuviel nach meinem Geschmack, zumal die Australier vor vier Jahren ein wirklich überzeugendes Team nach Deutschland geschickt hatten. Ganz ehrlich, ich war auf ein umkämpftes Spiel mit einem knappen Sieg vorbereitet.

DFB.de: Das 4:0 wird Sie dennoch nicht geärgert haben?

Grabowski: Nein, natürlich nicht. Wir haben bislang den besten Eindruck hinterlassen, unter allen WM-Mannschaften hat Deutschland die beste Leistung abgeliefert. Das war schon richtig gut. Ballzirkulation ist eine Sache, aber die deutsche Mannschaft hat mehr als nur Ballsicherheit demonstriert, sondern konnte auch blitzschnell in die Tiefe passen. Das war eine reife Leistung.

DFB.de: Waren die Australier schon ein wirklicher Prüfstein?

Grabowski: Die Schere zwischen beiden Teams ging sehr weit auseinander. Australien hat enttäuscht. Die USA etwa haben deutlich mehr Gegenwehr beim Spiel gegen England gezeigt.

DFB.de: Die Nationalmannschaft hat einen neuen Zehner, auch wenn er die Nummer acht trägt. Wie stark sehen Sie Mesut Özil?

Grabowski: Ein technisch ausgezeichneter Spieler, unglaublich kreativ, mit klasse Ideen. Aber er hatte bei Bremen in der Rückrunde einen Durchhänger. Negativ ist, dass er viele Torchancen liegen lässt. Nicht nur gegen Australien, auch gegen die Bosnier hat er klare Möglichkeiten nicht verwertet, was mich gerade mit Blick auf sein technisches Potenzial überrascht. Er müsste die Dinger reinmachen. Das wird aber kommen, der Knoten wird platzen.

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DFB.de: 1974 saßen sie nach der Niederlage gegen die DDR auf der Bank. Mit einer starken Leistung und einem spektakulären Tor im Spiel gegen Schweden haben sie sich wieder in die Startaufstellung gekämpft. Welchen Tipp können Sie den gegenwärtigen Bankdrückern in der Mannschaft geben?

Grabowski: Man darf in dieser Situation nicht den Kopf hängen lassen, man darf sich auch nicht in einer wütenden Grundhaltung verschanzen. Jeder Spieler, der für eine Weltmeisterschaft nominiert wurde, will nichts sehnlicher, als auf dem Platz zu stehen. Klar jubeln sie bei einem Tor mit, aber wenn die Tür zugeht, kann der Frust auch groß sein. Jeder sucht doch seine Chance. Und die kann kommen, gerade heutzutage, wo doch viel häufiger gewechselt wird als zu meiner aktiven Zeit. Heute wird das volle Auswechselpotenzial von drei Spielern fast immer wahrgenommen. Rotation gab es damals bei uns nicht, während heute auch mal ein starker Mann runtergenommen wird, um Kräfte zu schonen. Spieler wie Stefan Kießling oder Jerome Boateng müssen im Training beißen, dann wird sicher auch die Chance kommen.

DFB.de: Ist Marin ein guter Einwechselspieler?

Grabowski: Ein sehr guter, wobei ich ihm gönnen würde, von Beginn an zu spielen. Den Stempel des Jokers kriegt man schnell aufgedrückt, wenn man sich sofort ins Spiel einfindet. Wenn er auf das Feld kommt, tut sich was. Ich sehe ihn sehr gerne.

DFB.de: Philipp Lahm sprach von der besten Nationalmannschaft, in der er je spielte. Sie wurden zu Beginn der 70er-Jahre Welt- und Europameister mit Deutschland. Ist die gegenwärtige Mannschaft schon auf diesem Niveau?

Grabowski: Eine Antwort will ich mir nicht anmaßen, aber Lahms Aussage war sicher mutig. Eins steht aber auch fest: Gegen Australien war die Technik und Spielgestaltung der deutschen Mannschaft wirklich gut.

DFB.de: Was erwarten Sie für das zweite Gruppenspiel am Freitag gegen Serbien?

Grabowski: Ohne ein Ergebnis zu tippen, ist eins klar: Es wird mit absoluter Sicherheit viel schwieriger als gegen Australien, nicht nur weil die Serben mit einem stärkeren Team vertreten sind. Für die Reife unserer Mannschaft wird es ein wirklicher Gradmesser sein, ob sie die Leistung wiederholen kann.