Gladbach gegen Werder 1984: Legendäres Halbfinale mit neun Toren

Bremen macht aus 1:3 ein 4:3

Doch nur sechs Minuten später saß Werder Bremen im Flieger nach Frankfurt, wo das Finale für den 31. Mai terminiert war. Die Gäste führten urplötzlich 4:3 durch Tore von Benno Möhlmann, Wolfgang Sidka und Uwe Reinders. Fassungslosigkeit beim Borussen-Anhang, Otto Rehhagels Team wähnte sich schon im Endspiel. Sein Kollege Jupp Heynckes reagierte prompt und wechselte seinen Joker Hans-Jörg Criens ein, selten hat ein Trainer eine bessere Wahl getroffen.

Zunächst schien Wilfried Hannes zum Helden zu werden, doch Hontheim gab sein Tor in der 88. Minute zu Unrecht nicht. Der Bökelberg bebte vor Wut – und wenig später vor Entzücken: Mit der wirklich letzten Aktion, es war die fünfte Minute der Nachspielzeit, glückte dem langen Criens das 4:4. Verlängerung. Die ARD sah sich genötigt, die heilige Kuh "Tagesschau" in die Warteschleife zu setzen, jetzt regierte König Fußball.

Schalke und Bayern setzen einen drauf - 6:6 im zweiten Halbfinale

Die Spannung wurde unerträglich, aber wenigstens war es nicht mehr so schwer, den Überblick zu bewahren. Es fiel nur noch ein Tor – das 5:4 durch den 23-jährigen Criens, der nachher sagte: "Mein Ziel ist es, den Ruf des Jokers bald los zu werden. Ich möchte wie jeder Fußballer einen Stammplatz." Das Tor fiel in der 107. Minute, 22 weitere vergingen bis zum Abpfiff, weil nach einem Zusammenprall dreier Spieler der Ball wieder für vier Minuten ruhte. Rahn bezahlte seinen Einsatz mit einem Nasenbeinbruch. Das Fachmagazin kicker bilanzierte: "Das war Fußball total! Ein Spiel, das in die Geschichte eingehen wird."

Das dachten sich auch die Schalker Spieler, die die Partie im Trainingslager sahen. Profi Bernd Dierßen erzählte später: "Wir haben damals gesagt: 'So ein Spiel gibt es nur alle zehn Jahre.'" Irrtum. Schon 26 Stunden später wurde es von seiner Mannschaft übertroffen. Der Zweitligist trennte sich von den großen Münchner Bayern nach Verlängerung 6:6! Und so wurde die unglaubliche Partie vom Bökelberg schon 24 Stunden später in den Schatten gestellt. Zusammen sorgten diese Paarungen für das torreichste Halbfinale aller Zeiten - und das unvergesslichste.

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Heute (ab 19 Uhr, live auf Sky) stehen sich im DFB-Pokalachtelfinale Borussia Mönchengladbach und Werder Bremen gegenüber. Es ist das Duell zweier Bundesligisten, die schon einmal eine bis heute unvergessene Pokalpartie ablieferten. Es war der 1. Mai 1984, als die Hanseaten auf dem Gladbacher Bökelberg gastierten. Insgesamt fielen neun Tore in 120 Minuten. DFB.de blickt auf die Halbfinalbegegnung vor 31 Jahren zurück.

Das Drama begann gemächlich, absolut nichts deutete auf einen historischen Moment hin. Auf den ersten Akt einer einmaligen Fußball-Aufführung auf deutschem Boden. Über 30 Jahre danach ist es immer noch in bester Erinnerung, das DFB-Pokalhalbfinale 1984. Es fand an zwei Tagen statt, den Fernsehzuschauern zu Liebe - erstmals überhaupt wurden beide Halbfinalpartien live übertragen. Das war damals noch keine Selbstverständlichkeit, aber die Nation hungerte nach gutem Fußball. Von der Nationalmannschaft unter Bundestrainer Jupp Derwall war sie arg enttäuscht worden, sie hatte mit Mühe und Not die EM in Frankreich erreicht und viel traute man ihr nicht zu in jenen Tagen. Auch im Europapokal hatten deutsche Fußballer keine Freude verbreitet, erstmals überhaupt war keine Mannschaft über den Winter gekommen.

Da war der Pokal ein Trostpflaster, die Lose führten namhafte Mannschaften zusammen. Die ARD übertrug das erste Spiel am Tag der Arbeit um 18 Uhr zwischen Borussia Mönchengladbach und Werder Bremen, das ZDF meldete sich am folgenden Mittwoch um 20 Uhr von der Partie zwischen Schalke 04 und den Münchner Bayern.

Matthäus eröffnet den Torreigen

Wer am 1. Mai etwas später von seinem Ausflug zurückkehrte, musste sich nicht ärgern. 40 Minuten lang passierte wenig am Gladbacher Bökelberg, wo Bremen zu Gast war. Ein gewisser Lothar Matthäus, damals 23 Jahre jung und ein künftiger Bayern-Spieler, eröffnete den Torreigen. Er rutschte nach einem Fehler des ältesten Bundesliga-Spielers aller Zeiten, Klaus Fichtel, in eine Flanke und überwand Dieter Burdenski. Das war fünf Minuten vor der Pause und doch nicht der Halbzeitstand, denn in diesem Halbfinale fielen die Tore wie die Dominosteine. Das eine löste das nächste beinahe unmittelbar aus. So glich Norbert Meier sofort zum 1:1 aus, aber der Borussia-Verteidiger Norbert Ringels schoss prompt das 2:1. Drei Tore in vier Minuten, das war ganz nach dem Geschmack der 34.500 Zuschauer.

Es herrschte südländische Begeisterung, die nach über einer Stunde überschäumen sollte. Da flog aus dem Bremer Block eine Tränengasbombe auf den Rasen und Schiedsrichter Franz-Josef Hontheim unterbrach für fünf Minuten. Werder-Kapitän Benno Möhlmann legte noch auf dem Platz den drei Tage später zurückgezogenen Protest ein, denn zumindest drei Spieler hatten Probleme mit den Augen. Die Bedingungen schienen irregulär zu werden. Gegen alle Regeln der Vernunft war jedenfalls, was dann geschah. Uwe Rahn erhöhte nach 76 Minuten auf 3:1, das war nach aller Wahrscheinlichkeit die Vorentscheidung. Noch war es ein normales Spiel.

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Bremen macht aus 1:3 ein 4:3

Doch nur sechs Minuten später saß Werder Bremen im Flieger nach Frankfurt, wo das Finale für den 31. Mai terminiert war. Die Gäste führten urplötzlich 4:3 durch Tore von Benno Möhlmann, Wolfgang Sidka und Uwe Reinders. Fassungslosigkeit beim Borussen-Anhang, Otto Rehhagels Team wähnte sich schon im Endspiel. Sein Kollege Jupp Heynckes reagierte prompt und wechselte seinen Joker Hans-Jörg Criens ein, selten hat ein Trainer eine bessere Wahl getroffen.

Zunächst schien Wilfried Hannes zum Helden zu werden, doch Hontheim gab sein Tor in der 88. Minute zu Unrecht nicht. Der Bökelberg bebte vor Wut – und wenig später vor Entzücken: Mit der wirklich letzten Aktion, es war die fünfte Minute der Nachspielzeit, glückte dem langen Criens das 4:4. Verlängerung. Die ARD sah sich genötigt, die heilige Kuh "Tagesschau" in die Warteschleife zu setzen, jetzt regierte König Fußball.

Schalke und Bayern setzen einen drauf - 6:6 im zweiten Halbfinale

Die Spannung wurde unerträglich, aber wenigstens war es nicht mehr so schwer, den Überblick zu bewahren. Es fiel nur noch ein Tor – das 5:4 durch den 23-jährigen Criens, der nachher sagte: "Mein Ziel ist es, den Ruf des Jokers bald los zu werden. Ich möchte wie jeder Fußballer einen Stammplatz." Das Tor fiel in der 107. Minute, 22 weitere vergingen bis zum Abpfiff, weil nach einem Zusammenprall dreier Spieler der Ball wieder für vier Minuten ruhte. Rahn bezahlte seinen Einsatz mit einem Nasenbeinbruch. Das Fachmagazin kicker bilanzierte: "Das war Fußball total! Ein Spiel, das in die Geschichte eingehen wird."

Das dachten sich auch die Schalker Spieler, die die Partie im Trainingslager sahen. Profi Bernd Dierßen erzählte später: "Wir haben damals gesagt: 'So ein Spiel gibt es nur alle zehn Jahre.'" Irrtum. Schon 26 Stunden später wurde es von seiner Mannschaft übertroffen. Der Zweitligist trennte sich von den großen Münchner Bayern nach Verlängerung 6:6! Und so wurde die unglaubliche Partie vom Bökelberg schon 24 Stunden später in den Schatten gestellt. Zusammen sorgten diese Paarungen für das torreichste Halbfinale aller Zeiten - und das unvergesslichste.