Gießener Fußballer helfen im Krankenhaus

Die Corona-Krise stellt vor allem Ärzte, Krankenschwestern und Pflegepersonal vor spezielle Herausforderungen. Neben Polizisten und Supermarktmitarbeitern gehören sie zu den Berufsgruppen, die momentan doppelte und dreifache Arbeit leisten. Das Regionalliga-Team des FC Gießen startete daher eine besondere Aktion. Seit einigen Tagen unterstützen die Fußballer das Personal im evangelischen Agaplesion-Krankenhaus Mittelhessen

Der FC Gießen steht aufgrund der Corona-Pandemie momentan vor einer ungewissen Zukunft. Wie die mögliche Restspielzeit in der Regionalliga Süd finanziert werden soll, ist noch lange nicht klar. Doch auch in dieser schweren Zeit haben die Gießener Kicker ein Herz für die heimlichen Helden in der Krise. Das sind nicht zuletzt die Ärztinnen, Ärzte, Arzthelferinnen und Arzthelfer. Die Spieler helfen regelmäßig im Eingangsfoyer des Krankenhauses den Pflegekräften dabei, den Publikumsverkehr zu ordnen und die Patienten sicher zu ihren Zimmern zu leiten.

"Wo es möglich ist, da helfen wir", sagt Torwart Frederic Löhe im Gespräch mit DFB.DE. "Es ist schön zu hören, wenn einem die Mitarbeiter des Krankenhauses erzählen, dass man ihnen Arbeit abgenommen hat." Der ehemalige Bundesligaspieler von Borussia Mönchengladbach organisiert als Sprecher des Mannschaftsrats die Aktion: "Manche Patienten kommen mit zum Teil schweren Leiden. Für sie ist das ein schönes Gefühl, wenn sie mit jungen Leuten ein bisschen quatschen können."

Vier Schichten am Tag

Als Sportler gehört man in der Regel nicht der Risikogruppe an. Doch der 31 Jahte alte Löhe denkt auch an sein eigenes Umfeld: "In meiner Familie zählen einige Personen zur Risikogruppe. Sollte irgendwann mal was passieren, bin ich froh, wenn sich eine Krankenschwester um sie kümmert." Die Idee hatte Dr. Kai Braun, der als urologischer Belegarzt den Gießener Verein regelmäßig unterstützt und auch im Deutschen Ärztefußballteam aktiv ist. Das Krankenhaus hatte dem Verein schon oft mit Spenden geholfen.

Dort achtet man streng darauf, dass die Corona-Patienten von den anderen getrennt sind. "Normalerweise versammeln sich die Leute im Anmeldungsbereich eines Krankenhauses - genau das wollen wir aber verhindern", erklärt Löhe. Für die Krankenschwestern und Pfleger sind die Spieler vor allem deshalb eine enorme Hilfe, weil normalerweise das Krankenhauspersonal die Patienten im Eingangsbereich einweisen müsste. Dank der Unterstützung der Fußballer kann sich das Personal auf die eigentliche Betreuung der Erkrankten konzentrieren.

Insgesamt stehen für die Sportler vier Schichten am Tag an. Die erste beginnt jeweils schon um 6 Uhr. Nur am Karfreitag und Ostermontag waren die Fußballer nicht vor Ort. Auch Geschäftsführer Markus Haupt, Trainer Daniyel Cimen, früher Profi bei Eintracht Frankfurt, und Torwarttrainer Jörg Kaessmann waren schon im Dienst. Die Spieler Nils Ellenfeld und Sammy Kittel, der Bruder von HSV-Profi Sonny Kittel, absolvierten jeweils schon über sechs Schichten.

100 Rettershirts verkauft

Dabei dankt Löhe vor allem aber den vielen ehrenamtlichen Helfern: "Ohne die würde es nicht gehen. Da sieht man, wie wichtig die Gemeinschaft bei uns ist." So unterstützt ihn Jugendleiter Harry Pfeiffer dabei, die Dienste einzuteilen. Alle Helfer legen höchsten Wert darauf, dass sämtliche Hygieneregeln streng eingehalten werden. Um eine Ansteckung zu vermeiden, halten sie zu den Gästen etwa zwei Meter Abstand und desinfizieren im Eingangsbereich den Leuten die Hände. Anschließend füllt jeder Partient ein Formular aus. Wenn keine Symptome vorhanden sind, schicken die Spieler sie zum entsprechenden Bereich - sei es zum Röntgen, zu OP-Terminen oder zu Vorgesprächen. Hin und wieder werden die Spieler auch von den Patienten erkannt: "Viele Leute sprechen uns an. Wir tragen zudem Helfershirts, so dass man sofort erkennt, dass wir nicht zum Fachpersonal zählen."

In der Region hat der Verein nicht erst seit den Diensten im Krankenhaus große Strahlkraft. Insgesamt verkaufte man in den letzten Tagen mehr als 100 Rettershirts und zahlreiche Geistertickets. Viele Unterstützer traten dem "Club der 200" bei. Im Rahmen dieser Aktion werden 200 Personen gesucht, die je 1000 Euro zur Rettung beitragen. Zahlreiche Fangruppierungen machten sich für den Verein stark. Der enorme Zuspruch hängt auch mit den sportlichen Erfolgen der letzten Jahre zusammen. Noch 2002 spielte der Vorgängerverein VfB Gießen in der Kreisliga B, nachdem man sich 2001 aus finanziellen Gründen aus der Oberliga zurückgezogen hatte. In der Regionalliga verschaffte sich der Aufsteiger zuletzt Luft im Abstiegskampf, wurde jedoch durch die Coronapause jäh gestoppt.

"Es gibt Wichtigeres als Fußball"

Aus Sicht von Löhe ist die Situation für die Spieler momentan schwierig, aber nicht ausweglos: "Auf der Welt gibt es sehr viel Leid. Meine Generation erlebt momentan zum ersten Mal eine richtige Krise." Natürlich möchte jeder gerne Fußball spielen, "aber es gibt Wichtigeres". Dabei denkt er an einen Bekannten, der in der Gastronomie arbeitet: "Der ist richtig im Existenzkampf. Wir haben das Privileg, dass wir mit dem Hobby Geld verdienen und in Kurzarbeit gehen können." Das Problem: Da der FC Gießen im Gegensatz zu Bundesligisten zu 100 Prozent auf Kurzarbeit gestellt hat, darf er nicht in Kleingruppen trainieren lassen.

Mit Blick auf die Cybereinheiten zu Hause setzt der Verein vor allem auf Freiwilligkeit: "Man muss sich selber fit halten", so Löhe. "Wir arbeiten aber so intensiv, dass wir morgen fit wären, wenn es wieder losgehen sollte." Unabhängig von einer Saisonfortsetzung möchten die Gießener das Krankenhaus auch in den nächsten Wochen weiter unterstützen. "Wir versuchen, die Hilfe weiterzuführen, so gut es geht", sagt Löhe. "Ich bin zuversichtlich, dass wir auch in den kommenden Wochen genug Leute zusammenbekommen."

[dd]

Die Corona-Krise stellt vor allem Ärzte, Krankenschwestern und Pflegepersonal vor spezielle Herausforderungen. Neben Polizisten und Supermarktmitarbeitern gehören sie zu den Berufsgruppen, die momentan doppelte und dreifache Arbeit leisten. Das Regionalliga-Team des FC Gießen startete daher eine besondere Aktion. Seit einigen Tagen unterstützen die Fußballer das Personal im evangelischen Agaplesion-Krankenhaus Mittelhessen

Der FC Gießen steht aufgrund der Corona-Pandemie momentan vor einer ungewissen Zukunft. Wie die mögliche Restspielzeit in der Regionalliga Süd finanziert werden soll, ist noch lange nicht klar. Doch auch in dieser schweren Zeit haben die Gießener Kicker ein Herz für die heimlichen Helden in der Krise. Das sind nicht zuletzt die Ärztinnen, Ärzte, Arzthelferinnen und Arzthelfer. Die Spieler helfen regelmäßig im Eingangsfoyer des Krankenhauses den Pflegekräften dabei, den Publikumsverkehr zu ordnen und die Patienten sicher zu ihren Zimmern zu leiten.

"Wo es möglich ist, da helfen wir", sagt Torwart Frederic Löhe im Gespräch mit DFB.DE. "Es ist schön zu hören, wenn einem die Mitarbeiter des Krankenhauses erzählen, dass man ihnen Arbeit abgenommen hat." Der ehemalige Bundesligaspieler von Borussia Mönchengladbach organisiert als Sprecher des Mannschaftsrats die Aktion: "Manche Patienten kommen mit zum Teil schweren Leiden. Für sie ist das ein schönes Gefühl, wenn sie mit jungen Leuten ein bisschen quatschen können."

Vier Schichten am Tag

Als Sportler gehört man in der Regel nicht der Risikogruppe an. Doch der 31 Jahte alte Löhe denkt auch an sein eigenes Umfeld: "In meiner Familie zählen einige Personen zur Risikogruppe. Sollte irgendwann mal was passieren, bin ich froh, wenn sich eine Krankenschwester um sie kümmert." Die Idee hatte Dr. Kai Braun, der als urologischer Belegarzt den Gießener Verein regelmäßig unterstützt und auch im Deutschen Ärztefußballteam aktiv ist. Das Krankenhaus hatte dem Verein schon oft mit Spenden geholfen.

Dort achtet man streng darauf, dass die Corona-Patienten von den anderen getrennt sind. "Normalerweise versammeln sich die Leute im Anmeldungsbereich eines Krankenhauses - genau das wollen wir aber verhindern", erklärt Löhe. Für die Krankenschwestern und Pfleger sind die Spieler vor allem deshalb eine enorme Hilfe, weil normalerweise das Krankenhauspersonal die Patienten im Eingangsbereich einweisen müsste. Dank der Unterstützung der Fußballer kann sich das Personal auf die eigentliche Betreuung der Erkrankten konzentrieren.

Insgesamt stehen für die Sportler vier Schichten am Tag an. Die erste beginnt jeweils schon um 6 Uhr. Nur am Karfreitag und Ostermontag waren die Fußballer nicht vor Ort. Auch Geschäftsführer Markus Haupt, Trainer Daniyel Cimen, früher Profi bei Eintracht Frankfurt, und Torwarttrainer Jörg Kaessmann waren schon im Dienst. Die Spieler Nils Ellenfeld und Sammy Kittel, der Bruder von HSV-Profi Sonny Kittel, absolvierten jeweils schon über sechs Schichten.

100 Rettershirts verkauft

Dabei dankt Löhe vor allem aber den vielen ehrenamtlichen Helfern: "Ohne die würde es nicht gehen. Da sieht man, wie wichtig die Gemeinschaft bei uns ist." So unterstützt ihn Jugendleiter Harry Pfeiffer dabei, die Dienste einzuteilen. Alle Helfer legen höchsten Wert darauf, dass sämtliche Hygieneregeln streng eingehalten werden. Um eine Ansteckung zu vermeiden, halten sie zu den Gästen etwa zwei Meter Abstand und desinfizieren im Eingangsbereich den Leuten die Hände. Anschließend füllt jeder Partient ein Formular aus. Wenn keine Symptome vorhanden sind, schicken die Spieler sie zum entsprechenden Bereich - sei es zum Röntgen, zu OP-Terminen oder zu Vorgesprächen. Hin und wieder werden die Spieler auch von den Patienten erkannt: "Viele Leute sprechen uns an. Wir tragen zudem Helfershirts, so dass man sofort erkennt, dass wir nicht zum Fachpersonal zählen."

In der Region hat der Verein nicht erst seit den Diensten im Krankenhaus große Strahlkraft. Insgesamt verkaufte man in den letzten Tagen mehr als 100 Rettershirts und zahlreiche Geistertickets. Viele Unterstützer traten dem "Club der 200" bei. Im Rahmen dieser Aktion werden 200 Personen gesucht, die je 1000 Euro zur Rettung beitragen. Zahlreiche Fangruppierungen machten sich für den Verein stark. Der enorme Zuspruch hängt auch mit den sportlichen Erfolgen der letzten Jahre zusammen. Noch 2002 spielte der Vorgängerverein VfB Gießen in der Kreisliga B, nachdem man sich 2001 aus finanziellen Gründen aus der Oberliga zurückgezogen hatte. In der Regionalliga verschaffte sich der Aufsteiger zuletzt Luft im Abstiegskampf, wurde jedoch durch die Coronapause jäh gestoppt.

"Es gibt Wichtigeres als Fußball"

Aus Sicht von Löhe ist die Situation für die Spieler momentan schwierig, aber nicht ausweglos: "Auf der Welt gibt es sehr viel Leid. Meine Generation erlebt momentan zum ersten Mal eine richtige Krise." Natürlich möchte jeder gerne Fußball spielen, "aber es gibt Wichtigeres". Dabei denkt er an einen Bekannten, der in der Gastronomie arbeitet: "Der ist richtig im Existenzkampf. Wir haben das Privileg, dass wir mit dem Hobby Geld verdienen und in Kurzarbeit gehen können." Das Problem: Da der FC Gießen im Gegensatz zu Bundesligisten zu 100 Prozent auf Kurzarbeit gestellt hat, darf er nicht in Kleingruppen trainieren lassen.

Mit Blick auf die Cybereinheiten zu Hause setzt der Verein vor allem auf Freiwilligkeit: "Man muss sich selber fit halten", so Löhe. "Wir arbeiten aber so intensiv, dass wir morgen fit wären, wenn es wieder losgehen sollte." Unabhängig von einer Saisonfortsetzung möchten die Gießener das Krankenhaus auch in den nächsten Wochen weiter unterstützen. "Wir versuchen, die Hilfe weiterzuführen, so gut es geht", sagt Löhe. "Ich bin zuversichtlich, dass wir auch in den kommenden Wochen genug Leute zusammenbekommen."

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