Gibraltar-Spiel: Vorsicht, Fußball-Zwerg!

Malta

Auf die Mittelmeerinsel musste der amtierende Weltmeister erstmals zwei Tage vor Weihnachten 1974. Es ging um die Teilnahme an der EM 1976, die ersten Punkte wurden auf einem Ascheplatz vergeben und Helmut Schön setzte fünf Debütanten ein. Beinahe wäre es schief gegangen: vor 30.000 enthusiastischen Zuschauern, von denen Hunderte auf dem Tribünendach standen, kam man nur zu einem 1:0 (Tor: Bernd Cullmann). Im Februar 1979 ließ der kommende Europameister sogar einen Punkt auf Malta (0:0), und auch unter Teamchef Franz Beckenbauer wurde das Gastspiel im Dezember 1984 (3:2) ein Kraftakt.

Luxemburg

Vor der WM 1934 (9:1) und bei Olympia 1936 (9:0) machten die Luxemburger noch keinen Ärger, aber als der amtierende Weltmeister am 31. Oktober 1990 im Nachbarland um EM-Punkte spielte, wurde es heikel. Bundestrainer Berti Vogts stellte neun Weltmeister auf, von Leichtsinn keine Spur. Der kam erst im Spiel auf, eine 3:0-Führung und die Dorfplatzkulisse von nur 9512 Zuschauern sorgten für trügerische Sicherheit. Nach 65 Minuten hatten die Gastgeber auf 2:3 verkürzt, dabei blieb es. "Wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen, weil sich die Luxemburger mit dem 2:3 zufrieden gegeben haben", analysierte Rudi Völler. Der Zwerg ließ Gnade walten, eine ganz neue Erfahrung.

Färöer

1990 hatten die Schafsinseln mit einem 1:0 über Österreich für Aufsehen gesorgt, doch niemand rechnete damit dass die Nummer 119 der Welt im Oktober 2002 beim amtierenden Vize-Weltmeister auch nur vors deutsche Tor kommen würde. Auf der Inselgruppe mitten im Atlantik spielten nur 6000 Menschen Fußball, in Hannover liefen fünf Halbprofis und sechs Amateure auf, darunter ein Eisverkäufer. Und was geschah? Nach Michael Ballacks allzu frühem 1:0 (2.) unterlief Arne Friedrich mit dem Pausenpfiff ein Eigentor. Erst ein Klose-Kopfball stellte die Weichen wieder auf Sieg, der durch einen Pfostentreffer in Minute 83 noch mal gefährdet wurde. Das 2:1 entsetzte Fußball-Deutschland, der Kicker titelte: "Einfach grausam!" Im Rückspiel war es nicht besser, bis zur 88. Minute stand es 0:0. Dann glückten Fredi Bobic und Miroslav Klose in einem Stadion ohne Tribünendach noch zwei Tore. Auch unter Joachim Löw gab es gegen diesen Gegner keine Schützenfeste, im September 2012 hieß es in Hannover ebenso 3:0 wie ein Jahr später in Torshavn - vor nur 3500 Zuschauern.

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Vor dem ersten Länderspiel in der DFB-Historie gegen Gibraltar heute (ab 20.45 Uhr, live bei RTL) wird nur über die Höhe des Sieges diskutiert. Dass es einen geben wird für den Weltmeister, ist überaus wahrscheinlich. Wer darauf wetten will, erhielte bei englischen Wettanbietern eine Quote von 1,01. Wer auf Gibraltar setzt, bekäme das 151-fache - theoretisch. Dass aber auch in der Praxis gegen "Fußball-Zwerge" Gefahren lauern können, ist in den DFB-Chroniken nachzulesen. So mancher wuchs über sich hinaus.

Albanien

Durch die Premiere im April 1967 in Dortmund (6:0) in ihrem Leichtsinn bestätigt, scheiterte die Elf des Vizeweltmeisters am 17. Dezember 1967 mit Netzer und Overath in Tirana kläglich. Die eigentümliche Atmosphäre beeindruckte die Bundesliga-Stars, Günter Netzer erinnerte sich: "Es war kein einziges Auto am Stadion, nur Fahrräder. Und das bei einem Länderspiel – das wollte nicht in unsere Köpfe rein." Und mit den Füßen stimmte auch was nicht, auf dem Holperplatz lief wenig zusammen. Das 0:0 bedeutete das Aus in der EM-Qualifikation und Bundestrainer Helmut Schön sah sich mit Rücktrittsforderungen konfrontiert. "Lasst doch mal den Merkel ran", forderte die Bild. Am 19. November 1983 hätte sich das Fiasko beinahe wiederholt. Wieder Albanien, wieder das letzte Spiel der EM-Qualifikation, nun in Saarbrücken. Zehn Albaner hielten bis zur 80. Minute ein 1:1, dann köpfte Libero Gerd Strack das erlösende 2:1. Ähnlich war es im März 2001 in Leverkusen, als erst Joker Miro Kloses erstes Länderspiel-Tor den Sieg brachte. Obwohl Deutschland 13 von 14 Spielen gegen die Skipetaren gewann, wurde fast immer gezittert, achtmal mit nur einem Tor Vorsprung gewonnen.

Zypern

Vor der WM 1966 kam es zur Premiere mit den Kickern des Mittelmeer-Staates und das Sport Magazin schrieb: "Zypern, die geheimnisvolle Sphinx, von der man nicht viel weiß, ist kein populärer Gegner." Das 5:0 in Karlsruhe im April 1965 brachte den Siegern viele Pfiffe ein. Bundestrainer Helmut Schön gab nach seinem ersten Sieg im neuen Amt zu: "Ich kann mich weder über das Spiel noch über das Ergebnis freuen." Das Rückspiel auf einem knüppelharten Sandplatz endete 6:0 und so hielt sich die Furcht vor der nächsten Reise nach Nikosia – im November 1968 – in Grenzen. Aber der Zwerg war gewachsen und erst, als schon keiner mehr daran glaubte, glückte Gerd Müller sein obligatorisches Tor – in Minute 92. Nach der WM 2006 ließ Deutschland bei seiner dritten Nikosia-Reise im Kampf um EM-Qualifikationspunkte erstmals Federn (1:1). In Deutschland war Zypern dagegen handzahm, 1969 hieß es in Essen 12:0.

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Malta

Auf die Mittelmeerinsel musste der amtierende Weltmeister erstmals zwei Tage vor Weihnachten 1974. Es ging um die Teilnahme an der EM 1976, die ersten Punkte wurden auf einem Ascheplatz vergeben und Helmut Schön setzte fünf Debütanten ein. Beinahe wäre es schief gegangen: vor 30.000 enthusiastischen Zuschauern, von denen Hunderte auf dem Tribünendach standen, kam man nur zu einem 1:0 (Tor: Bernd Cullmann). Im Februar 1979 ließ der kommende Europameister sogar einen Punkt auf Malta (0:0), und auch unter Teamchef Franz Beckenbauer wurde das Gastspiel im Dezember 1984 (3:2) ein Kraftakt.

Luxemburg

Vor der WM 1934 (9:1) und bei Olympia 1936 (9:0) machten die Luxemburger noch keinen Ärger, aber als der amtierende Weltmeister am 31. Oktober 1990 im Nachbarland um EM-Punkte spielte, wurde es heikel. Bundestrainer Berti Vogts stellte neun Weltmeister auf, von Leichtsinn keine Spur. Der kam erst im Spiel auf, eine 3:0-Führung und die Dorfplatzkulisse von nur 9512 Zuschauern sorgten für trügerische Sicherheit. Nach 65 Minuten hatten die Gastgeber auf 2:3 verkürzt, dabei blieb es. "Wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen, weil sich die Luxemburger mit dem 2:3 zufrieden gegeben haben", analysierte Rudi Völler. Der Zwerg ließ Gnade walten, eine ganz neue Erfahrung.

Färöer

1990 hatten die Schafsinseln mit einem 1:0 über Österreich für Aufsehen gesorgt, doch niemand rechnete damit dass die Nummer 119 der Welt im Oktober 2002 beim amtierenden Vize-Weltmeister auch nur vors deutsche Tor kommen würde. Auf der Inselgruppe mitten im Atlantik spielten nur 6000 Menschen Fußball, in Hannover liefen fünf Halbprofis und sechs Amateure auf, darunter ein Eisverkäufer. Und was geschah? Nach Michael Ballacks allzu frühem 1:0 (2.) unterlief Arne Friedrich mit dem Pausenpfiff ein Eigentor. Erst ein Klose-Kopfball stellte die Weichen wieder auf Sieg, der durch einen Pfostentreffer in Minute 83 noch mal gefährdet wurde. Das 2:1 entsetzte Fußball-Deutschland, der Kicker titelte: "Einfach grausam!" Im Rückspiel war es nicht besser, bis zur 88. Minute stand es 0:0. Dann glückten Fredi Bobic und Miroslav Klose in einem Stadion ohne Tribünendach noch zwei Tore. Auch unter Joachim Löw gab es gegen diesen Gegner keine Schützenfeste, im September 2012 hieß es in Hannover ebenso 3:0 wie ein Jahr später in Torshavn - vor nur 3500 Zuschauern.