Gesine Cukrowski: "Unsere Tochter hatte schon als Baby ein Trikot an"

Gesine Cukrowski:Aus rein patriotischen Gründen sage ich, ich traue denen alles zu. Ich habe nichts davon, wenn ich sie jetzt schlecht rede. Wenn ich zu einem Spiel gehe, dann möchte ich, egal, wie die Chancen stehen, dass meine Mannschaft gewinnt – auch wenn es dazu eines Wunders bedarf. Ich würde nie sagen: Das wird sowieso nichts!

fanclub.dfb.de: Sie hätten aber auch ganz diplomatisch sagen können, Hertha kommt auf einen sicheren Mittelfeldplatz.

Gesine Cukrowski:Naja, dann macht es doch keinen Spaß! Man will doch auch an Wunder glauben oder zumindest überrascht werden. Und man freut sich besonders, wenn Punkte geholt werden, mit denen man im Vorfeld nicht unbedingt rechnen konnte.

fanclub.dfb.de: Gehen wir eine Stufe weiter: Was erwarten Sie von der Nationalmannschaft bei der WM?

Gesine Cukrowski: Ehrlich gesagt gar nicht so viel, denn ich rege mich schon sehr darüber auf, dass sie dort um ein Uhr mittags spielen müssen, nur damit wir hier bequem Fernsehen gucken können. Was kann ich denn von einer Mannschaft erwarten, die bei 40 Grad spielen soll? Förderlich ist das für unsere Mannschaft sicherlich nicht. Da hoffe ich einfach, dass sie sich so gut wie möglich drauf vorbereiten kann.

fanclub.dfb.de: Das heißt?

Gesine Cukrowski: Ich hätte mir gewünscht, dass die Spiele ein bisschen später angepfiffen werden würden. Lieber ein bisschen später gucken, und dafür hat die Mannschaft dann bessere Bedingungen.

fanclub.dfb.de: Aber die gegnerischen Mannschaften finden doch die gleichen Bedingungen vor und müssen damit klar kommen.



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Von Fußball lässt sich Gesine Cukrowski nicht langweilen. Da ist die Schauspielerin gnadenlos. Bei einem schlechten Kick steigt sie aus. Diesen Pragmatismus bewahrt sich die Berlinerin als Fußball-Sympathisantin. Was nicht heißen soll, dass sie nicht die nächste Stufe erklimmen kann: Zum Fan.

Die Hertha ist ihr Verein, der Nationalmannschaft gilt ihr Vertrauen. Gesine Cukrowski lässt bei der WM auch mal einen Thriller liegen oder ignoriert Anweisungen des Regisseurs. Die Schauspielerin, die zuletzt unter anderem in „Die Spiegel-Affäre“ im Fernsehen zu sehen war, bekannt wurde durch ihre Rolle in „Der letzte Zeuge“ und bis November am Berliner Renaissance Theater im Stück „Wir lieben und wissen nichts“ zu sehen ist, fiebert dem Turnier in Brasilien entgegen.

Im fanclub.dfb.de-Interview mit Redakteur Niels Barnhofer spricht Gesine Cukrowski über Glorifizierung, Patriotismus, Wirtschaftskrise und Autofahren.

fanclub.dfb.de: Frau Cukrowski, Sie beschreiben sich als pragmatischen Menschen. Was bedeutet das in Bezug auf Ihre Fußball-Begeisterung?

Gesine Cukrowski: Gute Frage. Also, wenn ich Fußball gucke, muss ich leider zugeben, das ich relativ schnell aussteige, wenn es keinen für mich guten Spielfluss gibt. Wenn die Bälle nur kräftesparend hin und her geschoben werden. Wenn das Spiel einfach nicht richtig in Gang kommt. Ich muss schon reingezogen werden, damit ich dran bleibe. Sonst langweile ich mich einfach nur. Dann merke ich, dass mich andere Sachen mehr interessieren. Umgekehrt, wenn ein Spiel richtig in Schwung kommt, kann ich auch nicht mehr aussteigen.

fanclub.dfb.de: Sind Fußball-Fans nicht eher unpragmatisch, bisweilen irrational veranlagt, verherrlich und überhöhen ein Team auch wider besseren Wissens?

Gesine Cukrowski:Da habe ich eine andere Haltung. Mein Mann ist ein absolut krasser Fan. Das bin ich nicht. Ich würde mich eher als Fußball-Sympathisantin beschreiben. Da ich aus Berlin bin, fühle ich mich Hertha nah. Aber an einen Fan habe ich eine hohe Erwartung. Bei dem gehe ich davon aus, dass er hinter seinem Team steht, auch wenn es mal nicht läuft. Das hat ja auch immer seine Gründe. Ich sehe das bei meinem Mann – ein extrem leidgeprüfter Fan. Er entspricht jedoch damit meinem Anspruch, dass er, egal, wie Nürnberg spielt, zu seinem Team steht. Ein Glorifizieren einer Mannschaft finde ich also vollkommen in Ordnung. Wenn die Fans die eigene Mannschaft auspfeifen, geht das gar nicht.

fanclub.dfb.de: Dann machen wir jetzt die Probe, ob Sie nicht doch Fan sind: Was trauen Sie Ihrem Verein, Hertha BSC, für die kommende Saison zu?

Gesine Cukrowski:Aus rein patriotischen Gründen sage ich, ich traue denen alles zu. Ich habe nichts davon, wenn ich sie jetzt schlecht rede. Wenn ich zu einem Spiel gehe, dann möchte ich, egal, wie die Chancen stehen, dass meine Mannschaft gewinnt – auch wenn es dazu eines Wunders bedarf. Ich würde nie sagen: Das wird sowieso nichts!

fanclub.dfb.de: Sie hätten aber auch ganz diplomatisch sagen können, Hertha kommt auf einen sicheren Mittelfeldplatz.

Gesine Cukrowski:Naja, dann macht es doch keinen Spaß! Man will doch auch an Wunder glauben oder zumindest überrascht werden. Und man freut sich besonders, wenn Punkte geholt werden, mit denen man im Vorfeld nicht unbedingt rechnen konnte.

fanclub.dfb.de: Gehen wir eine Stufe weiter: Was erwarten Sie von der Nationalmannschaft bei der WM?

Gesine Cukrowski: Ehrlich gesagt gar nicht so viel, denn ich rege mich schon sehr darüber auf, dass sie dort um ein Uhr mittags spielen müssen, nur damit wir hier bequem Fernsehen gucken können. Was kann ich denn von einer Mannschaft erwarten, die bei 40 Grad spielen soll? Förderlich ist das für unsere Mannschaft sicherlich nicht. Da hoffe ich einfach, dass sie sich so gut wie möglich drauf vorbereiten kann.

fanclub.dfb.de: Das heißt?

Gesine Cukrowski: Ich hätte mir gewünscht, dass die Spiele ein bisschen später angepfiffen werden würden. Lieber ein bisschen später gucken, und dafür hat die Mannschaft dann bessere Bedingungen.

fanclub.dfb.de: Aber die gegnerischen Mannschaften finden doch die gleichen Bedingungen vor und müssen damit klar kommen.

Gesine Cukrowski: Ja, wobei ich denke, dass Ghana zum Beispiel besser mit einer solchen Hitze zurecht kommt. Portugal und die USA auch. Das wird für unsere Jungs ganz schön schwer.

fanclub.dfb.de: Sie haben schon weltweit gedreht – unter anderem in Portugal und den USA, die Gegner der deutschen Mannschaft bei der WM sind. Haben Sie in den Ländern auch eine Auge auf den dortigen Fußball?

Gesine Cukrowski: In Portugal kommt man da nicht drumherum. Ich habe dort im vergangenen Jahr gedreht, also mitten in der Wirtschaftskrise. Da habe ich gespürt, dass auf Grund der finanziellen Situation, der Fußball für die nationale Identität ganz wichtig geworden ist. Noch wichtiger, als er ohnehin schon war. Ich war fünf Wochen vor Ort, und während wir drehten, lief viel Fußball. Es war das Thema. Die Liebe zum Sport und zu den Spielern ist enorm. Das war faszinierend. Insofern wünsche ich mir auch, dass Portugal neben Deutschland in die nächste Runde kommt.

fanclub.dfb.de: Würden Sie sich denn zutrauen, die Leistungsstärke der Mannschaften einzuschätzen?

Gesine Cukrowski: Nur insofern, dass ich einen Partner an meiner Seite habe, mit dem ich mich darüber austauschen kann. Meine Meinung darüber wäre also definitiv beeinflusst. Ich würde sagen, dass man Klinsmann nicht unterschätzen darf, der weiß, wie man etwas aus "Underdogs" macht. Und auch die Partie mit Ghana wird spannend. Nicht nur wegen der Boateng-Brüder. Bloß nicht unterschätzen! In den Medien ist der Tenor ja eher so, dass es keine Frage ist, dass die Nationalmannschaft weiterkommt. Ich finde die Gruppe eine ziemliche Herausforderung. Von daher halt ich es für vernünftiger, an die Aufgabe etwas kritischer heranzugehen. Wenn die Erwartungen so wahnsinnig hoch sind, dann ist das eine Bürde. Ich wünsche unseren Jungs alles erdenklich Gute und dass sie fit sind.

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fanclub.dfb.de: Wie sehr lassen Sie sich bei der Beurteilung von Ihren Emotionen leiten?

Gesine Cukrowski: Ich bin eine Frau, klar! In der Vergangenheit hat man bei den großen Turnieren doch schon so manche böse Überraschung erlebt. Ich glaube nicht, dass wir da bei Jogi Löw Gefahr laufen, irgendeinen Gegner zu unterschätzen. Wer weiß besser als er, die Gegner einzuschätzen und die Spieler entsprechend einzustellen? Es kommt unheimlich viel auf die Einstellung an. Und je gefährlicher man den Gegner einschätzt, umso besser kann man ihm begegnen.

fanclub.dfb.de: Wie emotional werden Sie beim Fußball?

Gesine Cukrowski: Schon sehr! Es ist so, wie sich das gehört. Wir gehen gerne zum Public Viewing. Und wenn wir zu Hause bleiben, dann schauen wir mit allem, was dazu gehört. Unter anderem sind dann die Fenster offen, weil wir mitkriegen wollen, was auf der Straße los ist.

fanclub.dfb.de: Ist Fußball auch ein Ventil, um sich mal Luft zu verschaffen, mal in der Öffentlichkeit laut zu werden?

Gesine Cukrowski: Aber absolut! Das ist wie beim Autofahren.

fanclub.dfb.de: Wie sieht das denn aus, wenn Sie zu Hause Fußball schauen?

Gesine Cukrowski: Dann kommen Freunde, die Wohnung wird geschmückt und das Trikot angezogen. Unsere Tochter hatte schon als Baby ein Trikot an (lacht).

fanclub.dfb.de: Wie häufig sind Sie im Stadion?

Gesine Cukrowski: Es gab eine Phase, in der wir relativ häufig gegangen sind. Das hat sehr großen Spaß gemacht, ist aber mittlerweile ein wenig eingeschlafen. Ich sehe Sport live am allerliebsten. Zum Fernsehen ist das eine Unterschied wie zwischen Tag und Nacht. Diese Stimmung, die ganzen Menschen, das macht es aus.

fanclub.dfb.de: Wie spannend finden Sie Fußball?

Gesine Cukrowski: Sehr! Es kommt wie gesagt auf das Spiel an. Großartig, wenn es läuft.

fanclub.dfb.de: Sie sagen von sich, kein Adrenalin-Junkie zu sein. Schütten Sie beim Fußball auch mal Adrenalin aus?

Gesine Cukrowski: Es kommt drauf an, worum es geht. Bei einer EM oder WM schütte ich sicherlich mehr Adrenalin aus. Bei der WM in Deutschland habe ich gerade in England gedreht, was anfangs eine harte Probe war, weil uns die Engländer nicht unbedingt wohlgesonnen sind. Ich kann mich an das Polen-Spiel erinnern. Die Engländer waren stinksauer wegen des späten Treffers, und deswegen wurde der Fernseher auch sofort ausgeschaltet. Wir konnten nicht mehr sehen, wie im Stadion gefeiert wurde. Aber über das Turnier entstand dieser Respekt für Deutschland. Die Stimmung kippte. Das war ein irres Erlebnis.

fanclub.dfb.de: Sie haben im Sommer sicher Urlaub: Lesen Sie lieber einen spannenden Psycho-Thriller oder schauen Sie lieber ein spannendes WM-Spiel?

Gesine Cukrowski: Na also: Die WM hat natürlich absolute Priorität. Ich hätte gar nicht die Ruhe, ein Buch zu lesen. Das kann ich ja davor oder danach machen, das ist selbstverständlich. Ich erinnere mich gerade an eine weitere Situation während der WM 2006. Wir hatten unter einem Regisseur gedreht, der uns eigentlich verboten hatte, die Spiele zu sehen. Wir haben es trotzdem gemacht. Zum Beispiel das Eröffnungsspiel - in der Küche haben wir geschaut. Und das witzige war, dass wir uns natürlich riesig über den Sieg der deutschen Mannschaft gefreut hatten. Aber als es zu Ende war, mussten wir eine traurige Szene drehen. Das war eine ziemliche Herausforderung. Es war fast nicht umsetzbar, weil wir so voller Freude waren und das Traurig-Gucken in diesem Moment verdammt schwer fiel.

fanclub.dfb.de: Sie haben früher als Betreuerin in Ferienfreizeiten gearbeitet. Weil es ihnen großen Freude bereite, Kinder zu motivieren. Haben Sie die Kinder auch mit Fußball motivieren können?

Gesine Cukrowski: Immer! In dieser Ferienfreizeit wurde traditionell ein Fußball-Turnier veranstaltet und ich habe selber auch gerne gespielt.

fanclub.dfb.de: Mit welchem Talent?

Gesine Cukrowski: Mit dem Talent, dass ich Mädchen war und von daher total von den Jungs unterschätzt wurde. Die hatten sich nicht so getraut, uns in die Waden zu treten, und das haben wir gnadenlos ausgenutzt (lacht).

fanclub.dfb.de: Spricht das für die soziale Kraft des Fußballs?

Gesine Cukrowski: Auf jeden Fall. Das ist großartig. An dem Samstag, als das Pokal-Finale in Berlin war, war ich zufällig mit meiner Tochter und meiner Nichte auf dem Kudamm unterwegs. Der war komplett von Dortmund-Fans besetzt - der war gelb-schwarz. Wir sind dann an eine Currywurst-Bude gegangen, und da standen drei Bayern-Fans inmitten der ganzen Dortmunder – und haben ein Dortmund-Lied gesungen. Das fand ich ganz niedlich. Wir hatten uns amüsiert.

fanclub.dfb.de: Dann sind wir ja wieder bei einem ganz pragmatischen Ansatz...

Gesine Cukrowski: Ja, dann passt das wieder. Lassen wir es einmal dahin gestellt, ob sie einfach nur Schiss hatten, vielleicht war es einfach nur eine nette Geste. Auf alle Fälle war es sehr sympathisch. Die Stimmung war wirklich sehr angenehm, extrem positiv und mitreißend. Wenn das anders gewesen wäre, wäre ich mit den Mädchen nicht da durchmarschiert.