"Gegen Deutschland fühlten wir uns früher unterlegen"

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2010 wird Vicente del Bosque ohne Zweifel in Erinnerung bleiben. Der 1:0-Triumph gegen die Niederlande im WM-Endspiel im Soccer City Stadion Johannesburg war für den gesamten spanischen Fußball die Krönung einer beeindruckenden Entwicklung, die 2008 mit dem Gewinn der Europameisterschaft in Wien ein erstes Highlight erlebt hat.

Im DFB.de-Gespräch der Woche mit Redakteur David Noemi redet der 59-Jährige, der auch mit Real Madrid schon alle großen Titel gewonnen hatte, über die Gründe des spanischen Erfolges, Gemeinsamkeiten mit dem deutschen Fußball und deutsche Real-Stars.

DFB.de: Herr del Bosque, mit Mesut Özil und Sami Khedira sorgen zwei deutsche Nationalspieler bei Real Madrid für Furore. Wie erleben Sie die Entwicklung der beiden bisher?

Vicente del Bosque: Sehen Sie, bei Real Madrid gab es ja schon früher tolle deutsche Spieler. Ich denke an Günter Netzer 1973, Paul Breitner im Anschluss an die WM in Deutschland 1974, an Uli Stielike ab 1977 über sieben sehr gute Jahre - und alle haben exzellente Leistungen gezeigt. Deutsche Spieler sind in der Lage, sich schnell an jeden Fußball anzupassen. Und wenn ich beurteilen sollte, welche ausländischen Spieler besonders schnell im spanischen Fußball heimisch geworden sind, würde ich vor allem auch die deutschen Spieler nennen.

DFB.de: Der deutsche Fußball wurde im Ausland bislang häufig für seine Effizienz und für großen Kampfgeist bewundert. Wie sehr hat sich diese Wahrnehmung durch die WM in Südafrika verändert?

Del Bosque: Richtig, es hat eine gewisse Entwicklung in den Meinungen gegeben. Das ist normal, der Fußball verändert sich, und was vor 20 Jahren galt, ist heute nicht mehr nützlich. Die Arbeit von Joachim Löw und Oliver Bierhoff ging und geht in diese Richtung.

DFB.de: Was hat die spanische Nationalmannschaft der deutschen Mannschaft noch voraus? Glauben Sie, dass Deutschland und Spanien auf Dauer die führenden Nationen im Fußball sein können?

Del Bosque: Ich hoffe, dass Deutschland und Spanien sich konstant an der Spitze der Elite konsolidieren, um in allen Kategorien, einschließlich der A-Nationalmannschaft um Titel zu kämpfen. Glücklicherweise haben wir in unserem Fall einen unserer Komplexe überwunden: dass wir uns in den Partien gegen Deutschland fast immer unterlegen fühlten.

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DFB.de: Sehen Sie Gemeinsamkeiten in der Nachwuchsförderung Spaniens und Deutschlands?

Del Bosque: Ohne Zweifel. Die Erfolge der spanischen Nationalmannschaft sind auch das Ergebnis der guten Nachwuchsarbeit, die der Verband und die Vereine seit vielen Jahren leisten.

DFB.de: In der Vergangenheit gehörte Spanien vor den Turnieren häufig zum Favoritenkreis, das Abschneiden war allerdings vielfach entäuschend. Was hat sich bei der EM 2008 und der WM 2010 geändert?

Del Bosque: Es gab viele Faktoren. Es hat in unserem Land hinsichtlich Infrastruktur und Trainerausbildung starke Verbesserungen gegeben. Spanische Trainer und Spieler neigten nicht dazu, ins Ausland zu gehen. Nun haben wir gute Leute im Ausland, die als Vorbild dienen. Es hat in allem positive Entwicklungen gegeben. Was die Spieler betrifft, hatten wir frühere Generationen, die genau so gut wie die heutigen waren. Es hat aber innerhalb des eigenen Landes ein Mentalitätswandel stattgefunden. Nun befinden wir uns mit allen auf Augenhöhe.

DFB.de: Mit den Schalkern Manuel Jurado und Raúl spielen erstmals zwei spanische Topstars in der Bundesliga. Wie wird dies in Spanien bewertet?

Del Bosque: Es ist neu, spanische Spieler in Deutschland zu sehen. Als ob es früher eine Grenze gegeben hätte, die für uns immer schwerer zu öffnen war. Heute gibt es zum Glück keine Grenzen mehr.

DFB.de: Sie waren jahrelang Raúls Trainer in Madrid. Hat er mit seinem Wechsel zu Schalke die richtige Entscheidung getroffen?

Del Bosque: Gut, das sind sehr persönliche Entscheidungen, und der einzige Mensch, der sie kennt, ist er selbst. Er hat seine Situation bei Real Madrid analysiert und dagegen gehalten, wie sehr es ihn reizte, in ein anderes Land zu gehen. Das sind sehr persönliche Fragen, die stark von familiären Gründen abhängen. Wichtig ist, dass er glücklich ist und seine fantastische Karriere auf die bestmögliche Weise beendet. Er war der Ansicht, dass dies der richtige Moment für einen Wechsel ist. Niemand kann sich in seine Situation hineinversetzen.

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2010 wird Vicente del Bosque ohne Zweifel in Erinnerung bleiben. Der 1:0-Triumph gegen die Niederlande im WM-Endspiel im Soccer City Stadion Johannesburg war für den gesamten spanischen Fußball die Krönung einer beeindruckenden Entwicklung, die 2008 mit dem Gewinn der Europameisterschaft in Wien ein erstes Highlight erlebt hat.

Im DFB.de-Gespräch der Woche mit Redakteur David Noemi redet der 59-Jährige, der auch mit Real Madrid schon alle großen Titel gewonnen hatte, über die Gründe des spanischen Erfolges, Gemeinsamkeiten mit dem deutschen Fußball und deutsche Real-Stars.

DFB.de: Herr del Bosque, mit Mesut Özil und Sami Khedira sorgen zwei deutsche Nationalspieler bei Real Madrid für Furore. Wie erleben Sie die Entwicklung der beiden bisher?

Vicente del Bosque: Sehen Sie, bei Real Madrid gab es ja schon früher tolle deutsche Spieler. Ich denke an Günter Netzer 1973, Paul Breitner im Anschluss an die WM in Deutschland 1974, an Uli Stielike ab 1977 über sieben sehr gute Jahre - und alle haben exzellente Leistungen gezeigt. Deutsche Spieler sind in der Lage, sich schnell an jeden Fußball anzupassen. Und wenn ich beurteilen sollte, welche ausländischen Spieler besonders schnell im spanischen Fußball heimisch geworden sind, würde ich vor allem auch die deutschen Spieler nennen.

DFB.de: Der deutsche Fußball wurde im Ausland bislang häufig für seine Effizienz und für großen Kampfgeist bewundert. Wie sehr hat sich diese Wahrnehmung durch die WM in Südafrika verändert?

Del Bosque: Richtig, es hat eine gewisse Entwicklung in den Meinungen gegeben. Das ist normal, der Fußball verändert sich, und was vor 20 Jahren galt, ist heute nicht mehr nützlich. Die Arbeit von Joachim Löw und Oliver Bierhoff ging und geht in diese Richtung.

DFB.de: Was hat die spanische Nationalmannschaft der deutschen Mannschaft noch voraus? Glauben Sie, dass Deutschland und Spanien auf Dauer die führenden Nationen im Fußball sein können?

Del Bosque: Ich hoffe, dass Deutschland und Spanien sich konstant an der Spitze der Elite konsolidieren, um in allen Kategorien, einschließlich der A-Nationalmannschaft um Titel zu kämpfen. Glücklicherweise haben wir in unserem Fall einen unserer Komplexe überwunden: dass wir uns in den Partien gegen Deutschland fast immer unterlegen fühlten.

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DFB.de: Sehen Sie Gemeinsamkeiten in der Nachwuchsförderung Spaniens und Deutschlands?

Del Bosque: Ohne Zweifel. Die Erfolge der spanischen Nationalmannschaft sind auch das Ergebnis der guten Nachwuchsarbeit, die der Verband und die Vereine seit vielen Jahren leisten.

DFB.de: In der Vergangenheit gehörte Spanien vor den Turnieren häufig zum Favoritenkreis, das Abschneiden war allerdings vielfach entäuschend. Was hat sich bei der EM 2008 und der WM 2010 geändert?

Del Bosque: Es gab viele Faktoren. Es hat in unserem Land hinsichtlich Infrastruktur und Trainerausbildung starke Verbesserungen gegeben. Spanische Trainer und Spieler neigten nicht dazu, ins Ausland zu gehen. Nun haben wir gute Leute im Ausland, die als Vorbild dienen. Es hat in allem positive Entwicklungen gegeben. Was die Spieler betrifft, hatten wir frühere Generationen, die genau so gut wie die heutigen waren. Es hat aber innerhalb des eigenen Landes ein Mentalitätswandel stattgefunden. Nun befinden wir uns mit allen auf Augenhöhe.

DFB.de: Mit den Schalkern Manuel Jurado und Raúl spielen erstmals zwei spanische Topstars in der Bundesliga. Wie wird dies in Spanien bewertet?

Del Bosque: Es ist neu, spanische Spieler in Deutschland zu sehen. Als ob es früher eine Grenze gegeben hätte, die für uns immer schwerer zu öffnen war. Heute gibt es zum Glück keine Grenzen mehr.

DFB.de: Sie waren jahrelang Raúls Trainer in Madrid. Hat er mit seinem Wechsel zu Schalke die richtige Entscheidung getroffen?

Del Bosque: Gut, das sind sehr persönliche Entscheidungen, und der einzige Mensch, der sie kennt, ist er selbst. Er hat seine Situation bei Real Madrid analysiert und dagegen gehalten, wie sehr es ihn reizte, in ein anderes Land zu gehen. Das sind sehr persönliche Fragen, die stark von familiären Gründen abhängen. Wichtig ist, dass er glücklich ist und seine fantastische Karriere auf die bestmögliche Weise beendet. Er war der Ansicht, dass dies der richtige Moment für einen Wechsel ist. Niemand kann sich in seine Situation hineinversetzen.