Fürths NLZ-Chef Gerling: "Noch besser ausbilden, um zu überleben"

DFB.de: Was glauben Sie als ehemaliger Realschuldirektor, wie heutzutage die Lehrarbeit mit jungen Fußballern aussehen sollte?

Gerling: Natürlich müssen fußballerische und persönliche Schwächen vermindert oder ausgemerzt werden, aber man sollte noch mehr die spielerischen Stärken eines jeden Spielers fördern. Und wenn etwas verbessert werden muss, dann sollte es mit positiven Ansätzen erfolgen und nicht nur mit Kritik, denn die Spieler haben im Leistungsbereich ohnehin schon genug Druck. Ich nenne mal ein Beispiel: Wenn ich einem Spieler sage, Du läufst falsch, wird er sich denken: Na ja, kann sein oder auch nicht. Wenn ich ihm aber anhand von Videoaufzeichnungen zeige, in dieser bestimmten Situation gehen der Miro Klose oder der Mario Gomez immer auf den ersten Pfosten, dann wird auch der Nachwuchsspieler davon überzeugt sein, dass das der richtige Laufweg ist.

DFB.de: Was die Infrastruktur betrifft, scheint die SpVgg Greuther Fürth gut aufgestellt zu sein.

Gerling: Wir sind noch am wachsen und gehen Schritt für Schritt. Auf einen Schlag fünf Millionen in die Hand zu nehmen für ein Projekt, wie andere Vereine, das können wir nicht. Wir bauen in bestimmten Zeitabschnitten auf Etappen. Aber wir haben bereits ein Nachwuchszentrum mit 14 Plätzen für auswärtige Talente, Aufenthaltsräume für die Hausaufgabenbetreuung, Zimmer zum Übernachten für jugendliche Spieler, die zum Probetraining kommen, und eine Fußballhalle mit Kunstrasen, die es meines Wissens in dieser Form nur noch beim FC Schalke 04 gibt. Außerdem ergänzen wird das Nachwuchsleistungszentrum mit einem Kabinentrakt und Räumen für Physiotherapie und Athletik. Mit der Stadt Fürth sind wir zudem im Gespräch, mittelfristig die Charly-Mai-Anlage für die Junioren-Pflichtspiele zu betreiben und somit gleichzeitig im Nachwuchsleistungszentrum die dortigen Spielfeldflächen für den Trainingsbetrieb frei zu machen.

DFB.de: Pflegt die SpVgg Greuther Fürth auch Kooperationen mit Schulen in der Stadt und dem Umland?

Gerling: Neben den Feriencamps und Fußballschulen, die wir in den Ferien für Schulkinder erfolgreich anbieten, haben wir natürlich auch Kooperationen mit Schulen, um den Fußball dort zu fördern. Die intensivste mit der Leopold-Ullstein-Realschule in Fürth, wo wir für eine gebundene 5. Ganztagsklasse mit Schwerpunkt Fußball zusätzlich vier Stunden Fußball zu den drei Stunden Normalsport leisten. Das heißt, die Schüler werden mit dem Bus zur Anlage der SpVgg Greuther Fürth gefahren, wo unsere Vereinstrainer dann den Fußballunterricht leiten. Im kommenden Schuljahr wollen wir dieses Angebot auf die 5. und 6. Klasse mit jeweils vier Unterrichtsstunden ausbauen. Außerdem sind wir auch in der Bertolt-Brecht-Schule in Nürnberg-Langwasser – einer der Eliteschulen des Sports in Bayern – mit von Partie. Auch dort wird Mario Himsl als Sportlicher Leiter der SpVgg Greuther Fürth seinen Beitrag zum Thema Schulfußball in Form von Übungsstunden leisten.

DFB.de: Der 1. Mannschaft droht der Bundesliga-Abstieg. Wie sieht die Zukunft der SpVgg Greuther Fürth aus?

Gerling: Unsere Lebensversicherung ist und bleibt die Jugendarbeit. Wir müssen immer wieder Spieler wie Edgar Prib, Sercan Sararer oder Felix Klaus aus dem eigenen Nachwuchs hervorbringen. Deshalb ist es wichtig, unsere Mannschaften auf höchstem Leistungsniveau dauerhaft in den Bundesligen Süd/Südwest der A- und B-Junioren sowie der Regionalliga Süd für C-Junioren zu halten. Insgesamt sollten wir uns meiner Meinung nach an Vereinen wie dem SC Freiburg oder dem FSV Mainz 05 orientieren. Das könnte vielleicht langfristig auch unsere Kragenweite werden. Alles andere ist illusorisch.

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Günter Gerling, Vizepräsident und Leiter des mit drei Sternen zertifizierten Fürther Nachwuchsleistungszentrums, hat alle Hände voll zu tun. Der Bundesliga-Aufsteiger SpVgg Greuther Fürth hat im Nachwuchsbereich während der Winterpause an entscheidenden Stellschrauben gedreht und personelle Umstrukturierungen vorgenommen.

Der bisherige A-Juniorentrainer Mario Himsl fungiert jetzt ausschließlich als Sportlicher Leiter und Chefausbilder, sein Nachfolger Janos Radoki war zuletzt Co-Trainer beim Drittligisten 1. FC Heidenheim und auch der B-Jugendcoach Achim Beierlorzer, der sich für die DFB-Trainerausbildung angemeldet hat, wird hauptamtliche Kraft. Mit Günter Gerling hat Helge Günther für DFB.de über Sinn und Zweck dieser Maßnahmen gesprochen.

DFB.de: Herr Gerling, Präsident Helmut Hack hat neulich erst in einem Interview gesagt: "Talente fördern und sie gut ausbilden, um sie in die Lizenzmannschaft zu bringen und sie irgendwann zu transferieren, das müssen wir so machen, sonst gibt es die SpVgg Greuther Fürth irgendwann im bezahlten Fußball nicht mehr." Hängt diese Aussage auch mit dem personellen Umbau im Nachwuchsbereich der Trainer zusammen?

Günter Gerling: Natürlich. Wir müssen die Spieler, aber auch die ehrenamtlichen Trainer im unteren Bereich der jüngeren Altersklassen noch besser ausbilden, um zu überleben. Das ist unser Credo. Mario Himsl, der de facto ja schon Sportlicher Leiter war, hat die A-Junioren abgegeben und wird sich als Chefausbilder im Nachwuchsbereich verstärkt auf Aufgaben der Förderung mit praktischer Umsetzung der Inhalte, Überprüfung der Lernziele und Bewertung der Nachhaltigkeit durch die Feststellung des Verbesserungsgrads von Mannschaften, aber auch einzelnen Spielern in technisch-taktischer Hinsicht konzentrieren. Das heißt, wir müssen möglichst viele Spieler durch die einzelnen Altersklassen mit Qualitätszugewinn nach oben bringen und die vielversprechendsten Talente mit zusätzlichem Individualtraining gezielt auf den Weg zu den Profis fördern.

DFB.de: Wenn ihr Konzept aufgeht, würde das im Umkehrschluss heißen, dass die Spielerfluktuation in den einzelnen Altersklassen abnimmt?

Gerling: Das ist eine der Zielsetzungen, denn wir haben so gut wie keine Chance mehr, mit unseren Mitteln einen 18- oder 19-Jährigen aus der Junioren-Bundesliga oder einen 17-jährigen Junioren-Nationalspieler zu bekommen. Wir waren zum Beispiel an einem Stürmer der A-Junioren-Bundesliga Süd/Südwest als Perspektivspieler für unsere U 23 interessiert, doch der ist in der Winterpause zu einem zugkräftigeren Bundesligisten gegangen. Da sind wir machtlos. Selbst wenn wir uns im Bereich U 14 oder U 15 für Auswahlspieler interessieren, wird es bereits schwierig. Da hängen dann in Bayern meistens gleichzeitig noch drei, vier andere Profiklubs dran. Schon der 1. FC Nürnberg bekommt zirka sieben Millionen Euro mehr an Fernsehgeldern als Fürth, Mainz sogar zirka 13 Millionen mehr, um nur einmal die finanziellen Dimensionen zu verdeutlichen.

DFB.de: Was können Sie zum neuen A-Juniorentrainer Janos Radoki sagen?

Gerling: Schon als Spieler war Janos Radoki unter anderem für den TSV Vestenbergsgreuth und die SpVgg Fürth aktiv. Mit den U 17-Bundesliga-Junioren des FC Augsburg hat er auf höchster Leistungsebene im Nachwuchsbereich seine Erfahrungen gesammelt und zuletzt war er als Co- und Athletiktrainer beim Drittligisten 1. FC Heidenheim engagiert. Wir freuen uns, dass Janos als kompetenter Fachmann in unser Trainerteam kommt. Gleichzeitig wird auch B-Juniorencoach Achim Beierlorzer hauptamtliche Kraft. Der Gymnasiallehrer für Sport und Mathematik hat sich schon vom Schuldienst beurlauben lassen und für den Erwerb der DFB-Fußball-Lehrerlizenz angemeldet.

DFB.de: Was glauben Sie als ehemaliger Realschuldirektor, wie heutzutage die Lehrarbeit mit jungen Fußballern aussehen sollte?

Gerling: Natürlich müssen fußballerische und persönliche Schwächen vermindert oder ausgemerzt werden, aber man sollte noch mehr die spielerischen Stärken eines jeden Spielers fördern. Und wenn etwas verbessert werden muss, dann sollte es mit positiven Ansätzen erfolgen und nicht nur mit Kritik, denn die Spieler haben im Leistungsbereich ohnehin schon genug Druck. Ich nenne mal ein Beispiel: Wenn ich einem Spieler sage, Du läufst falsch, wird er sich denken: Na ja, kann sein oder auch nicht. Wenn ich ihm aber anhand von Videoaufzeichnungen zeige, in dieser bestimmten Situation gehen der Miro Klose oder der Mario Gomez immer auf den ersten Pfosten, dann wird auch der Nachwuchsspieler davon überzeugt sein, dass das der richtige Laufweg ist.

DFB.de: Was die Infrastruktur betrifft, scheint die SpVgg Greuther Fürth gut aufgestellt zu sein.

Gerling: Wir sind noch am wachsen und gehen Schritt für Schritt. Auf einen Schlag fünf Millionen in die Hand zu nehmen für ein Projekt, wie andere Vereine, das können wir nicht. Wir bauen in bestimmten Zeitabschnitten auf Etappen. Aber wir haben bereits ein Nachwuchszentrum mit 14 Plätzen für auswärtige Talente, Aufenthaltsräume für die Hausaufgabenbetreuung, Zimmer zum Übernachten für jugendliche Spieler, die zum Probetraining kommen, und eine Fußballhalle mit Kunstrasen, die es meines Wissens in dieser Form nur noch beim FC Schalke 04 gibt. Außerdem ergänzen wird das Nachwuchsleistungszentrum mit einem Kabinentrakt und Räumen für Physiotherapie und Athletik. Mit der Stadt Fürth sind wir zudem im Gespräch, mittelfristig die Charly-Mai-Anlage für die Junioren-Pflichtspiele zu betreiben und somit gleichzeitig im Nachwuchsleistungszentrum die dortigen Spielfeldflächen für den Trainingsbetrieb frei zu machen.

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DFB.de: Pflegt die SpVgg Greuther Fürth auch Kooperationen mit Schulen in der Stadt und dem Umland?

Gerling: Neben den Feriencamps und Fußballschulen, die wir in den Ferien für Schulkinder erfolgreich anbieten, haben wir natürlich auch Kooperationen mit Schulen, um den Fußball dort zu fördern. Die intensivste mit der Leopold-Ullstein-Realschule in Fürth, wo wir für eine gebundene 5. Ganztagsklasse mit Schwerpunkt Fußball zusätzlich vier Stunden Fußball zu den drei Stunden Normalsport leisten. Das heißt, die Schüler werden mit dem Bus zur Anlage der SpVgg Greuther Fürth gefahren, wo unsere Vereinstrainer dann den Fußballunterricht leiten. Im kommenden Schuljahr wollen wir dieses Angebot auf die 5. und 6. Klasse mit jeweils vier Unterrichtsstunden ausbauen. Außerdem sind wir auch in der Bertolt-Brecht-Schule in Nürnberg-Langwasser – einer der Eliteschulen des Sports in Bayern – mit von Partie. Auch dort wird Mario Himsl als Sportlicher Leiter der SpVgg Greuther Fürth seinen Beitrag zum Thema Schulfußball in Form von Übungsstunden leisten.

DFB.de: Der 1. Mannschaft droht der Bundesliga-Abstieg. Wie sieht die Zukunft der SpVgg Greuther Fürth aus?

Gerling: Unsere Lebensversicherung ist und bleibt die Jugendarbeit. Wir müssen immer wieder Spieler wie Edgar Prib, Sercan Sararer oder Felix Klaus aus dem eigenen Nachwuchs hervorbringen. Deshalb ist es wichtig, unsere Mannschaften auf höchstem Leistungsniveau dauerhaft in den Bundesligen Süd/Südwest der A- und B-Junioren sowie der Regionalliga Süd für C-Junioren zu halten. Insgesamt sollten wir uns meiner Meinung nach an Vereinen wie dem SC Freiburg oder dem FSV Mainz 05 orientieren. Das könnte vielleicht langfristig auch unsere Kragenweite werden. Alles andere ist illusorisch.