Für immer Mighty Mouse: HSV-Legende Kevin Keegan

Nicht viele Fußballer schaffen es, dass man auch nach mehr als drei Jahrzehnten noch ehrfurchtsvoll von ihnen spricht. Kevin Keegan gehört dazu. Der Engländer war Ende der 70er-Jahre eine der größten Attraktionen der Bundesliga. Mit seinen Treffern trug er 1979 maßgeblich zur Meisterschaft des Hamburger SV bei. Und wenn er mit dem Ball am Fuß seinen Gegenspieler narrte, ging oft ein Raunen durch das alte Volksparkstadion. Kevin Keegan – ein Fußball-Idol und ein Popstar. Die "Mighty Mouse". Noch wenn er heute in die alte Heimat kommt, jubeln ihm die Fans zu. Selbst die, die ihn gar nicht mehr haben spielen sehen. DFB.de-Redakteur Thomas Hackbarth über einen Mann, für den der Fußball Kunst und Einsatz bedeutet.

Kevin Keegan kehrt immer wieder gerne zurück in seine Hansestadt, zuletzt kam er im September für ein Benefizspiel nach Hamburg. Der heute 60-Jährige ist zwar nicht mehr im Trainergeschäft tätig, als Experte des Sportsenders ESPN, der auf der Insel auch Premier-League-Spiele überträgt, beschäftigt ihn der Fußball aber natürlich weiterhin tagtäglich. Und Kevin Keegan ist begeistert von dem, was er da sieht, vor allem von vielen kleineren Spielern, die mit ihrer Technik und Beweglichkeit für die großen Momente im Spiel sorgen. Wie er früher.

Keegan: Philipp Lahm ist mein Lieblingsspieler

"Ich schätze Philipp Lahm sehr, er ist mein Lieblingsspieler in der deutschen Nationalmannschaft. Lahm ist in seiner Leistung unglaublich konstant, er geht in jedes Spiel mit vollem Einsatz. Ich war noch nie enttäuscht, wenn ich ihn spielen gesehen habe", sagt Keegan. "Noch vor 15 Jahren hätten viele sich Sorgen gemacht, ob er überhaupt in der Verteidigung spielen kann. Ist er kopfballstark und robust genug, hätten die Zweifler gefragt. Gott sei Dank haben wir jetzt andere Zeiten. Die Stunde des kleineren Spielers ist angebrochen." Er freut sich sehr darüber, denn er war selbst ein Spätstarter.

Coventry City lud den 16-jährigen Keegan zwar zum Probetraining ein, ließ ihn aber wieder ziehen. 1971 dann, Keegan war bereits 20 Jahre alt, entdeckte ihn der Chefscout des FC Liverpool. Für 35.000 Pfund nahmen ihn die Reds unter Vertrag, für die er künftig gemeinsam mit John Toshack auf Torejagd ging. Bis 1977 gewann Liverpool mit dem überragenden Keegan dreimal die Meisterschaft und zweimal den UEFA-Pokal. 1977 triumphierte man im Europapokal-Finale über Borussia Mönchengladbach mit 3:1. Danach wechselte Keegan zum HSV. Und aus "King Kev" wurde "Mighty Mouse", die "mächtige Maus".

"Einen Spitznamen bekommt man verliehen, da hatte ich wenig Einfluss. Aber auf jeden Fall war ich eine starke Maus", sagt er. Mit Keegan stieg der HSV auf zu einem der bestimmenden Klubs im deutschen Fußball und wurde 1978/79 Deutscher Meister, Keegan steuerte 17 Treffer zum Titelgewinn bei. 30 Jahre später sagt er immer noch fast akzentfrei und mit Stolz: "Wir haben die Schale geholt." Zu dem "Wir" gehörten damals auch Felix Magath, Manfred Kaltz und Horst Hrubesch, der vor der Meistersaison von Rot-Weiss Essen in die Hansestadt gekommen war. Branko Zebec ("Ein sehr harter Trainer, aber genauso clever") trainierte das Meisterteam.

Zweimal in Folge "Fußballer des Jahres"

1980 dann erreichte Keegan mit dem Klub das Endspiel um den Europapokal der Landesmeister. Zweimal in Folge wurde er zu "Europas Fußballer des Jahres" gewählt. Bis heute zählt er zu den beliebtesten HSV-Profis aller Zeiten. Seine Art, Fußball zu spielen, war nicht nur erfolgreich, sondern begeisterte. Keegan war Glamour, er war das Besondere, er war (auch) ein Popstar. Mit Smokie-Frontmann Chris Norman sang er den Hit "Head over Heels in Love", immerhin Platz zehn in den deutschen Charts. Keegan beim HSV, das war immer das Eintrittsgeld wert.

Der Start im Sommer 1977 fiel ihm schwer. "Guten Tag und Dankeschön, darauf beschränkten sich meine Deutsch- Kenntnisse, als ich in Hamburg landete. Es war nicht leicht, auf und außerhalb des Feldes", sagt Keegan. HSV-Präsident Dr. Peter Krohn hatte ihn geholt. Keegan sollte die Rolle des Hoffnungsträgers übernehmen, der letzte fehlende Teil zum großen Durchbruch sein. Bald stand in den Zeitungen, er sei der bestbezahlte Bundesliga-Profi. "Es klang alles so, als könnte ich alleine die Fußballwelt für Hamburg erobern. Der Druck war schon spürbar", sagt Keegan. Auch sonst lief nicht alles reibungslos. Länger als mit dem Verein verabredet, musste die Familie Keegan mit ihren beiden Hunden im Hotel leben. In einem Freundschaftsspiel gegen den VfB Lübeck riss ihm der Geduldsfaden. Rot wegen einer Tätlichkeit. Doch die ersten unglücklichen Monate vergingen. Und Keegans Glanzzeit begann.

Freundschaftliche Kontakte nach Hamburg halten bis heute

"Die Hamburger Jahre gehören zu den schönsten meiner Laufbahn. Wir hatten einen guten Spirit im Team", sagt Keegan. "Meine Tochter Laura Jane wurde hier geboren, und einige Freundschaften haben über Jahrzehnte Bestand gehalten." Etwa zum damaligen Betreuer Hermann Rieger, der ein Jahr nach Keegan beim HSV anfing. "Hermann war und ist beliebter als viele Spieler, weil er einfach ein ganz besonderer Mensch ist. Ich freue mich jedes Mal, ihn wieder zu treffen." Auch mit HSV-Klubmanager Bernd Wehmeyer, damals ein Teamkollege, ist Keegan bis heute befreundet.

Auf Hamburg folgten drei Jahre in Southampton und zwei weitere in Newcastle. 1984 beendete er im Alter von 33 Jahren als einer der erfolgreichsten Profis überhaupt seine Karriere. Auch als Trainer blieb Keegan erfolgreich, insbesondere in der Saison 1995/96, als er mit Newcastle United noch im Januar mit zwölf Punkten Vorsprung die Tabelle anführte, nur um letztlich doch Manchester United vorbeiziehen zu sehen. Von Februar 1999 bis Oktober 2000 war Keegan Cheftrainer der englischen Nationalmannschaft. Ob als Spieler, Trainer oder heute als TV-Experte, seine Liebe zum Fußball hat nie nachgelassen. "Als Jugendlicher stand ich dreimal an jedem Wochenende auf dem Platz. Ich spiele unglaublich gerne Fußball, das hat sich nie geändert. Dafür habe ich immer hart an mir gearbeitet, eigentlich bis zu meinem letzten Tag mit 33 Jahren in Newcastle", sagt Keegan. "Die Leute im Stadion wollen das sehen, viele würden ihr letztes Hemd dafür geben, selbst mal dort unten zu stehen. Deshalb habe ich immer gefightet. Wenn ich beim Dribbling hängenblieb und den Ball verlor, habe ich immer nachgesetzt. Das war einfach meine Arbeitsauffassung."

Und was denkt der ehemalige Weltklassetechniker Keegan über Mesut Özil, der ein ähnlicher Spielertyp ist, wie er es war? "Ihm fehlt nichts mehr, er verfügt über alle Fähigkeiten", urteilt Keegan über den deutschen Nationalspieler. "Mesut hat die Technik und das Spielverständnis, aus dem Nichts hochgefährliche Situationen zu kreieren. Aber er schuftet auch auf dem Feld. Er gefällt mir sehr." Favorit für die EURO im nächsten Sommer ist für ihn dennoch der amtierende Welt- und Europameister. "Die Spanier haben so viele hochtalentierte Spieler, viele 'mächtige Mäuse', da bräuchte es schon eine Menge großer deutscher Katzen. Die Glanzzeit der Spanier ist sicher lange noch nicht abgelaufen. Die beiden Gegner von heute Abend, Deutschland und die Niederlande, gehören aber für mich auch zum engen Favoritenkreis der kommenden Europameisterschaft", sagt er.

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Nicht viele Fußballer schaffen es, dass man auch nach mehr als drei Jahrzehnten noch ehrfurchtsvoll von ihnen spricht. Kevin Keegan gehört dazu. Der Engländer war Ende der 70er-Jahre eine der größten Attraktionen der Bundesliga. Mit seinen Treffern trug er 1979 maßgeblich zur Meisterschaft des Hamburger SV bei. Und wenn er mit dem Ball am Fuß seinen Gegenspieler narrte, ging oft ein Raunen durch das alte Volksparkstadion. Kevin Keegan – ein Fußball-Idol und ein Popstar. Die "Mighty Mouse". Noch wenn er heute in die alte Heimat kommt, jubeln ihm die Fans zu. Selbst die, die ihn gar nicht mehr haben spielen sehen. DFB.de-Redakteur Thomas Hackbarth über einen Mann, für den der Fußball Kunst und Einsatz bedeutet.

Kevin Keegan kehrt immer wieder gerne zurück in seine Hansestadt, zuletzt kam er im September für ein Benefizspiel nach Hamburg. Der heute 60-Jährige ist zwar nicht mehr im Trainergeschäft tätig, als Experte des Sportsenders ESPN, der auf der Insel auch Premier-League-Spiele überträgt, beschäftigt ihn der Fußball aber natürlich weiterhin tagtäglich. Und Kevin Keegan ist begeistert von dem, was er da sieht, vor allem von vielen kleineren Spielern, die mit ihrer Technik und Beweglichkeit für die großen Momente im Spiel sorgen. Wie er früher.

Keegan: Philipp Lahm ist mein Lieblingsspieler

"Ich schätze Philipp Lahm sehr, er ist mein Lieblingsspieler in der deutschen Nationalmannschaft. Lahm ist in seiner Leistung unglaublich konstant, er geht in jedes Spiel mit vollem Einsatz. Ich war noch nie enttäuscht, wenn ich ihn spielen gesehen habe", sagt Keegan. "Noch vor 15 Jahren hätten viele sich Sorgen gemacht, ob er überhaupt in der Verteidigung spielen kann. Ist er kopfballstark und robust genug, hätten die Zweifler gefragt. Gott sei Dank haben wir jetzt andere Zeiten. Die Stunde des kleineren Spielers ist angebrochen." Er freut sich sehr darüber, denn er war selbst ein Spätstarter.

Coventry City lud den 16-jährigen Keegan zwar zum Probetraining ein, ließ ihn aber wieder ziehen. 1971 dann, Keegan war bereits 20 Jahre alt, entdeckte ihn der Chefscout des FC Liverpool. Für 35.000 Pfund nahmen ihn die Reds unter Vertrag, für die er künftig gemeinsam mit John Toshack auf Torejagd ging. Bis 1977 gewann Liverpool mit dem überragenden Keegan dreimal die Meisterschaft und zweimal den UEFA-Pokal. 1977 triumphierte man im Europapokal-Finale über Borussia Mönchengladbach mit 3:1. Danach wechselte Keegan zum HSV. Und aus "King Kev" wurde "Mighty Mouse", die "mächtige Maus".

"Einen Spitznamen bekommt man verliehen, da hatte ich wenig Einfluss. Aber auf jeden Fall war ich eine starke Maus", sagt er. Mit Keegan stieg der HSV auf zu einem der bestimmenden Klubs im deutschen Fußball und wurde 1978/79 Deutscher Meister, Keegan steuerte 17 Treffer zum Titelgewinn bei. 30 Jahre später sagt er immer noch fast akzentfrei und mit Stolz: "Wir haben die Schale geholt." Zu dem "Wir" gehörten damals auch Felix Magath, Manfred Kaltz und Horst Hrubesch, der vor der Meistersaison von Rot-Weiss Essen in die Hansestadt gekommen war. Branko Zebec ("Ein sehr harter Trainer, aber genauso clever") trainierte das Meisterteam.

Zweimal in Folge "Fußballer des Jahres"

1980 dann erreichte Keegan mit dem Klub das Endspiel um den Europapokal der Landesmeister. Zweimal in Folge wurde er zu "Europas Fußballer des Jahres" gewählt. Bis heute zählt er zu den beliebtesten HSV-Profis aller Zeiten. Seine Art, Fußball zu spielen, war nicht nur erfolgreich, sondern begeisterte. Keegan war Glamour, er war das Besondere, er war (auch) ein Popstar. Mit Smokie-Frontmann Chris Norman sang er den Hit "Head over Heels in Love", immerhin Platz zehn in den deutschen Charts. Keegan beim HSV, das war immer das Eintrittsgeld wert.

Der Start im Sommer 1977 fiel ihm schwer. "Guten Tag und Dankeschön, darauf beschränkten sich meine Deutsch- Kenntnisse, als ich in Hamburg landete. Es war nicht leicht, auf und außerhalb des Feldes", sagt Keegan. HSV-Präsident Dr. Peter Krohn hatte ihn geholt. Keegan sollte die Rolle des Hoffnungsträgers übernehmen, der letzte fehlende Teil zum großen Durchbruch sein. Bald stand in den Zeitungen, er sei der bestbezahlte Bundesliga-Profi. "Es klang alles so, als könnte ich alleine die Fußballwelt für Hamburg erobern. Der Druck war schon spürbar", sagt Keegan. Auch sonst lief nicht alles reibungslos. Länger als mit dem Verein verabredet, musste die Familie Keegan mit ihren beiden Hunden im Hotel leben. In einem Freundschaftsspiel gegen den VfB Lübeck riss ihm der Geduldsfaden. Rot wegen einer Tätlichkeit. Doch die ersten unglücklichen Monate vergingen. Und Keegans Glanzzeit begann.

Freundschaftliche Kontakte nach Hamburg halten bis heute

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"Die Hamburger Jahre gehören zu den schönsten meiner Laufbahn. Wir hatten einen guten Spirit im Team", sagt Keegan. "Meine Tochter Laura Jane wurde hier geboren, und einige Freundschaften haben über Jahrzehnte Bestand gehalten." Etwa zum damaligen Betreuer Hermann Rieger, der ein Jahr nach Keegan beim HSV anfing. "Hermann war und ist beliebter als viele Spieler, weil er einfach ein ganz besonderer Mensch ist. Ich freue mich jedes Mal, ihn wieder zu treffen." Auch mit HSV-Klubmanager Bernd Wehmeyer, damals ein Teamkollege, ist Keegan bis heute befreundet.

Auf Hamburg folgten drei Jahre in Southampton und zwei weitere in Newcastle. 1984 beendete er im Alter von 33 Jahren als einer der erfolgreichsten Profis überhaupt seine Karriere. Auch als Trainer blieb Keegan erfolgreich, insbesondere in der Saison 1995/96, als er mit Newcastle United noch im Januar mit zwölf Punkten Vorsprung die Tabelle anführte, nur um letztlich doch Manchester United vorbeiziehen zu sehen. Von Februar 1999 bis Oktober 2000 war Keegan Cheftrainer der englischen Nationalmannschaft. Ob als Spieler, Trainer oder heute als TV-Experte, seine Liebe zum Fußball hat nie nachgelassen. "Als Jugendlicher stand ich dreimal an jedem Wochenende auf dem Platz. Ich spiele unglaublich gerne Fußball, das hat sich nie geändert. Dafür habe ich immer hart an mir gearbeitet, eigentlich bis zu meinem letzten Tag mit 33 Jahren in Newcastle", sagt Keegan. "Die Leute im Stadion wollen das sehen, viele würden ihr letztes Hemd dafür geben, selbst mal dort unten zu stehen. Deshalb habe ich immer gefightet. Wenn ich beim Dribbling hängenblieb und den Ball verlor, habe ich immer nachgesetzt. Das war einfach meine Arbeitsauffassung."

Und was denkt der ehemalige Weltklassetechniker Keegan über Mesut Özil, der ein ähnlicher Spielertyp ist, wie er es war? "Ihm fehlt nichts mehr, er verfügt über alle Fähigkeiten", urteilt Keegan über den deutschen Nationalspieler. "Mesut hat die Technik und das Spielverständnis, aus dem Nichts hochgefährliche Situationen zu kreieren. Aber er schuftet auch auf dem Feld. Er gefällt mir sehr." Favorit für die EURO im nächsten Sommer ist für ihn dennoch der amtierende Welt- und Europameister. "Die Spanier haben so viele hochtalentierte Spieler, viele 'mächtige Mäuse', da bräuchte es schon eine Menge großer deutscher Katzen. Die Glanzzeit der Spanier ist sicher lange noch nicht abgelaufen. Die beiden Gegner von heute Abend, Deutschland und die Niederlande, gehören aber für mich auch zum engen Favoritenkreis der kommenden Europameisterschaft", sagt er.