Freund: "Nach oben gibt es nicht nur den Aufzug"

Steffen Freund in ein paar Zahlen: 178 Spiele in der Bundesliga, 21 Länderspiele für Deutschland, Europameister 1996 mit dem DFB-Team in England. Dahinter verbarg sich auf dem Platz ein stets akribischer Arbeiter - und genau das ist der heute 41-Jährige auch als DFB-Trainer.

Anfang Januar hat Freund "seine" U 16-Nationalmannschaft im spanischen La Manga beim Wintertrainingslager auf die Aufgaben in der EM-Qualifikation im Herbst eingestimmt. Mit großer Hingabe, dem für ihn so typischen Engagement und viel Liebe zum Detail. Im DFB.de-Gespräch der Woche mit Redakteur Peter Scheffler beschreibt der Fußball-Lehrer seinen Arbeitsstil, nennt seine Ziele und blickt in die Zukunft.

DFB.de: Herr Freund, wie bewerten Sie die Tage von La Manga?

Steffen Freund: Wir sind voll im Plan. Durch die hohe Belastung hatten wir nur ein paar kleine Verletzungen, viele Jungs hatten mit Muskelkater zu kämpfen.

DFB.de: Dann haben Sie wohl ziemlich hart trainiert, oder?

Freund: Ja, wir haben Gas gegeben. Ein Lob auch an die angeschlagenen Spieler, die immer mit am Platz waren, ohne zu meckern. So konnten sie unsere Übungen, Spielzüge und Taktik trotzdem mitkriegen. Nach meinen Erfahrungen hätte es mich aber gewundert, wenn einer nicht mitgezogen hätte. Die sind alle mit dem Herzen dabei und spüren, dass es etwas Besonderes ist, mit dem Adler auf der Brust zu spielen.

DFB.de: Waren Sie mit der Organisation vor Ort zufrieden?

Freund: Besser hätte es gar nicht sein können. Das Wichtigste sind ja die guten Bedingungen in La Manga: 20 Grad, blauer Himmel, grüne Plätze. Nicht nur ein perfektes Golfressort, sondern auch ein perfektes Fußballressort. Außerdem war ja auch der Deutsche Meister da, das sagt doch schon alles (lacht).



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Steffen Freund in ein paar Zahlen: 178 Spiele in der Bundesliga, 21 Länderspiele für Deutschland, Europameister 1996 mit dem DFB-Team in England. Dahinter verbarg sich auf dem Platz ein stets akribischer Arbeiter - und genau das ist der heute 41-Jährige auch als DFB-Trainer.

Anfang Januar hat Freund "seine" U 16-Nationalmannschaft im spanischen La Manga beim Wintertrainingslager auf die Aufgaben in der EM-Qualifikation im Herbst eingestimmt. Mit großer Hingabe, dem für ihn so typischen Engagement und viel Liebe zum Detail. Im DFB.de-Gespräch der Woche mit Redakteur Peter Scheffler beschreibt der Fußball-Lehrer seinen Arbeitsstil, nennt seine Ziele und blickt in die Zukunft.

DFB.de: Herr Freund, wie bewerten Sie die Tage von La Manga?

Steffen Freund: Wir sind voll im Plan. Durch die hohe Belastung hatten wir nur ein paar kleine Verletzungen, viele Jungs hatten mit Muskelkater zu kämpfen.

DFB.de: Dann haben Sie wohl ziemlich hart trainiert, oder?

Freund: Ja, wir haben Gas gegeben. Ein Lob auch an die angeschlagenen Spieler, die immer mit am Platz waren, ohne zu meckern. So konnten sie unsere Übungen, Spielzüge und Taktik trotzdem mitkriegen. Nach meinen Erfahrungen hätte es mich aber gewundert, wenn einer nicht mitgezogen hätte. Die sind alle mit dem Herzen dabei und spüren, dass es etwas Besonderes ist, mit dem Adler auf der Brust zu spielen.

DFB.de: Waren Sie mit der Organisation vor Ort zufrieden?

Freund: Besser hätte es gar nicht sein können. Das Wichtigste sind ja die guten Bedingungen in La Manga: 20 Grad, blauer Himmel, grüne Plätze. Nicht nur ein perfektes Golfressort, sondern auch ein perfektes Fußballressort. Außerdem war ja auch der Deutsche Meister da, das sagt doch schon alles (lacht).

DFB.de: Sie haben im Vorfeld 97 Spieler beobachtet und zu Lehrgängen eingeladen. Warum?

Freund: Mein Anspruch ist es, alle gesehen zu haben. Weitere 24 Spieler haben ihr Debüt für Deutschland gefeiert, und so konnte ich sagen: Ich habe meine 27 Topspieler in La Manga vor Ort. Zwei gehören für mich noch dazu, die krank waren: Patrick Pflücke von Mainz 05 und Luca Waldschmidt von Eintracht Frankfurt.

DFB.de: Was ist Ihnen im Trainingslager besonders wichtig?

Freund: Der Mannschaft eine Struktur und eine Hierarchie zu geben. Wer ist Führungsspieler, wer Individualist, wer Mannschaftsspieler? So etwas geht nur in einem Trainingslager, deshalb ist es extrem wichtig. Wenn wir zu Länderspielen reisen, steht das Spiel im Mittelpunkt.

DFB.de: Wie bildet sich Hierarchie aus?

Freund: In dem Alter sind viele Spieler sehr ruhig. Ich schaue genau hin, wer auf dem Spielfeld seinem Nebenmann oder der gesamten Mannschaft auch mal ein Kommando gibt - er könnte ein Führungsspieler werden. Dazu muss natürlich die sportliche Leistung stimmen. Dann gibt es die Individualisten, die mit Ball Zug zum Tor entwickeln und auch mal egoistisch sind. Auch diese Spieler sind wichtig, um mal Reizpunkte zu setzen. Dafür bin ich als Trainer dankbar. Die Mannschaftsspieler zeichnen sich durch Gehorsam und Mannschaftsgeist aus. Davon haben wir momentan noch zu viele, denn als Trainer kann ich auch damit leben, wenn ich mal Widerworte bekomme. All das ist Teil der Persönlichkeitsentwicklung der Spieler, die wir vorantreiben.

DFB.de: Wie läuft das ab?

Freund: Am Esstisch sitzen Spieler aus einem Verein nicht zusammen, also freunden sie sich untereinander schnell an. Und: Die Jungs sollen selbstständig denken und handeln. Mit unserem professionellen Umfeld geben wir eine ganz klare Orientierung, wie es später im Profifußball aussieht. Wir arbeiten auch viel individuell mit den Spielern. Wenn in dem Alter mal einer übers Ziel hinaus schießt, muss man ihn wieder runterholen, eine zweite Chance geben und integrieren. Ich glaube, das zeichnet gute Jugendtrainer aus.

DFB.de: Lässt sich der Entwicklungsprozess von Spielern und Teamgefüge in einem turnierfreien Jahr wie diesem besser als in einem Jahr mit EM oder WM vorantreiben?

Freund: Ja, wir haben insgesamt über ein Jahr Zeit, um uns auf die EM-Qualifikation 2012 vorzubereiten. Meine Aufgabe ist es, die Spieler dorthin zu führen, menschlich in der Persönlichkeitsentwicklung, aber auch spielerisch. Dafür haben wir unsere Leistungsvoraussetzungen: Kondition, Konstitution, Technik und Taktik.

DFB.de: Konkret: Welche fußballspezifischen Schwerpunkte haben Sie in Spanien gesetzt?

Freund: Zweikampfverhalten, Mittelfeldpressing, Spielverlagerung, Torabschluss - dafür braucht man schon zehn Tage. Das lief alles so, wie ich mir das vorstelle.

DFB.de: Wenn man beim Training zuschaut, sieht man Sie immer mittendrin. Sie fühlen sich wohl auf dem Platz, oder?

Freund: Ja, das ist für mich nach wie vor ganz wichtig.

DFB.de: Selbst das Langhanteltraining morgens um acht Uhr?

Freund: Unbedingt! Gerade in der Anfangsphase der U 16. Wenn die Spieler sehen, dass der Trainer sich nicht zu schade ist, selbst mitzumachen, ziehen sie noch mal besser mit.

DFB.de: Was können Sie den Spielern von Ihrer Erfahrung mitgeben?

Freund: Ehrlich gesagt: alles. Ich habe bei großen Vereinen gespielt, große Titel gewonnen und bin für Deutschland aufgelaufen. Davon können und sollen die Jungs profitieren.

DFB.de: Wie fällt Ihr Fazit des Trainingslagers aus?

Freund: Es war die nötige Lockerheit und Freude an der Arbeit dabei, aber immer auch voller Einsatz. Wir gehen alle an die Grenzen, unsere Physios etwa haben teilweise von morgens bis abends durchgearbeitet, damit die Spieler am nächsten Tag wieder trainieren konnten. Das hat schon Bundesliganiveau, und dafür bin ich dem DFB sehr dankbar.

DFB.de: Sie sprechen die Freude an der Arbeit an: Im Umgang mit dem Team sind Sie sehr offen und herzlich.

Freund: Das Wichtigste ist, dass es nicht gespielt ist. Ich bin stets authentisch. Meine Mannschaften, ob als Co-Trainer oder im Jugendbereich, waren außerdem immer erfolgreich, ihnen hat es nie an Motivation gefehlt. Meine umgängliche Art kann also nicht so schlecht sein.

DFB.de: Sie können aber auch anders...

Freund: Na klar, es gibt nicht nur den "netten Steffen". Wenn etwas nicht passt, dann wird knallhart analysiert, schon bei der U 16. Da wird ganz klar angesprochen, was richtig und was falsch gemacht wurde.

DFB.de: Mit der letzte U 17 haben Sie bei der WM in Mexiko Bronze geholt. Was hat der Trainer Steffen Freund außerdem mitgenommen?

Freund: Viel Erfahrung und mehr Sicherheit im Auftreten als Trainer. Ich habe die Bestätigung bekommen, dass der Weg, den ich gehe, funktioniert. Vizeeuropameister und WM-Dritter in drei Monaten, das war schon außergewöhnlich. Ich denke, dass ich vieles richtig gemacht habe. Aber ich sehe auch meine Fehler.

DFB.de: Zum Beispiel?

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Freund: Das EM-Finale 2011 bei der U 17, ein Highlight. Aber wer sitzt gesperrt auf der Tribüne? Steffen Freund. Dabei stelle ich meine Jungs immer so ein, dass keiner eine Rote Karte bekommt. Leider habe ich im Halbfinale überreagiert und war zu laut - das war der größte Fehler, der mir kein zweites Mal passieren wird. Manchmal sind es auch nur Kleinigkeiten, die mir im Nachhinein auffallen. Aber auf dem Niveau, auf das ich kommen möchte, zählen gerade auch Kleinigkeiten. Außerdem weiß ich jetzt noch besser, wo ich auf mich selbst hören muss oder wo ich auf Ratschläge von meinen Co-Trainern oder Matthias Sammer eingehe.

DFB.de: Wie läuft denn Ihre Zusammenarbeit mit dem DFB-Sportdirektor?

Freund: Grundsätzlich bin ich der Kopf des Jahrgangs 1996 in Deutschland, denn ich halte für die Leistungen den Kopf hin - also muss ich auch die Entscheidungen treffen. Wenn aber Matthias Sammer mit mir nicht zufrieden ist, sagt er mir das, und wir reden offen darüber. Er kann und wird sich immer einbringen. Dafür bin ich auch dankbar und gesprächsbereit.

DFB.de: Die Spielphilosophie des DFB ist stark von Matthias Sammers Ideen geprägt.

Freund: Wir wollen - von den Junioren bis zum A-Team - unsere Spiele dominieren, viel Ballbesitz haben und offensiv spielen. Dominant spielen, das geht aber nur mit starker Technik. Also gute Ballan- und mitnahme, Vororientierung, offene Stellung, Lösen vom Gegner und Passen. Das hat die U 17 im vergangenen Jahr zum Beispiel toll umgesetzt, sie war meines Erachtens das spielerisch beste Team bei der WM. Wir sind mit unserer Philosophie in die Weltspitze gestoßen, wie es Matthias Sammer auch fordert.

DFB.de: Wie sehen Ihre persönlichen Ziele aus?

Freund: Kurzfristig möchte ich diese U 16 weiter entwickeln. Mittelfristig möchte ich Turniere spielen und Titel gewinnen mit den U-Mannschaften des DFB. Das ist unser, das ist mein Anspruch. Trotz der tollen Erlebnisse mit der U 17 waren der zweite und der dritte Platz auch bittere Niederlagen für mich. Heute, mit dem nötigen Abstand, spüre ich aber, was wir und vor allem meine Jungs geleistet haben - und dass eine Silber- und eine Bronzemedaille schon eine ganze Menge wert sind.

DFB.de: Sie sehen sich in den nächsten Jahren also ganz klar noch als Juniorentrainer?

Freund: Ja, auch gerne weiterhin mit den U 16- und U 17-Auswahlteams. Um auf höchstem Niveau auszubilden, muss ich Freude daran haben, Juniorentrainer zu sein - und die habe ich. Nach oben gibt es nicht nur den Aufzug, mir reicht die Treppe. Ich bin keiner, der sagt: "Morgen trainiere ich Bayern München." Ganz im Gegenteil, ich könnte das noch nicht.

DFB.de: Warum?

Freund: Ich glaube, dass ich mit meinen Erfahrungen als Spieler und als Trainer irgendwann mal oben ankommen und vielleicht eine Bundesligamannschaft trainieren kann. Es wäre Quatsch, wenn ich das nicht als Ziel ausgebe. Aber ich spüre, dass meine Erfahrungen noch nicht ausreichen. Da bin ich ganz ehrlich. Stand heute kann ich mir auch vorstellen, noch zehn Jahre U-Mannschaften zu trainieren.

DFB.de: Was ist das Besondere beim DFB?

Freund: Der Adler auf der Brust (lacht). Ich weiß, was ich am DFB habe, nämlich absolute Topbedingungen. Da bewegen wir uns auf einem Niveau mit Bundesligisten. Es gibt im Juniorenbereich sieben "Bundestrainer" für unsere Nation - ich bin einer davon. Das ist doch nicht so schlecht, oder?