FSV-Coach di Gregorio: "Italien kann für jedes Team Vorbild sein"

Der Deutsch-Italiener Baldassare "Baldo" di Gregorio, U 17-Trainer beim FSV Frankfurt, galt einst als großes Talent im europäischen Fußball. Jetzt fiebert der 37-Jährige mit seinem Team dem Startschuss in der Staffel Süd/Südwest der B-Junioren-Bundesliga entgegen. Im DFB.de-Interview spricht der Grundschullehrer mit Mitarbeiter Peter Haidinger über verpasste Chancen, die neue Saison und die EM.

DFB.de: In rund vier Wochen rollt in der Staffel Süd/Südwest der B-Junioren-Bundesliga wieder der Ball. Wie groß ist die Vorfreude, dass es bald wieder losgeht, Herr di Gregorio?

Baldo di Gregorio: Sehr groß. Für unsere Jungs ist es ein Privileg, in der Bundesliga spielen zu dürfen. Alle sind sehr fokussiert und brennen darauf, losgelassen zu werden.

DFB.de: Sie sind bereits seit einem Jahr beim FSV Frankfurt tätig, konnten die Mannschaft bislang wegen der Corona-Pandemie erst in fünf Ligaspielen betreuen. Wie haben Sie die lange Pause wahrgenommen?

di Gregorio: Wir hatten das Glück, auch während der Pandemie weitgehend trainieren zu dürfen, konnten allerdings phasenweise nur Individualtraining anbieten oder haben in Gruppen gearbeitet. Für den Teamsport Fußball benötigt man aber alle Spieler. Keine Frage: Einiges ist in den zurückliegenden Monaten auf der Strecke geblieben, aber die Jungs haben die Rückstände inzwischen aufgeholt. Wir befinden uns daher auf einem guten Weg. Für die Entwicklung der Jungs ist es aber enorm wichtig, dass sie Spielpraxis bekommen. Keine Trainingseinheit kann einen Wettkampf ersetzen.

DFB.de: Bei künftig 21 Mannschaften in der Liga wird es gleich sieben Absteiger geben. Welche Ziele setzen Sie sich für bevorstehende Spielzeit?

di Gregorio: Wir wollen viele Mannschaften ärgern und möglichst frühzeitig die nötigen Punkte für den Klassenverbleib holen. In erster Linie müssen wir den Kampf annehmen und unserer Linie treu bleiben. Wir wollen mutigen Offensivfußball zeigen. Da die Liga ohne Rückspiele stattfinden wird, ist ein guter Saisonstart ungemein wichtig.

DFB.de: Nach Trainertätigkeiten im Herrenbereich sind Sie erstmals für eine Nachwuchsmannschaft verantwortlich. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

di Gregorio: Ich wollte unbedingt mit jungen, hungrigen Spielern arbeiten, die hohe Ziele verfolgen und allesamt Profis werden wollen. Die Anbindung und Zusammenarbeit mit einem Nachwuchsleistungszentrum war mir dabei wichtig. Ich kann die Erfahrungen aus meiner eigenen Jugend im NLZ einbringen, damit die Jungs möglichst ihren Traum verwirklichen.

DFB.de: Bei Eintracht Frankfurt sind Sie als aktiver Spieler zum Profi geworden, haben außerdem für Ihren Heimatklub Kickers Offenbach gespielt. Nun die Trainerposition beim FSV. Welche Rolle spielt die Region bei Ihrer Auswahl der Vereine?

di Gregorio: Ich bin in Offenbach geboren und mit sieben Jahren nach Frankfurt gezogen. Ich lebe mit meiner Frau Anita und unseren beiden Töchtern Luana und Ava in der Mainmetropole. Frankfurt ist mein Lebensmittelpunkt. Von daher bin ich sehr froh, praktisch vor meiner Haustür arbeiten zu können.

DFB.de: Ihre Familie kommt ursprünglich aus Italien. Sie waren zwischenzeitlich auch für den NFC Orlandina auf Sizilien am Ball. Warum kam es schon nach einem halben Jahr zur Rückkehr nach Deutschland?

di Gregorio: Bei dem Wechsel in die vierte italienische Liga wurde mir sehr viel versprochen, aber leider nicht eingehalten. Ich wollte meine Karriere in einem sehr schönen Umfeld ausklingen lassen. Die Lebensqualität war sehr hoch, aber fußballerisch war es eine einzige Enttäuschung.

DFB.de: Neben Deutschland und Italien waren Sie auch in Bulgarien und Iran aktiv. Was ist Ihnen aus der Zeit im Ausland besonders in Erinnerung geblieben?

di Gregorio: In beiden Ländern gab es sehr viele gute Einzelspieler, die aber taktisch nicht so gut ausgebildet waren. Mit Gostaresh FC haben wir in der zweiten iranischen Liga um die Meisterschaft gespielt. In Bulgarien war ich für ein halbes Jahr bei Slavia Sofia. Ich war abenteuerhungrig, wollte etwas von der Welt sehen und habe sehr viele interessanten Menschen kennengelernt.

DFB.de: Sie haben 70 Spiele in der 2. Bundesliga bestritten. Wie helfen Ihnen diese Erfahrungen dabei, die jungen Spieler zu motivieren?

di Gregorio: In der Jugend galt ich als eines der größten Talente meines Jahrgangs. Viele Leute in meinem Umfeld sahen mich bereits als kommenden Bundesligaspieler, bei dem der Sprung in die Champions League nur eine Frage der Zeit ist. Jetzt muss ich ehrlich sagen: Ich habe mein Talent nicht ausgeschöpft, habe mich darauf ausgeruht. Deshalb sind es am Ende des Tages "nur" 70 Zweitligaspiele geworden. Rückblickend habe ich nicht das Maximum aus mir herausgekitzelt, bin an mir selbst gescheitert. Diese Erfahrungen will ich nun weitergeben. Die Jungs verfolgen alle Ziele, wollen in die Bundesliga, wissen aber nicht, was sie dafür tun müssen. Ich weiß zumindest genau, wie es nicht geht. (lacht)

DFB.de: Was muss ein junger Spieler mitbringen, um ganz oben anzuklopfen?

di Gregorio: Neben meiner Trainertätigkeit bin ich auch seit drei Jahren als Sportlehrer in einer Grundschule in Frankfurt tätig. Es ist heutzutage nicht einfach, in die Köpfe von jungen Menschen zu kommen. Man muss die Jungs packen, für eine Sache begeistern und offen und ehrlich mit ihnen umgehen. Um oben anzukommen, muss ein Spieler stets motiviert sein, sich Ziele setzen und alles dafür geben. Das versuche ich zu vermitteln.

DFB.de: Ihr Heimatland Italien ist erstmals nach mehr als 50 Jahren wieder Europameister geworden. Was können Sie sich von Trainer Roberto Mancini oder dem Team um Giorgio Chiellini und Leonardo Bonucci abschauen?

di Gregorio: Ich habe mich sehr für Italien gefreut und den Titelgewinn mit Freunden gefeiert. Italien hatte den besten Teamspirit, jeder gewonnene Zweikampf wurde abgefeiert. Die Mannschaft hat bei dieser EM überragenden Fußball gezeigt, war auch nach einer Führung stets gewillt, weitere Tore nachzulegen. Das war in früheren Zeiten nicht immer so. Italien hat den Titel mit viel Mut, einem großen Herz und einem starken Willen verdient gewonnen. Diese Einstellung kann für jedes Team ein Vorbild sein.

[mspw]

Der Deutsch-Italiener Baldassare "Baldo" di Gregorio, U 17-Trainer beim FSV Frankfurt, galt einst als großes Talent im europäischen Fußball. Jetzt fiebert der 37-Jährige mit seinem Team dem Startschuss in der Staffel Süd/Südwest der B-Junioren-Bundesliga entgegen. Im DFB.de-Interview spricht der Grundschullehrer mit Mitarbeiter Peter Haidinger über verpasste Chancen, die neue Saison und die EM.

DFB.de: In rund vier Wochen rollt in der Staffel Süd/Südwest der B-Junioren-Bundesliga wieder der Ball. Wie groß ist die Vorfreude, dass es bald wieder losgeht, Herr di Gregorio?

Baldo di Gregorio: Sehr groß. Für unsere Jungs ist es ein Privileg, in der Bundesliga spielen zu dürfen. Alle sind sehr fokussiert und brennen darauf, losgelassen zu werden.

DFB.de: Sie sind bereits seit einem Jahr beim FSV Frankfurt tätig, konnten die Mannschaft bislang wegen der Corona-Pandemie erst in fünf Ligaspielen betreuen. Wie haben Sie die lange Pause wahrgenommen?

di Gregorio: Wir hatten das Glück, auch während der Pandemie weitgehend trainieren zu dürfen, konnten allerdings phasenweise nur Individualtraining anbieten oder haben in Gruppen gearbeitet. Für den Teamsport Fußball benötigt man aber alle Spieler. Keine Frage: Einiges ist in den zurückliegenden Monaten auf der Strecke geblieben, aber die Jungs haben die Rückstände inzwischen aufgeholt. Wir befinden uns daher auf einem guten Weg. Für die Entwicklung der Jungs ist es aber enorm wichtig, dass sie Spielpraxis bekommen. Keine Trainingseinheit kann einen Wettkampf ersetzen.

DFB.de: Bei künftig 21 Mannschaften in der Liga wird es gleich sieben Absteiger geben. Welche Ziele setzen Sie sich für bevorstehende Spielzeit?

di Gregorio: Wir wollen viele Mannschaften ärgern und möglichst frühzeitig die nötigen Punkte für den Klassenverbleib holen. In erster Linie müssen wir den Kampf annehmen und unserer Linie treu bleiben. Wir wollen mutigen Offensivfußball zeigen. Da die Liga ohne Rückspiele stattfinden wird, ist ein guter Saisonstart ungemein wichtig.

DFB.de: Nach Trainertätigkeiten im Herrenbereich sind Sie erstmals für eine Nachwuchsmannschaft verantwortlich. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

di Gregorio: Ich wollte unbedingt mit jungen, hungrigen Spielern arbeiten, die hohe Ziele verfolgen und allesamt Profis werden wollen. Die Anbindung und Zusammenarbeit mit einem Nachwuchsleistungszentrum war mir dabei wichtig. Ich kann die Erfahrungen aus meiner eigenen Jugend im NLZ einbringen, damit die Jungs möglichst ihren Traum verwirklichen.

DFB.de: Bei Eintracht Frankfurt sind Sie als aktiver Spieler zum Profi geworden, haben außerdem für Ihren Heimatklub Kickers Offenbach gespielt. Nun die Trainerposition beim FSV. Welche Rolle spielt die Region bei Ihrer Auswahl der Vereine?

di Gregorio: Ich bin in Offenbach geboren und mit sieben Jahren nach Frankfurt gezogen. Ich lebe mit meiner Frau Anita und unseren beiden Töchtern Luana und Ava in der Mainmetropole. Frankfurt ist mein Lebensmittelpunkt. Von daher bin ich sehr froh, praktisch vor meiner Haustür arbeiten zu können.

DFB.de: Ihre Familie kommt ursprünglich aus Italien. Sie waren zwischenzeitlich auch für den NFC Orlandina auf Sizilien am Ball. Warum kam es schon nach einem halben Jahr zur Rückkehr nach Deutschland?

di Gregorio: Bei dem Wechsel in die vierte italienische Liga wurde mir sehr viel versprochen, aber leider nicht eingehalten. Ich wollte meine Karriere in einem sehr schönen Umfeld ausklingen lassen. Die Lebensqualität war sehr hoch, aber fußballerisch war es eine einzige Enttäuschung.

DFB.de: Neben Deutschland und Italien waren Sie auch in Bulgarien und Iran aktiv. Was ist Ihnen aus der Zeit im Ausland besonders in Erinnerung geblieben?

di Gregorio: In beiden Ländern gab es sehr viele gute Einzelspieler, die aber taktisch nicht so gut ausgebildet waren. Mit Gostaresh FC haben wir in der zweiten iranischen Liga um die Meisterschaft gespielt. In Bulgarien war ich für ein halbes Jahr bei Slavia Sofia. Ich war abenteuerhungrig, wollte etwas von der Welt sehen und habe sehr viele interessanten Menschen kennengelernt.

DFB.de: Sie haben 70 Spiele in der 2. Bundesliga bestritten. Wie helfen Ihnen diese Erfahrungen dabei, die jungen Spieler zu motivieren?

di Gregorio: In der Jugend galt ich als eines der größten Talente meines Jahrgangs. Viele Leute in meinem Umfeld sahen mich bereits als kommenden Bundesligaspieler, bei dem der Sprung in die Champions League nur eine Frage der Zeit ist. Jetzt muss ich ehrlich sagen: Ich habe mein Talent nicht ausgeschöpft, habe mich darauf ausgeruht. Deshalb sind es am Ende des Tages "nur" 70 Zweitligaspiele geworden. Rückblickend habe ich nicht das Maximum aus mir herausgekitzelt, bin an mir selbst gescheitert. Diese Erfahrungen will ich nun weitergeben. Die Jungs verfolgen alle Ziele, wollen in die Bundesliga, wissen aber nicht, was sie dafür tun müssen. Ich weiß zumindest genau, wie es nicht geht. (lacht)

DFB.de: Was muss ein junger Spieler mitbringen, um ganz oben anzuklopfen?

di Gregorio: Neben meiner Trainertätigkeit bin ich auch seit drei Jahren als Sportlehrer in einer Grundschule in Frankfurt tätig. Es ist heutzutage nicht einfach, in die Köpfe von jungen Menschen zu kommen. Man muss die Jungs packen, für eine Sache begeistern und offen und ehrlich mit ihnen umgehen. Um oben anzukommen, muss ein Spieler stets motiviert sein, sich Ziele setzen und alles dafür geben. Das versuche ich zu vermitteln.

DFB.de: Ihr Heimatland Italien ist erstmals nach mehr als 50 Jahren wieder Europameister geworden. Was können Sie sich von Trainer Roberto Mancini oder dem Team um Giorgio Chiellini und Leonardo Bonucci abschauen?

di Gregorio: Ich habe mich sehr für Italien gefreut und den Titelgewinn mit Freunden gefeiert. Italien hatte den besten Teamspirit, jeder gewonnene Zweikampf wurde abgefeiert. Die Mannschaft hat bei dieser EM überragenden Fußball gezeigt, war auch nach einer Führung stets gewillt, weitere Tore nachzulegen. Das war in früheren Zeiten nicht immer so. Italien hat den Titel mit viel Mut, einem großen Herz und einem starken Willen verdient gewonnen. Diese Einstellung kann für jedes Team ein Vorbild sein.

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