Flick: "Philosophie spielsystemunabhängig"

Bulgarien, Neuseeland, Tschechische Republik, Griechenland - Hansi Flick hat Meilen gesammelt in diesem Sommer. Vier Junioren-Nationalmannschaften hatten sich für eine FIFA- oder UEFA-Endrunde qualifiziert, und der DFB-Sportdirektor war überall dabei: U 17-EM, U 20-WM, U 21-EM, U 19-EM. Titel konnten Flick und die DFB-Trainer zwar nicht sammeln, dafür viele Erkenntnisse. Zum Beispiel, dass man sich auf dem Weltmeistertitel und der weltweit bewunderten Nachwuchsförderung nicht ausruhen darf.

"Unser Weg. Erfolg entwickeln." heißt das Programm, dass Flick bei der Fortbildung der U 19-Trainer der Leistungszentren in Frankfurt vorstellte. Ziel ist es, eine einheitliche Spielauffassung und -philosophie in der deutschen Talentförderung zu etablieren. Im DFB.de-Interview spricht der 50-Jährige mit Redakteur Norman Arnold über seine Ideen, das Abschneiden der Junioren-Nationalmannschaften und die Zusammenarbeit mit den Vereinen.

DFB.de: Herr Flick, Sie sind 2014 Weltmeister geworden, im Sommer 2015 waren alle U-Teams bei den Turnieren dabei - als DFB-Sportdirektor könnte man unzufriedener sein, oder?

Hansi Flick: Richtig, wir befinden uns auf einem sehr guten Niveau. Bei allen Turnieren dabei zu sein, war ein Riesenerfolg und ist keiner anderen Nation gelungen. Im Übrigen auch noch keiner anderen Generation von U-Mannschaften im DFB. Mit dem, was am Ende bei den Turnieren dann heraus gekommen ist, sind wir natürlich nicht zufrieden. Eine Chance haben wir ja noch bei der U 17-WM in Chile in diesem Herbst. Wir dürfen aber auch nicht zu kritisch mit unseren Leistungen in der Nachwuchsförderung sein. Vieles ist bereits sehr erfreulich - jetzt geht es darum, diesen letzten Tick herauszuholen.

DFB.de: Ein Baustein dabei ist das Programm "Unser Weg. Erfolg entwickeln". Können Sie erläutern, was sich dahinter verbirgt?

Flick: Der Slogan sagt vor allem eins: Es ist ein Prozess. Es geht darum, unsere Spielauffassung und Spielphilosophie zu optimieren, damit wir die beste Ausbildung der Welt haben.

DFB.de: Waren Ihre Erkenntnisse aus dem Abschneiden der U-Mannschaften bei den Turnieren im Sommer Grund dafür, eine neue Spielauffassung zu entwickeln?

Flick: Nein, dieser Gedanke hat sich schon vorher etabliert. Wir sind höchstens in unseren Einschätzungen bestätigt worden.



Bulgarien, Neuseeland, Tschechische Republik, Griechenland - Hansi Flick hat Meilen gesammelt in diesem Sommer. Vier Junioren-Nationalmannschaften hatten sich für eine FIFA- oder UEFA-Endrunde qualifiziert, und der DFB-Sportdirektor war überall dabei: U 17-EM, U 20-WM, U 21-EM, U 19-EM. Titel konnten Flick und die DFB-Trainer zwar nicht sammeln, dafür viele Erkenntnisse. Zum Beispiel, dass man sich auf dem Weltmeistertitel und der weltweit bewunderten Nachwuchsförderung nicht ausruhen darf.

"Unser Weg. Erfolg entwickeln." heißt das Programm, dass Flick bei der Fortbildung der U 19-Trainer der Leistungszentren in Frankfurt vorstellte. Ziel ist es, eine einheitliche Spielauffassung und -philosophie in der deutschen Talentförderung zu etablieren. Im DFB.de-Interview spricht der 50-Jährige mit Redakteur Norman Arnold über seine Ideen, das Abschneiden der Junioren-Nationalmannschaften und die Zusammenarbeit mit den Vereinen.

DFB.de: Herr Flick, Sie sind 2014 Weltmeister geworden, im Sommer 2015 waren alle U-Teams bei den Turnieren dabei - als DFB-Sportdirektor könnte man unzufriedener sein, oder?

Hansi Flick: Richtig, wir befinden uns auf einem sehr guten Niveau. Bei allen Turnieren dabei zu sein, war ein Riesenerfolg und ist keiner anderen Nation gelungen. Im Übrigen auch noch keiner anderen Generation von U-Mannschaften im DFB. Mit dem, was am Ende bei den Turnieren dann heraus gekommen ist, sind wir natürlich nicht zufrieden. Eine Chance haben wir ja noch bei der U 17-WM in Chile in diesem Herbst. Wir dürfen aber auch nicht zu kritisch mit unseren Leistungen in der Nachwuchsförderung sein. Vieles ist bereits sehr erfreulich - jetzt geht es darum, diesen letzten Tick herauszuholen.

DFB.de: Ein Baustein dabei ist das Programm "Unser Weg. Erfolg entwickeln". Können Sie erläutern, was sich dahinter verbirgt?

Flick: Der Slogan sagt vor allem eins: Es ist ein Prozess. Es geht darum, unsere Spielauffassung und Spielphilosophie zu optimieren, damit wir die beste Ausbildung der Welt haben.

DFB.de: Waren Ihre Erkenntnisse aus dem Abschneiden der U-Mannschaften bei den Turnieren im Sommer Grund dafür, eine neue Spielauffassung zu entwickeln?

Flick: Nein, dieser Gedanke hat sich schon vorher etabliert. Wir sind höchstens in unseren Einschätzungen bestätigt worden.

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DFB.de: Sie haben auf der Tagung der Nachwuchstrainer der Leistungszentren einige Kernthesen der neuen Spielphilosophie vorgestellt. Begriffe wie "4-2-3-1", "falsche Neun" oder "abkippende Sechs" sucht man darin vergeblich...

Flick: ... und das ist ganz bewusst so. Wir haben in den vergangenen Jahren ein bisschen viel über Systeme gesprochen. Unsere Philosophie ist spielsystemunabhängig. Sie nennt klare Leitlinien und Leitsätze, gibt den Spielern Handlungsempfehlungen. Wir möchten die Spieler nicht in Schablonen stecken, sondern ihre Kreativität fördern. Wenn die fußballerische Basis gelegt ist, sind sie dann auch in der Lage, verschiedene Systeme zu spielen. Wichtig ist uns, dass wir die deutschen Tugenden nicht vergessen.

DFB.de: Also mannschaftliche Geschlossenheit, starke Physis, ...

Flick: ... Disziplin, Respekt, Zielstrebigkeit, Verlässlichkeit. Genau diese. Für mich sind diese traditionellen Werte etwas ausgesprochen Positives. Wir müssen uns das bewahren, dürfen darüber den Blick über den Tellerrand aber nicht verlieren. Wir sind neugierig und offen für vieles, setzen uns mit Eindrücken aus anderen Nationen auseinander und entwickeln dementsprechend unsere Werte weiter. Die deutschen Tugenden 2.0, sozusagen - traditionelle Werte mit modernem Einfluss einer neuen Kultur.

DFB.de: Wie sehen die Ideen der Spielphilosophie konkret aus?

Flick: In einem ersten Schritt haben wir kurze, prägnante Leitlinien formuliert, mit denen sich jeder identifizieren kann. Wir wollen aktiv sein, das Spiel bestimmen, Ballbesitz haben, Tore erzielen. Daraus ergeben sich Leitsätze. Für die Defensive zum Beispiel: "antizipieren statt spekulieren". Oder für die Offensive: "So tief wie möglich, so breit wie nötig spielen". Am Ende geht es darum, die Spieler mit unseren Handlungsempfehlungen in die Lage zu versetzen, möglichst viele Situationen auf dem Platz möglichst optimal lösen zu können.

DFB.de: Welche Rolle spielen die Vereine bei der Umsetzung Ihrer Ideen?

Flick: Ganz klar, nicht alleine der DFB bildet die Talente aus, auch die Vereine spielen in der Ausbildung eine wesentliche Rolle. Uns allen geht es darum, die Toptalente gemeinsam noch besser zu machen. Wir haben in Deutschland dank der Zusammenarbeit mit Vereinen und DFL überragende Strukturen. Vieles beim DFB wie die Trainerausbildung oder das Talentförderprogramm funktioniert schon hervorragend. Dort müssen wir nur an der einen oder anderen Stellschraube drehen. Wie das in der täglichen Trainingsarbeit aussehen kann, haben wir jetzt beispielsweise in der Fortbildung für die U 19-Trainer in einer Demotrainingseinheit von (dem designierten U 21-Trainer; Anm. d. Red.) Marcus Sorg demonstriert. Sie bestand aus verschiedenen Spielformen mit vielen Ballkontakten, Eins-gegen-Eins-Duellen und Torabschlüssen. Durch die richtigen Hinweise und Erklärungen kann man dann im Coaching der Spieler die Umsetzung unserer Leitsätze steuern.

DFB.de: Bei der Fortbildung für U-Trainer der Leistungszentren sind neben Ihnen auch die DFB-Trainer Marcus Sorg, Guido Streichsbier, Meikel Schönweitz und Christian Wück anwesend. Ist diese hohe Prominenz auch ein Ausdruck dafür, wie wichtig Ihnen der Austausch mit den Vereinen ist?

Flick: Das gehört für mich einfach dazu. Mir ist wichtig, dass die Trainer nach Hause gehen und sagen, ich habe etwas dazugelernt oder für mich mitgenommen. Es soll keine Stempel-Veranstaltung sein, bei der sich die Trainer nur den Nachweis für ihre Lizenzverlängerung abholen. Außerdem können wir durch Kommunikation Wissen generieren. Deshalb suchen wir immer wieder den Dialog und die Diskussion mit den Trainerkollegen.