Flick: "Freue mich riesig auf Arbeit mit neuer Datenbank"

Frage: Wissen Sie, ob andere Nationalverbände ihre sportlichen Daten ebenfalls bündeln?

Flick: Das kann ich nicht sagen. Von unserer Datenbank war ich bei der Vorstellung jedenfalls sofort begeistert. Die Auswertungen, die man machen kann, sind so vielseitig, dass ich mich schon riesig freue, mit der Datenbank zu arbeiten.

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Für Hansi Flick ist praktisch von seinem ersten Arbeitstag beim DFB der Kollege Computer ein wichtiger Partner bei der alltäglichen Arbeit. Nun wird mit einer online-abrufbaren Datenbank die seit Jahren intensivierte Leistungsdiagnostik rund um die Nationalmannschaft konsequent ausgebaut.

Die Wahrheit ist auf dem Platz. Aber die Vorbereitung für das Geschehen auf dem Platz erfährt durch die am Montag in Düsseldorf vorgestellte Datenbank eine neue Qualität. DFB-Internetredakteur Thomas Hackbarth befragt den Assistenten des Bundestrainers im aktuellen "DFB.de Gespräch der Woche" zu den wichtigen Innovationen.

Frage:Herr Flick, ein langer Anlauf kommt ins Ziel. Wie viel Zeit haben Sie in die Vorarbeiten für die Datenbank der Nationalmannschaft stecken müssen?

Hansi Flick: Ich habe im September 2006 das Amt als Assistent von Joachim Löw angetreten. Das Erstellen des Entwurfs für die Datenbank war eines meiner ersten Projekte und wurde schnell erledigt. Im November 2006 habe ich dem DFB das Konzept vorgelegt. Dann begannen für die Experten von DFB-Medien die Feinarbeiten. Klar war vom Start, dass bei diesem hochsensiblen Thema die Datensicherheit absolute Priorität haben muss. Um hier wirklich Gewissheit zu haben, mussten wir einen Partner gewinnen, der über herausragende Kompetenzen in diesem Feld verfügt. Das hat nun die InterComponent Ware AG von Dietmar Hopp in Zusammenarbeit mit der DFB-Tochterfirma DFB-Medien klasse hinbekommen.

Frage: Kannten Sie die Firma ICW schon aus ihrer Zeit bei 1899 Hoffenheim?

Flick: Ja, aber die Verbindung mit dem DFB kam ganz unabhängig von mir zu Stande.

Frage: Welche Daten liegen in der Datenbank?

Flick: Gesammelt und festgehalten werden alle Daten, die uns von jedem Spieler vorliegen, darunter etwa auch alle administrativen Informationen, bis hin zur Adresse für Einladungen, der Kontoverbindung oder dem Geburtstag der Frau oder Freundin. Dazu kommen dann – und das ist der spannendere Teil - die umfangreichen Leistungsdaten der Spieler. Darunter verstehen wir sowohl physische Daten, die wir bei Spielen oder durch Leistungstests gesammelt haben, wie auch medizinische Informationen. Dazu geben wir unsere Spielbeobachtungen ein. Durch die online-basierte Datenbank können wir Trainer auch unterwegs auf alle Informationen zugreifen und daran arbeiten.

Frage: Ein Dienstleister der Nationalmannschaft filmt jedes Spiel mit sechs Kameras, und auch diese Daten werden akribisch ausgewertet.

Flick: Ja, das stimmt. Die Aufzeichnungen unseres Spielanalyse-Systems Amisco werden ausgewertet und in der Datenbank gespeichert. So können wir zum Beispiel analysieren, wie gut das Zweikampfverhalten, wie hoch die Passgenauigkeit oder wie groß die Laufstrecke und das Lauftempo eines jeden Spielers ist. Wir können diese Werte mit anderen Spielern vergleichen oder auch mit wenigen Knopfdrücken die Werte eines Spielers aus verschiedenen Spielen gegenüberstellen. Auch die Umsetzung taktischer Vorgaben werden erfasst. Dadurch können wir erkennen: Was hat der Spieler oder die gesamte Mannschaft gut umgesetzt, was weniger gut, woran müssen wir arbeiten.

Frage: Ermittelt wird also nicht nur die Laufstrecke – wie es die Fans ja etwa von den TV-Übertragungen bei der Europameisterschaft kennen –, sondern vor allem auch die Distanz, die ein Spieler bei höchstem Tempo zurücklegt?

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Flick: Der Sprint ist ein schneller Lauf ab 24 km/h. Wir unterteilen das Lauftempo in verschiedene Kategorien, und suchen dann Spieler, die möglichst oft in der höchsten Kategorie unterwegs sind. Das Spiel ist in den vergangenen Jahren gerade auf internationaler Ebene so viel schneller geworden. Wir brauchen Spieler, die viele schnelle Aktionen haben. Wenn die Mannschaft hier Defizite hat, wird sie auch kein Spiel gewinnen. Unsere Maßgabe ist es, dass die Mannschaft schnell nach vorne spielt, schnelle Aktionen ins Spiel einbringt und schnell zum Abschluss kommt. Dazu gehören sicher auch kurze Intervalle zwischen Ballannahme und Weiterspielen des Balles. Auch das messen wir und sammeln die Daten. Die Gesamt-Laufstrecke ist mit 11 bis 13 km im Spitzenfußball eigentlich immer gleich.

Frage: Wer ist der Sprintkönig in der Nationalmannschaft?

Flick: Wenn man das WM-Qualifikationsspiel oder auch das EM-Finale betrachtet, war Bastian Schweinsteiger derjenige mit der besten Laufleistung, also mit den meisten Läufen bei höchstem Tempo.

Frage: Wird die DFB-Datenbank ausschließlich für die A-Nationalmannschaft eingesetzt?

Flick: Die Datenbank in der heutigen Form ist für das A-Team und die U 21-Auswahl angelegt. Perspektivisch wird es wichtig sein, die Datenbank auch mit Informationen der Juniorenmannschaften zu füllen. Ein großer Vorteil ist es, dass wir von überall auf die Daten zugreifen können. Oft sind Joachim Löw, Andreas Köpke und ich beim Beobachten der Nationalspieler in ganz Deutschland unterwegs. Wenn wir jetzt sofort die Beobachtungen und Erkenntnisse in die Datenbank eingeben und der jeweils Andere sie auch sofort nutzen kann, gewinnen wir Zeit. Zugriff auf die Datenbank haben die Physiotherapeuten, der Sportpsychologe und unsere Mannschaftsärzte, wobei der Trainerstab die umfangreichsten Zugriffs- und Bearbeitungsrechte hat.

Frage: Wissen Sie, ob andere Nationalverbände ihre sportlichen Daten ebenfalls bündeln?

Flick: Das kann ich nicht sagen. Von unserer Datenbank war ich bei der Vorstellung jedenfalls sofort begeistert. Die Auswertungen, die man machen kann, sind so vielseitig, dass ich mich schon riesig freue, mit der Datenbank zu arbeiten.