Fichtel-Comeback mit 43: "Warum tust du dir das an?"

34 Spieltage, 34 besondere Begegnungen, 34 Zeitzeugen. Auf DFB.de erinnern sich prägende Figuren der Bundesligageschichte an ganz spezielle Duelle, passend zum jeweils aktuellen Spieltag der Saison 2013/2014. Heute: Klaus Fichtel erzählt im DFB.de-Gespräch mit Autor Udo Muras von seiner Rückkehr zum FC Schalke 04 im Sommer 1984 im Alter von 39 Jahren - und seinen endgültigen Abschied vom Fußball im Duell gegen Werder Bremen im Mai 1988 - mit inzwischen über 43 Jahren. Das historische Interview.

Als der heute 68 Jahre alte Klaus Fichtel im Sommer 1984 im Alter von 39 Jahren zu Schalke 04 zurückkehrte, sagte er: "Ich hoffe, dass sie mich nicht mehr brauchen werden." Seine Karriere war zu Ende, er war eigentlich nur noch der Co-Trainer. Aber sie brauchten ihn doch noch, sogar noch zwei Jahre nach seinem offiziellen Abschiedsspiel im August 1986.

Erst am 21. Mai 1988 trat er im Spiel gegen Werder Bremen von der Bundesliga-Bühne ab, im für Profifußballer biblischen Alter von 43 Jahren, sechs Monaten und zwei Tagen. Anlässlich der Wiederkehr der Begegnung zwischen den Königsblauen und den Hanseaten am Samstag (ab 15.30 Uhr, live auf Sky) erzählt Fichtel, wie es zu seinem Rekord kommen konnte.

DFB.de: Herr Fichtel, Schalke war im Mai 1988 bereits abgestiegen, Werder Meister. Eigentlich ein bedeutungsloses Spiel. Nur nicht für Sie. Was wissen Sie noch von diesem Tag?

Klaus Fichtel: Da ich ja auch vier Jahre für Werder gespielt hatte, war es sehr emotional für mich. Vom Kopf her keine so einfache Sache. Es war der letzte Spieltag und wir haben 1:4 oder 2:4 verloren…

DFB.de: 1:4 war richtig.

Fichtel: Ja, genau. Die Bremer hatten damals eine Supertruppe zusammen, und wir waren zu einer Fahrstuhlmannschaft geworden. Wer nach 34 Spieltagen unten steht, steigt zu Recht ab.

DFB.de: Der Kicker hat Ihnen zum Abschied für Ihr 552. Bundesligaspiel noch die Note 2 gegeben - als einzigem Schalker. Mal ehrlich: Konnten Sie mit 43 wirklich noch so gut mithalten?

Fichtel: Ich habe ja alle Waldläufe und das Aufwärmtraining mitgemacht, und wenn im Training eine ungerade Zahl war, auch bei den Spielchen. Ich war fit und habe immer professionell und solide gelebt. Den Mittwoch-Samstag-Rhythmus, den die Jungs heute haben, hätte ich nicht mehr gepackt. Aber so ging es.

DFB.de: Zumal auf dem Libero-Posten, den es ja längst nicht mehr gibt. Oder würden Sie heute auch noch ein Plätzchen finden, wenn Sie noch mal 43 wären?

Fichtel: In der Innenverteidigung sicher nicht. Die sind ja heute alle 1,90 Meter lang. Also wenn, dann sicherlich im defensiven Mittelfeld. Ich habe mich ja auch nicht aufgedrängt damals, wir hatten halt in der Abwehr so viele Verletzte gleichzeitig: Jakobs, Hannes und wie sie alle hießen.

DFB.de: Sie wurden ja bereits acht Jahre zuvor auf Schalke ausgemustert. Hat Sie das so gewurmt, dass Sie es allen noch mal zeigen wollten?

Fichtel: Gewurmt nicht. Irgendwo konnte ich den neuen Trainer Jusufi ja verstehen, er wollte den Neuaufbau - und ich war eben schon 35. Schalke bot mir dann eine Stelle als Jugendtrainer an. Aber ich fühlte mich dafür noch zu jung und ich war noch fit genug, um weiterzuspielen.

DFB.de: Was Sie in Bremen bewiesen haben: Nach dem Aufstieg machten Sie in den ersten beiden Jahren 67 von 68 Bundesligaspielen.

Fichtel: Mit Otto Rehhagel hatte ich eben einen Trainer, der immer gesagt hat: "Es gibt keine jungen oder alten Spieler, nur gute und schlechte."

DFB.de: Aber auch Ihre Schalker Trainer nach der Rückkehr sahen das wohl so. Sie kamen noch auf 40 Bundesligaeinsätze als über 40-Jähriger. Wie fand das eigentlich Ihre Familie, dass Sie einfach immer weiterspielten?

Fichtel: Meine Frau hat schon mal gesagt: "Warum machst du das noch, warum tust du dir das an? Ihr verliert ja sowieso immer." Was Frauen halt so sagen. Aber da ich ja auch als Co-Trainer immer mit der Mannschaft unterwegs gewesen wäre, war das für das Privatleben eigentlich kein großer Unterschied.

DFB.de: Am Rande bemerkt: Stimmt es eigentlich, dass Ihre Frau Ihre Trikots, die Sie mit Gegenspielern tauschten, zu Putzlappen verarbeitet hat?

Fichtel: (lacht) Also ich habe sie alle noch. Aber es stimmt, dass sie eines der Trikots, die ich von der WM 1970 aus Mexiko mitgebracht habe, mal zum Fensterputzen genommen hat.

DFB.de: Und haben Sie auch noch das Trikot Ihres letzten Spiels?

Fichtel: Ja, das hat mein Sohn bekommen, und das hält er in Ehren.

DFB.de: Wie ist Ihr Kontakt heute zu Schalke?

Fichtel: Ich habe, bis ich 65 war, für die Scoutingabteilung gearbeitet. Dann habe ich Schluss gemacht, wie angekündigt. Und diesmal habe ich mich dran gehalten. Bei der Traditionsmannschaft kicke ich immer noch mit, und zu den Heimspielen gehe ich auch. Wir kriegen ja immer Karten - alles so, wie es sein soll.

DFB.de: Da muss ich wohl nicht fragen, für wen Ihr Herz am Samstag schlägt?

Fichtel: Nein. Obwohl ich sagen muss, dass ich in Bremen sehr gerne war, da war es so schön ruhig. Ganz im Gegensatz zu Schalke…

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34 Spieltage, 34 besondere Begegnungen, 34 Zeitzeugen. Auf DFB.de erinnern sich prägende Figuren der Bundesligageschichte an ganz spezielle Duelle, passend zum jeweils aktuellen Spieltag der Saison 2013/2014. Heute: Klaus Fichtel erzählt im DFB.de-Gespräch mit Autor Udo Muras von seiner Rückkehr zum FC Schalke 04 im Sommer 1984 im Alter von 39 Jahren - und seinen endgültigen Abschied vom Fußball im Duell gegen Werder Bremen im Mai 1988 - mit inzwischen über 43 Jahren. Das historische Interview.

Als der heute 68 Jahre alte Klaus Fichtel im Sommer 1984 im Alter von 39 Jahren zu Schalke 04 zurückkehrte, sagte er: "Ich hoffe, dass sie mich nicht mehr brauchen werden." Seine Karriere war zu Ende, er war eigentlich nur noch der Co-Trainer. Aber sie brauchten ihn doch noch, sogar noch zwei Jahre nach seinem offiziellen Abschiedsspiel im August 1986.

Erst am 21. Mai 1988 trat er im Spiel gegen Werder Bremen von der Bundesliga-Bühne ab, im für Profifußballer biblischen Alter von 43 Jahren, sechs Monaten und zwei Tagen. Anlässlich der Wiederkehr der Begegnung zwischen den Königsblauen und den Hanseaten am Samstag (ab 15.30 Uhr, live auf Sky) erzählt Fichtel, wie es zu seinem Rekord kommen konnte.

DFB.de: Herr Fichtel, Schalke war im Mai 1988 bereits abgestiegen, Werder Meister. Eigentlich ein bedeutungsloses Spiel. Nur nicht für Sie. Was wissen Sie noch von diesem Tag?

Klaus Fichtel: Da ich ja auch vier Jahre für Werder gespielt hatte, war es sehr emotional für mich. Vom Kopf her keine so einfache Sache. Es war der letzte Spieltag und wir haben 1:4 oder 2:4 verloren…

DFB.de: 1:4 war richtig.

Fichtel: Ja, genau. Die Bremer hatten damals eine Supertruppe zusammen, und wir waren zu einer Fahrstuhlmannschaft geworden. Wer nach 34 Spieltagen unten steht, steigt zu Recht ab.

DFB.de: Der Kicker hat Ihnen zum Abschied für Ihr 552. Bundesligaspiel noch die Note 2 gegeben - als einzigem Schalker. Mal ehrlich: Konnten Sie mit 43 wirklich noch so gut mithalten?

Fichtel: Ich habe ja alle Waldläufe und das Aufwärmtraining mitgemacht, und wenn im Training eine ungerade Zahl war, auch bei den Spielchen. Ich war fit und habe immer professionell und solide gelebt. Den Mittwoch-Samstag-Rhythmus, den die Jungs heute haben, hätte ich nicht mehr gepackt. Aber so ging es.

DFB.de: Zumal auf dem Libero-Posten, den es ja längst nicht mehr gibt. Oder würden Sie heute auch noch ein Plätzchen finden, wenn Sie noch mal 43 wären?

Fichtel: In der Innenverteidigung sicher nicht. Die sind ja heute alle 1,90 Meter lang. Also wenn, dann sicherlich im defensiven Mittelfeld. Ich habe mich ja auch nicht aufgedrängt damals, wir hatten halt in der Abwehr so viele Verletzte gleichzeitig: Jakobs, Hannes und wie sie alle hießen.

DFB.de: Sie wurden ja bereits acht Jahre zuvor auf Schalke ausgemustert. Hat Sie das so gewurmt, dass Sie es allen noch mal zeigen wollten?

Fichtel: Gewurmt nicht. Irgendwo konnte ich den neuen Trainer Jusufi ja verstehen, er wollte den Neuaufbau - und ich war eben schon 35. Schalke bot mir dann eine Stelle als Jugendtrainer an. Aber ich fühlte mich dafür noch zu jung und ich war noch fit genug, um weiterzuspielen.

DFB.de: Was Sie in Bremen bewiesen haben: Nach dem Aufstieg machten Sie in den ersten beiden Jahren 67 von 68 Bundesligaspielen.

Fichtel: Mit Otto Rehhagel hatte ich eben einen Trainer, der immer gesagt hat: "Es gibt keine jungen oder alten Spieler, nur gute und schlechte."

DFB.de: Aber auch Ihre Schalker Trainer nach der Rückkehr sahen das wohl so. Sie kamen noch auf 40 Bundesligaeinsätze als über 40-Jähriger. Wie fand das eigentlich Ihre Familie, dass Sie einfach immer weiterspielten?

Fichtel: Meine Frau hat schon mal gesagt: "Warum machst du das noch, warum tust du dir das an? Ihr verliert ja sowieso immer." Was Frauen halt so sagen. Aber da ich ja auch als Co-Trainer immer mit der Mannschaft unterwegs gewesen wäre, war das für das Privatleben eigentlich kein großer Unterschied.

DFB.de: Am Rande bemerkt: Stimmt es eigentlich, dass Ihre Frau Ihre Trikots, die Sie mit Gegenspielern tauschten, zu Putzlappen verarbeitet hat?

Fichtel: (lacht) Also ich habe sie alle noch. Aber es stimmt, dass sie eines der Trikots, die ich von der WM 1970 aus Mexiko mitgebracht habe, mal zum Fensterputzen genommen hat.

DFB.de: Und haben Sie auch noch das Trikot Ihres letzten Spiels?

Fichtel: Ja, das hat mein Sohn bekommen, und das hält er in Ehren.

DFB.de: Wie ist Ihr Kontakt heute zu Schalke?

Fichtel: Ich habe, bis ich 65 war, für die Scoutingabteilung gearbeitet. Dann habe ich Schluss gemacht, wie angekündigt. Und diesmal habe ich mich dran gehalten. Bei der Traditionsmannschaft kicke ich immer noch mit, und zu den Heimspielen gehe ich auch. Wir kriegen ja immer Karten - alles so, wie es sein soll.

DFB.de: Da muss ich wohl nicht fragen, für wen Ihr Herz am Samstag schlägt?

Fichtel: Nein. Obwohl ich sagen muss, dass ich in Bremen sehr gerne war, da war es so schön ruhig. Ganz im Gegensatz zu Schalke…