FCB-Juniorencoach Vogel: "Lahm wäre sogar als Torwart gut"

Vogel: Wir schauen mal, was der Mannschaft und mir so einfällt. Für mich ist es das Schönste, wenn meine Spieler schon eine halbe Stunde vor dem eigentlichen Trainingsbeginn zum Zocken auf den Platz gehen. In Basel hatten wir eine sehr verspielte Truppe. Alex Frei wettete nach einem Training mal zehn Franken, dass er in den Mülleimer trifft. Ich habe den Einsatz auf 20 erhöht, wohl wissend, dass Alex ein exzellenter Freistoßschütze ist. Später machte die ganze Mannschaft mit. Wir haben sowohl auf als auch neben dem Platz an der Spielkonsole sehr viel gezockt. Wenn es um das Spiel "Mario Kart" geht, bin ich auf jeden Fall Weltmeister (lächelt).

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Sechs Jahre war er weg, doch seine markanten orange-roten Haare sind nicht nur einigen seiner ehemaligen Schützlinge beim FC Bayern München gut in Erinnerungen geblieben und passen quasi perfekt zu Heiko Vogel. "Das Feuer brennt in mir", sagt der 37-Jährige nach seiner Rückkehr zum Triplesieger über seine neue Aufgabe. Als U 19-Trainer soll und will der Fußball-Lehrer da weitermachen, wo er 2007 aufgehört hatte: Herausragende Talente zu Profis und Nationalspielern formen.

DFB-Kapitän Philipp Lahm, die Nationalspieler Thomas Müller und Mats Hummels (Borussia Dortmund) oder auch Mehmet Ekici (SV Werder Bremen) sind nur einige ehemalige Jugendspieler, deren Entwicklung Heiko Vogel in seiner neunjährigen Zeit an der Säbener Straße (1998 bis 2007) vorangetrieben hatte. In den vergangenen Jahren machte sich der studierte Sportwissenschaftler auch international einen Namen, gewann mit dem FC Basel zunächst als Assistent von Thorsten Fink und später als Cheftrainer das Double aus Meisterschaft und Pokal.

Der Trainer des Jahres 2012 in der Schweiz führte den Verein in der Spielzeit 2011/2012 sogar bis in das Achtelfinale der Champions League - und wurde trotzdem entlassen. Der Wechsel von der "Königsklasse" zurück in den Nachwuchsbereich ist für ihn allerdings kein Rückschritt. Mit dem Journalisten Dominik Sander spricht der redegewandte Heiko Vogel im exclusiven DFB.de-Interview über die Veränderungen beim FC Bayern, seine Zeit in Basel sowie die Entwicklung von Philipp Lahm und Thomas Müller.

DFB.de: In der vergangenen Woche kehrten Sie nach rund sechs Jahren Abstinenz zum FC Bayern zurück. Sind Sie schon wieder heimisch in München, Herr Vogel?

Heiko Vogel: Absolut. Es war eine kurze Anlaufzeit. Auch weil ich beim FC Bayern in relativ viele bekannte Gesichter geblickt habe. Mit meiner Familie lebe ich am Tegernsee und damit nicht weit weg von München. Vor der eigenen Haustür zu arbeiten, ist ja nicht ganz so schlecht.

DFB.de: Sie wurden keine zwei Tage nach dem Wechsel Ihres Vorgängers Marc Kienle zum Drittligisten SV Wehen Wiesbaden in München vorgestellt. Warum ging es so schnell?

Vogel: Weil sofort alles gepasst hat und die Aufgabe sehr reizvoll ist. Über Co-Trainer Hermann Gerland oder meinen ehemaligen Baseler Spieler Xherdan Shaqiri bestand schon länger Kontakt zum FC Bayern. Am 27. Oktober rhielt ich den ersten Anruf von Sportdirektor Matthias Sammer, den ich ebenfalls schon seit Jahren kenne. Einen Tag später kam ich in sein Büro und dann ging alles ganz schnell.

DFB.de: Was hat sich während Ihrer Abwesenheit an der Säbener Straße verändert?

Vogel: Einiges, aber ich kam zumindest noch ohne ein Navigationsgerät aus, um den Weg zu finden (lacht). Die Infrastruktur ist enorm gewachsen und hat nicht mehr viel mit der aus meiner ersten Zeit beim FC Bayern zu tun. Der Verein bewegt sich mit seinen Möglichkeiten inzwischen nicht nur bei den Profis auf einer sehr hohen Ebene.

DFB.de: Vom Cheftrainerposten bei einem Champions-League-Teilnehmer zurück in den Nachwuchs. Ist das nicht ein Rückschritt?

Vogel: Diese Frage wurde mir schon öfter gestellt. Der FC Bayern ist eine der besten Adressen weltweit. Daher ein klares Nein. Ich bin ein Mensch, der nicht zurückschaut, und bin diesen Schritt ganz bewusst gegangen. Bei meiner neuen Aufgabe kann ich mich voll entfalten und - etwas unabhängiger von den Resultaten - noch mehr Einfluss auf die Entwicklung einzelner Spieler nehmen. Es gab auch Angebote von anderen Vereinen. Doch beim FC Bayern hatte ich sofort ein gutes Gefühl, das nach den ersten Tagen sogar noch besser geworden ist.

DFB.de: Wie lange dauerte es, um die Entlassung in Basel zu verkraften?

Vogel: Kein Trainer jubelt bei seiner eigenen Entlassung. Auch ich war zunächst in meinem Stolz etwas gekränkt. Doch irgendwann kommt eine Phase, in der du merkst, dass dieser Punkt nur ein kleiner Teil der Station war. Mit dem FC Basel verbinde ich nun in erster Linie schöne Erinnerungen an die Meisterschaften und Pokalsiege.

DFB.de: In der "Königsklasse" kommt es bald zum Rückspiel zwischen dem Bundesligisten FC Schalke 04 und Ihrem Ex-Klub. Wie schätzen Sie die Schalker Chancen nach dem 1:0-Auswärtssieg im Hinspiel ein?

Vogel: Der FC Basel ist auch international eine gefährliche Mannschaft. Ich denke nicht, dass Schalke den Fehler machen und den FCB unterschätzen wird. Das Hinspiel hat gezeigt, dass der FCB gerade in der Offensive mit Valentin Stocker und Mohamed Salah, aber auch dem ehemaligen Wolfsburger Giovanni Sio gefährliche Waffen verfügt. Ich glaube aber, dass Schalke die Aufgabe so lösen kann, um in die nächste Runde einzuziehen.

DFB.de: Zurück zum FC Bayern: In den ersten Tagen haben Sie viele ehemalige Weggefährten und einige ehemalige Jugendspieler getroffen. Welches Wiedersehen war das schönste für Sie?

Vogel: An dieser Stelle muss ich ganz klar den "Tiger" nennen. Hermann Gerland ist für mich charakterlich ein Wahnsinns-Typ und auch eine Art Vorbild für mich. Auch über das Wiedersehen mit Toni Kroos und Xherdan Shaqiri habe ich mich sehr gefreut.

DFB.de: Haben auch Philipp Lahm und Thomas Müller Ihren ehemaligen Ausbilder sofort wieder erkannt?

Vogel: Ich denke, durch meine markante Haarfarbe fällt es schwer, mich nicht zu erkennen. (lacht) Philipp Lahm und Thomas Müller haben sofort zu mir gesagt: "Willkommen daheim." Bei diesen beiden sprechen wir über absolute Ausnahmespieler, die sich schon in der Jugend deutlich von der Masse abgehoben haben. Thomas zeichnete schon im Alter von zwölf, dreizehn Jahren sein unorthodoxer Stil und Philipp seine enorme Flexibilität aus. Ich bin mir sicher, er würde trotz seiner Größe auch irgendwie einen Weg finden, als Torwart eine gute Figur abzugeben.

DFB.de: Stichwort Haarfarbe: Menschen mit roten Haaren gelten oft als "Feuerkopf", soll heißen besonders ehrgeizig und emotional. Sind Sie ein Typ wie Matthias Sammer?

Vogel: Ich versuche, mich um Kontenance zu bemühen. Für mich macht Emotionalität aber den Fußball wesentlich attraktiver. In meinem Naturell liegt es, mir ambitionierte Ziele zu setzen und auch alles dafür zu tun. Das ist vielleicht in gewisser Weise auch auf meine Haarfarbe zurückzuführen. Meinen Mannschaften bringe ich bei, dass der Teufel im Detail liegt, und will so das Bewusstsein für Großes schärfen.

DFB.de: Nach ihrem Einstand beim 0:2 gegen den FSV Mainz 05 steht die Münchner U 19 nur auf dem neunten Tabellenplatz. Können Sie noch einmal oben angreifen?

Vogel: Ich schließe im Fußball nie etwas aus. Allerdings stehen im Nachwuchsbereich nicht Titel über allem anderen. Primär geht es darum, die Spieler voranzubringen. Um die Schnittstelle zu den Profis möglichst klein zu halten, will ich die Jungs schon jetzt an die entsprechenden Abläufe gewöhnen. Denn wir alle im Junior Team haben das Ziel, möglichst viele Spieler für unsere eigene Profimannschaft auszubilden.

DFB.de: In Basel überraschten Sie unter anderem auch durch innovative Trainingsmethoden. Wird in München demnächst auch auf Mülltonnen geschossen?

Vogel: Wir schauen mal, was der Mannschaft und mir so einfällt. Für mich ist es das Schönste, wenn meine Spieler schon eine halbe Stunde vor dem eigentlichen Trainingsbeginn zum Zocken auf den Platz gehen. In Basel hatten wir eine sehr verspielte Truppe. Alex Frei wettete nach einem Training mal zehn Franken, dass er in den Mülleimer trifft. Ich habe den Einsatz auf 20 erhöht, wohl wissend, dass Alex ein exzellenter Freistoßschütze ist. Später machte die ganze Mannschaft mit. Wir haben sowohl auf als auch neben dem Platz an der Spielkonsole sehr viel gezockt. Wenn es um das Spiel "Mario Kart" geht, bin ich auf jeden Fall Weltmeister (lächelt).