FC Bayern im Europacup: Der historische Hattrick

Der FC Bayern und der Königscup unter den europäischen Klubtrophäen - am Samstag (ab 20.45 Uhr, live bei Sat.1 und Sky) können die Münchner in Madrid gegen Inter Mailand den wertvollsten Pokal Europas zum fünften Mal gewinnen.

Für DFB.de Grund genug, von heute an täglich in einer dreiteiligen Mini-Serie auf die bisherigen sieben Endspiele der Bayern im wichtigsten europäischen Cupwettbewerb zurückzublicken. Die Triumphe des Jahrhundertteams um Müller, Maier und Beckenbauer in den 70ern, die bitteren Niederlagen in den 80ern und die Champions-League-Dramen des Hitzfeld-Teams mit Kahn und Effenberg um die Jahrtausendwende - der Autor und Historiker Udo Muras hat in den Archiven gesucht und erzählt ein Stück bayerisch-europäische Fußballgeschichte.

1973/1974: Der Weg zur stolzesten Serie in der Geschichte des FC Bayern München war weit und voller Hindernisse. Von Beginn an, und nicht immer waren sie sportlicher Natur. Schon vor dem ersten Auswärtsspiel der Europapokalsaison 1973/1974 begannen die Schwierigkeiten. Das Los hatte das Münchner Starensemble nach Atvidaberg geführt, und der Flug gen Schweden sollte mit einer zweimotorigen Propellermaschine bewältigt werden. Als Präsident Wilhelm Neudecker das klapprige Modell sah, rief er entsetzt: „Nein, mit diesem alten Vogel fliegen wir nicht.“ Vier Stunde später hoben sie dann doch ab, in einer Düsenmaschine. Das Unternehmen Hattrick, von dem natürlich niemand auch nur eine Ahnung hatte, konnte beginnen.

Mit Mühe und Not in Atvidaberg gewonnen

In Atvidaberg hätte es beinahe doch noch eine Bruchlandung gegeben, der 3:1-Hinspielerfolg war aufgebraucht worden und nach zwei Stunden ging es ins Elfmeterschießen. Mit Mühe und Not kamen sie weiter, und den Schweden, der ihnen den meisten Ärger bereitete, nahmen sie gleich mit: Conny Torstensson. „Der Mann mit den roten Schuhen spielt in Zukunft bei uns“, verkündete Neudecker, und Manager Robert Schwan führte seinen Auftrag aus. Es war ein Glücksgriff, der Stürme avancierte zum „Mister Europacup“ des FC Bayern – trotz eines Gerd Müller.

Der Bomber der Nation stand im folgenden ersten deutsch-deutschen Europacupduell noch im Schatten eines anderen, der an jenem 7. November 1973 sein vielleicht größtes Spiel überhaupt gemacht hat: Uli Hoeneß. „Sie haben sich alle auf den Gerd Müller konzentriert, und ich bin davon gelaufen“, sagte Hoeneß danach. Wonach? Nach 180 dramatischen Minuten gegen den DDR-Meister Dynamo Dresden.

Uli Hoeneß trumpft gegen Dresden groß auf

Nach dem unbefriedigenden 4:3 im Hinspiel in München trumpfte er bei Dynamo groß auf und enteilte Widersacher Eduard Geyer zweimal. Selbst die 2:0-Führung war jedoch nicht ausreichend, Dynamo gab nie auf, verkürzte vor der Pause und drehte die Partie nach dem Wechsel binnen elf Minuten. Der DDR-Meister führte plötzlich mit 3:2 und wäre weiter gewesen – ehe doch wieder Gerd Müller den Retter spielen musste. Damit sicherte er sich eine Flasche Sekt, die Bundestrainer Helmut Schön auf das Ausscheiden gewettet hatte. Doch sehr zur Freude eines gar nicht so kleinen Teils der 36.000 Zuschauer kamen die Bayern durch dieses 3:3 weiter.

100.000 Fans hatten ihr Hotel umlagert und um die letzten Karten standen die Dresdener eine ganze Nacht lang an. In einem Stasi-Dokument stand: „Die vorwiegend jugendlichen Personen richteten sich auf eine Übernachtung ein und nahmen zum Teil reichlich Alkohol zu sich. Durch die Verwendung von verschiedensten Sitz- und Liegemöglichkeiten entstand ein unwürdiges Bild.“

Gastgeber Dynamo war verärgert, dass der Bayern-Bus in Hof am Abend vor dem Spiel kurz vor der Grenze angehalten hatte. Offiziell zur Akklimatisierung wegen des Höhenunterschied zwischen München und Dresden. In Wahrheit aber befürchtete Trainer Udo Lattek Wanzen in den Zimmern - und dass man den Stars etwas ins Essen mischen würde, wie es angeblich bei einem UEFA-Jugendturnier in Leipzig gewesen sei. Die Bayern übernachteten also auf westdeutschem Boden in Hof und reisten erst am Spieltag an.

Torstensson mit erstem Bayern-Tor gegen Moskau

Auch das nächste Los führte sie in den Ost-Block. Bulgarien-Meister ZSKA Sofia war kein so großes Problem. Conny Torstensson erzielte seine ersten Bayern-Tore beim 4:1 in München. In Sofia verlor man 1:2, Paul Breitners Tor sorgte aber für Klarheit. Uli Hoeneß nahm von dieser Reise dennoch unangenehme Eindrücke mit. „Ich habe zum ersten Mal bei einem Spiel Angst bekommen. Die Leute waren gehässig und zu Gewalttaten bereit.“

Friedlicher ging es im Halbfinale gegen Ungarn-Meister Ujpest Budapest zu. Torstensson traf auswärts zum 1:1-Endstand und beim Münchner 3:0 auch, Gerd Müller und ein Eigentor erledigten den Rest. So zogen die Bayern als erste deutsche Mannschaft seit 1960 ins Landesmeister-Finale ein. Am 15. Mai 1974 ging es in Brüssel gegen Atletico Madrid.

Wieder gab es Hindernisse. Eine Bombendrohung am Flughafen sorgte für einen verspäteten Abflug und dann wurden die Helden auch noch gehörig durchgeschüttelt. Doch wer Geschichte schreiben und nebenbei 30.000 D-Mark verdienen will, muss Opfer bringen. 58.000 Zuschauer brachten im Heysel-Stadion auch Opfer. Zwei Stunden Fußball sahen sie und doch keinen Sieger. Nach torlosen 90 Minuten ging Atletico durch einen Freistoß von Luis in der 113. Minute in Führung und feierte schon innerlich.

Da wurde einer zum Helden, der zu allem anderen geboren war – nur dazu nicht. Hans Georg Schwarzenbeck, den alle nur „Katsche“ riefen, der Vorstopper! Ein Mann ohne Glamour und Starallüren. Die Bescheidenheit in Person und dienstbarer Geist für Weltklasse-Libero Franz Beckenbauer – im Klub und in der Nationalmannschaft. Der knorrige Katsche also marschierte in allerletzter Minute über die Mittellinie, bekam den Ball und wusste nicht wohin damit. Da schoss er ihn aus über 25 Metern ins Tor. „Warum ich geschossen habe, kann ich nicht erklären. Auch im Nachhinein nicht. Das muss mit Instinkt zu tun gehabt haben, denn Überlegung war es nicht“, sagte Schwarzenbeck Jahre später. Am Tag seines wichtigsten Tores wollte er am liebsten gar nichts sagen und seufzte angesichts der Reportermeute: „Mensch, warum hat denn net der Gerd das Tor geschossen? Warum denn ausgerechnet ich?“

"Spanier Stier, die Deutschen Matador"

Die vielen Fans hatten andere Sorgen. Das Finale wurde zwei Tage danach an selber Stelle wiederholt, aber die wenigsten hatten Urlaub bis Freitag genommen. So war das Stadion am 17. Mai halb leer, 30.000 waren nur noch Zeuge der Münchner Sternstunde. Diesmal war es kein Zitterspiel, diesmal lief der Bayern-Motor wie geschmiert. 4:0 (1:0) hieß es nach 90 grandiosen Minuten, den Torsegen spendeten Hoeneß und Müller zu gleichen Teilen.

„Die Spanier waren der Stier und die Deutschen der Matador“, schrieb eine spanische Zeitung. Am nächsten Tag waren die Matadoren zahm wie Lämmer, als sie am Gladbacher Bökelberg noch ein Bundesligaspiel austragen mussten. Zum Glück hatten sie in der Vorwoche schon die Meisterschaft gewonnen. Da schmerzte das 0:5 in der Alkoholausdünstungseinheit gegen den alten Rivalen keinen mehr.

Europacupsieger 1974: Maier – Hansen, Beckenbauer, Schwarzenbeck, Breitner – Zobel, Kapellmann, Roth – Torstensson (Dürnberger), Müller, Hoeneß.

1974/1975: Das Jahr der Titelverteidigung war eins der schwärzesten in der Bundesliga-Historie. Zwischenzeitlich rutschte der große FC Bayern, der mit sechs Weltmeistern in die Saison gegangen war, auf den 16. Platz ab. In der Winterpause wurde Udo Lattek entlassen, Dettmar Cramer übernahm. Der kleine Mann mit dem großen Fachwissen vollbrachte das Wunder, eine launische und satte Mannschaft im wichtigsten Europapokal dennoch ins Endspiel zu manövrieren.

Maier: Cramer "wusste einfach alles"

Uli Hoeneß sagte über ihn: „Er hat versucht, uns alles, ja sogar den erlernten Beruf des Gegenspielers als Information zu geben. Ob das immer das Richtige ist, bleibt die Frage.“ Sepp Maier witzelte: „Es würde mich nicht wundern, wenn er bei jedem gegnerischen Spieler als verkleideter Gasmann zuhause war. Er wusste einfach alles.“

Auf internationaler Bühne war es zumindest kein Nachteil. „Wir waren nur noch in der Lage, uns auf den Europapokal zu konzentrieren“, sagte der Mann, der sich wiederum besonders auf Endspiele konzentrieren konnte: Franz „Bulle“ Roth. Schon 1967 hatte er das 1:0 im Pokalsieger-Finale gegen Glasgow Rangers erzielt, und weitere Tore sollten folgen. Ehe es 1975 so weit war, musste nach einem Freilos in der ersten Runde wieder der DDR-Meister ausgeschaltet werden: 1. FC Magdeburg.

Wieder gab es einen unvorteilhaften Heimsieg (3:2 nach 0:2) und Komplikationen vor dem Rückspiel. Diesmal brachten sich die Bayern ihr Abendessen aus dem berühmten Käfer-Restaurant mit und nahmen es im Bus ein, von tausenden Fans beobachtet. Eine BRD-Mannschaft auf DDR-Boden – das war nicht nur ein Politikum, sondern für das Volk ein Naturereignis. Eines, das man bestaunte wie einen Regenbogen. Als Manager Robert Schwan einige Eintrittskarten verschenkte, flossen Freudentränen in Magdeburg. Diesmal machten es die Bayern nicht so spannend, Gerd Müllers Doppelschlag sorgte für Ruhe und ein 2:1. Verloren hatte nur einer etwas – Sepp Maier einen Schneidezahn nach einem Ellbogencheck.

Nach zwei Spielen war der Deutsche Meister schon im Viertelfinale – andere Zeiten. Hier traf er auf den russischen Überraschungsmeister Ararat Eriwan. Über die Armenier wusste man wenig, nur Radio Eriwan war im Westen ein Begriff als Plattform politischer Witze.

Mit einem 2:0-Vorsprung reisten die Bayern, für die Torstensson und Hoeneß trafen, im März 1975 ins Ungewisse. Für die Journalisten war Eriwan ein Albtraum, alle Telefonleitungen nach Deutschland waren gekappt, und so konnten sie Klöster und Landschaften besichtigen. Auch das in die Felsen gehauene Stadion für 100.000 Menschen war eine Visite wert. Sportlich zählte nur das Weiterkommen, und das war trotz eines 0:1 geschafft.

St. Etienne wartete im Halbfinale

Nun wartete Frankreichs Meister AS St. Etienne, der Klub Michel Platinis, auf die Bayern. In St. Etienne ertrotzten sie ein 0:0, Maier hielt alles und wich sogar einer Flasche aus, die aus dem Publikum angeflogen kam. St. Etienne war kein Problem, die Rückkehr nach München schon. Um eine Minute hatte der Pilot die Landeerlaubnis verfehlt und so mussten die Stars in Nürnberg landen – bei Eiseskälte. Dettmar Cramer, der seinen Spielern mehr Vater als Trainer war, wurde dabei beobachtet, wie er Beckenbauer den Mantel zuknöpfte und Maier den Schal um den Hals wickelte.

Er brauchte sie schließlich noch. Zunächst für das Rückspiel, in dem die Bayern schneller schossen als das Fernsehen sendete. Als die ARD ihre Live-Übertragung leicht verspätet begann, hatte Libero Beckenbauer bereits das 1:0 erzielt. Auch der zweite Torschütze stand eher selten auf der Anzeigetafel: Fleißbiene Bernd Dürnbergers 2:0 ebnete den Weg nach Paris.

"Hatten keine andere Wahl als zu gewinnen"

Im Prinzenpark-Stadion mussten diese in der Liga streckenweise so schwachen Bayern, die als eine von zwei Mannschaften sogar gegen Schlusslicht Wuppertaler SV verloren hatten und letztlich Zehnter wurden, Englands Meister Leeds United ausschalten. Favorit waren sie nicht gerade, und Dettmar Cramers Position war durch die Gerüchte um seine Ablösung durch Max Merkel auch nicht gerade zementiert worden.

Egal, wenn in jenen Jahren am Mittwochabend das Flutlichtabend brannte, waren diese Bayern eine andere Mannschaft. Das hatte nicht nur psychologische Gründe. „Der ganze Finanzhaushalt des FC Bayern war auf den Erfolg im Europapokal aufgebaut. Wir hatten gar keine andere Wahl als zu gewinnen.“, sagte Cramer in der Retrospektive. Und sie gewannen – trotz allem. Das Finale begann denkbar unglücklich. Schon vor der Pause traten die Engländer, die damals noch weitgehend ohne Legionäre auskamen, zwei Bayern vom Platz. Verteidiger Björn Andersson rissen im Knie Innen-, Außen- und Kreuzbänder nach einem Foul von Terry Yorath. Es bedeutete quasi das Karriereende für den sympathischen Schweden – mit 24.

Auch Uli Hoeneß mussten sie nach einer halben Stunde auswechseln, bei ihm war es allerdings noch die Spätfolge einer Knieverletzung aus dem Halbfinale. Hoeneß: „Es stellte sich heraus, dass der Meniskus nun gänzlich kaputt war. Es war der Beginn meiner gesundheitlichen Probleme.“ Weder davon noch von der Überlegenheit der Engländer ließen sich die Bayern von ihrem Weg abbringen. Sepp Maier hielt alles, was zu halten war und auch einige Unhaltbare, und die Bayern nutzten zwei von drei Chancen.

In der 73. Minute kam der zweite große Moment in der Karriere von Franz Roth. Vor dem Spiel noch wild entschlossen, die Bayern zu verlassen, tat er alles dafür, dass sie ihm doch noch ein besseres Angebot machen würden. „Mit Wut im Bauch bin ich aufs Spielfeld gelaufen“, sagte Roth. Und mit Torstenssons Zuspiel zog er auf und davon, überwand Torwart Stewart mit links aus 15 Metern. Zehn Minuten besiegelte Gerd Müller aus kurzer Distanz das Schicksal der Engländer und verwertete Kapellmanns Flanke zum 2:0. Wieder staunte Europa über diese Bayern, die 1974 schon am Abgrund standen und die jetzt ein Finale gewannen, in dem sie über weite Strecken Spielball des Gegners gewesen waren. Nur in Italien kam ihre Spielweise an. „Die Bayern haben wie echte Profis gespielt. Ihre Leistung war zwar nicht brillant, aber taktisch außergewöhnlich klug“, lobte die Gazetta dello Sport.

Wieder auf dem Marienplatz

Die englischen Fans konnten das Resultat überhaupt nicht fassen und demontierten das Stadion nach Kräften. Rund 100 Schalensitze rissen die Idioten unter den 10.000 Leeds-Supporters aus und warfen sie gleich überdimensionierten Frisbee-Scheiben aufs Spielfeld. Der Daily Mirror schrieb mitfühlend: „Nie zuvor war eine Niederlage so grausam, niemals war das Schicksal so hart wie in Paris.“

Die Freunde der Bayern sahen es aber als gerechte Strafe für eine unsportliche Elf an, denn auf dem Bankett im Pariser Hilton-Hotel saßen zwei junge Männer in Gips und mit tränenden Augen: Hoeneß und Andersson. Franz Beckenbauer hatte Mühe, die Fassung zu bewahren, als er über die Engländer sprach: „Ich habe noch nie gegen eine Mannschaft gespielt, die so vorsätzlich darauf aus war, den Gegner zu verletzen. Die Leeds-Spieler und deren Fans – sie gehören zusammen in einen Sack.“ Die Bayern und ihre Fans dagegen trafen sich wieder am Marienplatz und bestaunten zum zweiten Mal den Silberpokal.

Europacup-Sieger 1975: Maier – Dürnberger, Beckenbauer, Schwarzenbeck, Andersson (Weiß) – Roth, Zobel, Kapellmann – Hoeneß (Wunder), Müller, Torstensson.

1975/1976: Im Jahr, in dem der Hattrick im Landesmeister-Pokal gelang, lief die Bundesliga für den FC Bayern wesentlich besser. Die Mannschaft war im Wesentlichen dieselbe, nur der junge Karl-Heinz Rummenigge etablierte sich vom Mitläufer zur Stammkraft, und in der Abwehr erkämpfte sich der Linksverteidiger Udo Horsmann einen Platz. Um die weltberühmte Achse Maier-Beckenbauer–Müller drehte sich das Bayern-Spiel auch 1975/1976, auf die verdienten Haudegen Schwarzenbeck, Hansen, Roth, Dürnberger und Kapellmann war weiterhin Verlass. Nur auf die Dauerverletzten Uli Hoeneß und Conny Torstensson konnte der Trainer nicht regelmäßig zurückgreifen.

Es war nun die Elf Dettmar Cramers, der FC Bayern war in jener Saison eine harmonische Einheit – selten genug bei einem solchen Starensemble. „Wir waren damals eine Gemeinschaft auf dem Platz, ein Team von Kameraden“, erinnert sich Bulle Roth. In der Meisterschaft reichte es immerhin für den dritten Platz. Es war das letzte Aufflackern einer großen Mannschaft, die in jener Saison zur Legende wurde.

Zunächst lag nur "Fallobst" auf dem Weg zum Hattrick: Jeunesse Esch aus Luxemburg wurde mit 5:0 und 3:1 abserviert, wobei sich nur 8000 Zuschauer im Olympiastadion verloren. Cramer setzte im Rückspiel Reservisten ein, und ein gewisser Ludwig Schuster erzielte alle drei Tore, in der Bundesliga hat er dagegen nie getroffen.

Der nächste Gegner war schon von anderem Kaliber: Schweden-Meister Malmö FF gewann sein Heimspiel 1:0 und wurde im Rückspiel von Landsmann Torstensson eliminiert, dem das entscheidende 2:0 glückte. Nun waren schon 47.000 Zuschauer gekommen. Die restlichen Heimspiele sollten ausverkauft sein, denn nun kamen klangvollere Namen. Im März 1976 maßen sich die Bayern mit Benfica Lissabon, und wieder gab es Kapriolen bei der Anreise.

"Weißwurst-Problem" in Portugal

In Portugals Hauptstadt, gab die Hotelleitung zu verstehen, mangelte es an genießbarem Fleisch - und so brachten sich die Bayern ihre Weißwürstl in 15 Containern selbst mit. Bis sie vom Flughafen ins Hotel gelangten, gab es noch etwas Theater, weil sich gleich zwei Busfahrer weigerten, diese Fracht zu transportieren. Sie würden nur Menschen befördern, richteten sie Dettmar Cramer aus. So musste extra ein Lieferwagen angefordert werden.

Gestärkt hatten sie sich offenbar, als sie vor 70.000 Zuschauern bei Portugals Meister aufliefen. Zu einer ungewohnten Uhrzeit (21.30 Uhr), deutsche Zeitungen bekamen das Ergebnis nicht mit – und verschwiegen doch kein Tor. Das 0:0 war umso beachtlicher, als sogar Gerd Müller aus purer Personalnot im Mittelfeld spielen und ungewohnte Defensivarbeit leisten musste. Auch Beckenbauer warf sich ins Zeug und köpfte so viel Bälle heraus, dass er annahm: „Ich habe wieder ein paar Haare verloren.“

Die Nachtschicht war jedenfalls erfolgreich, und noch früh morgens um drei gab der unermüdliche Cramer Statements ab: „Vor dem Spiel wollten wir gewinnen. Nach diesem Spiel sind wir mit dem Ergebnis zufrieden, nicht aber mit unserer Leistung.“

Nach dem Rückspiel waren sie alle zufrieden, obwohl es einen längeren Anlauf brauchte. Alle sechs Tore beim 5:1-Triumph fielen nach der Pause, und die 74.000 ließen einen Mann besonders hochleben. Der kleine Bernd Dürnberger, den alle nur den „Wipf“ riefen, eröffnete mit einem Doppelschlag den Torreigen. „Es war kein Zufall, dass der vorher schon agilste und offensivfreudigste Mittelfeldmann beide Treffer erzielte“, lobte der Kicker. Karl-Heinz Rummenigge sorgte aus 20 Metern mit seinem dritten Europacup-Tor für die Entscheidung, und Nenes Gegentreffer konterte Gerd Müller mit einem Doppelschlag. Hinterher war der Bomber überzeugt: „Wir holen zum dritten Mal den Cup.“

Partie gegen Real wird zum Skandalspiel

Real Madrid hatte da noch Einwände. Spaniens Meister hatte Borussia Mönchengladbach im Viertelfinale unter skandalösen Umständen ausgeschaltet, nun sollte der Titelverteidiger dran glauben. Zusätzliche Brisanz erhielt dieses Halbfinale dadurch, dass mit Paul Breitner und Günter Netzer zwei deutsche Nationalspieler im Real-Trikot steckten. Breitner fehlte im Hinspiel im Bernabeu-Stadion verletzt und lud seine Mitspieler von einst zu sich auf ein Weißbier nach Hause ein. Das war nach dem Spiel. Auf dem Platz gab es keinerlei Gastfreundschaft, die Partie vom 31. März 1976 ging als Skandalspiel in die Geschichte ein.

Reals frühe Führung durch Martinez glich Gerd Müller noch vor der Pause aus. Rummenigge vergab sogar die Siegchance, aber auch das 1:1 war ein gutes Ergebnis. Nicht aber für Real Madrid. Ein erst 13 Jahre alter Fan rannte aufs Feld und schlug Torschütze Gerd Müller und Schiedsrichter Erich Linemayr mit Faustschlägen nieder. Dann wurde er von Sepp Maier und Uli Hoeneß überwältigt und erhielt auch ein paar Hiebe.

Nun mischten sich Polizei und Ordner ein, und „es entwickelte sich eine wilde Massenkeilerei“, wie der Kicker meldete. 80 Personen bemühten sich um Ordnung, ein Polizist trat Sepp Maier und Uli Hoeneß, kassierte aber ebenfalls einen Treffer von Camacho. Auf das Bankett freute sich der arme Gerd Müller nach dem Kinnhaken des jungen Amokläufers nicht, denn „ich kann heut Abend nichts beißen“.

Erneuter Sieg gegen St. Etienne

Im Rückspiel (2:0) rächte sich Gerd Müller sportlich und schoss seine Bayern alleine ins Finale. Es waren seine Europacup-Tor 50 und 51. In einem der besten Spiele, die das Olympiastadion je gesehen hatte, fielen die erlösenden Tore vor der Pause. „Gerd Müller wie einst!“, titelte der Kicker. Real Madrid, diesmal mit beiden Deutschen, hatte Probleme das Aus zu akzeptieren und erhielt noch einen Platzverweis für Amancio.

Wie immer in der Hattrick-Ära hatte der FC Bayern sein Heimspiel gewonnen, das elfte in Folge. Um nun den dritten Titel in Folge zu gewinnen und damit den Pokal behalten zu dürfen, mussten die Bayern am 12. Mai 1976 auf neutralem Boden antreten. In Glasgow trafen sie wieder auf AS St. Etienne, den Halbfinalgegner der Vorsaison. Und wieder zogen die Franzosen den Kürzeren.

Es war ein seltsames Endspiel. In Deutschland streikten die Drucker, eine Vorberichterstattung entfiel quasi. Und während St. Etienne von 25.000 Fans begleitet wurden, drückten den Bayern nur 6000 die Daumen. Dafür kamen die Rolling Stones zu Besuch, sie logierten im selben Hotel, Beckenbauer und Müller schauten ihnen beim Proben zu.

Rummenigge muss mit Cognac beruhigt werden

Dennoch: Ein Landesmeister-Finale war offenbar nichts Besonderes mehr. Für einen schon: Stürmer Karl-Heinz Rummenigge, 1975 noch auf der Bank, sollte erstmals ein solches Finale spielen. Dem 20-Jährigen sah Manager Robert Schwan die Nervosität an, der Mann mit den sonst so rosigen Wangen war leichenblass in den Stunden vor dem Anpfiff.

Da verordnete der Teamarzt Doping. Rummenigge erzählte: „Diese Hektik, die innere Unruhe, hat sich bei mir einfach nicht legen wollen. Kurz vor dem Spiel hat mich dann unser Medizinmann Richard Müller in der Kabine beiseite genommen und mir einen Cognac eingeflößt. Ich habe ihn ganz entgeistert angeschaut. ‚Macht nichts’, hat er nur gesagt, ‚nimm noch einen.’ Auf zweieinhalb Gläser bin ich gekommen. Als Augenblicke später Schwan und Cramer reinkamen, war ich ruhig. Zu ruhig vielleicht. Ein falsches Wort hätte ja meine Fahne verraten. Im Rahmen meiner Möglichkeiten habe ich dann ganz ordentlich gespielt.“

Das galt auch für die ganze Bayern-Elf, bei der Jupp Kapellmann und Bulle Roth im letzten Moment noch fit gemacht wurden. Das Stadion war nicht mal zur Hälfte gefüllt an diesem kühlen, regnerischen Mai-Abend. Es war ein ausgeglichenes Spiel, das nach einer halben Stunde endlich farbiger wurde. Zweimal trafen die Franzosen die Latte, und die Bayern waren froh, als sie mit einem 0:0 in die Kabinen durften.

Dann kam der dritte ganz große Moment in der Karriere von Bulle Roth. In der 57. Minute hatte Gerd Müller einen Freistoß herausgeholt, Beckenbauer tippte den Ball nur kurz an für den Scharfschützen der Bayern. Aus 20 Metern drosch Roth den Ball vorbei an Curkovic ins Netz – 1:0! Weil sein Gegenüber Sepp Maier auch im dritten Finale in Folge nicht zu bezwingen war, reichte das für den Hattrick.

Lorbeerkränze wurden den Bayern von der internationalen Presse zwar nicht gewunden, allgemein überwog das Mitleid mit den spielerisch besseren Franzosen. L’Equipe schrieb: „Der unbarmherzige Realismus der Deutschen hat gesiegt über den Edelmut, den Schwung, das Vorwärtsstürmen“. Die Londoner „Sun“ war besonders ungnädig: „Bayern stehlen Franzosen den Cup!“

"Das macht den Bayern keiner nach"

In ihrem Hotel, dem Albany in Glasgow, hörten die Sieger freundlichere Worte. Es prasselte viel Beifall nieder über die Sieger auf dem Bankett, Präsident Wilhelm Neudecker rühmte „den ungeheuren Sieg“. Dass es der letzte für 25 Jahre in dieser Disziplin sein würde, ahnte niemand. Sonst hätten sie vielleicht doch etwas ausgiebiger gefeiert. Als der Hattrick vollendet war, gab es in München nicht mal mehr einen Empfang. „Es liefen auch keine Menschen mehr zusammen. Selbst wir Spieler verzogen uns nach Hause – anstatt einen draufzumachen“, erinnert sich Europacup-Held Bulle Roth.

Der Kicker immerhin wusste den Erfolg zu würdigen, als er am nächsten Tag titelte: „Das macht den Bayern keiner nach!“ Das gilt bis heute. Nur drei Vereine haben seitdem überhaupt den Meisterpokal beziehungsweise die heutige Champions League wenigstens verteidigen können, einen Hattrick aber hat es nie mehr gegeben.

Die Europacupsieger 1976: Maier – Hansen, Beckenbauer, Schwarzenbeck, Horsmann – Roth, Dürnberger, Kapellmann – Hoeneß, Müller, Rummenigge.

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Der FC Bayern und der Königscup unter den europäischen Klubtrophäen - am Samstag (ab 20.45 Uhr, live bei Sat.1 und Sky) können die Münchner in Madrid gegen Inter Mailand den wertvollsten Pokal Europas zum fünften Mal gewinnen.

Für DFB.de Grund genug, von heute an täglich in einer dreiteiligen Mini-Serie auf die bisherigen sieben Endspiele der Bayern im wichtigsten europäischen Cupwettbewerb zurückzublicken. Die Triumphe des Jahrhundertteams um Müller, Maier und Beckenbauer in den 70ern, die bitteren Niederlagen in den 80ern und die Champions-League-Dramen des Hitzfeld-Teams mit Kahn und Effenberg um die Jahrtausendwende - der Autor und Historiker Udo Muras hat in den Archiven gesucht und erzählt ein Stück bayerisch-europäische Fußballgeschichte.

1973/1974: Der Weg zur stolzesten Serie in der Geschichte des FC Bayern München war weit und voller Hindernisse. Von Beginn an, und nicht immer waren sie sportlicher Natur. Schon vor dem ersten Auswärtsspiel der Europapokalsaison 1973/1974 begannen die Schwierigkeiten. Das Los hatte das Münchner Starensemble nach Atvidaberg geführt, und der Flug gen Schweden sollte mit einer zweimotorigen Propellermaschine bewältigt werden. Als Präsident Wilhelm Neudecker das klapprige Modell sah, rief er entsetzt: „Nein, mit diesem alten Vogel fliegen wir nicht.“ Vier Stunde später hoben sie dann doch ab, in einer Düsenmaschine. Das Unternehmen Hattrick, von dem natürlich niemand auch nur eine Ahnung hatte, konnte beginnen.

Mit Mühe und Not in Atvidaberg gewonnen

In Atvidaberg hätte es beinahe doch noch eine Bruchlandung gegeben, der 3:1-Hinspielerfolg war aufgebraucht worden und nach zwei Stunden ging es ins Elfmeterschießen. Mit Mühe und Not kamen sie weiter, und den Schweden, der ihnen den meisten Ärger bereitete, nahmen sie gleich mit: Conny Torstensson. „Der Mann mit den roten Schuhen spielt in Zukunft bei uns“, verkündete Neudecker, und Manager Robert Schwan führte seinen Auftrag aus. Es war ein Glücksgriff, der Stürme avancierte zum „Mister Europacup“ des FC Bayern – trotz eines Gerd Müller.

Der Bomber der Nation stand im folgenden ersten deutsch-deutschen Europacupduell noch im Schatten eines anderen, der an jenem 7. November 1973 sein vielleicht größtes Spiel überhaupt gemacht hat: Uli Hoeneß. „Sie haben sich alle auf den Gerd Müller konzentriert, und ich bin davon gelaufen“, sagte Hoeneß danach. Wonach? Nach 180 dramatischen Minuten gegen den DDR-Meister Dynamo Dresden.

Uli Hoeneß trumpft gegen Dresden groß auf

Nach dem unbefriedigenden 4:3 im Hinspiel in München trumpfte er bei Dynamo groß auf und enteilte Widersacher Eduard Geyer zweimal. Selbst die 2:0-Führung war jedoch nicht ausreichend, Dynamo gab nie auf, verkürzte vor der Pause und drehte die Partie nach dem Wechsel binnen elf Minuten. Der DDR-Meister führte plötzlich mit 3:2 und wäre weiter gewesen – ehe doch wieder Gerd Müller den Retter spielen musste. Damit sicherte er sich eine Flasche Sekt, die Bundestrainer Helmut Schön auf das Ausscheiden gewettet hatte. Doch sehr zur Freude eines gar nicht so kleinen Teils der 36.000 Zuschauer kamen die Bayern durch dieses 3:3 weiter.

100.000 Fans hatten ihr Hotel umlagert und um die letzten Karten standen die Dresdener eine ganze Nacht lang an. In einem Stasi-Dokument stand: „Die vorwiegend jugendlichen Personen richteten sich auf eine Übernachtung ein und nahmen zum Teil reichlich Alkohol zu sich. Durch die Verwendung von verschiedensten Sitz- und Liegemöglichkeiten entstand ein unwürdiges Bild.“

Gastgeber Dynamo war verärgert, dass der Bayern-Bus in Hof am Abend vor dem Spiel kurz vor der Grenze angehalten hatte. Offiziell zur Akklimatisierung wegen des Höhenunterschied zwischen München und Dresden. In Wahrheit aber befürchtete Trainer Udo Lattek Wanzen in den Zimmern - und dass man den Stars etwas ins Essen mischen würde, wie es angeblich bei einem UEFA-Jugendturnier in Leipzig gewesen sei. Die Bayern übernachteten also auf westdeutschem Boden in Hof und reisten erst am Spieltag an.

Torstensson mit erstem Bayern-Tor gegen Moskau

Auch das nächste Los führte sie in den Ost-Block. Bulgarien-Meister ZSKA Sofia war kein so großes Problem. Conny Torstensson erzielte seine ersten Bayern-Tore beim 4:1 in München. In Sofia verlor man 1:2, Paul Breitners Tor sorgte aber für Klarheit. Uli Hoeneß nahm von dieser Reise dennoch unangenehme Eindrücke mit. „Ich habe zum ersten Mal bei einem Spiel Angst bekommen. Die Leute waren gehässig und zu Gewalttaten bereit.“

Friedlicher ging es im Halbfinale gegen Ungarn-Meister Ujpest Budapest zu. Torstensson traf auswärts zum 1:1-Endstand und beim Münchner 3:0 auch, Gerd Müller und ein Eigentor erledigten den Rest. So zogen die Bayern als erste deutsche Mannschaft seit 1960 ins Landesmeister-Finale ein. Am 15. Mai 1974 ging es in Brüssel gegen Atletico Madrid.

Wieder gab es Hindernisse. Eine Bombendrohung am Flughafen sorgte für einen verspäteten Abflug und dann wurden die Helden auch noch gehörig durchgeschüttelt. Doch wer Geschichte schreiben und nebenbei 30.000 D-Mark verdienen will, muss Opfer bringen. 58.000 Zuschauer brachten im Heysel-Stadion auch Opfer. Zwei Stunden Fußball sahen sie und doch keinen Sieger. Nach torlosen 90 Minuten ging Atletico durch einen Freistoß von Luis in der 113. Minute in Führung und feierte schon innerlich.

Da wurde einer zum Helden, der zu allem anderen geboren war – nur dazu nicht. Hans Georg Schwarzenbeck, den alle nur „Katsche“ riefen, der Vorstopper! Ein Mann ohne Glamour und Starallüren. Die Bescheidenheit in Person und dienstbarer Geist für Weltklasse-Libero Franz Beckenbauer – im Klub und in der Nationalmannschaft. Der knorrige Katsche also marschierte in allerletzter Minute über die Mittellinie, bekam den Ball und wusste nicht wohin damit. Da schoss er ihn aus über 25 Metern ins Tor. „Warum ich geschossen habe, kann ich nicht erklären. Auch im Nachhinein nicht. Das muss mit Instinkt zu tun gehabt haben, denn Überlegung war es nicht“, sagte Schwarzenbeck Jahre später. Am Tag seines wichtigsten Tores wollte er am liebsten gar nichts sagen und seufzte angesichts der Reportermeute: „Mensch, warum hat denn net der Gerd das Tor geschossen? Warum denn ausgerechnet ich?“

"Spanier Stier, die Deutschen Matador"

Die vielen Fans hatten andere Sorgen. Das Finale wurde zwei Tage danach an selber Stelle wiederholt, aber die wenigsten hatten Urlaub bis Freitag genommen. So war das Stadion am 17. Mai halb leer, 30.000 waren nur noch Zeuge der Münchner Sternstunde. Diesmal war es kein Zitterspiel, diesmal lief der Bayern-Motor wie geschmiert. 4:0 (1:0) hieß es nach 90 grandiosen Minuten, den Torsegen spendeten Hoeneß und Müller zu gleichen Teilen.

„Die Spanier waren der Stier und die Deutschen der Matador“, schrieb eine spanische Zeitung. Am nächsten Tag waren die Matadoren zahm wie Lämmer, als sie am Gladbacher Bökelberg noch ein Bundesligaspiel austragen mussten. Zum Glück hatten sie in der Vorwoche schon die Meisterschaft gewonnen. Da schmerzte das 0:5 in der Alkoholausdünstungseinheit gegen den alten Rivalen keinen mehr.

Europacupsieger 1974: Maier – Hansen, Beckenbauer, Schwarzenbeck, Breitner – Zobel, Kapellmann, Roth – Torstensson (Dürnberger), Müller, Hoeneß.

1974/1975: Das Jahr der Titelverteidigung war eins der schwärzesten in der Bundesliga-Historie. Zwischenzeitlich rutschte der große FC Bayern, der mit sechs Weltmeistern in die Saison gegangen war, auf den 16. Platz ab. In der Winterpause wurde Udo Lattek entlassen, Dettmar Cramer übernahm. Der kleine Mann mit dem großen Fachwissen vollbrachte das Wunder, eine launische und satte Mannschaft im wichtigsten Europapokal dennoch ins Endspiel zu manövrieren.

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Maier: Cramer "wusste einfach alles"

Uli Hoeneß sagte über ihn: „Er hat versucht, uns alles, ja sogar den erlernten Beruf des Gegenspielers als Information zu geben. Ob das immer das Richtige ist, bleibt die Frage.“ Sepp Maier witzelte: „Es würde mich nicht wundern, wenn er bei jedem gegnerischen Spieler als verkleideter Gasmann zuhause war. Er wusste einfach alles.“

Auf internationaler Bühne war es zumindest kein Nachteil. „Wir waren nur noch in der Lage, uns auf den Europapokal zu konzentrieren“, sagte der Mann, der sich wiederum besonders auf Endspiele konzentrieren konnte: Franz „Bulle“ Roth. Schon 1967 hatte er das 1:0 im Pokalsieger-Finale gegen Glasgow Rangers erzielt, und weitere Tore sollten folgen. Ehe es 1975 so weit war, musste nach einem Freilos in der ersten Runde wieder der DDR-Meister ausgeschaltet werden: 1. FC Magdeburg.

Wieder gab es einen unvorteilhaften Heimsieg (3:2 nach 0:2) und Komplikationen vor dem Rückspiel. Diesmal brachten sich die Bayern ihr Abendessen aus dem berühmten Käfer-Restaurant mit und nahmen es im Bus ein, von tausenden Fans beobachtet. Eine BRD-Mannschaft auf DDR-Boden – das war nicht nur ein Politikum, sondern für das Volk ein Naturereignis. Eines, das man bestaunte wie einen Regenbogen. Als Manager Robert Schwan einige Eintrittskarten verschenkte, flossen Freudentränen in Magdeburg. Diesmal machten es die Bayern nicht so spannend, Gerd Müllers Doppelschlag sorgte für Ruhe und ein 2:1. Verloren hatte nur einer etwas – Sepp Maier einen Schneidezahn nach einem Ellbogencheck.

Nach zwei Spielen war der Deutsche Meister schon im Viertelfinale – andere Zeiten. Hier traf er auf den russischen Überraschungsmeister Ararat Eriwan. Über die Armenier wusste man wenig, nur Radio Eriwan war im Westen ein Begriff als Plattform politischer Witze.

Mit einem 2:0-Vorsprung reisten die Bayern, für die Torstensson und Hoeneß trafen, im März 1975 ins Ungewisse. Für die Journalisten war Eriwan ein Albtraum, alle Telefonleitungen nach Deutschland waren gekappt, und so konnten sie Klöster und Landschaften besichtigen. Auch das in die Felsen gehauene Stadion für 100.000 Menschen war eine Visite wert. Sportlich zählte nur das Weiterkommen, und das war trotz eines 0:1 geschafft.

St. Etienne wartete im Halbfinale

Nun wartete Frankreichs Meister AS St. Etienne, der Klub Michel Platinis, auf die Bayern. In St. Etienne ertrotzten sie ein 0:0, Maier hielt alles und wich sogar einer Flasche aus, die aus dem Publikum angeflogen kam. St. Etienne war kein Problem, die Rückkehr nach München schon. Um eine Minute hatte der Pilot die Landeerlaubnis verfehlt und so mussten die Stars in Nürnberg landen – bei Eiseskälte. Dettmar Cramer, der seinen Spielern mehr Vater als Trainer war, wurde dabei beobachtet, wie er Beckenbauer den Mantel zuknöpfte und Maier den Schal um den Hals wickelte.

Er brauchte sie schließlich noch. Zunächst für das Rückspiel, in dem die Bayern schneller schossen als das Fernsehen sendete. Als die ARD ihre Live-Übertragung leicht verspätet begann, hatte Libero Beckenbauer bereits das 1:0 erzielt. Auch der zweite Torschütze stand eher selten auf der Anzeigetafel: Fleißbiene Bernd Dürnbergers 2:0 ebnete den Weg nach Paris.

"Hatten keine andere Wahl als zu gewinnen"

Im Prinzenpark-Stadion mussten diese in der Liga streckenweise so schwachen Bayern, die als eine von zwei Mannschaften sogar gegen Schlusslicht Wuppertaler SV verloren hatten und letztlich Zehnter wurden, Englands Meister Leeds United ausschalten. Favorit waren sie nicht gerade, und Dettmar Cramers Position war durch die Gerüchte um seine Ablösung durch Max Merkel auch nicht gerade zementiert worden.

Egal, wenn in jenen Jahren am Mittwochabend das Flutlichtabend brannte, waren diese Bayern eine andere Mannschaft. Das hatte nicht nur psychologische Gründe. „Der ganze Finanzhaushalt des FC Bayern war auf den Erfolg im Europapokal aufgebaut. Wir hatten gar keine andere Wahl als zu gewinnen.“, sagte Cramer in der Retrospektive. Und sie gewannen – trotz allem. Das Finale begann denkbar unglücklich. Schon vor der Pause traten die Engländer, die damals noch weitgehend ohne Legionäre auskamen, zwei Bayern vom Platz. Verteidiger Björn Andersson rissen im Knie Innen-, Außen- und Kreuzbänder nach einem Foul von Terry Yorath. Es bedeutete quasi das Karriereende für den sympathischen Schweden – mit 24.

Auch Uli Hoeneß mussten sie nach einer halben Stunde auswechseln, bei ihm war es allerdings noch die Spätfolge einer Knieverletzung aus dem Halbfinale. Hoeneß: „Es stellte sich heraus, dass der Meniskus nun gänzlich kaputt war. Es war der Beginn meiner gesundheitlichen Probleme.“ Weder davon noch von der Überlegenheit der Engländer ließen sich die Bayern von ihrem Weg abbringen. Sepp Maier hielt alles, was zu halten war und auch einige Unhaltbare, und die Bayern nutzten zwei von drei Chancen.

In der 73. Minute kam der zweite große Moment in der Karriere von Franz Roth. Vor dem Spiel noch wild entschlossen, die Bayern zu verlassen, tat er alles dafür, dass sie ihm doch noch ein besseres Angebot machen würden. „Mit Wut im Bauch bin ich aufs Spielfeld gelaufen“, sagte Roth. Und mit Torstenssons Zuspiel zog er auf und davon, überwand Torwart Stewart mit links aus 15 Metern. Zehn Minuten besiegelte Gerd Müller aus kurzer Distanz das Schicksal der Engländer und verwertete Kapellmanns Flanke zum 2:0. Wieder staunte Europa über diese Bayern, die 1974 schon am Abgrund standen und die jetzt ein Finale gewannen, in dem sie über weite Strecken Spielball des Gegners gewesen waren. Nur in Italien kam ihre Spielweise an. „Die Bayern haben wie echte Profis gespielt. Ihre Leistung war zwar nicht brillant, aber taktisch außergewöhnlich klug“, lobte die Gazetta dello Sport.

Wieder auf dem Marienplatz

Die englischen Fans konnten das Resultat überhaupt nicht fassen und demontierten das Stadion nach Kräften. Rund 100 Schalensitze rissen die Idioten unter den 10.000 Leeds-Supporters aus und warfen sie gleich überdimensionierten Frisbee-Scheiben aufs Spielfeld. Der Daily Mirror schrieb mitfühlend: „Nie zuvor war eine Niederlage so grausam, niemals war das Schicksal so hart wie in Paris.“

Die Freunde der Bayern sahen es aber als gerechte Strafe für eine unsportliche Elf an, denn auf dem Bankett im Pariser Hilton-Hotel saßen zwei junge Männer in Gips und mit tränenden Augen: Hoeneß und Andersson. Franz Beckenbauer hatte Mühe, die Fassung zu bewahren, als er über die Engländer sprach: „Ich habe noch nie gegen eine Mannschaft gespielt, die so vorsätzlich darauf aus war, den Gegner zu verletzen. Die Leeds-Spieler und deren Fans – sie gehören zusammen in einen Sack.“ Die Bayern und ihre Fans dagegen trafen sich wieder am Marienplatz und bestaunten zum zweiten Mal den Silberpokal.

Europacup-Sieger 1975: Maier – Dürnberger, Beckenbauer, Schwarzenbeck, Andersson (Weiß) – Roth, Zobel, Kapellmann – Hoeneß (Wunder), Müller, Torstensson.

1975/1976: Im Jahr, in dem der Hattrick im Landesmeister-Pokal gelang, lief die Bundesliga für den FC Bayern wesentlich besser. Die Mannschaft war im Wesentlichen dieselbe, nur der junge Karl-Heinz Rummenigge etablierte sich vom Mitläufer zur Stammkraft, und in der Abwehr erkämpfte sich der Linksverteidiger Udo Horsmann einen Platz. Um die weltberühmte Achse Maier-Beckenbauer–Müller drehte sich das Bayern-Spiel auch 1975/1976, auf die verdienten Haudegen Schwarzenbeck, Hansen, Roth, Dürnberger und Kapellmann war weiterhin Verlass. Nur auf die Dauerverletzten Uli Hoeneß und Conny Torstensson konnte der Trainer nicht regelmäßig zurückgreifen.

Es war nun die Elf Dettmar Cramers, der FC Bayern war in jener Saison eine harmonische Einheit – selten genug bei einem solchen Starensemble. „Wir waren damals eine Gemeinschaft auf dem Platz, ein Team von Kameraden“, erinnert sich Bulle Roth. In der Meisterschaft reichte es immerhin für den dritten Platz. Es war das letzte Aufflackern einer großen Mannschaft, die in jener Saison zur Legende wurde.

Zunächst lag nur "Fallobst" auf dem Weg zum Hattrick: Jeunesse Esch aus Luxemburg wurde mit 5:0 und 3:1 abserviert, wobei sich nur 8000 Zuschauer im Olympiastadion verloren. Cramer setzte im Rückspiel Reservisten ein, und ein gewisser Ludwig Schuster erzielte alle drei Tore, in der Bundesliga hat er dagegen nie getroffen.

Der nächste Gegner war schon von anderem Kaliber: Schweden-Meister Malmö FF gewann sein Heimspiel 1:0 und wurde im Rückspiel von Landsmann Torstensson eliminiert, dem das entscheidende 2:0 glückte. Nun waren schon 47.000 Zuschauer gekommen. Die restlichen Heimspiele sollten ausverkauft sein, denn nun kamen klangvollere Namen. Im März 1976 maßen sich die Bayern mit Benfica Lissabon, und wieder gab es Kapriolen bei der Anreise.

"Weißwurst-Problem" in Portugal

In Portugals Hauptstadt, gab die Hotelleitung zu verstehen, mangelte es an genießbarem Fleisch - und so brachten sich die Bayern ihre Weißwürstl in 15 Containern selbst mit. Bis sie vom Flughafen ins Hotel gelangten, gab es noch etwas Theater, weil sich gleich zwei Busfahrer weigerten, diese Fracht zu transportieren. Sie würden nur Menschen befördern, richteten sie Dettmar Cramer aus. So musste extra ein Lieferwagen angefordert werden.

Gestärkt hatten sie sich offenbar, als sie vor 70.000 Zuschauern bei Portugals Meister aufliefen. Zu einer ungewohnten Uhrzeit (21.30 Uhr), deutsche Zeitungen bekamen das Ergebnis nicht mit – und verschwiegen doch kein Tor. Das 0:0 war umso beachtlicher, als sogar Gerd Müller aus purer Personalnot im Mittelfeld spielen und ungewohnte Defensivarbeit leisten musste. Auch Beckenbauer warf sich ins Zeug und köpfte so viel Bälle heraus, dass er annahm: „Ich habe wieder ein paar Haare verloren.“

Die Nachtschicht war jedenfalls erfolgreich, und noch früh morgens um drei gab der unermüdliche Cramer Statements ab: „Vor dem Spiel wollten wir gewinnen. Nach diesem Spiel sind wir mit dem Ergebnis zufrieden, nicht aber mit unserer Leistung.“

Nach dem Rückspiel waren sie alle zufrieden, obwohl es einen längeren Anlauf brauchte. Alle sechs Tore beim 5:1-Triumph fielen nach der Pause, und die 74.000 ließen einen Mann besonders hochleben. Der kleine Bernd Dürnberger, den alle nur den „Wipf“ riefen, eröffnete mit einem Doppelschlag den Torreigen. „Es war kein Zufall, dass der vorher schon agilste und offensivfreudigste Mittelfeldmann beide Treffer erzielte“, lobte der Kicker. Karl-Heinz Rummenigge sorgte aus 20 Metern mit seinem dritten Europacup-Tor für die Entscheidung, und Nenes Gegentreffer konterte Gerd Müller mit einem Doppelschlag. Hinterher war der Bomber überzeugt: „Wir holen zum dritten Mal den Cup.“

Partie gegen Real wird zum Skandalspiel

Real Madrid hatte da noch Einwände. Spaniens Meister hatte Borussia Mönchengladbach im Viertelfinale unter skandalösen Umständen ausgeschaltet, nun sollte der Titelverteidiger dran glauben. Zusätzliche Brisanz erhielt dieses Halbfinale dadurch, dass mit Paul Breitner und Günter Netzer zwei deutsche Nationalspieler im Real-Trikot steckten. Breitner fehlte im Hinspiel im Bernabeu-Stadion verletzt und lud seine Mitspieler von einst zu sich auf ein Weißbier nach Hause ein. Das war nach dem Spiel. Auf dem Platz gab es keinerlei Gastfreundschaft, die Partie vom 31. März 1976 ging als Skandalspiel in die Geschichte ein.

Reals frühe Führung durch Martinez glich Gerd Müller noch vor der Pause aus. Rummenigge vergab sogar die Siegchance, aber auch das 1:1 war ein gutes Ergebnis. Nicht aber für Real Madrid. Ein erst 13 Jahre alter Fan rannte aufs Feld und schlug Torschütze Gerd Müller und Schiedsrichter Erich Linemayr mit Faustschlägen nieder. Dann wurde er von Sepp Maier und Uli Hoeneß überwältigt und erhielt auch ein paar Hiebe.

Nun mischten sich Polizei und Ordner ein, und „es entwickelte sich eine wilde Massenkeilerei“, wie der Kicker meldete. 80 Personen bemühten sich um Ordnung, ein Polizist trat Sepp Maier und Uli Hoeneß, kassierte aber ebenfalls einen Treffer von Camacho. Auf das Bankett freute sich der arme Gerd Müller nach dem Kinnhaken des jungen Amokläufers nicht, denn „ich kann heut Abend nichts beißen“.

Erneuter Sieg gegen St. Etienne

Im Rückspiel (2:0) rächte sich Gerd Müller sportlich und schoss seine Bayern alleine ins Finale. Es waren seine Europacup-Tor 50 und 51. In einem der besten Spiele, die das Olympiastadion je gesehen hatte, fielen die erlösenden Tore vor der Pause. „Gerd Müller wie einst!“, titelte der Kicker. Real Madrid, diesmal mit beiden Deutschen, hatte Probleme das Aus zu akzeptieren und erhielt noch einen Platzverweis für Amancio.

Wie immer in der Hattrick-Ära hatte der FC Bayern sein Heimspiel gewonnen, das elfte in Folge. Um nun den dritten Titel in Folge zu gewinnen und damit den Pokal behalten zu dürfen, mussten die Bayern am 12. Mai 1976 auf neutralem Boden antreten. In Glasgow trafen sie wieder auf AS St. Etienne, den Halbfinalgegner der Vorsaison. Und wieder zogen die Franzosen den Kürzeren.

Es war ein seltsames Endspiel. In Deutschland streikten die Drucker, eine Vorberichterstattung entfiel quasi. Und während St. Etienne von 25.000 Fans begleitet wurden, drückten den Bayern nur 6000 die Daumen. Dafür kamen die Rolling Stones zu Besuch, sie logierten im selben Hotel, Beckenbauer und Müller schauten ihnen beim Proben zu.

Rummenigge muss mit Cognac beruhigt werden

Dennoch: Ein Landesmeister-Finale war offenbar nichts Besonderes mehr. Für einen schon: Stürmer Karl-Heinz Rummenigge, 1975 noch auf der Bank, sollte erstmals ein solches Finale spielen. Dem 20-Jährigen sah Manager Robert Schwan die Nervosität an, der Mann mit den sonst so rosigen Wangen war leichenblass in den Stunden vor dem Anpfiff.

Da verordnete der Teamarzt Doping. Rummenigge erzählte: „Diese Hektik, die innere Unruhe, hat sich bei mir einfach nicht legen wollen. Kurz vor dem Spiel hat mich dann unser Medizinmann Richard Müller in der Kabine beiseite genommen und mir einen Cognac eingeflößt. Ich habe ihn ganz entgeistert angeschaut. ‚Macht nichts’, hat er nur gesagt, ‚nimm noch einen.’ Auf zweieinhalb Gläser bin ich gekommen. Als Augenblicke später Schwan und Cramer reinkamen, war ich ruhig. Zu ruhig vielleicht. Ein falsches Wort hätte ja meine Fahne verraten. Im Rahmen meiner Möglichkeiten habe ich dann ganz ordentlich gespielt.“

Das galt auch für die ganze Bayern-Elf, bei der Jupp Kapellmann und Bulle Roth im letzten Moment noch fit gemacht wurden. Das Stadion war nicht mal zur Hälfte gefüllt an diesem kühlen, regnerischen Mai-Abend. Es war ein ausgeglichenes Spiel, das nach einer halben Stunde endlich farbiger wurde. Zweimal trafen die Franzosen die Latte, und die Bayern waren froh, als sie mit einem 0:0 in die Kabinen durften.

Dann kam der dritte ganz große Moment in der Karriere von Bulle Roth. In der 57. Minute hatte Gerd Müller einen Freistoß herausgeholt, Beckenbauer tippte den Ball nur kurz an für den Scharfschützen der Bayern. Aus 20 Metern drosch Roth den Ball vorbei an Curkovic ins Netz – 1:0! Weil sein Gegenüber Sepp Maier auch im dritten Finale in Folge nicht zu bezwingen war, reichte das für den Hattrick.

Lorbeerkränze wurden den Bayern von der internationalen Presse zwar nicht gewunden, allgemein überwog das Mitleid mit den spielerisch besseren Franzosen. L’Equipe schrieb: „Der unbarmherzige Realismus der Deutschen hat gesiegt über den Edelmut, den Schwung, das Vorwärtsstürmen“. Die Londoner „Sun“ war besonders ungnädig: „Bayern stehlen Franzosen den Cup!“

"Das macht den Bayern keiner nach"

In ihrem Hotel, dem Albany in Glasgow, hörten die Sieger freundlichere Worte. Es prasselte viel Beifall nieder über die Sieger auf dem Bankett, Präsident Wilhelm Neudecker rühmte „den ungeheuren Sieg“. Dass es der letzte für 25 Jahre in dieser Disziplin sein würde, ahnte niemand. Sonst hätten sie vielleicht doch etwas ausgiebiger gefeiert. Als der Hattrick vollendet war, gab es in München nicht mal mehr einen Empfang. „Es liefen auch keine Menschen mehr zusammen. Selbst wir Spieler verzogen uns nach Hause – anstatt einen draufzumachen“, erinnert sich Europacup-Held Bulle Roth.

Der Kicker immerhin wusste den Erfolg zu würdigen, als er am nächsten Tag titelte: „Das macht den Bayern keiner nach!“ Das gilt bis heute. Nur drei Vereine haben seitdem überhaupt den Meisterpokal beziehungsweise die heutige Champions League wenigstens verteidigen können, einen Hattrick aber hat es nie mehr gegeben.

Die Europacupsieger 1976: Maier – Hansen, Beckenbauer, Schwarzenbeck, Horsmann – Roth, Dürnberger, Kapellmann – Hoeneß, Müller, Rummenigge.