"Fatmire Bajramaj hat Vorbildfunktion"

Dr. Ulf Gebken leitet das vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) finanzierte Modellprojekt "Soziale Integration für Mädchen durch Fußball", das Mädchen mit Migrationshintergrund über den Fußball anspricht. Sprachkenntnisse werden erweitert und die Einbindung in die Gesellschaft verstärkt.

Ziel ist eine Handreichung für lokale, ehrenamtlich durchgeführte Mädchenfußballprojekte. Gebken kann mehr als zufrieden sein mit dem bisherigen Verlauf. Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel hob beim vergangenen Integrationsgipfel Leuchtturm-Projekte heraus, dabei auch Gebkens "Soziale Integration für Mädchen durch Fußball".

Niedersachsen finanziert bereits acht Folgeprojekte, und schon haben weitere Bundesländer Interesse angemeldet. "Eigentlich ist es genauso wie bei Deutschen, auch hier wollen die Mädchen den Jungs zeigen, dass sie Fußball spielen können", sagt Dr. Gebken im DFB.de-Exklusivinterview mit DFB-Internetredakteur Thomas Hackbarth.

Frage: Dr. Gebken, welchen Ausmaß hat das Projekt mittlerweile und in welchen Städten sind Sie damit aktiv?

Dr. Ulf Gebken: Das Projekt gibt es bereits seit zwei Jahren. Inzwischen läuft "Soziale Integration für Mädchen durch Fußball" in acht Städten, konzentriert auf Stadtteile mit sozialen Problemen und einem hohen Migrantenanteil. Dort leben viele Mädchen mit Migrationshintergrund. So sind wir aktiv in Hamburg-Jenfeld, Berlin-Wedding und in Duisburg Maxlohe. Bislang haben wir etwa 600 Mädchen deutschlandweit mit dem Projekt angesprochen.

Frage: Warum müssen Mädchen mit Migrationshintergrund überhaupt zusätzlich und gesondert zum Fußball spielen aufgefordert werden? Jungs aus Deutschland fangen doch auch einfach an zu kicken. Warum die Extra-Einladung?

Gebken: Weil diese Mädchen scheinbar größere Hemmnisse zu überwinden haben, überhaupt mit einem Sport anzufangen. Mädchen mit Migrationshintergrund sind in Deutschland nur selten am Vereinsleben beteiligt, man findet sie fast gar nicht in den Sportvereinen. Zweitens boomt der Mädchenfußball insgesamt, das konnte der DFB in seiner aktuellen Mitgliederstatistik feststellen. Auch bei Mädchen aus anderen kulturellen Kreisen spüren wir diese Begeisterung für den Fußball. Eigentlich ist es genauso wie bei Deutschen, auch hier wollen die Mädchen den Jungs zeigen, dass sie Fußball spielen können.

Frage: Dr. Gebken, ihr Projekt heißt "Soziale Integration für Mädchen durch Fußball". Können Sie denn dieses hohe Ziel wirklich erreichen? Funktioniert der Fußball wirklich als Integrationsmotor?

Gebken: Wir bringen diese Mädchen dazu, mit dem Fußball anzufangen. Und viele von ihnen machen eine Ausbildung zur Übungsleiterin. Damit erhöht sich deutlich die Chance, dass sie künftig am Vereinsleben teilnehmen werden. Natürlich stärkt diese Erfahrung praktisch nebenbei die Mädchen in ihrem Selbstbewusstsein und ihren Sprachfähigkeiten. Wer eine Gruppe leiten will, muss über beides verfügen. Bei den Eltern wird Interesse am Freizeitverhalten ihrer Kinder geweckt. Der DFB finanziert dieses Projekt seit 2006 und mindestens noch bis Ende 2009. Entwickelt wurde die Idee über die Universität Osnabrück, dort hat uns der DFB sozusagen entdeckt. Mittlerweile interessieren sich immer mehr Bundesländer für unser Projekt. Das Paket besteht aus einem Angebot in den Schulen, immer im Schulterschluss mit einem Fußballverein aus der Nähe, und anschließend einer Ausbildung zur Übungsleiterin. Unser Projekt ist eine mögliche richtige Antwort auf Migration und Integration.

Frage: Spüren Sie Widerstände seitens der ausländischen Eltern?

Gebken: Die Skepsis seitens der Familien mit Migrationshintergrund ist groß. Unsere Elternabende sind zu Projektbeginn meistens schwach besucht. Man muss Turniere veranstalten. Wenn die Mädchen an den Schulen dann im Trikot von Türkiyemspor Berlin oder Rhenania Hamborn auflaufen und der Papa seiner Tochter ansieht, mit welch riesigem Spaß sie Fußball spielt, dann brechen diese Hemmnisse weg.

Frage: Fatmire Bajramajs Geschichte verlief genauso.

Gebken: Sie hat als deutsche Nationalspielerin mit Migrationshintergrund und Weltmeisterin definitiv eine Vorbildfunktion.

Frage: Im Februar wird beim Länderspiel gegen Norwegen zum zweiten Mal der DFB und Mercedes-Benz Integrationspreis verliehen. Im Vorjahr wurde der Preis an Türkiyemspor Berlin verliehen. Haben Sie die Entwicklung der Berliner seitdem verfolgt?

Gebken: Diese Preisverleihung war mutig und richtig. Endlich findet Türkiyemspor auch vor Ort die Anerkennung, die der Verein verdient. Sie können jetzt im Zentrum von Kreuzberg trainieren und müssen nicht mehr an die Berliner Peripherie fahren. Binnen einem Jahr konnte man von zwei auf fünf Mädchenmannschaften aufstocken. Für einen ethnischen Verein ist das eine gewaltige Entwicklung. Der größte Erfolg aber ist der Bau eines eigenen Vereinsheims. Eine Begegnungsstätte ist entstanden. Hier wird Integration durch Fußball wirklich gelebt.

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Dr. Ulf Gebken leitet das vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) finanzierte Modellprojekt "Soziale Integration für Mädchen durch Fußball", das Mädchen mit Migrationshintergrund über den Fußball anspricht. Sprachkenntnisse werden erweitert und die Einbindung in die Gesellschaft verstärkt.

Ziel ist eine Handreichung für lokale, ehrenamtlich durchgeführte Mädchenfußballprojekte. Gebken kann mehr als zufrieden sein mit dem bisherigen Verlauf. Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel hob beim vergangenen Integrationsgipfel Leuchtturm-Projekte heraus, dabei auch Gebkens "Soziale Integration für Mädchen durch Fußball".

Niedersachsen finanziert bereits acht Folgeprojekte, und schon haben weitere Bundesländer Interesse angemeldet. "Eigentlich ist es genauso wie bei Deutschen, auch hier wollen die Mädchen den Jungs zeigen, dass sie Fußball spielen können", sagt Dr. Gebken im DFB.de-Exklusivinterview mit DFB-Internetredakteur Thomas Hackbarth.

Frage: Dr. Gebken, welchen Ausmaß hat das Projekt mittlerweile und in welchen Städten sind Sie damit aktiv?

Dr. Ulf Gebken: Das Projekt gibt es bereits seit zwei Jahren. Inzwischen läuft "Soziale Integration für Mädchen durch Fußball" in acht Städten, konzentriert auf Stadtteile mit sozialen Problemen und einem hohen Migrantenanteil. Dort leben viele Mädchen mit Migrationshintergrund. So sind wir aktiv in Hamburg-Jenfeld, Berlin-Wedding und in Duisburg Maxlohe. Bislang haben wir etwa 600 Mädchen deutschlandweit mit dem Projekt angesprochen.

Frage: Warum müssen Mädchen mit Migrationshintergrund überhaupt zusätzlich und gesondert zum Fußball spielen aufgefordert werden? Jungs aus Deutschland fangen doch auch einfach an zu kicken. Warum die Extra-Einladung?

Gebken: Weil diese Mädchen scheinbar größere Hemmnisse zu überwinden haben, überhaupt mit einem Sport anzufangen. Mädchen mit Migrationshintergrund sind in Deutschland nur selten am Vereinsleben beteiligt, man findet sie fast gar nicht in den Sportvereinen. Zweitens boomt der Mädchenfußball insgesamt, das konnte der DFB in seiner aktuellen Mitgliederstatistik feststellen. Auch bei Mädchen aus anderen kulturellen Kreisen spüren wir diese Begeisterung für den Fußball. Eigentlich ist es genauso wie bei Deutschen, auch hier wollen die Mädchen den Jungs zeigen, dass sie Fußball spielen können.

Frage: Dr. Gebken, ihr Projekt heißt "Soziale Integration für Mädchen durch Fußball". Können Sie denn dieses hohe Ziel wirklich erreichen? Funktioniert der Fußball wirklich als Integrationsmotor?

Gebken: Wir bringen diese Mädchen dazu, mit dem Fußball anzufangen. Und viele von ihnen machen eine Ausbildung zur Übungsleiterin. Damit erhöht sich deutlich die Chance, dass sie künftig am Vereinsleben teilnehmen werden. Natürlich stärkt diese Erfahrung praktisch nebenbei die Mädchen in ihrem Selbstbewusstsein und ihren Sprachfähigkeiten. Wer eine Gruppe leiten will, muss über beides verfügen. Bei den Eltern wird Interesse am Freizeitverhalten ihrer Kinder geweckt. Der DFB finanziert dieses Projekt seit 2006 und mindestens noch bis Ende 2009. Entwickelt wurde die Idee über die Universität Osnabrück, dort hat uns der DFB sozusagen entdeckt. Mittlerweile interessieren sich immer mehr Bundesländer für unser Projekt. Das Paket besteht aus einem Angebot in den Schulen, immer im Schulterschluss mit einem Fußballverein aus der Nähe, und anschließend einer Ausbildung zur Übungsleiterin. Unser Projekt ist eine mögliche richtige Antwort auf Migration und Integration.

Frage: Spüren Sie Widerstände seitens der ausländischen Eltern?

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Gebken: Die Skepsis seitens der Familien mit Migrationshintergrund ist groß. Unsere Elternabende sind zu Projektbeginn meistens schwach besucht. Man muss Turniere veranstalten. Wenn die Mädchen an den Schulen dann im Trikot von Türkiyemspor Berlin oder Rhenania Hamborn auflaufen und der Papa seiner Tochter ansieht, mit welch riesigem Spaß sie Fußball spielt, dann brechen diese Hemmnisse weg.

Frage: Fatmire Bajramajs Geschichte verlief genauso.

Gebken: Sie hat als deutsche Nationalspielerin mit Migrationshintergrund und Weltmeisterin definitiv eine Vorbildfunktion.

Frage: Im Februar wird beim Länderspiel gegen Norwegen zum zweiten Mal der DFB und Mercedes-Benz Integrationspreis verliehen. Im Vorjahr wurde der Preis an Türkiyemspor Berlin verliehen. Haben Sie die Entwicklung der Berliner seitdem verfolgt?

Gebken: Diese Preisverleihung war mutig und richtig. Endlich findet Türkiyemspor auch vor Ort die Anerkennung, die der Verein verdient. Sie können jetzt im Zentrum von Kreuzberg trainieren und müssen nicht mehr an die Berliner Peripherie fahren. Binnen einem Jahr konnte man von zwei auf fünf Mädchenmannschaften aufstocken. Für einen ethnischen Verein ist das eine gewaltige Entwicklung. Der größte Erfolg aber ist der Bau eines eigenen Vereinsheims. Eine Begegnungsstätte ist entstanden. Hier wird Integration durch Fußball wirklich gelebt.