Fans im Fokus: 310 Kilometer Fußmarsch nach Gelsenkirchen

Mit der Bahn zum Heimspiel

Das Wort Heimspiel hat für Schmonsees in diesem Fall einen besonders schönen Klang. Es bedeutet: Vor ihm liegt kein weiterer Gang. Er wird mit der Bahn fahren, wie immer bei Heimspielen. Um 12.45 Uhr wird er sich in den Zug setzen, ganz bequem und voller Vorfreude. Ankunft in Bremen-Hauptbahnhof wird um 13.30 Uhr sein.

Fehlt nur noch das letzte Stück zum Stadion. Das wird er laufen. "Natürlich ist dieses Spiel speziell für mich", sagt Schmonsees. "Ich freue mich sehr darauf." Zumal er hofft, einige Fans aus Gelsenkirchen wiederzutreffen. "Ich muss mich ja noch für die Gastfreundschaft revanchieren", sagt er.

Die nächste Wanderung? "Nur eine Frage der Zeit"

Ach so, eine Sache wäre da noch: Wegen Problemen am Fuß konnte Stefan Schmonsees nicht alle Etappen zu den Knappen tatsächlich zu Fuß absolvieren. Er wurde von einer Knochenhautreizung zeitweise ausgebremst, auf ärztlichen Rat musste er den Fuß schonen. Im Hochgefühl der Zielerreichung hat er deshalb in Gelsenkirchen angekündigt, eines Tages tatsächlich den kompletten Weg zu beschreiten. "Ich lass das nicht auf mir sitzen und mach den 'Scheiß' noch mal", so seine Worte.

Das Jahr hat er wohlweislich nicht genannt. 2013 wird es nichts werden, sein neuer Arbeitgeber, die Allianz-Versicherung, hat Priorität. Aber irgendwann wird Schmonsees wieder auf Wanderung gehen. "Es ist nur eine Frage der Zeit", sagt er. Eines ist auch sicher: Er wird genügend Einlegesohlen dabei haben. Und sein Werder-Trikot auch.

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Im Stadion, vor dem Fernseher, vor dem Radio. Auswärts, zu Hause. Mit und ohne Fanschal. In der Bundesliga, in der Kreisliga, bei der Nationalmannschaft. Wo Fußball gespielt wird, finden sich Fans. Das Fan-Sein hat viele Facetten und Gesichter, DFB.de zeigt sie im Rahmen seiner Fanserie jeden Donnerstag aus den unterschiedlichsten Perspektiven. Heute: Werder-Fan Stefan Schmonsees, der zu Fuß von Holle nach Gelsenkirchen wanderte.

Tausche Werder-Trikot gegen Einlegesohlen. Kann kein richtiger Werder-Fan sein, der diesen Handel anbietet! Erst recht nicht bei diesem besonderen Trikot. Für gewöhnlich gilt ein Shirt mit den gekritzelten Namenszügen der Stars den Fans als Heiligtum. So ist es auch bei Stefan Schmonsees. Das Trikot hat bei ihm einen Ehrenplatz, zu Hause, an der Wand, ganz oben. Zumal ihm das Trikot persönlich von Trainer Thomas Schaaf überreicht wurde.

Mit Werder in der Türkei

Seit Anfang der 80er-Jahre ist Schmonsees Werder-Fan. Mit Haut und Haaren, mit ganzem Herzen. Seine erste Partie im Stadion war ein Spiel gegen den MSV Duisburg, mit Bernard Dietz, der gerade Europameister geworden war. Auf Werder lässt Schmonsees seither nichts kommen, mehrmals hat er die Mannschaft ins Trainingslager in der Türkei begleitet, etliche Auswärtsfahrten stehen in seiner Vita, Heimspiele sind Pflichttermine.

Das Unterschriften-Trikot gehört für Schmonsees folglich zu seinem teuersten Besitz; ideell. Im Stadion schmückt er sich nicht damit, der Stoff ist zu wertvoll für den Fan-Alltag. Nur im Notfall käme ihm dies in den Sinn. Wenn ein extrem wichtiges Spiel ansteht, wenn es etwa um Klassenverbleib oder Königsklasse ginge. "Dann kann es schon sein, dass man als Fan auf die größten Heiligtümer zurückgreift", sagt er.

Ein Königreich für Schuheinlagen

Das Trikot hätte er zeitweise dennoch gerne gegen Billigartikel wie Schuheinlagen getauscht. So hat "Schmolle" es schmunzelnd im Interview mit dem Magazin 11 Freunde behauptet. Anfang November vorigen Jahres war das. Es war eine Zeit, in der der Fußballfan erhebliche Probleme mit seinen Füßen hatte. Zu viel hatte Schmonsees sich und seinen Beinen zugemutet, zu viele Kilometer in zu kurzer Zeit. Von Holle nach Gelsenkirchen. 310 Kilometer durch die Hölle nach Schalke. Auf Schusters Rappen zu den Knappen.

Der Fan war per pedes unterwegs zum Auswärtsspiel des SV Werder. Eine verlorene Wette war schuld - beziehungsweise die Mannschaft von Trainer Thomas Schaaf. In der Saison 2011/2012 hatte Bremen Platz vier verfehlt, entgegen der festen Erwartung von Schmonsees. Im Werder-Forum hatte dieser eine entsprechende Wette formuliert. Gesagt, getan - gewettet, gegangen. Oder, wie Thomas Schaaf mit Blick auf den Werder-Gang des Fans sagt: "Was man verspricht, muss man auch halten."

Lauf für wohltätige Zwecke

Obwohl es für Schmonsees nichts zu gewinnen gab. Einen Einsatz für den Fall, dass Bremen die Saison auf Platz vier oder besser beendet, gab es nicht. "Das war eine Loose-Loose-Situation", sagt Schmonsees. Eigentlich. Denn er hat die Situation umgedreht und zu einem überzeugenden 3:0-Sieg werden lassen.

Das schönste Tor hat er erzielt, indem er seinen Lauf einem wohltätigen Zweck gewidmet hat. Der 41-Jährige leidet seit Jahren unter Migräne, für ihn lag es nahe, für Einrichtungen zu sammeln, die Migränepatienten helfen. Etwa 1000 Euro sind bisher zusammen gekommen, 33 Cent für jeden Kilometer. "Ich finde die Summe super, das ist richtig viel Geld", sagt er.

Und es kann noch mehr werden, denn das Spendenkonto ist weiter offen (weitere Information gibt es unter http://www.dergangaufschalke.de). "Ich freue mich über jeden Cent", sagt Schmonsees. Das Geld will er der "Schön Klinik Bad Bramstedt" und der "Schmerzklinik Kiel" zur Verfügung stellen.

Viel Aufmerksamkeit für den "Gang auf Schalke"

Das zweite Tor war die Öffentlichkeit. Anliegen von Schmonsees war es nicht nur, mit seiner Aktion Geld zu generieren. Vor allem wollte er die Öffentlichkeit aufmerksam machen und für die unterschätzte Volkskrankheit Migräne sensibilisieren. Ziel erreicht. Etliche Zeitungen, auch überregionale, Radio und Fernsehsender haben sich für den "Gang auf Schalke" und seine Hintergründe interessiert, die Internetseite des SV Werder hat ebenfalls berichtet. Mit Blog und Facebook-Seite hat Schmonsees zudem seinen ganz persönlichen und mitunter sehr humorvollen Weg gefunden, seinen Weg zu beschreiben.

Tor Nummer drei war ebenfalls spektakulär: eine Demonstration zu Gunsten der Fanfreundschaft. Neben einer leichten Überempfindlichkeit am Knöchel des rechten Fußes ist ihm dies vor allem vom Gang nach Gelsenkirchen geblieben: "Der Zusammenhalt unter den Fans war wirklich toll", sagt Schmonsees. Die Fan-Vertretungen der Vereine haben sich um ihn gekümmert, ihm wurde ein Ticket für das Spiel organisiert, auf der Bezirksversammlung der Schalke-Fanklubs in Schöppingen wurde er herzlich aufgenommen, mehrfach hat er auf seiner Tour privat bei Schalke-Fans genächtigt.

Bis heute haben diese Kontakte Bestand. Und, na klar, in dieser Woche werden sie wieder intensiviert. Schließlich spielt Werder am Samstag (ab 15.30 Uhr, live bei Sky) zu Hause gegen Schalke.

Mit der Bahn zum Heimspiel

Das Wort Heimspiel hat für Schmonsees in diesem Fall einen besonders schönen Klang. Es bedeutet: Vor ihm liegt kein weiterer Gang. Er wird mit der Bahn fahren, wie immer bei Heimspielen. Um 12.45 Uhr wird er sich in den Zug setzen, ganz bequem und voller Vorfreude. Ankunft in Bremen-Hauptbahnhof wird um 13.30 Uhr sein.

Fehlt nur noch das letzte Stück zum Stadion. Das wird er laufen. "Natürlich ist dieses Spiel speziell für mich", sagt Schmonsees. "Ich freue mich sehr darauf." Zumal er hofft, einige Fans aus Gelsenkirchen wiederzutreffen. "Ich muss mich ja noch für die Gastfreundschaft revanchieren", sagt er.

Die nächste Wanderung? "Nur eine Frage der Zeit"

Ach so, eine Sache wäre da noch: Wegen Problemen am Fuß konnte Stefan Schmonsees nicht alle Etappen zu den Knappen tatsächlich zu Fuß absolvieren. Er wurde von einer Knochenhautreizung zeitweise ausgebremst, auf ärztlichen Rat musste er den Fuß schonen. Im Hochgefühl der Zielerreichung hat er deshalb in Gelsenkirchen angekündigt, eines Tages tatsächlich den kompletten Weg zu beschreiten. "Ich lass das nicht auf mir sitzen und mach den 'Scheiß' noch mal", so seine Worte.

Das Jahr hat er wohlweislich nicht genannt. 2013 wird es nichts werden, sein neuer Arbeitgeber, die Allianz-Versicherung, hat Priorität. Aber irgendwann wird Schmonsees wieder auf Wanderung gehen. "Es ist nur eine Frage der Zeit", sagt er. Eines ist auch sicher: Er wird genügend Einlegesohlen dabei haben. Und sein Werder-Trikot auch.