Fandel: „Mehr Verständnis für Schiedsrichter“

Fandel: Das sollen sie auch. Bei allem Werben für die Lage der Schiedsrichter habe ich doch auch eines in dieser Diskussion klar gesagt: Eine strittige Szene aus verschiedenen Einstellungen sehen zu können ist und bleibt natürlich etwas Besonderes für die Zuschauer. Zeitlupen sind längst ein fester Bestandteil der Berichterstattung geworden und tragen dazu bei, dass der Fußball die Menschen an den Bildschirmen begeistert. Die Schiedsrichter müssen und werden auch künftig damit umgehen, dass der Fernsehzuschauer diesen Service hat. Wenn nur manchmal ein bisschen mehr Verständnis für sie und ihre Entscheidungen aufgebracht wird, hat sich die Diskussion schon gelohnt.

DFB.de: Sie betonen das Wort Fernsehzuschauer. Im Stadion bewerten sie das anders?

Fandel: Im Stadion sind Zeitlupen meiner Meinung nach unangebracht. Allein schon aus Sicherheitsüberlegungen sollte man dort generell darauf verzichten. Ich denke auch, dass ein Zuschauer im Stadion die besondere Live-Atmosphäre genießen will und ständige Wiederholungen einfach nicht braucht. Wie heißt es so schön: Die Wahrheit liegt auf dem Platz, nicht auf der Leinwand.

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Am 20. August beginnt die neue Bundesliga-Saison. Für Herbert Fandel ist es die erste Spielzeit als Leiter der Schiedsrichter-Kommission. In seiner neuen Funktion hat er sich auch kritisch mit dem Thema Zeitenlupen auseinandergesetzt. DFB.de hat den früheren FIFA-Referee in seinem Spanien-Urlaub erreicht und nachgefragt, wie er die weitere Entwicklung beurteilt.

DFB.de: Herr Fandel, Sie haben sich für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Zeitlupen im Fußball ausgesprochen. Warum?

Herbert Fandel: Zunächst einmal habe ich nicht die Abschaffung der Zeitlupen gefordert, sondern mich zu einer Ankündigung des italienischen TV-Senders RAI geäußert, der künftig offenbar weitgehend darauf verzichten will. Ich habe klar gesagt, dass Spiele von den Emotionen leben, dass dazu auch die Zeitlupen gehören und ich mir kaum vorstellen kann, dass sie abgeschafft werden. Als Fußballfan würde es mir offen gesagt auch selbst schwerfallen, darauf zu verzichten. Als Schiedsrichter würde ich mir aber manchmal wünschen, dass es ohne Zeitlupe zu einer gerechteren Beurteilung der Entscheidungen kommen würde.

DFB.de: Was meinen Sie damit?

Fandel: Ein Schiedsrichter sieht die Spielszenen aus seiner jeweiligen Perspektive und muss in Sekunden eine Entscheidung treffen. Eine anschließende Zeitlupe aus unterschiedlichen Blickwinkeln gibt die Situation, in der sich der Schiedsrichter befunden hat, manchmal nicht richtig wieder. Ihr fehlt die Tiefe. Jeder Zuschauer bekommt einen Einblick, den der Schiedsrichter vielleicht gar nicht haben konnte. Aus diesem Grunde erschwert die Zeitlupe natürlich die Arbeit des Schiedsrichters.

DFB.de: Weil Fehler für jeden sichtbar werden?

Fandel: Es geht nicht darum, Fehler zu vertuschen. Ohnehin bestätigen 95 Prozent der Zeitlupen die getroffenen Entscheidungen. Es geht mir vielmehr darum deutlich zu machen, dass ein Schiedsrichter ständig mit dem Bewusstsein leben muss, für einen Fehler verantwortlich gemacht zu werden, den er aus seiner Sicht gar nicht vermeiden konnte. Es war mir wichtig, diese Perspektive meiner Kollegen einmal deutlich zu machen. Fehler machen wir alle, das gehört auch im Sport dazu.

DFB.de: Und die Fans werden sich diese Fehler auch in Zukunft anschauen wollen.

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Fandel: Das sollen sie auch. Bei allem Werben für die Lage der Schiedsrichter habe ich doch auch eines in dieser Diskussion klar gesagt: Eine strittige Szene aus verschiedenen Einstellungen sehen zu können ist und bleibt natürlich etwas Besonderes für die Zuschauer. Zeitlupen sind längst ein fester Bestandteil der Berichterstattung geworden und tragen dazu bei, dass der Fußball die Menschen an den Bildschirmen begeistert. Die Schiedsrichter müssen und werden auch künftig damit umgehen, dass der Fernsehzuschauer diesen Service hat. Wenn nur manchmal ein bisschen mehr Verständnis für sie und ihre Entscheidungen aufgebracht wird, hat sich die Diskussion schon gelohnt.

DFB.de: Sie betonen das Wort Fernsehzuschauer. Im Stadion bewerten sie das anders?

Fandel: Im Stadion sind Zeitlupen meiner Meinung nach unangebracht. Allein schon aus Sicherheitsüberlegungen sollte man dort generell darauf verzichten. Ich denke auch, dass ein Zuschauer im Stadion die besondere Live-Atmosphäre genießen will und ständige Wiederholungen einfach nicht braucht. Wie heißt es so schön: Die Wahrheit liegt auf dem Platz, nicht auf der Leinwand.