Fan Club-Mitglied Werner Haas: Mit 79 ist noch lange nicht Schluss

Vor mehr als 63 Jahren besucht Werner Haas sein erstes Länderspiel. Bis heute ist der 79-Jährige regelmäßig dabei. Er erlebte alle großen Triumphe der Nationalmannschaft mit, traf auf Fritz Walter und besitzt die A-Trainer-Lizenz. Trotzdem hat er noch einiges vor. Davon halten ihn auch ein Dutzend Knie-OPs nicht ab.

Beim 100. Länderspiel ist Feierabend. Schicht im Schacht. Schluss, aus, vorbei. Werner Haas hat es seiner Frau hoch und heilig versprochen. Doch das schelmische, fast bubenhafte Grinsen auf seinen Lippen verrät ihn. Denn mit dem Zählen nimmt es der 79-Jährige aus Ascheberg Holstein schon lange nicht mehr so genau. "Wahrscheinlich habe ich die magische Schwelle schon lange übertroffen", sagt das Mitglied im Fan Club Nationalmannschaft und lacht. Zur Sicherheit habe er einfach irgendwann aufgehört Buch zu führen.

Seine Frau meine es nur gut mit ihm, beteuert er und erklärt: "Sie macht sich eben Sorgen. Aber ich passe schon auf mich auf." Ein Dutzend Knie-Operationen liegen hinter Werner. In seinem rechten Knie befindet sich bereits die dritte Prothese. Aber abgesehen davon, ist der Senior für sein fortgeschrittenes Alter noch ziemlich auf Zack. "Man muss aktiv bleiben", verrät Werner sein Geheimnis - und in Bewegung hält ihn vor allem der Fußball. Wann immer es geht, ist er bei Länderspielen vor Ort. So auch bei seinem "Heimspiel" in Hamburg gegen Oranje.

Kiel, Lübeck, HSV: Ohne Fußball gibt's nicht

Im Siegerland aufgewachsen, verschlug es Werner beruflich an die deutsche Nordseeküste, wo der Fregattenkapitän außer Dienst noch heute mit seiner Frau lebt. Für Heimspiele der Nationalmannschaft nicht gerade der strategisch idealste Standort. Die 90 Kilometer kurze Anfahrt in die Hansestadt sind da eher die Ausnahme. Doch weite Reisen haben das Nordlicht noch nie abgeschreckt. Ihn habe es schon immer in die Ferne gezogen, erklärt er.

Durch seine lange Zeit bei der Marine hat Werner viele Bekanntschaften in ganz Deutschland gemacht, welchen er bei Heim-Länderspielen gerne einen Besuch abstattet. Doch es muss nicht immer in die Ferne gehen. Als Dauerkartenbesitzer von Holstein Kiel und regelmäßiger Zuschauer des VfB Lübeck sowie des HSV ist er viel in der Umgebung unterwegs. Im Zweifel geht es auf den Sportplatz bei einem Verein um die Ecke. Ohne Fußball gibt’s bei Werner nicht.

Die Leidenschaft für das runde Leder begleitet den gebürtigen Südwestfalen sein ganzes Leben. Im Januar 1955 fuhr Werner zusammen mit einem Freund im Zug zu seinem ersten Spiel im Stadion. An die Begegnung in der Oberliga West zwischen Borussia Dortmund und Rot-Weiss Essen erinnert er sich heute noch haargenau. Von da an waren die beiden Freunde fast jedes Wochenende in den Stadien im Ruhrgebiet und Rheinland unterwegs.

WM 1954: "Das war der absolute Supertitel"

Im Mai 1956 besuchte Werner im Alter von 15 Jahren sein erstes Länderspiel im Berliner Olympiastadion. Auch wenn der Klassiker gegen England mit 1:3 verloren ging, sollte ihn dieses "unvergessliche Erlebnis" motivieren, auch in Zukunft die Nationalmannschaft vor Ort zu unterstützen. Als Sohn eines Bundesbahners durfte sich Werner meistens kostenlos auf Schienen fortbewegen, weshalb ihn auch Ausflüge zu Auswärtsspielen in Europa nicht abschreckten. Oft genug erschien er direkt vom Bahnhof und übermüdet von der Rückfahrt im Nachtzug am Montagmorgen in der Schule.

Aber seine Fußballbegeisterung war bei den Lehrern schon lange kein Geheimnis mehr. Während des WM-Halbfinals 1954 musste der damals 14-Jährige auf einem Wanderausflug mehrmals ermahnt werden, weil er immerzu an offenen Fenstern stehen blieb, um den Radiokommentar aufzuschnappen. Das Finale verfolgte er in einem Zelt vor einer Kneipe im Nachbarort, wo extra ein Fernseher aufgestellt wurde. "Das war der absolute Supertitel, der Emotionalste überhaupt", sagt Werner, der die Persönlichkeiten der Mannschaft in den Vordergrund stellt.

Fritz Walter? "Großes Vorbild und Idol mit Ausstrahlung"

Insbesondere Kapitän Fritz Walter bezeichnet er als "großes Vorbild und Idol mit Ausstrahlung." Vier Jahre nach dem Wunder von Bern durfte Werner ihn zufällig auf einer Zugfahrt zum Länderspiel kennenlernen. Er habe sich nicht getraut, ihn anzusprechen, aber Fritz Walter war es selbst, der das Gespräch mit dem jungen Fan eröffnete. "Wir haben uns viel über Fußball, aber auch andere Themen unterhalten", berichtet Werner und bekräftigt: "Er war wirklich ein toller Mann."

Prominente Bekanntschaft machte er auch während seiner Trainerausbildung. Die A-Lizenz schloss er mit dem heutigen DFB-Spielerbeobachter Urs Siegenthaler ab und wurde zu einem gefragten Fußballcoach in Südwestfalen mit Stationen beim VfB Weidenau, der SV Ottfingen und dem VfL Bad Berleburg. Doch letztlich folge Werner dem Ruf der Bundeswehr und unterrichtete als Dozent an der Marinenunteroffiziersschule in Plön.

In den vielen Jahrzehnten als Fußballfan hat Werner alles miterlebt, vier WM und drei EM-Titel feiern dürfen - und trotzdem bekommt er nicht genug davon. "Die Atmosphäre im Stadion lässt mich immer wieder vom Sofa aufstehen", sagt er begeistert. Möglichst viele Fußballspiele will er noch besuchen, am liebsten noch ein EM- oder WM-Finale mit deutscher Beteiligung. So lange er nicht das Zählen anfängt, wird ihm das 100. Länderspiel keinen Strich durch die Rechnung machen.

[jh]

Vor mehr als 63 Jahren besucht Werner Haas sein erstes Länderspiel. Bis heute ist der 79-Jährige regelmäßig dabei. Er erlebte alle großen Triumphe der Nationalmannschaft mit, traf auf Fritz Walter und besitzt die A-Trainer-Lizenz. Trotzdem hat er noch einiges vor. Davon halten ihn auch ein Dutzend Knie-OPs nicht ab.

Beim 100. Länderspiel ist Feierabend. Schicht im Schacht. Schluss, aus, vorbei. Werner Haas hat es seiner Frau hoch und heilig versprochen. Doch das schelmische, fast bubenhafte Grinsen auf seinen Lippen verrät ihn. Denn mit dem Zählen nimmt es der 79-Jährige aus Ascheberg Holstein schon lange nicht mehr so genau. "Wahrscheinlich habe ich die magische Schwelle schon lange übertroffen", sagt das Mitglied im Fan Club Nationalmannschaft und lacht. Zur Sicherheit habe er einfach irgendwann aufgehört Buch zu führen.

Seine Frau meine es nur gut mit ihm, beteuert er und erklärt: "Sie macht sich eben Sorgen. Aber ich passe schon auf mich auf." Ein Dutzend Knie-Operationen liegen hinter Werner. In seinem rechten Knie befindet sich bereits die dritte Prothese. Aber abgesehen davon, ist der Senior für sein fortgeschrittenes Alter noch ziemlich auf Zack. "Man muss aktiv bleiben", verrät Werner sein Geheimnis - und in Bewegung hält ihn vor allem der Fußball. Wann immer es geht, ist er bei Länderspielen vor Ort. So auch bei seinem "Heimspiel" in Hamburg gegen Oranje.

Kiel, Lübeck, HSV: Ohne Fußball gibt's nicht

Im Siegerland aufgewachsen, verschlug es Werner beruflich an die deutsche Nordseeküste, wo der Fregattenkapitän außer Dienst noch heute mit seiner Frau lebt. Für Heimspiele der Nationalmannschaft nicht gerade der strategisch idealste Standort. Die 90 Kilometer kurze Anfahrt in die Hansestadt sind da eher die Ausnahme. Doch weite Reisen haben das Nordlicht noch nie abgeschreckt. Ihn habe es schon immer in die Ferne gezogen, erklärt er.

Durch seine lange Zeit bei der Marine hat Werner viele Bekanntschaften in ganz Deutschland gemacht, welchen er bei Heim-Länderspielen gerne einen Besuch abstattet. Doch es muss nicht immer in die Ferne gehen. Als Dauerkartenbesitzer von Holstein Kiel und regelmäßiger Zuschauer des VfB Lübeck sowie des HSV ist er viel in der Umgebung unterwegs. Im Zweifel geht es auf den Sportplatz bei einem Verein um die Ecke. Ohne Fußball gibt’s bei Werner nicht.

Die Leidenschaft für das runde Leder begleitet den gebürtigen Südwestfalen sein ganzes Leben. Im Januar 1955 fuhr Werner zusammen mit einem Freund im Zug zu seinem ersten Spiel im Stadion. An die Begegnung in der Oberliga West zwischen Borussia Dortmund und Rot-Weiss Essen erinnert er sich heute noch haargenau. Von da an waren die beiden Freunde fast jedes Wochenende in den Stadien im Ruhrgebiet und Rheinland unterwegs.

WM 1954: "Das war der absolute Supertitel"

Im Mai 1956 besuchte Werner im Alter von 15 Jahren sein erstes Länderspiel im Berliner Olympiastadion. Auch wenn der Klassiker gegen England mit 1:3 verloren ging, sollte ihn dieses "unvergessliche Erlebnis" motivieren, auch in Zukunft die Nationalmannschaft vor Ort zu unterstützen. Als Sohn eines Bundesbahners durfte sich Werner meistens kostenlos auf Schienen fortbewegen, weshalb ihn auch Ausflüge zu Auswärtsspielen in Europa nicht abschreckten. Oft genug erschien er direkt vom Bahnhof und übermüdet von der Rückfahrt im Nachtzug am Montagmorgen in der Schule.

Aber seine Fußballbegeisterung war bei den Lehrern schon lange kein Geheimnis mehr. Während des WM-Halbfinals 1954 musste der damals 14-Jährige auf einem Wanderausflug mehrmals ermahnt werden, weil er immerzu an offenen Fenstern stehen blieb, um den Radiokommentar aufzuschnappen. Das Finale verfolgte er in einem Zelt vor einer Kneipe im Nachbarort, wo extra ein Fernseher aufgestellt wurde. "Das war der absolute Supertitel, der Emotionalste überhaupt", sagt Werner, der die Persönlichkeiten der Mannschaft in den Vordergrund stellt.

Fritz Walter? "Großes Vorbild und Idol mit Ausstrahlung"

Insbesondere Kapitän Fritz Walter bezeichnet er als "großes Vorbild und Idol mit Ausstrahlung." Vier Jahre nach dem Wunder von Bern durfte Werner ihn zufällig auf einer Zugfahrt zum Länderspiel kennenlernen. Er habe sich nicht getraut, ihn anzusprechen, aber Fritz Walter war es selbst, der das Gespräch mit dem jungen Fan eröffnete. "Wir haben uns viel über Fußball, aber auch andere Themen unterhalten", berichtet Werner und bekräftigt: "Er war wirklich ein toller Mann."

Prominente Bekanntschaft machte er auch während seiner Trainerausbildung. Die A-Lizenz schloss er mit dem heutigen DFB-Spielerbeobachter Urs Siegenthaler ab und wurde zu einem gefragten Fußballcoach in Südwestfalen mit Stationen beim VfB Weidenau, der SV Ottfingen und dem VfL Bad Berleburg. Doch letztlich folge Werner dem Ruf der Bundeswehr und unterrichtete als Dozent an der Marinenunteroffiziersschule in Plön.

In den vielen Jahrzehnten als Fußballfan hat Werner alles miterlebt, vier WM und drei EM-Titel feiern dürfen - und trotzdem bekommt er nicht genug davon. "Die Atmosphäre im Stadion lässt mich immer wieder vom Sofa aufstehen", sagt er begeistert. Möglichst viele Fußballspiele will er noch besuchen, am liebsten noch ein EM- oder WM-Finale mit deutscher Beteiligung. So lange er nicht das Zählen anfängt, wird ihm das 100. Länderspiel keinen Strich durch die Rechnung machen.

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