"Familienbande": Unabhängig und doch gemeinsam

Wie kommen Kinder zum Fußball? Viele eifern ihren Idolen nach, seit Generationen ist das so. Fritz Walter, Uwe Seeler, Franz Beckenbauer oder Gerd Müller. Lothar Matthäus oder Oliver Kahn, heute Mesut Özil, Philipp Lahm oder Thomas Müller. Und immer häufiger auch Birgit Prinz oder Lira Bajramaj. Sie alle motivieren Jungen und Mädchen zum Kicken.

Oft genug haben sie das Vorbild aber schon im Vorgarten - den Vater, den großen Bruder, die ältere Schwester. Fußball ist Familiensache, Leidenschaft und Talent werden oft über Generationen vererbt. Dafür gibt es auch viele prominente Beispiele. Das zeigt "Familienbande", die neue Serie auf DFB.de.

Das Verhältnis ist ambivalent. Was zu verstehen ist. Von klein auf alles zusammen machen, den Weg gemeinsam gehen, vom Elternhaus bis zur ersten eigenen Wohnung, in der Schule, im Sport – Isabel und Monique Kerschowski, beide beim Frauen-Bundesligisten 1. FFC Turbine Potsdam unter Vertrag, mögen sich sehr. So wie sich Geschwister, in diesem Falle Zwillinge, eben mögen sollten.

Aber manchmal, erzählt Isabel, manchmal fliegen auch die Fetzen. „Klar gibt es oft Meinungsverschiedenheiten, weil man eben so viel gemeinsam macht. Aber es ist auch schön, jemanden an seiner Seite zu haben, mit dem man über alles reden kann. Wobei: Ich bin auch froh, wenn ich Nicki mal zwei Wochen nicht sehe.“ Protest erntet die wenige Minuten früher geborene Isabel postwendend für diese Aussagen von ihrer Schwester Monique. „Ohne meine Schwester? Vorstellen kann ich mir das nicht. Ich bin ein extremer Familienmensch und habe eine enge Bindung zu Isy.“

Knorpelschaden mit zwölf Jahren

Isy und Nicky. Geboren am 22. Januar 1988 in Berlin, aufgewachsen im Stadtteil Hellersdorf. Ein älterer Bruder. Früh kommen die beiden zum Sport. Zunächst nicht zum Fußball, wobei, gekickt wird auf dem Bolzplatz in ihrem Kiez schon. Doch ihr Herz hängt zunächst ganz an der Leichtathletik. Es läuft gut. Die beiden haben Talent, bestechen vor allem durch ihre Schnelligkeit.

Doch dann der Rückschlag: Monique erleidet einen Knorpelschaden im linken Knie. Mit zwölf Jahren. Die erste Diagnose ist ein Schock für sie. „Man hat mir gesagt, dass endgültig Schluss ist mit Leistungssport“, erzählt sie. Schluss ist auf jeden Fall mit der Leichtathletik. Auch für Isabel: „Da wollte ich dann auch nicht mehr alleine ins Training fahren“, meint die Schwester.

Gemeinsam zum BSC Marzahn – gemeinsam nach Potsdam

Ein Leben ohne Sport. Für Monique undenkbar. Sie kämpft, sie arbeitet in der Reha, mit Erfolg und kommt schließlich zum Fußball. „Wir sind dann einfach öfter bolzen gegangen“, erzählt sie. Das Knie hält. Neue Fußballschuhe sind fällig.

Sie geht mit ihrer Schwester in einen Laden, der Besitzer erkennt sie sofort, hat sie von seinem Fenster oft beim Spiel auf dem Bolzplatz gesehen – und ihr Talent erkannt. Er bringt sie zum BSC Marzahn. Von 2000 bis 2005 spielen die beiden dort, dann folgt der gemeinsame Wechsel zum 1. FFC Turbine Potsdam.

„Isy ist eine ehrliche Haut“

Bis heute spielen die beiden beim Brandenburger Spitzenverein. Sind dort Deutscher Meister geworden, haben die Champions League gewonnen, den DFB-Pokal. Immer zusammen. Auf dem Platz stehen sie derzeit nicht gemeinsam, Monique kuriert zurzeit eine erneute Knieverletzung aus, arbeitet in der Reha für ihr Comeback. Wieder einmal.

Ihre Schwester Isabel ist gerade in dieser schweren Zeit wichtige Ansprechpartnerin. Monique schätzt sie als ehrliche Haut, „wenn hinter ihrem Rücken gesprochen wird, dann muss sie das sofort ausräumen. Zudem ist sie total liebenswert, wenn jemand Probleme hat, ist sie da.“

„Nicky ist schnell von Null auf Hundert“

Auf dem Platz ähneln sich die beiden in ihrer Dynamik, machen permanent Dampf, bestechen durch ihre Schnelligkeit. Als Persönlichkeiten unterscheiden sie sich jedoch in wesentlichen Punkten. „Meine Schwester kann eine echte kleine Zicke sein“, sagt die gelernte Tischlerin Isabel. „Ich weiß genau, wie ich sie von Null auf Hundert bringen kann.“

Von Null auf Hundert. Das kommt bei Monique, die eine Ausbildung als Einzelhandelskauffrau absolviert hat, schon das eine oder andere Mal vor. „Isy frisst eher alles in sich hinein, ich kann schon mal explodieren“, erzählt sie. „Bei mir muss alles raus, sonst platze ich. Und wenn ich oben bin, komme ich so schnell nicht wieder runter.“

Erfahrungsaustausch mit Bayern-Zwillingen Banecki

Von Grund auf verschieden seien sie, meinen beide unisono. Weshalb sie auch ziemlich allergisch darauf reagieren, nicht als eigenständige Persönlichkeiten wahrgenommen zu werden. „Vor allem im Fußball hieß es oft: „die Zwillinge“. Nicht Isy oder Nicki sondern nur „die Zwillinge“. Das regt uns noch heute tierisch auf“, erzählt Isabel.

Zuweilen tauschen sie sich mit ihren „Leidensgenossinnen“ vom FC Bayern München, den Zwillingen Sylvie und Nicole Banecki, darüber aus. Die beiden hätten nämlich mit ähnlichen Vorurteilen zu kämpfen, meint Isabel. Und ebenso wie die Potsdamerinnen den ein oder anderen Schabernack aufgrund ihrer Ähnlichkeit angestellt. In früheren Zeiten zumindest.

Rollentausch in der Schule

„In der Schule hat es einmal geklappt, dass wir getauscht haben und keinem ist es aufgefallen“, erzählt Isabel Kerschowski. Für die eine stand eine Mathe- für die andere eine Deutschklausur an. „Wir wollten einfach mal ausprobieren, ob es jemand merkt, wenn wir die Rollen tauschen“, sagt Monique.

Es hat niemand gemerkt. Aufgedeckt haben die beiden es hinterher dennoch. „Ehrensache“, sagt Isabel. Die Arbeiten wurden freilich nicht gewertet, doch der Spaß hatte keine Konsequenzen. Außer, das Isabel und Monique ihre Klausuren in der richtigen Rollenverteilung nachschreiben mussten.

Unterschiedliche Charaktere

Heute wäre so etwas nicht mehr möglich. Optisch haben sich die beiden seit einigen Jahren stark voneinander abgegrenzt. Sie unterscheiden sich aber nicht nur durch ihr Äußeres – auch die Persönlichkeitsentwicklung ist individuell vorangeschritten.

Längst sind Isabel und Monique Kerschowski eigenständige Persönlichkeiten, in ihrer Individualität grundverschieden. Zwei junge Frauen mit ausgeprägten, aber unterschiedlichen Charaktereigenschaften. Ihren Weg gehen sie nunmehr unabhängig voneinander – und doch immer noch gemeinsam.

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Wie kommen Kinder zum Fußball? Viele eifern ihren Idolen nach, seit Generationen ist das so. Fritz Walter, Uwe Seeler, Franz Beckenbauer oder Gerd Müller. Lothar Matthäus oder Oliver Kahn, heute Mesut Özil, Philipp Lahm oder Thomas Müller. Und immer häufiger auch Birgit Prinz oder Lira Bajramaj. Sie alle motivieren Jungen und Mädchen zum Kicken.

Oft genug haben sie das Vorbild aber schon im Vorgarten - den Vater, den großen Bruder, die ältere Schwester. Fußball ist Familiensache, Leidenschaft und Talent werden oft über Generationen vererbt. Dafür gibt es auch viele prominente Beispiele. Das zeigt "Familienbande", die neue Serie auf DFB.de.

Das Verhältnis ist ambivalent. Was zu verstehen ist. Von klein auf alles zusammen machen, den Weg gemeinsam gehen, vom Elternhaus bis zur ersten eigenen Wohnung, in der Schule, im Sport – Isabel und Monique Kerschowski, beide beim Frauen-Bundesligisten 1. FFC Turbine Potsdam unter Vertrag, mögen sich sehr. So wie sich Geschwister, in diesem Falle Zwillinge, eben mögen sollten.

Aber manchmal, erzählt Isabel, manchmal fliegen auch die Fetzen. „Klar gibt es oft Meinungsverschiedenheiten, weil man eben so viel gemeinsam macht. Aber es ist auch schön, jemanden an seiner Seite zu haben, mit dem man über alles reden kann. Wobei: Ich bin auch froh, wenn ich Nicki mal zwei Wochen nicht sehe.“ Protest erntet die wenige Minuten früher geborene Isabel postwendend für diese Aussagen von ihrer Schwester Monique. „Ohne meine Schwester? Vorstellen kann ich mir das nicht. Ich bin ein extremer Familienmensch und habe eine enge Bindung zu Isy.“

Knorpelschaden mit zwölf Jahren

Isy und Nicky. Geboren am 22. Januar 1988 in Berlin, aufgewachsen im Stadtteil Hellersdorf. Ein älterer Bruder. Früh kommen die beiden zum Sport. Zunächst nicht zum Fußball, wobei, gekickt wird auf dem Bolzplatz in ihrem Kiez schon. Doch ihr Herz hängt zunächst ganz an der Leichtathletik. Es läuft gut. Die beiden haben Talent, bestechen vor allem durch ihre Schnelligkeit.

Doch dann der Rückschlag: Monique erleidet einen Knorpelschaden im linken Knie. Mit zwölf Jahren. Die erste Diagnose ist ein Schock für sie. „Man hat mir gesagt, dass endgültig Schluss ist mit Leistungssport“, erzählt sie. Schluss ist auf jeden Fall mit der Leichtathletik. Auch für Isabel: „Da wollte ich dann auch nicht mehr alleine ins Training fahren“, meint die Schwester.

Gemeinsam zum BSC Marzahn – gemeinsam nach Potsdam

Ein Leben ohne Sport. Für Monique undenkbar. Sie kämpft, sie arbeitet in der Reha, mit Erfolg und kommt schließlich zum Fußball. „Wir sind dann einfach öfter bolzen gegangen“, erzählt sie. Das Knie hält. Neue Fußballschuhe sind fällig.

Sie geht mit ihrer Schwester in einen Laden, der Besitzer erkennt sie sofort, hat sie von seinem Fenster oft beim Spiel auf dem Bolzplatz gesehen – und ihr Talent erkannt. Er bringt sie zum BSC Marzahn. Von 2000 bis 2005 spielen die beiden dort, dann folgt der gemeinsame Wechsel zum 1. FFC Turbine Potsdam.

„Isy ist eine ehrliche Haut“

Bis heute spielen die beiden beim Brandenburger Spitzenverein. Sind dort Deutscher Meister geworden, haben die Champions League gewonnen, den DFB-Pokal. Immer zusammen. Auf dem Platz stehen sie derzeit nicht gemeinsam, Monique kuriert zurzeit eine erneute Knieverletzung aus, arbeitet in der Reha für ihr Comeback. Wieder einmal.

Ihre Schwester Isabel ist gerade in dieser schweren Zeit wichtige Ansprechpartnerin. Monique schätzt sie als ehrliche Haut, „wenn hinter ihrem Rücken gesprochen wird, dann muss sie das sofort ausräumen. Zudem ist sie total liebenswert, wenn jemand Probleme hat, ist sie da.“

„Nicky ist schnell von Null auf Hundert“

Auf dem Platz ähneln sich die beiden in ihrer Dynamik, machen permanent Dampf, bestechen durch ihre Schnelligkeit. Als Persönlichkeiten unterscheiden sie sich jedoch in wesentlichen Punkten. „Meine Schwester kann eine echte kleine Zicke sein“, sagt die gelernte Tischlerin Isabel. „Ich weiß genau, wie ich sie von Null auf Hundert bringen kann.“

Von Null auf Hundert. Das kommt bei Monique, die eine Ausbildung als Einzelhandelskauffrau absolviert hat, schon das eine oder andere Mal vor. „Isy frisst eher alles in sich hinein, ich kann schon mal explodieren“, erzählt sie. „Bei mir muss alles raus, sonst platze ich. Und wenn ich oben bin, komme ich so schnell nicht wieder runter.“

Erfahrungsaustausch mit Bayern-Zwillingen Banecki

Von Grund auf verschieden seien sie, meinen beide unisono. Weshalb sie auch ziemlich allergisch darauf reagieren, nicht als eigenständige Persönlichkeiten wahrgenommen zu werden. „Vor allem im Fußball hieß es oft: „die Zwillinge“. Nicht Isy oder Nicki sondern nur „die Zwillinge“. Das regt uns noch heute tierisch auf“, erzählt Isabel.

Zuweilen tauschen sie sich mit ihren „Leidensgenossinnen“ vom FC Bayern München, den Zwillingen Sylvie und Nicole Banecki, darüber aus. Die beiden hätten nämlich mit ähnlichen Vorurteilen zu kämpfen, meint Isabel. Und ebenso wie die Potsdamerinnen den ein oder anderen Schabernack aufgrund ihrer Ähnlichkeit angestellt. In früheren Zeiten zumindest.

Rollentausch in der Schule

„In der Schule hat es einmal geklappt, dass wir getauscht haben und keinem ist es aufgefallen“, erzählt Isabel Kerschowski. Für die eine stand eine Mathe- für die andere eine Deutschklausur an. „Wir wollten einfach mal ausprobieren, ob es jemand merkt, wenn wir die Rollen tauschen“, sagt Monique.

Es hat niemand gemerkt. Aufgedeckt haben die beiden es hinterher dennoch. „Ehrensache“, sagt Isabel. Die Arbeiten wurden freilich nicht gewertet, doch der Spaß hatte keine Konsequenzen. Außer, das Isabel und Monique ihre Klausuren in der richtigen Rollenverteilung nachschreiben mussten.

Unterschiedliche Charaktere

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Heute wäre so etwas nicht mehr möglich. Optisch haben sich die beiden seit einigen Jahren stark voneinander abgegrenzt. Sie unterscheiden sich aber nicht nur durch ihr Äußeres – auch die Persönlichkeitsentwicklung ist individuell vorangeschritten.

Längst sind Isabel und Monique Kerschowski eigenständige Persönlichkeiten, in ihrer Individualität grundverschieden. Zwei junge Frauen mit ausgeprägten, aber unterschiedlichen Charaktereigenschaften. Ihren Weg gehen sie nunmehr unabhängig voneinander – und doch immer noch gemeinsam.