Fach in Kasachstan: "Meine interessanteste Zeit im Fußball"

Holger Fach ist ein Kind des Ruhrgebiets. Mittlerweile wohnt der ehemalige deutsche Nationalspieler wieder in Wuppertal. Aber über ein Jahr hat der 50-Jährige in Astana gelebt, der Hauptstadt Kasachstans. Als Trainer führte er den FK Astana 2010 zum Erfolg im kasachischen Pokal. Im Endspiel gab es ein 1:0 gegen den Topfavoriten Schachtjor Karaganda.

"Es war fantastisch, wahrscheinlich meine interessantes Zeit im Fußball", sagt Fach im DFB.de-Gespräch mit Sven Winterschladen vor dem WM-Qualifikationsspiel der deutschen Auswahl gegen Kasachstan. Das Hinspiel hatte das Team von Bundestrainer Joachim Löw am Freitag 3:0 (2:0) gewonnen. "Fußball ist auch dort ein Lebensgefühl. Ich konnte unheimlich viele Erfahrungen und Eindrücke sammeln."

Und das soll schon etwas heißen. Schließlich hat Fach in seiner Karriere als Trainer und Spieler einiges erlebt. Unter anderem stand er für Fortuna Düsseldorf, Bayer Uerdingen, Borussia Mönchengladbach und Bayer Leverkusen auf dem Platz.

Zu seinen größten Erfolgen zählen der Gewinn der Bronzemedaille mit der DFB-Auswahl bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul und der DFB-Pokalsieg 1995 mit Mönchengladbach. Als Trainer war Fach zum Beispiel bei Borussia Mönchengladbach, dem VfL Wolfsburg, dem FC Augsburg tätig - und dem FK Astana.

DFB.de: Herr Fach, Sie haben über ein Jahr den FK Astana in Kasachstan trainiert. Wie haben Sie die Zeit erlebt?

Holger Fach: Natürlich haben die Leute dort ihre Probleme. Aber Fußball ist auch in Kasachstan ein Lebensgefühl. Das ist nicht anders als in Deutschland. Die Menschen sind sehr sportbegeistert und aktiv. Ich habe die Zeit in jeder Hinsicht genossen. Es war fantastisch, wahrscheinlich meine interessanteste Station im Fußball. Ich konnte unheimlich viele Eindrücke und Erfahrungen sammeln. Es war toll, viele spannende Leute kennenlernen zu dürfen. Ich möchte keine Minute missen.

DFB.de: War es auch sportlich so attraktiv? Welchen Stellenwert hat der Fußball in Kasachstan?

Fach: Oh ja, der Fußball hat schon eine große Bedeutung. Jeder ist interessiert, jeder will mitreden, jeder freut sich über große und kleine Erfolge. Fußball ist ein wichtiges Gesprächsthema in Kasachstan. Trotzdem steigen die Zuschauerzahlen in den Stadien nur langsam. Es besteht auf jeden Fall noch Nachholbedarf in Sachen Vermarktung. Aber auch diese Dinge sind bereits angelaufen. Die Verantwortlichen schauen über den Tellerrand. Deutschland gilt als Vorbild.

DFB.de: Kann man das Interesse der Menschen differenzieren zwischen der heimischen Liga und der Nationalmannschaft?

Fach: Das ist immer schwer zu sagen. Aber ich glaube eher nicht. Fußball verbindet. Das ist bei uns nicht anders als dort, egal ob Meisterschaft oder Länderspiel. Wenn Deutschland der nächste Gegner ist, dann ist die Euphorie und Vorfreude natürlich noch mal deutlich größer. Das ist doch logisch. Die Nationalmannschaft ist wichtig. Aber auch die Liga in Kasachstan entwickelt sich positiv.

DFB.de: Wie ist das Niveau der Vereine?

Fach: Die besten Klubs der Premjer-Liga sind auf jeden Fall Schachtjor Karaganda, FK Aktöbe, Tobyl Qostanai und als ich dort noch gearbeitet habe, hat auch der FK Astana zu den Spitzenteams gezählt. Diese vier Mannschaften könnten vom Niveau eine gute Rolle in der 2. Bundesliga in Deutschland einnehmen. Es ist noch gar nicht so lange her, da hat Aktöbe sehr gut gegen Werder Bremen und AZ Alkmaar in der Qualifikation zur Champions League ausgesehen. Nach und nach werden Spieler aus der ganzen Welt nach Kasachstan geholt. So steigt natürlich insgesamt die Qualität.

DFB.de: Gibt es auch herausragende kasachische Spieler

Fach: Da muss man etwas differenzieren. Sicher gibt es in Kasachstan Spieler mit besonderen Qualitäten – aber nicht im Vergleich zur europäischen Spitze, sondern innerhalb der eigenen Liga oder der Nationalmannschaft. Internationale Spitzenklasse hat da kein Spieler. Unabhängig davon ist für mich Heinrich Schmidtgal von der SpVgg Greuther Fürth schon auffällig. Nicht mehr bei der Nationalmannschaft dabei sind leider Samat Smakov und Nurbol Schumasqaliew, die beide sehr beliebt sind aber kürzlich ihren Rücktritt erklärt haben. Grundsätzlich lebt der Fußball in Kasachstan eher von einem guten Kollektiv.

DFB.de: Sehen Sie dort einen Spieler, der es auf europäisches Topniveau bringen könnte?

Fach: Nein, im Moment nicht. Aber die Ausbildung ist dort auch nicht so leicht. Das Land ist riesengroß, ein vernünftiges Scouting ist nicht so einfach. Man muss immer ewig lang mit dem Flugzeug hin- und herfliegen. Das ist nicht so einfach wie hier im Ruhrgebiet. Außerdem herrscht in weiten Teilen des Landes sechs bis sieben Monate tiefster Winter. In dieser Zeit ist kaum an Fußball zu denken. Es gibt kaum Hallen und zu wenig ausgebildete Trainer. Aber die finanziellen Mittel sind vorhanden. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass der nächste Schritt kommen wird und kommen muss. Zum Beispiel werden im Moment viele Bolzplätze gebaut. Dort trifft man immer Jugendliche, die begeistert Fußball spielen.

DFB.de: Ist Fußball also auch die beliebteste Sportart in Kasachstan?

Fach: Nein, das würde ich nicht sagen. Fußball ist auf einem guten Weg. Aber ganz klar die Nummer eins ist Eishockey. Die Kasachen haben eine überragende Liga mit verschiedenen anderen russischen Verbänden. Ich habe mir einige Begegnungen angeschaut. Das ist vom Niveau schon sensationell. Wir hatten in Astana auch eine Eishockeymannschaft, da standen sechs oder sieben Weltmeister im Kader. Das war schon außergewöhnlich. Eishockey ist dort eine Riesengeschichte. Aber direkt danach kommt Fußball.

[sw]

[bild1]

Holger Fach ist ein Kind des Ruhrgebiets. Mittlerweile wohnt der ehemalige deutsche Nationalspieler wieder in Wuppertal. Aber über ein Jahr hat der 50-Jährige in Astana gelebt, der Hauptstadt Kasachstans. Als Trainer führte er den FK Astana 2010 zum Erfolg im kasachischen Pokal. Im Endspiel gab es ein 1:0 gegen den Topfavoriten Schachtjor Karaganda.

"Es war fantastisch, wahrscheinlich meine interessantes Zeit im Fußball", sagt Fach im DFB.de-Gespräch mit Sven Winterschladen vor dem WM-Qualifikationsspiel der deutschen Auswahl gegen Kasachstan. Das Hinspiel hatte das Team von Bundestrainer Joachim Löw am Freitag 3:0 (2:0) gewonnen. "Fußball ist auch dort ein Lebensgefühl. Ich konnte unheimlich viele Erfahrungen und Eindrücke sammeln."

Und das soll schon etwas heißen. Schließlich hat Fach in seiner Karriere als Trainer und Spieler einiges erlebt. Unter anderem stand er für Fortuna Düsseldorf, Bayer Uerdingen, Borussia Mönchengladbach und Bayer Leverkusen auf dem Platz.

Zu seinen größten Erfolgen zählen der Gewinn der Bronzemedaille mit der DFB-Auswahl bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul und der DFB-Pokalsieg 1995 mit Mönchengladbach. Als Trainer war Fach zum Beispiel bei Borussia Mönchengladbach, dem VfL Wolfsburg, dem FC Augsburg tätig - und dem FK Astana.

DFB.de: Herr Fach, Sie haben über ein Jahr den FK Astana in Kasachstan trainiert. Wie haben Sie die Zeit erlebt?

Holger Fach: Natürlich haben die Leute dort ihre Probleme. Aber Fußball ist auch in Kasachstan ein Lebensgefühl. Das ist nicht anders als in Deutschland. Die Menschen sind sehr sportbegeistert und aktiv. Ich habe die Zeit in jeder Hinsicht genossen. Es war fantastisch, wahrscheinlich meine interessanteste Station im Fußball. Ich konnte unheimlich viele Eindrücke und Erfahrungen sammeln. Es war toll, viele spannende Leute kennenlernen zu dürfen. Ich möchte keine Minute missen.

DFB.de: War es auch sportlich so attraktiv? Welchen Stellenwert hat der Fußball in Kasachstan?

[bild2]

Fach: Oh ja, der Fußball hat schon eine große Bedeutung. Jeder ist interessiert, jeder will mitreden, jeder freut sich über große und kleine Erfolge. Fußball ist ein wichtiges Gesprächsthema in Kasachstan. Trotzdem steigen die Zuschauerzahlen in den Stadien nur langsam. Es besteht auf jeden Fall noch Nachholbedarf in Sachen Vermarktung. Aber auch diese Dinge sind bereits angelaufen. Die Verantwortlichen schauen über den Tellerrand. Deutschland gilt als Vorbild.

DFB.de: Kann man das Interesse der Menschen differenzieren zwischen der heimischen Liga und der Nationalmannschaft?

Fach: Das ist immer schwer zu sagen. Aber ich glaube eher nicht. Fußball verbindet. Das ist bei uns nicht anders als dort, egal ob Meisterschaft oder Länderspiel. Wenn Deutschland der nächste Gegner ist, dann ist die Euphorie und Vorfreude natürlich noch mal deutlich größer. Das ist doch logisch. Die Nationalmannschaft ist wichtig. Aber auch die Liga in Kasachstan entwickelt sich positiv.

DFB.de: Wie ist das Niveau der Vereine?

Fach: Die besten Klubs der Premjer-Liga sind auf jeden Fall Schachtjor Karaganda, FK Aktöbe, Tobyl Qostanai und als ich dort noch gearbeitet habe, hat auch der FK Astana zu den Spitzenteams gezählt. Diese vier Mannschaften könnten vom Niveau eine gute Rolle in der 2. Bundesliga in Deutschland einnehmen. Es ist noch gar nicht so lange her, da hat Aktöbe sehr gut gegen Werder Bremen und AZ Alkmaar in der Qualifikation zur Champions League ausgesehen. Nach und nach werden Spieler aus der ganzen Welt nach Kasachstan geholt. So steigt natürlich insgesamt die Qualität.

DFB.de: Gibt es auch herausragende kasachische Spieler

Fach: Da muss man etwas differenzieren. Sicher gibt es in Kasachstan Spieler mit besonderen Qualitäten – aber nicht im Vergleich zur europäischen Spitze, sondern innerhalb der eigenen Liga oder der Nationalmannschaft. Internationale Spitzenklasse hat da kein Spieler. Unabhängig davon ist für mich Heinrich Schmidtgal von der SpVgg Greuther Fürth schon auffällig. Nicht mehr bei der Nationalmannschaft dabei sind leider Samat Smakov und Nurbol Schumasqaliew, die beide sehr beliebt sind aber kürzlich ihren Rücktritt erklärt haben. Grundsätzlich lebt der Fußball in Kasachstan eher von einem guten Kollektiv.

DFB.de: Sehen Sie dort einen Spieler, der es auf europäisches Topniveau bringen könnte?

Fach: Nein, im Moment nicht. Aber die Ausbildung ist dort auch nicht so leicht. Das Land ist riesengroß, ein vernünftiges Scouting ist nicht so einfach. Man muss immer ewig lang mit dem Flugzeug hin- und herfliegen. Das ist nicht so einfach wie hier im Ruhrgebiet. Außerdem herrscht in weiten Teilen des Landes sechs bis sieben Monate tiefster Winter. In dieser Zeit ist kaum an Fußball zu denken. Es gibt kaum Hallen und zu wenig ausgebildete Trainer. Aber die finanziellen Mittel sind vorhanden. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass der nächste Schritt kommen wird und kommen muss. Zum Beispiel werden im Moment viele Bolzplätze gebaut. Dort trifft man immer Jugendliche, die begeistert Fußball spielen.

DFB.de: Ist Fußball also auch die beliebteste Sportart in Kasachstan?

Fach: Nein, das würde ich nicht sagen. Fußball ist auf einem guten Weg. Aber ganz klar die Nummer eins ist Eishockey. Die Kasachen haben eine überragende Liga mit verschiedenen anderen russischen Verbänden. Ich habe mir einige Begegnungen angeschaut. Das ist vom Niveau schon sensationell. Wir hatten in Astana auch eine Eishockeymannschaft, da standen sechs oder sieben Weltmeister im Kader. Das war schon außergewöhnlich. Eishockey ist dort eine Riesengeschichte. Aber direkt danach kommt Fußball.