Ex-Nationalspieler Rahn: "Eine Frage der Perspektive"

DFB.de: Sie haben vor über 15 Jahren schon einmal für die zweite Mannschaft von St. Pauli gespielt, bevor Ihre Profikarriere begann. Erkennen Sie sich nun in Ihren jungen Mannschaftskameraden wieder, oder ist die Situation heutzutage völlig anders?

Rahn: Die Spieler der U 23 bewegen sich heute auf einem höherem Niveau als früher. Das ist sicherlich mit der Ausbildung in den Nachwuchsleistungszentren zu begründen. Trotzdem müssen sie sich erst einmal an die härtere Gangart im Herrenfußball gewöhnen. Das war zu meiner Zeit nicht anders.

DFB.de: Sie haben im Profifußball alle Höhen und Tiefen erlebt. Werden Sie von Ihren jungen Mitspielern häufig gefragt, wie das Leben als Bundesligaspieler tatsächlich ist?

Rahn: Natürlich interessieren sich alle sehr für meine Karriere. Wir haben sehr viele junge Spieler, die den Sprung in den Profifußball schaffen können. Ich möchte ihre Entwicklung gerne positiv beeinflussen, indem ich viel mit ihnen spreche. Es wäre schön, später den einen oder anderen Mitspieler in der Bundesliga zu sehen.

DFB.de: Sie haben 117 Bundesligaspiele und fünf Länderspiele gemacht. Wie fällt das Fazit Ihrer Profikarriere aus?

Rahn: Ich hätte sicherlich noch mehr aus meinen Möglichkeiten machen können. Das lag aber nicht ausschließlich an mir. Die vielen Trainerwechsel haben es mir nicht einfach gemacht. Ein Beispiel: Als ich meinen Vertrag beim Hamburger SV unterschrieben hatte, war Frank Pagelsdorf noch Trainer. Der war aber längst entlassen, als meine Zeit beim HSV wirklich begann. Stattdessen hatte ich in zweieinhalb Jahren drei verschiedene Trainer. Beim 1. FC Köln daraufhin sogar drei Trainer in eineinhalb Jahren. Das zog sich wie ein roter Faden durch meine Karriere.

DFB.de: Das ist im Profifußball keine Seltenheit.

Rahn: Mein Problem war, dass mich die Trainer auch unterschiedlich gesehen haben. Für manche war ich der linke Verteidiger, für andere der linke Mittelfeldspieler.



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Christian Rahn kehrt zurück zu seinen Wurzeln. Nachdem sein Einjahresvertrag beim SSV Jahn Regensburg ausgelaufen war, unterschrieb er bei der U 23 des FC St. Pauli in der Regionalliga Nord. Für den Abwehr- und Mittelfeldspieler eine Herzensangelegenheit. Vor knapp 20 Jahren wurde er vom Hamburger Verein entdeckt, schaffte dort den Sprung zum Bundesliga- und Nationalspieler.

Im DFB.de-Interview spricht der 34-Jährige mit dem Journalisten Oliver Jensen über seine Vergangenheit im Profifußball und seine Zukunft im Amateurfußball.

DFB.de: Herr Rahn, in der vergangenen Saison spielten Sie noch beim SSV Jahn Regensburg in der 2. Bundesliga. Warum haben Sie nun für zwei Jahre bei St. Pauli II in der Regionalliga Nord unterschrieben?

Christian Rahn: Ich hätte mir durchaus noch die zweite Liga zugetraut. Mein Berater hat sich auch rechtzeitig umgehört. Allerdings war ich den meisten Vereinen bereits zu alt. Oftmals geht es nicht mehr um die Qualität des Spielers, sondern um sein Alter. Erfreulicherweise hat mich Rachid Azzouzi (Sportchef von St. Pauli; Anm. d. Red.) gefragt, ob ich in der zweiten Mannschaft als Führungsspieler fungieren möchte.

DFB.de: Azzouzi kennen Sie noch gut aus Ihrer Zeit bei Greuther Fürth.

Rahn: Ganz genau. Und mit unserem Trainer Thomas Meggle habe ich sogar noch bei St. Pauli zusammengespielt. Überhaupt ist es schön, wieder nach Hamburg, in meine Geburtsstadt und zu meinem alten Verein zurückzukehren.

DFB.de: Also hat die Unterschrift bei St. Pauli auch persönliche Gründe?

Rahn: Absolut. Meine Frau und meine Tochter haben mich auf allen Profistationen begleitet. Nun möchten wir einfach an einem Ort bleiben. Natürlich verdiene ich hier etwas weniger Geld als bei anderen Vereinen. Aber es ist auch eine Frage der Perspektive. Möglicherweise kann ich eines Tages bei St. Pauli als Jugendtrainer arbeiten. Meine A-Lizenz habe ich bereits im Juni abgeschlossen.

DFB.de: Wenn Sie sich die 2. Bundesliga noch zutrauen, könnten Sie doch bei den Profis aushelfen, sollte dort einmal Personalnot herrschen, oder?

Rahn: Nein, das ist nicht geplant.

DFB.de: Sie sind nicht der einzige ehemalige Nationalspieler in der Regionalliga. Gerald Asamoah spielt für die zweite Mannschaft von Schalke 04.

Rahn: Unsere Situation lässt sich gut miteinander vergleichen. Es geht uns beiden einfach darum, zurück nach Hause zu kommen.

DFB.de: Sie gehen nun als Kapitän in die bevorstehende Saison. Liegt Ihnen diese Führungsaufgabe?

Rahn: Ich habe mich bereits in den vergangenen Jahren als Führungsspieler gesehen. Auch in Regensburg bin ich gelegentlich als Kapitän eingesprungen. Und selbst wenn ich die Binde nicht am Arm trug, habe ich immer Dinge angesprochen, die mir aufgefallen sind.

DFB.de: Was ist diese Saison mit St. Pauli II möglich?

Rahn: Das ist schwer für mich einzuschätzen, weil ich die Leistungsstärke der Regionalliga Nord nicht kenne. Sicherlich haben die zweiten Mannschaften von Wolfsburg, Bremen, Hannover und dem Hamburger SV größere Ambitionen als wir. Wir wollen zumindest nichts mit dem Abstieg zu tun haben und vielleicht für die eine oder andere Überraschung sorgen.

DFB.de: Sie haben vor über 15 Jahren schon einmal für die zweite Mannschaft von St. Pauli gespielt, bevor Ihre Profikarriere begann. Erkennen Sie sich nun in Ihren jungen Mannschaftskameraden wieder, oder ist die Situation heutzutage völlig anders?

Rahn: Die Spieler der U 23 bewegen sich heute auf einem höherem Niveau als früher. Das ist sicherlich mit der Ausbildung in den Nachwuchsleistungszentren zu begründen. Trotzdem müssen sie sich erst einmal an die härtere Gangart im Herrenfußball gewöhnen. Das war zu meiner Zeit nicht anders.

DFB.de: Sie haben im Profifußball alle Höhen und Tiefen erlebt. Werden Sie von Ihren jungen Mitspielern häufig gefragt, wie das Leben als Bundesligaspieler tatsächlich ist?

Rahn: Natürlich interessieren sich alle sehr für meine Karriere. Wir haben sehr viele junge Spieler, die den Sprung in den Profifußball schaffen können. Ich möchte ihre Entwicklung gerne positiv beeinflussen, indem ich viel mit ihnen spreche. Es wäre schön, später den einen oder anderen Mitspieler in der Bundesliga zu sehen.

DFB.de: Sie haben 117 Bundesligaspiele und fünf Länderspiele gemacht. Wie fällt das Fazit Ihrer Profikarriere aus?

Rahn: Ich hätte sicherlich noch mehr aus meinen Möglichkeiten machen können. Das lag aber nicht ausschließlich an mir. Die vielen Trainerwechsel haben es mir nicht einfach gemacht. Ein Beispiel: Als ich meinen Vertrag beim Hamburger SV unterschrieben hatte, war Frank Pagelsdorf noch Trainer. Der war aber längst entlassen, als meine Zeit beim HSV wirklich begann. Stattdessen hatte ich in zweieinhalb Jahren drei verschiedene Trainer. Beim 1. FC Köln daraufhin sogar drei Trainer in eineinhalb Jahren. Das zog sich wie ein roter Faden durch meine Karriere.

DFB.de: Das ist im Profifußball keine Seltenheit.

Rahn: Mein Problem war, dass mich die Trainer auch unterschiedlich gesehen haben. Für manche war ich der linke Verteidiger, für andere der linke Mittelfeldspieler.

DFB.de: Und die eine oder andere Verletzung kam auch noch dazu.

Rahn: Es wird immer geschrieben, dass ich so viele Verletzungen gehabt hätte. Das ist nicht korrekt. Ich hatte nur eine schwere Knieverletzung, wodurch ich bei Greuther Fürth sechs Monate pausieren musste. Ansonsten waren es nur kurze Verletzungen.

DFB.de: Was können Sie sich rückblickend selber vorwerfen?

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Rahn: Ich habe mich vielleicht zu sehr unter Druck gesetzt. Wer es einmal in die Nationalmannschaft geschafft hat, möchte in diesem Kreis bleiben. Das hat zu gewissen Verkrampfungen geführt. Ich habe nicht mehr so frei aufgespielt. Auch die große Medienpräsenz tat mir nicht gut.

DFB.de: Wie meinen Sie das?

Rahn: Meine Länderspiele habe ich gemacht, als ich beim HSV unter Vertrag stand. Der Verein hat mich zu sehr vielen Presseterminen geschickt. Als Hamburger Jung, der es zum Nationalspieler gebracht hat, war ich natürlich ein gutes Aushängeschild. Überall musste ich meine Rübe hinhalten, ich sollte mich zu sämtlichen Themen äußern. Das würde ich heute nicht mehr machen. Aber damals war ich erst Anfang 20. Ich habe mich gefreut, von den Zeitungen so sehr beachtet zu werden. Aber eins möchte ich trotzdem noch sagen...

DFB.de: ... und das wäre?

Rahn: Ich möchte keine Station in meiner Profikarriere missen. Alle haben mich reifer gemacht. Ich bin mit St. Pauli, Köln, Rostock und Greuther Fürth in die Bundesliga aufgestiegen, aber mit drei Mannschaften daraufhin auch wieder abgestiegen. Wie Sie schon gesagt haben: Es war eine Karriere voller Höhen und Tiefen.