Ex-Coach Elgert über Özil: "Einer der zehn weltbesten Spieler"

Seit mehr als zehn Jahren gibt es die A-Junioren-Bundesliga. Schnell hat sie sich als Sprungbrett etabliert - für heutige Nationalspieler wie Sami Khedira ebenso wie für Fußball-Lehrer, die mittlerweile Bundesligaprofis trainieren, zum Beispiel Christian Streich. Zum Jubiläum beleuchtet DFB.de die wichtigste Junioren-Spielklasse aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Heute im Interview: Norbert Elgert, der dienstälteste Trainer der A-Junioren-Bundesliga.

Im Nachwuchsbereich des Bundesligisten FC Schalke 04 zählt ein Trainer bereits zum "Inventar": Norbert Elgert kümmert sich - abgesehen von einer kurzzeitigen Unterbrechung als Co-Trainer unter Frank Neubarth bei den Profis in der Saison 2002/2003 - bereits seit 17 Jahren um die A-Junioren der Königsblauen. In dieser Zeit führte der gebürtige Gelsenkirchener ("Ich bin auf Kohle geboren und mit Emscherwasser getauft") die U 19 der "Königsblauen" nicht nur zu zwei Meistertiteln, sondern etablierte die Schalker "Knappenschmiede" auch in der Spitze des deutschen Nachwuchsfußballs.

Außerdem ebnete Elgert, der einst selbst 57 Bundesligapartien für die Schalker absolviert hatte, vor allem zahlreichen Talenten den Übergang in den Profibereich oder sogar bis in die Nationalmannschaft. "Trainieren alleine wäre heutzutage zu wenig", sagt der Sohn eines Schornsteinfegermeisters. "Du bist auch als Menschenführer und Psychologe gefordert und musst dich vor allem immer wieder der neuen Generation anpassen."

Im DFB.de-Interview mit dem Journalisten Dominik Sander spricht der 57-jährige Norbert Elgert über die zahlreichen Facetten im Nachwuchsbereich, den Kontakt zu ehemaligen Schützlingen wie Nationalspieler Mesut Özil - und er erklärt, warum er noch nie Bundesligatrainer werden wollte.

DFB.de: Sie betreuen die U 19 des FC Schalke 04 bereits seit 1996 und sind damit der mit Abstand dienstälteste Trainer in der A-Junioren-Bundesliga. Haben Sie eigentlich mal ein Spiel verpasst, Herr Elgert?

Norbert Elgert: Definitiv nicht. Selbst bei Freundschaftsspielen stand ich immer an der Seitenlinie. Höchstens bei drei oder vier Trainingseinheiten war ich wegen einer Trainerfortbildung nicht dabei. Um krankheitsbedingt zu fehlen, müsste ich schon ziemliches hohes Fieber haben.

DFB.de: Welcher Spieler war in dieser Zeit das größte Talent, das Sie bisher trainiert haben?

Elgert: Es ist ganz schwer, da den Besten herauszustellen, und ich möchte es auch nicht nur auf die bisherigen zehn Jahre in der A-Junioren-Bundesliga beschränken. Christian Pander oder Mike Hanke wären etwa zwei gute Beispiele für die Zeit vor der Bundesliga-Einführung. Über die folgenden Jahre stechen Spieler wie Mesut Özil, der jetzige Schalke-Kapitän Benedikt Höwedes, Joel Matip, Tim Hoogland oder Torhüter Ralf Fährmann heraus. Inklusive Julian Draxler, Sead Kolasinac, Max Meyer oder auch Kaan Ayhan könnte ich 40 oder sogar 50 Spieler aufzählen, die über herausragende Fähigkeiten verfügen. Nationaltorhüter Manuel Neuer vom Triplesieger FC Bayern München zählt mit Sicherheit zu den bekanntesten Spielern, die sehr viel aus ihrem Talent gemacht haben.



Seit mehr als zehn Jahren gibt es die A-Junioren-Bundesliga. Schnell hat sie sich als Sprungbrett etabliert - für heutige Nationalspieler wie Sami Khedira ebenso wie für Fußball-Lehrer, die mittlerweile Bundesligaprofis trainieren, zum Beispiel Christian Streich. Zum Jubiläum beleuchtet DFB.de die wichtigste Junioren-Spielklasse aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Heute im Interview: Norbert Elgert, der dienstälteste Trainer der A-Junioren-Bundesliga.

Im Nachwuchsbereich des Bundesligisten FC Schalke 04 zählt ein Trainer bereits zum "Inventar": Norbert Elgert kümmert sich - abgesehen von einer kurzzeitigen Unterbrechung als Co-Trainer unter Frank Neubarth bei den Profis in der Saison 2002/2003 - bereits seit 17 Jahren um die A-Junioren der Königsblauen. In dieser Zeit führte der gebürtige Gelsenkirchener ("Ich bin auf Kohle geboren und mit Emscherwasser getauft") die U 19 der "Königsblauen" nicht nur zu zwei Meistertiteln, sondern etablierte die Schalker "Knappenschmiede" auch in der Spitze des deutschen Nachwuchsfußballs.

Außerdem ebnete Elgert, der einst selbst 57 Bundesligapartien für die Schalker absolviert hatte, vor allem zahlreichen Talenten den Übergang in den Profibereich oder sogar bis in die Nationalmannschaft. "Trainieren alleine wäre heutzutage zu wenig", sagt der Sohn eines Schornsteinfegermeisters. "Du bist auch als Menschenführer und Psychologe gefordert und musst dich vor allem immer wieder der neuen Generation anpassen."

Im DFB.de-Interview mit dem Journalisten Dominik Sander spricht der 57-jährige Norbert Elgert über die zahlreichen Facetten im Nachwuchsbereich, den Kontakt zu ehemaligen Schützlingen wie Nationalspieler Mesut Özil - und er erklärt, warum er noch nie Bundesligatrainer werden wollte.

DFB.de: Sie betreuen die U 19 des FC Schalke 04 bereits seit 1996 und sind damit der mit Abstand dienstälteste Trainer in der A-Junioren-Bundesliga. Haben Sie eigentlich mal ein Spiel verpasst, Herr Elgert?

Norbert Elgert: Definitiv nicht. Selbst bei Freundschaftsspielen stand ich immer an der Seitenlinie. Höchstens bei drei oder vier Trainingseinheiten war ich wegen einer Trainerfortbildung nicht dabei. Um krankheitsbedingt zu fehlen, müsste ich schon ziemliches hohes Fieber haben.

DFB.de: Welcher Spieler war in dieser Zeit das größte Talent, das Sie bisher trainiert haben?

Elgert: Es ist ganz schwer, da den Besten herauszustellen, und ich möchte es auch nicht nur auf die bisherigen zehn Jahre in der A-Junioren-Bundesliga beschränken. Christian Pander oder Mike Hanke wären etwa zwei gute Beispiele für die Zeit vor der Bundesliga-Einführung. Über die folgenden Jahre stechen Spieler wie Mesut Özil, der jetzige Schalke-Kapitän Benedikt Höwedes, Joel Matip, Tim Hoogland oder Torhüter Ralf Fährmann heraus. Inklusive Julian Draxler, Sead Kolasinac, Max Meyer oder auch Kaan Ayhan könnte ich 40 oder sogar 50 Spieler aufzählen, die über herausragende Fähigkeiten verfügen. Nationaltorhüter Manuel Neuer vom Triplesieger FC Bayern München zählt mit Sicherheit zu den bekanntesten Spielern, die sehr viel aus ihrem Talent gemacht haben.

DFB.de: Halten Sie noch intensiven Kontakt zu einigen ehemaligen Schützlingen?

Elgert: Vor rund einem halben Jahr hat beispielsweise Mustafa Özil, Vater von Mesut, meine Frau Cornelia und mich als Dankeschön für die damalige Zeit in der Jugend zum Endspiel um den Spanischen Pokal nach Madrid eingeladen. Ich freue mich über jede Meldung oder Anerkennung von früheren Spielern, wobei eine solche Geste schon außergewöhnlich ist. Leider verlor Mesut das Finale mit Real Madrid gegen den Stadtnachbarn Atlético 1:2 nach Verlängerung, doch es waren zwei wunderbare Tage. Mit dem Wechsel zum FC Arsenal hat er - auch im Hinblick auf die bevorstehende Weltmeisterschaft in Brasilien - eine kluge Entscheidung getroffen. Für mich gehört Özil zu den zehn besten Spielern der Welt.

DFB.de: Stichwort Weltklassespieler: Können Sie bei bestimmten Talenten schon nach den ersten Trainingseinheiten sagen, ob der Weg in den Profibereich führen wird?

Elgert: Es gibt vielleicht Menschen, die sich eine solche Beurteilung zutrauen. Dazu zähle ich mich selbst nicht - und ich halte es auch für sehr gewagt. Ich würde niemals soweit gehen und sagen: "Der Spieler wird garantiert einer." Schließlich spielen auch die Faktoren Verletzungen und Einstellung eine entscheidende Rolle. Großes Talent alleine bringt einen Spieler nur vor die Tür zum Profifußball, doch Einstellung, Persönlichkeit und Charakter bringen ihn hindurch. Viele Jungs scheitern auch daran, dass es ihnen zu leicht gemacht wird. Sie werden frühzeitig als Supertalente gefeiert, wissen aber nicht, wie schwer es ab einem gewissen Alter wirklich ist. Diese Spieler lernen nicht, für ihre Ziele zu kämpfen, und bleiben irgendwann auf der Strecke.

DFB.de: Spätestens alle zwei Jahre übernehmen Sie eine komplett neue Mannschaft. Fällt das Loslassen manchmal schwer?

Elgert: Ein weinendes Auge gibt es immer wieder, wenn Mannschaften zu einer kleinen Fußballfamilie werden, die sich am Saisonende auflöst. Doch es gehört zum Jugendfußball dazu, und Trainer müssen sich daran gewöhnen, auch wenn es manchmal wirklich schwerfällt. Der Vorteil ist aber, dass man sich als Trainer nicht so leicht verschleißen kann.

DFB.de: Würden Sie die Nachwuchsausbildung als Ihre Lebensaufgabe bezeichnen?

Elgert: Den Beruf des Juniorentrainers sehe ich als sinnvolle Aufgabe an, die mich sehr ausfüllt. Es ist nicht nur Berufung, sondern auch Hobby, so dass ich in meinem Job beim FC Schalke 04 voll aufgehe. Irgendwann werde ich intern oder extern aber auch mal etwas anderes machen. In der Vergangenheit wurde ich schon öfter gefragt, warum ich kein Bundesligatrainer geworden bin. Der Grund ist: Ich habe nie gesagt, dass ich es unbedingt will. Das möchte ich auch meinen Spielern vermitteln. Wenn du genau weißt, was du willst und auch dafür kämpfst, dann kommst du auch dorthin. Mir macht es auch nach so vielen Jahren immer noch viel Spaß, mich um den Nachwuchs zu kümmern. Persönlich habe ich nicht das Gefühl, mit der Bundesliga etwas verpasst zu haben.

DFB.de: Wie oft sprechen Sie während der Ausbildungszeit mit Lehrern oder Eltern Ihrer Spieler?

Elgert: Ich stehe für Gespräche zur Verfügung, doch der Kontakt zu den Lehrern geht in erster Linie über die Sportliche Leitung um Nachwuchsdirektor Oliver Ruhnert. Wie alle anderen Bundesligisten hat auch Schalke 04 in den vergangenen Jahren einen Riesenschritt im Nachwuchsbereich gemacht und verfügt auch über eigene Pädagogen. Zu den Eltern, unsere wichtigsten Bezugspersonen, pflege ich ein enges Verhältnis, das aber auch von einer nötigen Distanz geprägt ist. So gebe ich beispielsweise immer nur Auskunft über den aktuellen Ausbildungsstand des jeweiligen Spielers und sage nicht, warum jemand zum Einsatz kommt oder nicht.

DFB.de: Wie sehr hat sich die Ausbildung und das Charakterbild der Spieler verändert?

Elgert: Die Jugendlichen werden mit wahnsinnig vielen Dingen gleichzeitig konfrontiert. Es ist viel schwerer geworden, sich bei so vielen äußeren Einflüssen auf die Schule und den Fußball zu fokussieren, ohne das Gefühl zu haben, viel vom Leben zu verpassen. Haben Talente eine hohe Eigenmotivation wie etwa Benedikt Höwedes oder Joel Matip, dann werden sie auch Profi und schaffen das Abitur. Das Medienaufkommen beim Nachwuchsfußball ist in den vergangenen Jahren ebenfalls um ein Vielfaches höher geworden. Bei unserem Hallenturnier in Sindelfingen, das im Fernsehen live übertragen wurde, hat beispielsweise unser Florian Pick vor 6000 Zuschauern einen enorm starken Auftritt abgeliefert. In solchen Fällen ist die Gefahr heutzutage groß, dass er gleich als nächster Julian Draxler oder Mario Götze angesehen wird. Diesen gewaltigen Hype müssen die jungen Burschen erst einmal verkraften.

DFB.de: Welchen Stellenwert besitzen solche sportliche Erfolge allgemein?

Elgert: Für den Turniersieg in Sindelfingen gab es viel positive Resonanz, zumal wir den Ausfall von acht Spielern hervorragend kompensieren konnten. Im Nachwuchsbereich ist Gewinnen zwar nicht alles, aber ohne Gewinnen ist auch alles nichts. Ab der B- und A-Jugend fängt endgültig das Ergebnisalter an. Wenn sich Trainer zuvor in der Ausbildung ausschließlich auf die Ergebnisse konzentrieren, dann verlieren die Kinder ihre Spielfreude. Ich hatte in meiner Laufbahn schon viele fußballerisch hochbegabte Jungs. Letztendlich entscheidet neben Persönlichkeit und Charakter aber auch die mentale Belastbarkeit unter allerhöchstem Druck, ob ein Spieler auf höchster Ebener bestehen kann. Daher sind wir Trainer auch in diesem Bereich stark gefragt.

DFB.de: Sie arbeiteten in der Vergangenheit als Schornsteinfeger, der volkstümlich als Glücksbringer gilt. Glauben Sie daran?

Elgert: Ich habe meine Schornsteinfeger-Ausbildung damals nach eineinhalb Jahren abgebrochen, um Profifußballer auf Schalke zu werden. Wenn jemand daran glaubt, spielt das vielleicht eine Rolle. Ich gehöre aber nicht zu den Menschen, die sich das Falsche einreden, sobald sie eine schwarze Katze über die Straße laufen sehen.

DFB.de: Bei welchen Marotten von Spielern sehen sie "schwarz"?

Elgert: Vor allem bei mangelnder Demut. Wenn junge Spieler meinen, ihr eigenes Talent sei höher einzuschätzen als das eines Schlossers oder Ingenieurs, die nur nicht so im Blickpunkt stehen, dann wäre das ein rotes Tuch für mich. Solche Menschen befinden sich meiner Meinung nach ganz klar auf dem Holzweg. Ich orientiere mich sehr an Werten und fordere von meinen Mannschaften dementsprechend Respekt vor Gegnern und Schiedsrichtern. Die Jungs können sich gerne mit den Händen in Richtung Himmel bewegen, sollen aber mit beiden Füßen auf dem Boden bleiben.

DFB.de: Viele Jugendspieler gelten heute als stromlinienförmig. Sind echte Typen nicht mehr so sehr gefragt wie früher?

Elgert: Ich kann nicht sagen, dass es mir in der Vergangenheit an echten Typen gemangelt hätte. Als Beispiel nenne ich Sead Kolasinac, der jetzt zu unserem Profikader gehört. Er hatte als Kapitän unserer Meistermannschaft in der Saison 2012/2013 schon seinen eigenen Kopf, was sehr positiv für das Team war. Es sind schon noch genügend Charakterköpfe mit Ecken und Kanten dabei, die der Jugendfußball auch benötigt. Mit Jungs, die den Kopf einziehen, sobald es ein wenig stürmisch wird, gewinnst du nichts. Denn im U 19-Bereich wird inzwischen schon richtiger Männerfußball gespielt.