Ex-Bundesligaprofi Addy Waku Menga drückt die Schulbank

Denn die Strukturen in Oldenburg sind nicht mehr auf den Profifußball ausgerichtet. Alle Spieler gehen tagsüber arbeiten, studieren – oder zur Schule. So wie Addy Waku Menga. Niemand kann mehr ausschließlich von seinem Gehalt beim VfB leben. Abends wird trainiert und am Wochenende geht es um Punkte. Dann beginnt dieser Rhythmus wieder von vorne. Darauf kann man sich verlassen. Genauso darauf, dass Addy Waku Menga beinahe in jedem Spiel trifft – der Torgarant, der Ex-Profi, der Schüler.

[sw]


Für andere ist es normal, für Addy Waku Menga ist es der erste Schritt in ein neues Leben. Seit einigen Wochen drückt der 30-Jährige wieder die Schulbank. Er will den Realschulabschluss nachholen. Dafür hat sich der Angreifer des VfB Oldenburg vom Profifußball verabschiedet. Es geht darum, die Grundlage für ein Leben nach dem Fußball zu legen. Der einstige Bundesligaspieler hat einen festen Plan: Er will Erzieher werden. "Daran arbeite ich nun sehr intensiv. Ich bin froh, dass mir die Verantwortlichen in Oldenburg die Möglichkeit dazu geben", sagt Menga.

Dennoch hat der Fußball natürlich weiterhin eine hohe Priorität für ihn. Der Stürmer steht mit dem VfB derzeit auf dem zweiten Platz der Regionalliga Nord. Sie träumen vom Aufstieg in die 3. Liga. Aber der Weg dorthin ist lang und steinig. Heute (ab 20.15 Uhr) steht das Spitzenspiel zweier Traditionsvereine auf dem Programm. Oldenburg muss zum SV Meppen.

Für Menga läuft es perfekt seit seinem Wechsel in diesem Sommer. In 15 Begegnungen hat der zweimalige Nationalspieler des Kongo 14 Treffer erzielt – eine überragende Quote. Trotz schulischer Belastung. "Es ist alles schon sehr ungewohnt", sagt Menga. "Aber ich kämpfe mich durch. Zehn Jahre habe ich nur Fußball gespielt und etwas gechillt." Jetzt ist das Programm straff: Schule, lernen, Hausaufgaben, Training.

"Es war ein absoluter Höhepunkt"

Obwohl er noch ganz neu dabei ist, ist Menga schnell zu einem Anführer beim VfB geworden. Er kann seinen jungen Kollegen viele Geschichte erzählen. Er hat Aufstiege gefeiert, er hat nach Abstiegen getrauert. Er hat im DFB-Pokal mit dem VfL Osnabrück für Aufsehen gesorgt. Er hat für Hansa Rostock zwölf Begegnungen in der Bundesliga bestritten und dabei ein Tor erzielt: "Gegen Leverkusen. Das vergesse ich nicht mehr. Es war ein absoluter Höhepunkt."

Menga wurde in Kinshasa geboren. Noch als Jugendlicher ging er nach Deutschland. Über den VfL Osnabrück ging es zu Hansa Rostock, Werder Bremen, Wehen Wiesbaden und Preußen Münster. Dort wurde sein Vertrag im Juli nicht verlängert. Menga stand vor einer schweren Entscheidung: Wie geht es weiter? "Es war nicht leicht, zu einem Entschluss zu kommen. Ich liebe den Fußball. Aber ich musste einsehen, dass ich nicht jünger werden", sagt der Stürmer. Es kam keine Anfrage mehr von einem Drittligisten. Nach Thailand wollte er nicht gehen.

Deshalb kam ihm der Anruf von Alex Nouri gerade recht. Der Kontakt zu seinem Freund und einstigen Weggefährten beim VfL Osnabrück war nie abgerissen. Die Konstellation passte perfekt: Menga suchte nach einer neuen Herausforderung. Und Nouri ist als Trainer des VfB Oldenburg gerade dabei, einen schlafenden Riesen zu wecken. Nach vielen Abstürzen ist der einstige Zweitligist inzwischen wieder auf einem guten Weg. Nouri hat die Norddeutsche bis in die absolute Spitze der Regionalliga Nord geführt.

Nouri: "Addy ist nicht nur auf dem Platz eine echte Verstärkung"

"Als ich gehört habe, dass Addy auf dem Markt ist, habe ich sofort zum Handy gegriffen. Ich wusste genau, dass es perfekt passt - sportlich und menschlich", erzählt Nouri. "Denn Addy ist nicht nur auf dem Platz eine echte Verstärkung. Er hat auch einen wirklich tollen Charakter." Dass das keine Fehleinschätzung war, hat Menga inzwischen längst bestätigt. Aber der Angreifer bleibt bescheiden. So, wie es seine Art ist: "Ich kann das Lob nur weiter geben. Die Jungs arbeiten unheimlich viel für mich. Alleine wäre ich überhaupt nichts. Sie legen mir die Bälle auf, ich muss sie oft nur noch verwandeln. Die Tore sind mein Dank für ihre Mühe."

In Oldenburg ist die Euphorie inzwischen riesig. Sie träumen von der Rückkehr auf die große Fußballbühne. Trainer Nouri ist der Regisseur dieses erfolgreichen Ensembles. Gleichzeitig ist der 34-Jährige auch der Warner und Mahner: "Wir mussten unseren Etat vor der Saison um 30 Prozent kürzen. Deshalb hatten wir uns eigentlich auf ein Übergangsjahr eingestellt. Dass es so gut läuft, war nicht abzusehen. Wir denken jetzt noch nicht über den Aufstieg nach. Aber eines ist klar, wenn wir es wirklich schaffen sollten, hätten wir eine Menge Arbeit. In jeder Hinsicht."

Denn die Strukturen in Oldenburg sind nicht mehr auf den Profifußball ausgerichtet. Alle Spieler gehen tagsüber arbeiten, studieren – oder zur Schule. So wie Addy Waku Menga. Niemand kann mehr ausschließlich von seinem Gehalt beim VfB leben. Abends wird trainiert und am Wochenende geht es um Punkte. Dann beginnt dieser Rhythmus wieder von vorne. Darauf kann man sich verlassen. Genauso darauf, dass Addy Waku Menga beinahe in jedem Spiel trifft – der Torgarant, der Ex-Profi, der Schüler.