Es geschah am 22. Spieltag: Ein Hattrick vom Elfmeterpunkt

1966/1967 Frankfurts Wolfgang Solz schafft Hattrick in neun Minuten beim 3:3 gegen Hannover 96.

1978/1979 Desaster für Bayern – 0:4-Heimpleite gegen Aufsteiger Arminia Bielefeld.

1980/1981 1. FC Köln schafft gegen 1860 München die schnellste 3:0-Führung der Bundesliga – nach sechs Minuten.

1990/1991 1. FC Nürnberg entlässt Abwehrchef Vlado Kasalo nach seinem zweiten Eigentor in Folge (beim 0:2 in Karlsruhe) – wegen Betrugsverdacht.

1994/1995 Mit sieben Platzverweisen wird der Bundesligarekord für einen Spieltag eingestellt.

1998/1999 Rekordvorsprung für Bayern nach 2:0 beim HSV – 14 Punkte

2003/2004 Kabinenprügelei beim VfL Bochum zwischen Oliseh und Hashemian nach 0:0 gegen Rostock.

2007/2008 Sturmtief Emma sorgt für Spielabsage in Cottbus (gegen Stuttgart).



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"Es geschah am 22. Spieltag": In der DFB.de-Serie am Donnerstag blickt der Historiker und Autor Udo Muras zurück auf ein besonderes Ereignis am jeweiligen Spieltag einer früheren Saison. Heute: Michael Nushöhr vom VfB Stuttgart vollbringt das bislang einmalige Kunststück, drei Elfmeter in einem Bundesligaspiel zu verwandeln - und zwar per Hattrick binnen 30 Minuten.

Datum: Samstag, 8. Februar 1986
Ort: Neckarstadion Stuttgart
Partie: VfB Stuttgart – Hannover 96 7:0

Am Ende des Abschlusstrainings verordnete Trainer Otto Baric noch eine Übungseinheit, die Fußballer gewöhnlich mögen. Elfmeterschießen! Aber nicht aus Jux oder um den Stürmern noch ein Erfolgserlebnis zu verschaffen. Nein, Bundesligist VfB Stuttgart hatte ein Problem, auf dem ominösen Punkt zum Erfolg zu kommen.

Nationalspieler Karl Allgöwer und Jungstar Jürgen Klinsmann hatten in der Saison 1985/86 jeweils Elfmeter verschossen, auch Guido Buchwald hatte bereits einen etwas länger zurück liegenden Fehlschuss in der Kartei. So musste der ganze Kader antreten, um den neuen Elfmeterschützen zu küren – abgesehen von den Genannten, die nicht mehr in Frage kamen. Am Ende lagen nur noch Stürmer Predag Pasic und Mittelfeldspieler Michael Nushöhr im Rennen – und der unscheinbare junge Mann mit dem schütteren Haar setzte sich durch.

Baric bestimmte den 23-Jährigen zum Schützen Nummer eins. Obwohl Nushöhr in der Bundesliga noch nie einen Elfmeter hatte schießen dürfen, es war ja erst seine erste Saison. Allerdings hatte er bei Ex-Klub SSV Ulm und in Auswahlteams Baden-Württembergs schon oft genug Nervenstärke bewiesen.

Diese Frage also war geklärt vor dem kommenden Bundesligaspiel, das den VfB mit Schlusslicht Hannover 96 zusammenführte. Alles andere als ein Sieg wäre eine Enttäuschung gewesen für die Schwaben, die bis dahin eine durchschnittliche Saison gespielt hatten und auf Platz acht lagen.

Nichts sprach für ein besonderes Spiel, geschweige denn einen historischen Moment. Am letzten Faschingswochenende des Jahres 1986 befürchtete der VfB eine Minuskulisse und verlegte den Anstoß um eine Stunde vor, „denn der VfB will den Freunden des Faschings nicht die abendlichen Freuden verderben“, wie der Kicker schrieb. Minusgrade und die sportliche Situation verhinderten dennoch, dass mehr als 10.000 Zuschauer den Weg ins Stadion suchten. Wer kam, durfte etwas Besonderes erleben – in mehrfacher Hinsicht. Das Spiel schaffte es in die Rekordbücher beider Klubs: nie gewann der VfB in der Bundesliga höher als 7:0 – und nie verlor Hannover 96 höher.

Aber die eigentliche Sensation war bereits beim Stand von 4:0 eingetreten. Da nämlich hatte Michael Nushöhr, der frisch gekürte Elfmeterschütze vom Dienst, sein drittes Tor erzielt. Allesamt Elfmeter. Das gab es noch nie und bis heute nicht mehr. Jedenfalls nicht in der Bundesliga. Im Unterhaus hatte in der selben Saison der Homburger Gerd Schwickert allerdings sogar einen echten Elfmeter-Hattrick binnen 19 Minuten geschafft. Nushöhr brauchte 30 und leider lag zwischen dem 2:0, einem Handelfmeter (37.) und dem 3:0, einem Foulelfmeter (63.), der Pausenpfiff.

Michael Nushöhr hat das nie gestört, er hat ja nicht einmal gewusst, dass er der Rekordhalter ist. "Das habe ich erst vor drei Jahren erfahren. Da kam beim DSF eine Sendung über Rekordhalter und Freunde erzählten mir daraufhin, dass ich der Elfmeterrekordler bin", sagte Nushöhr neulich erst dem Magazin 11 Freunde. Es war noch nicht die Zeit der allumfassenden Statistiken und auch der Medien-Hype hielt sich in Grenzen.

So standen nach seinem großen Tag nur zwei Reporter n den Katakomben des Stadions um Michael Nushöhr und amüsierten sich über seine nüchternen Aussagen. Etwa dass mit jedem Schuss, immer mit links, die Konzentration etwas nachgelassen habe und „ich beim dritten einfach nicht mehr wusste wo ich hin schießen sollte.“ Jürgen Klinsmann, damals in seiner zweiten VfB-Saison, wollte ihm aus der Verlegenheit helfen, doch Leitwolf Karl Allgöwer intervenierte: „Er lachte und meinte: ‚Den hauste jetzt auch noch rein.’ Jürgen Klinsmann war ein wenig verärgert.“, erinnert sich Nushöhr amüsiert. Noch immer will er vor seinem geistigen Auge „genau sehen, wohin die Bälle geflogen sind.“ Nachdem er zweimal Vollspann in die Mitte geschossen hatte, düpierte er 96-Torwart Routinier Jürgen Rynio beim dritten Schuss dann mit einem Schlenzer in den Winkel (67.).

Danach fielen noch drei „normale“ Tore durch Klinsmann, dem auch das 1:0 gelungen war, Karl Allgöwer und Andreas Müller. Nushöhr war es recht. „Wenn es einen vierten Strafstoß gegeben hätte, wäre ich erneut angetreten. Aber dann hätte ich wirklich nicht mehr gewusst, wohin ich schießen sollte.“ Am Ende seines großen Tages verabschiedete sich der Mann, der einst bei den Bayern mittrainieren, aber nie spielen durfte, mit einem bescheidenen Wunsch von den Reportern: "Jetzt hoffe ich, dass mir auch mal ein Treffer aus dem Feld heraus gelingt – schließlich wird man ja an Toren gemessen."

Doch auch sein viertes und letztes Bundesligator war ein Elfmeter. Jürgen Rynio hat er aber nie mehr überwunden, der damals 37jährige beendete seine Karriere nach diesem einmaligen Frusterlebnis.

Was sonst noch am 22. Spieltag geschah

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1966/1967 Frankfurts Wolfgang Solz schafft Hattrick in neun Minuten beim 3:3 gegen Hannover 96.

1978/1979 Desaster für Bayern – 0:4-Heimpleite gegen Aufsteiger Arminia Bielefeld.

1980/1981 1. FC Köln schafft gegen 1860 München die schnellste 3:0-Führung der Bundesliga – nach sechs Minuten.

1990/1991 1. FC Nürnberg entlässt Abwehrchef Vlado Kasalo nach seinem zweiten Eigentor in Folge (beim 0:2 in Karlsruhe) – wegen Betrugsverdacht.

1994/1995 Mit sieben Platzverweisen wird der Bundesligarekord für einen Spieltag eingestellt.

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