Erik Durm: Auf der Überholspur

Seine Umschulung wurde zum Schnellkurs: sechs Wochen im vergangenen Sommer. Seitdem ist die Außenbahn seine Überholspur. Er ist da permanent unterwegs – die Bodenhaftung aber hat er zu keinem Zeitpunkt verloren. Als nach seinem zweiten Auftritt in der UEFA Champions League auf dem Boulevard die Frage gestellt wurde, ob Durm denn nun der neue Lahm sei, hat er dies lediglich zur Kenntnis genommen.

"Es war aber nicht so, dass ich mich daran ergötzt habe." Für Jürgen Klopp allerdings war der Zeitpunkt gekommen, seine selbst auferlegte Zurückhaltung aufzugeben: "Man könnte meinen, Erik Durm sei für die Champions League geboren. Der Junge hat gerade mal vier, fünf Bundesligaspiele gemacht, aber schon zwei in der Champions League. Er ist ein außergewöhnliches Talent."

Eines, das vor der Reise nach Brasilien gerade mal fünf Champions-League-Spiele über die volle Distanz gemacht hatte – und nun schon Fußball-Weltmeister ist.

[nh]


Am Anfang standen zwei Minuten. Absolviert in Augsburg. Als Borussia Dortmund bereits 4:0 führte. Ziemlich genau ein Jahr ist das jetzt her. Ein Jahr, an dessen Ende Erik Durm mit Deutschland Weltmeister geworden ist. Nicht als Fan, als Nationalspieler. Ein Jahr im Fahrstuhl ganz nach oben. Bis an die Weltspitze.

Wenn der BVB nun am Samstagabend (ab 18.30 Uhr, live auf Sky) Bayer Leverkusen zum ersten Topspiel der neuen Bundesligasaison empfängt, dürfte Erik Durm wie selbstverständlich in der Startelf stehen – trotz seiner Erkältung, die eine Teilnahme am Mannschaftstraining bis einschließlich Mittwoch verhindert hat. Marcel Schmelzer, sein Konkurrent auf der Position des Linksverteidigers, ist wieder mal verletzt: Muskelfaserriss. Durm hingegen ist schon wieder in guter Form, wie er nach seiner Einwechslung im Supercup-Finale gegen Bayern München eindrucksvoll bewiesen hat. Dortmunds Aufsteiger der vergangenen Saison hat in einem für ihn kurzen Sommer wenig eingebüßt.

Alas "Newcomer der Saison" zum Weltmeister

Am Ende seiner Premierensaison standen 1386 Minuten Spielzeit zu Buche, verteilt auf 19 Einsätze. Er hat es dabei mit Arjen Robben und Franck Ribéry aufgenommen, und in der Champions League mit Gareth Bale und Angel dì Maria von Real Madrid. Kurz vor der Weltmeisterschaft in Brasilien debütierte Erik Durm dann gegen Kamerun in der deutschen Nationalmannschaft.

Er sprang auf den WM-Zug auf – und konnte am 13. Juli 2014 im legendären Maracanã von Rio de Janeiro Bilder für die Ewigkeit von sich schießen lassen. Nebenbei heimste der 22-Jährige in der Kategorie Newcomer ein 'Goldenes K' bei der renommierten Leserumfrage des kicker-Sportmagazins ein. Die über 100.000 Teilnehmer stimmen dabei nach Sympathiewerten ab. Und sie irren nicht.

"Marcel ist auch Vorbild für mich"

Im Gespräch ist Erik Durm noch wunderbar unverbraucht; zurückhaltend geradezu, aber verbindlich. Eine Kombination, die selten geworden ist in der Branche. Man nimmt ihm ab, wenn er nach seiner eigenen Nominierung für den endgültigen WM-Kader zunächst den damit einhergehenden Verzicht auf den angeschlagenen Marcel Schmelzer bedauert; wenn er sagt: "Es ist schade, dass Marcel nicht mitgekommen ist. Er hilft mir, auch im Training in Dortmund. Marcel ist ein Stück weit auch ein Vorbild für mich. Ich hätte ihn gerne dabei gehabt."

Natürlich hat Erik Durm, der erst 2012 aus der Jugendabteilung des 1. FSV Mainz zum BVB wechselte und dort im ersten Jahr wie geplant in der U 23 zum Einsatz kam, auch von den Verletzungen Schmelzers profitiert. Sie haben ihn immer wieder und längst kontinuierlich in die Mannschaft gespült. Dort konnte und kann er sich beweisen, sich verbessern. Schlimm ist das nicht. Es ist normal. Nicht nur beim Fußball kommt der nächste meistens dann, wenn der bisherige ausfällt.

Mehrwert für den BVB: Er hat nach einiger Zeit nun auch die Position des Linksverteidigers gleichwertig und nachhaltig doppelt besetzt. Das zahlt sich gleich zum Saisonstart gegen Bayer Leverkusen aus, bei dem Trainer Jürgen Klopp insgesamt sogar acht Profis fehlen werden.

Klopp: "Er ist ein außergewöhnliches Talent"

Vertrauen investiert hat jener Klopp vor eineinhalb Jahren. Im Frühjahr 2013 nahm der Trainer den Stürmer, der mal ein echter Neuner war, zur Seite. "Der Trainer sagte, er wolle mir eine Umschulung zum Außenverteidiger vorschlagen", hat Erik Durm später immer wieder erzählt. "Und dann sagte er noch, dass er mir natürlich Bedenkzeit gebe." Für Jürgen Klopp sprach alles dafür: Durms Schnelligkeit, seine Zweikampfstärke und -härte, sein Spielverständnis, seine Ausdauer, die Schärfe seiner Flanken, sein Abschluss. Und für Erik Durm sprach nichts dagegen. Er willigte ein.

Seine Umschulung wurde zum Schnellkurs: sechs Wochen im vergangenen Sommer. Seitdem ist die Außenbahn seine Überholspur. Er ist da permanent unterwegs – die Bodenhaftung aber hat er zu keinem Zeitpunkt verloren. Als nach seinem zweiten Auftritt in der UEFA Champions League auf dem Boulevard die Frage gestellt wurde, ob Durm denn nun der neue Lahm sei, hat er dies lediglich zur Kenntnis genommen.

"Es war aber nicht so, dass ich mich daran ergötzt habe." Für Jürgen Klopp allerdings war der Zeitpunkt gekommen, seine selbst auferlegte Zurückhaltung aufzugeben: "Man könnte meinen, Erik Durm sei für die Champions League geboren. Der Junge hat gerade mal vier, fünf Bundesligaspiele gemacht, aber schon zwei in der Champions League. Er ist ein außergewöhnliches Talent."

Eines, das vor der Reise nach Brasilien gerade mal fünf Champions-League-Spiele über die volle Distanz gemacht hatte – und nun schon Fußball-Weltmeister ist.