Emmerling: "Wir können es aus eigener Kraft schaffen"

Innerhalb weniger Wochen wurde Rot-Weiß Erfurt von einem Auf- zu einem Abstiegskandidaten. Der Klub reagierte und tauschte den Trainer, Stefan Emmerling für Rainer Hörgl.

Ex-Bundesliga-Profi Emmerling hat als Übungsleiter von Kickers Emden bereits Erfahrungen in der 3. Liga gesammelt - und soll RWE jetzt in Sicherheit bringen. Mit dem 44-Jährigen sprach DFB.de-Redakteur Gereon Tönnihsen.

DFB.de: Herr Emmerling, sind Sie derzeit arg im Stress?

Stefan Emmerling: Geht schon, danke. Ich bin viel unterwegs, habe mir am Mittwoch das Spiel Regensburg gegen Wehen Wiesbaden angeschaut. Wehen wirkte etwas reifer, ruhiger, abgeklärter und hat verdient gewonnen.

DFB.de: Sie sind jetzt knapp zwei Wochen in Erfurt. Wie ist Ihr erster Eindruck?

Emmerling: Die Mannschaft ist sehr leistungsfähig und hat in den Spielen in Sachen Einsatz alles abgerufen. Spielerisch ist sicherlich noch Luft nach oben vorhanden. Wir alle wissen, dass die Mannschaft vor gar nicht so langer Zeit schon mal auf höherem Niveau gespielt hat. Da müssen wir wieder hin. Kämpfen und laufen, das ist die Grundvoraussetzung - das allein reicht aber nicht.

DFB.de: Auffällig ist, dass Erfurt mit 30 Toren den schwächsten Sturm der Liga stellt. In den letzten sechs Spielen gelang gerade ein Treffer.

Emmerling: Das stimmt, da müssen wir den Hebel ansetzen. Wir müssen uns mehr Chancen erspielen. Gegen Bayern München II und Erzgebirge Aue gab es einige Situationen, in denen wir zu hektisch waren oder der letzte Pass nicht angekommen ist. Carsten Kammlott ist neben Rockenbach und Semmer mit sieben Treffern unser bester Torschütze, aber mit 20 Jahren fehlt ihm halt noch eine gewisse Reife. Julian Lüttmann ist erst im Winter gekommen, da muss man ihm zugestehen, dass er sich erst eingewöhnen muss. Darum müssen sich die anderen Spieler mehr beteiligen. Mit den 35 Gegentoren, die wir haben, kann ich mich hingegen anfreunden. Das ist okay.

DFB.de: Ist es von Vorteil, dass Sie noch gegen die direkten Konkurrenten Dortmund II, Kiel und Wuppertal spielen müssen?

Emmerling: Wir wissen, dass wir nicht auf andere gucken wollen. Wir können es aus eigener Kraft schaffen und wollen versuchen, in diesen Duellen sechs bis sieben Punkte zu holen. Aber das ist doch alles noch ein Stück weg. Erst einmal wollen wir am Samstag einen Auswärtsdreier aus Regensburg mitnehmen.

DFB.de: Vor ein paar Wochen spekulierte man in Erfurt noch auf einen Aufstiegsplatz. Jetzt ist der Klub nur noch vier Punkte von den Abstiegsrängen entfernt. Kann man in dieser 3. Liga überhaupt halbwegs seriös planen?

Emmerling: Es ist schwierig. Wir sind ja nicht die einzigen, denen es so geht. Auch Regensburg und Sandhausen lagen aussichtsreich und schauen jetzt eher nach unten als nach oben. Die Liga ist unfassbar ausgeglichen. Trainer sagen ja immer gerne, dass sie nur auf das nächste Spiel gucken - da ist was dran.

DFB.de: Ihr Spielmacher Thiago Rockenbach da Silva fehlte zuletzt wegen einer Gehirnerschütterung. Ist er gegen Regensburg wieder dabei?

Emmerling: Er war bereits am Montag im Pokalspiel gegen Gera wieder 90 Minuten dabei. Er ist ein Spieler, der kreative Momente ins Spiel bringt, auch mal in Eins-gegen-Eins-Situationen geht.

DFB.de: Belastet Sie eigentlich der Druck, als Feuerwehrmann den Verein retten zu müssen?

Emmerling: Nein. Das kenne ich nicht anders. Druck hat man in dem Beruf jede Woche aufs Neue. Nehmen Sie doch nur die Beispiele Labbadia und Heynckes aus der Bundesliga. Die waren in der Hinrunde noch die Helden und werden jetzt kritisiert. Im Fußball ist der kurzfristige Erfolg entscheidend und sonst nichts. Als ich Rot-Weiß Ahlen übernommen hatte, war die Situation ähnlich, und wir haben dann ziemlich souverän den Klassenverbleib geschafft. Mit Kickers Emden brauchten wir damals, um uns für die 3. Liga zu qualifizieren, auch unbedingt einen Punkt, sonst wären wir abgestiegen. Also: Ich kenne mich in solchen Situationen aus. Schon als Spieler mit Wattenscheid und Duisburg habe ich meistens zwischen Mittelfeld und Abstiegsrängen gependelt.

DFB.de: Was lehren Sie diese Erfahrungen?

Emmerling: Dass wir uns auf uns konzentrieren müssen. Dass wir möglichst schnell auf einen gesicherten Platz kommen müssen, um die Planungen für die neue Saison in Angriff nehmen zu können.

DFB.de: Planen Sie nicht jetzt schon?

Emmerling: Es werden uns jede Menge Spieler angeboten. Berater rufen mich an. Aber die muss ich vertrösten und ihnen sagen: Erst mal müssen wir die Klasse halten. Dann können wir weitersehen.

DFB.de: Ein gutes Stichwort: Ihr Vertrag gilt bis zum Saisonende. Und danach?

Emmerling: Es ist so geregelt, dass sich mein Vertrag beim Klassenverbleib automatisch um ein Jahr verlängert. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

DFB.de: Was reizt Sie an der Aufgabe Erfurt?

Emmerling: Rot-Weiß Erfurt ist ein Verein mit einer gewissen Tradition. Dazu kommt, dass die Stadt wunderschön ist, das war mir vorher gar nicht bewusst. Hier ist durchaus Potenzial vorhanden, mit den tollen Fans eine Euphorie zu entwickeln und das Stadion vollzumachen. Dazu brauchen wir eine schlagkräftige Mannschaft. Ein Grund mehr, den Klassenverbleib umso schneller zu sichern.

Zur Person: Stefan Emmerling

Stefan Emmerling, geboren am 10. Februar 1966, bestritt 249 Bundesliga- und 106 Zweitligaspiele für den 1. FC Kaiserslautern, Wattenscheid 09, Hannover 96 und den MSV Duisburg. Seine Spielerkarriere beendete er 2002 in der Regionalliga bei Fortuna Düsseldorf, wo er auch erste Erfahrungen als Trainer sammelte. Seine weiteren Stationen: Alemannia Aachen II, Kickers Emden und bis September vergangenen Jahres Rot-Weiß Ahlen.

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Innerhalb weniger Wochen wurde Rot-Weiß Erfurt von einem Auf- zu einem Abstiegskandidaten. Der Klub reagierte und tauschte den Trainer, Stefan Emmerling für Rainer Hörgl.

Ex-Bundesliga-Profi Emmerling hat als Übungsleiter von Kickers Emden bereits Erfahrungen in der 3. Liga gesammelt - und soll RWE jetzt in Sicherheit bringen. Mit dem 44-Jährigen sprach DFB.de-Redakteur Gereon Tönnihsen.

DFB.de: Herr Emmerling, sind Sie derzeit arg im Stress?

Stefan Emmerling: Geht schon, danke. Ich bin viel unterwegs, habe mir am Mittwoch das Spiel Regensburg gegen Wehen Wiesbaden angeschaut. Wehen wirkte etwas reifer, ruhiger, abgeklärter und hat verdient gewonnen.

DFB.de: Sie sind jetzt knapp zwei Wochen in Erfurt. Wie ist Ihr erster Eindruck?

Emmerling: Die Mannschaft ist sehr leistungsfähig und hat in den Spielen in Sachen Einsatz alles abgerufen. Spielerisch ist sicherlich noch Luft nach oben vorhanden. Wir alle wissen, dass die Mannschaft vor gar nicht so langer Zeit schon mal auf höherem Niveau gespielt hat. Da müssen wir wieder hin. Kämpfen und laufen, das ist die Grundvoraussetzung - das allein reicht aber nicht.

DFB.de: Auffällig ist, dass Erfurt mit 30 Toren den schwächsten Sturm der Liga stellt. In den letzten sechs Spielen gelang gerade ein Treffer.

Emmerling: Das stimmt, da müssen wir den Hebel ansetzen. Wir müssen uns mehr Chancen erspielen. Gegen Bayern München II und Erzgebirge Aue gab es einige Situationen, in denen wir zu hektisch waren oder der letzte Pass nicht angekommen ist. Carsten Kammlott ist neben Rockenbach und Semmer mit sieben Treffern unser bester Torschütze, aber mit 20 Jahren fehlt ihm halt noch eine gewisse Reife. Julian Lüttmann ist erst im Winter gekommen, da muss man ihm zugestehen, dass er sich erst eingewöhnen muss. Darum müssen sich die anderen Spieler mehr beteiligen. Mit den 35 Gegentoren, die wir haben, kann ich mich hingegen anfreunden. Das ist okay.

DFB.de: Ist es von Vorteil, dass Sie noch gegen die direkten Konkurrenten Dortmund II, Kiel und Wuppertal spielen müssen?

Emmerling: Wir wissen, dass wir nicht auf andere gucken wollen. Wir können es aus eigener Kraft schaffen und wollen versuchen, in diesen Duellen sechs bis sieben Punkte zu holen. Aber das ist doch alles noch ein Stück weg. Erst einmal wollen wir am Samstag einen Auswärtsdreier aus Regensburg mitnehmen.

DFB.de: Vor ein paar Wochen spekulierte man in Erfurt noch auf einen Aufstiegsplatz. Jetzt ist der Klub nur noch vier Punkte von den Abstiegsrängen entfernt. Kann man in dieser 3. Liga überhaupt halbwegs seriös planen?

Emmerling: Es ist schwierig. Wir sind ja nicht die einzigen, denen es so geht. Auch Regensburg und Sandhausen lagen aussichtsreich und schauen jetzt eher nach unten als nach oben. Die Liga ist unfassbar ausgeglichen. Trainer sagen ja immer gerne, dass sie nur auf das nächste Spiel gucken - da ist was dran.

DFB.de: Ihr Spielmacher Thiago Rockenbach da Silva fehlte zuletzt wegen einer Gehirnerschütterung. Ist er gegen Regensburg wieder dabei?

Emmerling: Er war bereits am Montag im Pokalspiel gegen Gera wieder 90 Minuten dabei. Er ist ein Spieler, der kreative Momente ins Spiel bringt, auch mal in Eins-gegen-Eins-Situationen geht.

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DFB.de: Belastet Sie eigentlich der Druck, als Feuerwehrmann den Verein retten zu müssen?

Emmerling: Nein. Das kenne ich nicht anders. Druck hat man in dem Beruf jede Woche aufs Neue. Nehmen Sie doch nur die Beispiele Labbadia und Heynckes aus der Bundesliga. Die waren in der Hinrunde noch die Helden und werden jetzt kritisiert. Im Fußball ist der kurzfristige Erfolg entscheidend und sonst nichts. Als ich Rot-Weiß Ahlen übernommen hatte, war die Situation ähnlich, und wir haben dann ziemlich souverän den Klassenverbleib geschafft. Mit Kickers Emden brauchten wir damals, um uns für die 3. Liga zu qualifizieren, auch unbedingt einen Punkt, sonst wären wir abgestiegen. Also: Ich kenne mich in solchen Situationen aus. Schon als Spieler mit Wattenscheid und Duisburg habe ich meistens zwischen Mittelfeld und Abstiegsrängen gependelt.

DFB.de: Was lehren Sie diese Erfahrungen?

Emmerling: Dass wir uns auf uns konzentrieren müssen. Dass wir möglichst schnell auf einen gesicherten Platz kommen müssen, um die Planungen für die neue Saison in Angriff nehmen zu können.

DFB.de: Planen Sie nicht jetzt schon?

Emmerling: Es werden uns jede Menge Spieler angeboten. Berater rufen mich an. Aber die muss ich vertrösten und ihnen sagen: Erst mal müssen wir die Klasse halten. Dann können wir weitersehen.

DFB.de: Ein gutes Stichwort: Ihr Vertrag gilt bis zum Saisonende. Und danach?

Emmerling: Es ist so geregelt, dass sich mein Vertrag beim Klassenverbleib automatisch um ein Jahr verlängert. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

DFB.de: Was reizt Sie an der Aufgabe Erfurt?

Emmerling: Rot-Weiß Erfurt ist ein Verein mit einer gewissen Tradition. Dazu kommt, dass die Stadt wunderschön ist, das war mir vorher gar nicht bewusst. Hier ist durchaus Potenzial vorhanden, mit den tollen Fans eine Euphorie zu entwickeln und das Stadion vollzumachen. Dazu brauchen wir eine schlagkräftige Mannschaft. Ein Grund mehr, den Klassenverbleib umso schneller zu sichern.

Zur Person: Stefan Emmerling

Stefan Emmerling, geboren am 10. Februar 1966, bestritt 249 Bundesliga- und 106 Zweitligaspiele für den 1. FC Kaiserslautern, Wattenscheid 09, Hannover 96 und den MSV Duisburg. Seine Spielerkarriere beendete er 2002 in der Regionalliga bei Fortuna Düsseldorf, wo er auch erste Erfahrungen als Trainer sammelte. Seine weiteren Stationen: Alemannia Aachen II, Kickers Emden und bis September vergangenen Jahres Rot-Weiß Ahlen.