EM-Triumph 1991: "Erfolg war der Durchbruch"

Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft und Europameisterschaften - eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Von den bislang zehn ausgetragenen Turnieren seit 1984 haben die DFB-Frauen siebenmal den Titel gewonnen. Seit 1995 feierte Deutschland gleich fünf EM-Erfolge in Serie, zuletzt 2009 in Finnland.

Am 10. Juli beginnt für die DFB-Frauen die Mission Titelverteidigung bei der Europameisterschaft in Schweden. Das Team von Bundestrainerin Silvia Neid ist in Topform - Mut macht zusätzlich ein Blick in die Fußball-Geschichtsbücher. DFB.de erinnert in einer Serie an sieben EM-Erfolge. Heute: der zweite Triumph 1991 in Dänemark.

Heidi Mohr wird im Finale zur Spielerin des Spiels

Als die Entscheidung naht, kann sie nicht mehr zuschauen. Sie muss raus. Das Stadion verlassen. Ein ausgiebiger Spaziergang, ein paar Runden um die Arena in Aalborg. Für Elisabeth Bisanz ist die Spannung zu groß. Die Gattin des Bundestrainers der Frauen-Nationalmannschaft 1991 kann nicht mehr hinsehen, als die DFB-Auswahl im dramatischen Endspiel auf Norwegen trifft.

Über 20 Jahre ist das inzwischen her. Gero Bisanz kann die Anekdote erzählen, als sei das erst gestern passiert. Schließlich war er einer der Protagonisten. Er muss dabei schmunzeln, weil die Geschichte die Situation zur damaligen Zeit ziemlich genau widerspiegelt: Es ist ein Duell auf Augenhöhe. Deutschland spielt eine schlechte erste Hälfte. Nervös, verkrampft, hektisch. Norwegen geht sogar in Führung - Birte Hegstadt macht kurz nach der Pause das 1:0. Ein Schock.

Aber Deutschland kommt zurück. Wenige Minuten später schafft Heidi Mohr den Ausgleich. Danach überschlagen sich die Ereignisse. Die Entscheidung muss vor knapp 5000 Zuschauern trotzdem in der Verlängerung fallen. Norwegen ist stark, Deutschland ist stärker. Heidi Mohr wird mit ihrem zweiten Treffer zur Spielerin des Tages, zur Torschützenkönigin des Turniers. Silvia Neid sorgt mit dem 3:1 für die endgültige Entscheidung. Danach ist der Jubel grenzenlos. Deutschland hat seinen Titel von 1989 verteidigt.

Bisanz: "Der Druck war schon damals ziemlich hoch"

"Wir hatten einfach eine tolle Zeit, ich möchte keine Minute missen", sagt Bisanz rückblickend. "Aber der Druck war auch schon damals ziemlich hoch. Wir wollten unseren Erfolg natürlich bestätigen, den wir zwei Jahre zuvor erreicht hatten. Wir wollten zeigen, dass das keine einmalige Geschichte gewesen war."

Und das gelang eindrucksvoll. Die Qualifikation war kein großes Problem: 18:1 Tore und 11:1 Punkte waren gegen Ungarn, die Tschechoslowakei und Bulgarien eine beachtliche Ausbeute. Das 2:0 im Viertelfinale gegen England in Bochum war schon etwas umkämpfter. Deutschland war dennoch ohne Frage einer der großen Titelfavoriten.

3:0-Halbfinalsieg gegen Italien

Der Auftakt in die Endrunde mit dem 3:0 im Halbfinale gegen Italien war dann auch entsprechend souverän. Norwegen hingegen hatte große Mühe und rang Dänemark erst nach Elfmeterschießen mit 8:7 nieder. "Wir hatten vor dem Endspiel schon die Hoffnung, dass die nicht mehr ganz fit sind", sagt Bisanz. Und der 77-Jährige behielt Recht. Im Laufe der zweiten Halbzeit ging den Skandinavierinnen die Kraft aus. In der Verlängerung machte Deutschland endgültig den großen Erfolg perfekt.

Bisanz denkt gerne an die Zeit zurück. Beispielsweise Doris Fitschen, Silvia Neid, Martina Voss, Heidi Mohr und Bettina Wiegmann zählten damals zum Kader. Es war eine starke Mannschaft, die der Trainer zusammengestellt hatte. Und das war gar nicht so leicht. Die Bundesliga wurde 1991 erst gegründet. Bisanz brauchte ein großes Netzwerk, um an Informationen über die besten Spielerinnen zu kommen. Und das ist ihm hervorragend gelungen.

"Es war ein toller Jahrgang", sagt Bisanz. "Die Spielerinnen waren unheimlich motiviert, wissbegierig und lernwillig. Wir haben viel gefeiert. Aber auf dem Platz haben wir richtig hart gearbeitet. Ich habe nie einen Unterschied zwischen Männern und Frauen gemacht." Es waren auch zu jener Zeit schon die überragende Physis sowie der starke Teamgeist, die die DFB-Auswahl von einem Erfolg zum nächsten getragen hatten.

Trainer-Ausbilder von Heynckes und Löw

Inzwischen hat Bisanz sich etwas zurückgezogen. Er lebt in seinem Haus in Overath. Er ist Mitglied beim 1. FC Köln und Ehrenmitglied bei Viktoria Köln. Das Fußballgeschehen verfolgt er aus seinem Wohnort im Bergischen Land ganz genau. Wenn er das TV-Gerät einschaltet und sich eine Begegnung ansieht, trifft er auf zahlreiche bekannte Gesichter. In seiner Funktion als Ausbilder für Fußball-Lehrer von 1971 bis 2000 hat er viele Trainer auf ihrem Weg begleitet - zum Beispiel auch Joachim Löw und Jupp Heynckes.

"Ich habe mich sehr gefreut, dass Jupp in diesem Jahr mit dem FC Bayern München alle drei Titel geholt hat, das hat er sich wirklich verdient", sagt Bisanz. "Jupp ist ein ganz toller Mensch. Ich habe ihm kürzlich eine handgeschriebene Gratulationskarte zukommen lassen."

"Silvia Neid hat das Händchen"

Ganz besonders richtet Gero Bisanz seinen Blick natürlich weiterhin auf die Frauen-Nationalmannschaft, die er von 1982 bis 1996 betreut hat: "Manchmal muss ich an die ganzen Probleme zurückdenken, die wir damals hatten. Vor diesem Hintergrund ist es einfach großartig, was sich daraus entwickelt hat. Wir mussten den Grundstein legen. Der Sieg bei der Europameisterschaft 1991 war sicher der Durchbruch."

Bisanz lässt keinen Zweifel daran, dass er der neuen Generation einen erneuten Erfolg zutraut. Es wäre der sechste in Serie - eine fast schon unglaubliche Bilanz. "Silvia Neid muss es schaffen, die zahlreichen verletzten Spielerinnen zu ersetzen", sagt der Vor-Vorgänger. "Aber ich habe keinen Zweifel daran, dass das gelingen wird. Wenn das jemand schaffen kann, dann unsere Bundestrainerin. Sie hat das Händchen dafür."

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Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft und Europameisterschaften - eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Von den bislang zehn ausgetragenen Turnieren seit 1984 haben die DFB-Frauen siebenmal den Titel gewonnen. Seit 1995 feierte Deutschland gleich fünf EM-Erfolge in Serie, zuletzt 2009 in Finnland.

Am 10. Juli beginnt für die DFB-Frauen die Mission Titelverteidigung bei der Europameisterschaft in Schweden. Das Team von Bundestrainerin Silvia Neid ist in Topform - Mut macht zusätzlich ein Blick in die Fußball-Geschichtsbücher. DFB.de erinnert in einer Serie an sieben EM-Erfolge. Heute: der zweite Triumph 1991 in Dänemark.

Heidi Mohr wird im Finale zur Spielerin des Spiels

Als die Entscheidung naht, kann sie nicht mehr zuschauen. Sie muss raus. Das Stadion verlassen. Ein ausgiebiger Spaziergang, ein paar Runden um die Arena in Aalborg. Für Elisabeth Bisanz ist die Spannung zu groß. Die Gattin des Bundestrainers der Frauen-Nationalmannschaft 1991 kann nicht mehr hinsehen, als die DFB-Auswahl im dramatischen Endspiel auf Norwegen trifft.

Über 20 Jahre ist das inzwischen her. Gero Bisanz kann die Anekdote erzählen, als sei das erst gestern passiert. Schließlich war er einer der Protagonisten. Er muss dabei schmunzeln, weil die Geschichte die Situation zur damaligen Zeit ziemlich genau widerspiegelt: Es ist ein Duell auf Augenhöhe. Deutschland spielt eine schlechte erste Hälfte. Nervös, verkrampft, hektisch. Norwegen geht sogar in Führung - Birte Hegstadt macht kurz nach der Pause das 1:0. Ein Schock.

Aber Deutschland kommt zurück. Wenige Minuten später schafft Heidi Mohr den Ausgleich. Danach überschlagen sich die Ereignisse. Die Entscheidung muss vor knapp 5000 Zuschauern trotzdem in der Verlängerung fallen. Norwegen ist stark, Deutschland ist stärker. Heidi Mohr wird mit ihrem zweiten Treffer zur Spielerin des Tages, zur Torschützenkönigin des Turniers. Silvia Neid sorgt mit dem 3:1 für die endgültige Entscheidung. Danach ist der Jubel grenzenlos. Deutschland hat seinen Titel von 1989 verteidigt.

Bisanz: "Der Druck war schon damals ziemlich hoch"

"Wir hatten einfach eine tolle Zeit, ich möchte keine Minute missen", sagt Bisanz rückblickend. "Aber der Druck war auch schon damals ziemlich hoch. Wir wollten unseren Erfolg natürlich bestätigen, den wir zwei Jahre zuvor erreicht hatten. Wir wollten zeigen, dass das keine einmalige Geschichte gewesen war."

Und das gelang eindrucksvoll. Die Qualifikation war kein großes Problem: 18:1 Tore und 11:1 Punkte waren gegen Ungarn, die Tschechoslowakei und Bulgarien eine beachtliche Ausbeute. Das 2:0 im Viertelfinale gegen England in Bochum war schon etwas umkämpfter. Deutschland war dennoch ohne Frage einer der großen Titelfavoriten.

3:0-Halbfinalsieg gegen Italien

Der Auftakt in die Endrunde mit dem 3:0 im Halbfinale gegen Italien war dann auch entsprechend souverän. Norwegen hingegen hatte große Mühe und rang Dänemark erst nach Elfmeterschießen mit 8:7 nieder. "Wir hatten vor dem Endspiel schon die Hoffnung, dass die nicht mehr ganz fit sind", sagt Bisanz. Und der 77-Jährige behielt Recht. Im Laufe der zweiten Halbzeit ging den Skandinavierinnen die Kraft aus. In der Verlängerung machte Deutschland endgültig den großen Erfolg perfekt.

Bisanz denkt gerne an die Zeit zurück. Beispielsweise Doris Fitschen, Silvia Neid, Martina Voss, Heidi Mohr und Bettina Wiegmann zählten damals zum Kader. Es war eine starke Mannschaft, die der Trainer zusammengestellt hatte. Und das war gar nicht so leicht. Die Bundesliga wurde 1991 erst gegründet. Bisanz brauchte ein großes Netzwerk, um an Informationen über die besten Spielerinnen zu kommen. Und das ist ihm hervorragend gelungen.

"Es war ein toller Jahrgang", sagt Bisanz. "Die Spielerinnen waren unheimlich motiviert, wissbegierig und lernwillig. Wir haben viel gefeiert. Aber auf dem Platz haben wir richtig hart gearbeitet. Ich habe nie einen Unterschied zwischen Männern und Frauen gemacht." Es waren auch zu jener Zeit schon die überragende Physis sowie der starke Teamgeist, die die DFB-Auswahl von einem Erfolg zum nächsten getragen hatten.

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Trainer-Ausbilder von Heynckes und Löw

Inzwischen hat Bisanz sich etwas zurückgezogen. Er lebt in seinem Haus in Overath. Er ist Mitglied beim 1. FC Köln und Ehrenmitglied bei Viktoria Köln. Das Fußballgeschehen verfolgt er aus seinem Wohnort im Bergischen Land ganz genau. Wenn er das TV-Gerät einschaltet und sich eine Begegnung ansieht, trifft er auf zahlreiche bekannte Gesichter. In seiner Funktion als Ausbilder für Fußball-Lehrer von 1971 bis 2000 hat er viele Trainer auf ihrem Weg begleitet - zum Beispiel auch Joachim Löw und Jupp Heynckes.

"Ich habe mich sehr gefreut, dass Jupp in diesem Jahr mit dem FC Bayern München alle drei Titel geholt hat, das hat er sich wirklich verdient", sagt Bisanz. "Jupp ist ein ganz toller Mensch. Ich habe ihm kürzlich eine handgeschriebene Gratulationskarte zukommen lassen."

"Silvia Neid hat das Händchen"

Ganz besonders richtet Gero Bisanz seinen Blick natürlich weiterhin auf die Frauen-Nationalmannschaft, die er von 1982 bis 1996 betreut hat: "Manchmal muss ich an die ganzen Probleme zurückdenken, die wir damals hatten. Vor diesem Hintergrund ist es einfach großartig, was sich daraus entwickelt hat. Wir mussten den Grundstein legen. Der Sieg bei der Europameisterschaft 1991 war sicher der Durchbruch."

Bisanz lässt keinen Zweifel daran, dass er der neuen Generation einen erneuten Erfolg zutraut. Es wäre der sechste in Serie - eine fast schon unglaubliche Bilanz. "Silvia Neid muss es schaffen, die zahlreichen verletzten Spielerinnen zu ersetzen", sagt der Vor-Vorgänger. "Aber ich habe keinen Zweifel daran, dass das gelingen wird. Wenn das jemand schaffen kann, dann unsere Bundestrainerin. Sie hat das Händchen dafür."