EM-Historie: Sieben Titel, sieben Erfolgsgeschichten

Aller guten Dinge sind drei, vier gewinnt, sieben auf einen Streich, alle Neune. Am Sonntag kann die Frauennationalmannschaft bei der EM in Schweden den Titel gewinnen. Es wäre der achte EM-Erfolg für die deutschen Frauen, alle Achtung! DFB.de blickt zurück auf die sieben EM-Titel der deutschen Frauen.

1989, EM in Deutschland

Am 2. Juli 1989 wurde Sportgeschichte geschrieben. In Osnabrück gewann die deutsche Frauen-Nationalmannschaft die Europameisterschaft. Im Finale gegen Norwegen siegte das Team von Trainer Gero Bisanz 4:1. Es war der erste Titel, den die DFB-Frauen überhaupt holten und der Start einer unvergleichlichen Erfolgsgeschichte. Als Überraschung oder gar Sensation wurde der Erfolg gefeiert. "Damals hatte keiner mit uns gerechnet", sagt Silvia Neid. Die heutige Bundestrainerin war seinerzeit Spielführerin der DFB-Auswahl. Sie führte ein Team an, das auch Gero Bisanz als "Außenseiter" in einem "exquisiten Teilnehmerfeld" mit Italien, Schweden und Norwegen bezeichnete. "Schon der Einzug in die Endrunde wurde als Überraschung gewertet", sagt Neid.

Danach entwickelte sich eine Eigendynamik, das deutsche Team wurde auch von der Begeisterung in Deutschland getragen. Das Halbfinale gegen Italien war ein Fußball-Krimi. Es ging in die Verlängerung, dann ins Elfmeterschießen. DFB-Vizepräsidentin Hannelore Ratzeburg erinnert sich an die Dramatik: "Ein Spiel, bei dem ich dachte, ich beiße gleich in den Blumenkasten. Nach dem Schlusspfiff herrschte eine ganz euphorische Stimmung. Nicht nur bei mir flossen Tränen der Erleichterung." Der Effekt: Die Mannschaft schwamm weiter auf einer Welle der Begeisterung. Das Finale in Osnabrück war ausverkauft, Frauenfußball war mit einem Schlag populär geworden. Die Geschichte des Endspiels ist schnell erzählt. Die DFB-Auswahl führte gegen Norwegen schon nach der ersten Halbzeit 2:0, erhöhte dann auf 3:0, so dass der Anschlusstreffer sie nicht aus dem Konzept bringen konnte und das 4:1 den Erfolg schließlich besiegelte. Der Rest war Gänsehaut. "Dieses Spiel bleibt immer etwas Unvergessliches", sagt Neid. Und Ratzeburg bestätigt: "Ja, die EM 1989 war ein Schlüsselerlebnis in der Entwicklung des deutschen Frauenfußballs."

1991, EM in Dänemark

Ein Schlüsselerlebnis - und ein Fingerzeig für die Zukunft. Zwei Jahre später bot sich ein ähnliches Bild: Im Finale der Frauen-EM standen sich erneut Deutschland und Norwegen gegenüber. "Wir wollten unseren Erfolg natürlich bestätigen, den wir zwei Jahre zuvor erreicht hatten", sagt Trainer Gero Bisanz. "Wir wollten zeigen, dass das keine einmalige Geschichte gewesen war." Sie wollten, sie haben. Erneut soll Deutschland den Titel gewinnen. Diesmal allerdings nach einem dramatischen Finale Deutschland spielt eine schlechte erste Hälfte. Nervös, verkrampft, hektisch. Norwegen geht sogar in Führung - Birte Hegstadt erzielt kurz nach der Pause das 1:0. Ein Schock. Aber Deutschland kommt zurück. Heidi Mohr schafft den Ausgleich. Danach überschlagen sich die Ereignisse. Vor knapp 5000 Zuschauern muss die Entscheidung in der Verlängerung fallen. Ein Fußballkrimi entwickelt sich. Norwegen ist stark, Deutschland ist stärker. Heidi Mohr wird mit ihrem zweiten Treffer zur Spielerin des Tages und zur Torschützenkönigin des Turniers. Silvia Neid sorgt mit dem 3:1 schließlich für die endgültige Entscheidung. Deutschland hat seinen Titel von 1989 verteidigt.

1995, Finale in Kaiserslautern

Im Jahr 1995 steht die Frauen-Nationalmannschaft zum ersten Mal in ihrer Geschichte unter dem Druck, einen Rückschlag korrigieren zu müssen. Nicht nur im Finale gegen Schweden, auch im großen Bild. Zwei Jahre zuvor war das Team im Halbfinale gegen Italien nach Elfmeterschießen ausgeschieden, der Titelhattrick war verpasst. Bisanz war enttäuscht, entmutigt war er nicht. "Wir haben eine sehr junge Mannschaft", sagte er. Und prophezeite: "In zwei Jahren wird alles wieder anders aussehen." Der Trainer sollte Recht behalten. Auf dem Weg ins Finale der EM 1995 erzielte die Nationalmannschaft in den sechs Gruppenspielen und den beiden Viertelfinals gegen Russland 59 Tore und blieb dabei ohne Gegentreffer. Die Semifinals gegen England waren vergleichsweise ausgeglichen, wobei sich das Team von Bisanz nach dem 4:1 in Watford beim Rückspiel im Bochumer Ruhrstadion beim 2:1 schon fürs Finale schonen konnte.

Dort wartet Schweden. Und Brigit Prinz. Die "Grande Dame" des Frauenfußballs ist damals noch ein Küken, ganze 17 Jahre alt ist die Stürmerin am Tag des Endspiels. Prinz ist Joker, und der Joker sticht. 62 Minuten muss Prinz warten, dann kommt sie für Patrizia Brocker auf den Platz. Ganze zwei Minuten nach der Einwechslung ist es soweit: Prinz erzielt das 2:1 und leitet damit den dritten EM-Titel der Frauen-Nationalmannschaft ein. Bettina Wiegmann sorgt in der 84. Minute für die endgültige Entscheidung, das 2:3 von Anneli Andelén ist nur noch Kosmetik. Deutschland ist Europameister, und mit Birgit Prinz hat ein Star die Bühne betreten.

Die Highligts der deutschen EM-Titel

1997, EM in Schweden und Norwegen

Die EM 1997 war das Turnier des Umbruchs. Wichtige Spielerinnen hatten aufgehört. Heidi Mohr, Patricia Brocker, Silvia Neid, Anouschka Bernhard und Ursula Lohn, um nur einige zu nennen. Auch an der Spitze gab es einen Wechsel. Gero Bisanz hatte den Posten des Cheftrainers an Tina Theune übergeben. Deutschland war diesmal nicht der Topfavorit, aber schon damals galt eine Fußballweisheit: "Mit Deutschland ist immer zu rechnen." Diese Worte der neuen Trainerin hat das Team im Verlauf des Wettbewerbs eindrucksvoll bestätigt. Um das Aus in der Vorrunde zu vermeiden, war allerdings auch etwas Glück nötig. "Es war insgesamt sehr holprig", sagt Theune. "Wir hatten in der Vorrunde Probleme. Denn wir mussten uns als Mannschaft erst finden. Wir hatten also einen sehr jungen Kader. Ich glaube, das Durchschnittsalter war unter 23 Jahren. Daher war ich darauf vorbereitet, dass es eng werden könnte."

Und es wurde eng. Deutschland musste im finalen Gruppenspiel gegen Dänemark gewinnen, um die Vorrunde zu überstehen. Das Spiel entwickelte sich zum Drama. Die neue Trainerin erinnert sich: "Es war dramatisch, wirklich nervenaufreibend. Erst hatte Dänemark eine hundertprozentige Zwei- oder Dreifachchance. In dieser Szene hat uns die zunächst die Unterkante der Latte gerettet, der Ball sprang wieder raus. Dänemark vor die Füße. Im zweiten Nachschuss haben sie den Ball jedoch übers Tor gejagt. Das war unser großes Glück." Auch weil praktisch im Gegenzug der Treffer auf der Gegenseite fällt. Wie und warum? Wieder Theune: "Monika Meyer lag am Fünfmeterraum plötzlich der Ball vor den Füßen. Einschussbereit. Sie hat unglaublich lange gezögert. Ich dachte in diesem Augenblick nur: "Schieß ihn rein, schieß ihn rein!" Aber sie hat gewartet, gewartet, gewartet. Und rückblickend war das genau die richtige Entscheidung. Denn sie hat den Ball dann ziemlich cool zum 1:0 verwandelt. Kurz vor Schluss hat Birgit Prinz den Endstand hergestellt.“

Die Vorrunde war überstanden – der Weg war frei. „Das war ein Wendepunkt“, sagt Theune. Nach dem Halbfinalsieg über Schweden folgte im Finale gegen Italien die wohl beste Turnierleistung. "Unsere Mittelachse mit Silke Rottenberg, Steffi Jones, Doris Fitschen, Ariane Hingst, Bettina Wiegmann, Maren Meinert und Birgit Prinz lief zu Hochform auf", sagt Theune. Sandra Minnert gelang mit einem herrlichen Freistoßtor das frühe 1:0, Birgit Prinz hat in der zweiten Halbzeit mit dem 2:0 alles klar gemacht.

2001, EM in Deutschland

Strömender Regen, 18.000 Zuschauer in Ulm, das Golden Goal von Claudia Müller im Endspiel in der 98. Minuten und der grenzenlose Jubel danach - der Gewinn der Europameisterschaft 2001 war für die DFB-Auswahl ein geschichtsträchtiger Moment. Für Doris Fitschen sogar in doppelter Hinsicht: Sie hielt im Finale gegen Schweden nicht nur die Abwehr souverän zusammen. Für sie war es nach 144 Einsätzen auch ihr letzter Auftritt im DFB-Trikot. "Es war in jeder Hinsicht sehr emotional", sagt die heutige Managerin der Frauen-Nationalmannschaft. Die 44-Jährige hatte zuvor bereits dreimal die Europameisterschaft gewonnen, dazu dreimal die Deutsche Meisterschaft und den DFB-Pokal. Aber den Kontinentalwettbewerb 2001 wird sie nie mehr vergessen: "Das war ein wunderbarer Schlusspunkt. Besser hätte es nicht laufen können."

Vom ersten Tag an. Dem 3:1 im Auftaktspiel gegen Schweden folgte die erste Gala beim 5:0 gegen Russland, und auch die Leistung beim 3:0 gegen England war mehr als souverän. Auch im Halbfinale blieb das Team ohne Gegentreffer, immer wieder versuchten es die Norwegerinnen mit hohen Flanken, immer wieder klärten Fitschen und Co. mit ihrem guten Timing beim Kopfball. Ein Tor von Sandra Smisek bringt Deutschland ins Finale, dort heißt der Gegner wie so oft: Schweden.

In Ulm erleben die Fans einen Krimi und ein Golden Goal. Keine Tore in der regulären Spielzeit, das Spiel geht in die Verlängerung. Es läuft die 98. Spielminute, Maren Meinert bedient Claudia Müller, der Weg zum Tor ist frei, Müller behält die Nerven, schiebt ein und sorgt für das bestmögliche Karriere-Ende von Doris Fitschen. "Das war ein wunderbarer Schlusspunkt", sagt Fitschen. "Besser hätte es nicht laufen können."

2005, EM in England

Das gilt auch für das gesamte EM-Turnier im Jahr 2005 in England. Als Weltmeister ins Turnier gegangenen, machten die deutschen Spielerinnen genau das, was von ihnen erwartet wurde. Sie eilten von Sieg zu Sieg. Fünf Erfolge in fünf Spielen. "Wir haben das Turnier souverän gewonnen", sagt Torhüterin Silke Rottenberg. Die Daten dazu: Kein Gegentor in der Vorrunde kassiert. 1:0 gegen Norwegen. 4:0 gegen Italien. 3:0 gegen Frankreich. Nie in Rückstand geraten. Im Halbfinale nichts anbrennen lassen. 4:1 gegen Finnland. Und im Endspiel die Geschichte rund gemacht. 3:1 gegen Norwegen. Das klingt so locker, so leicht und so einfach.

Aber der Eindruck trügt. Souverän ja, locker nicht. Denn der Eindruck zeigt nicht, wie viel Aufwand die Frauen dafür betrieben hatten. Die wochen- und monatelange Vorbereitung, das Schinden, die Entbehrung – all das hat dazu geführt, dass sich die deutsche Mannschaft im Turnier an der eigenen Leistung berauscht. Und natürlich - im Team vereinen sich viele Qualitäten. Die Argumente fließen über Silke Rottenbergs Lippen. "Wir haben über große Erfahrung verfügt." "Wir waren unberechenbar." "Wir waren eine geschlossene Einheit." "Wir waren im Kollektiv gut." "Wir hatten auch Individualisten."

Und alle Spielerinnen spielten auch für Tina Theune. Sie hatte vor der EURO das Ende ihrer Tätigkeit als Bundestrainerin angekündigt. Nach fast zehn Jahren außerordentlich erfolgreicher Arbeit. Es ging eine Ära zu Ende, mit einer guten Note. Tina Theune durfte mit einem Erfolg gehen. "Ich habe den Abschied bekommen, den ich mir so sehr gewünscht hatte", sagt sie.

2009, EM in Finnland

Im Land der 1000 Seen sollte es den siebten Titel geben. Auch und insbesondere dank Inka Grings, die zuvor für vier Jahre im DFB-Team nicht zum Einsatz gekommen war, um bei ihrer Rückkehr zur besten Spielerin des Turniers zu avancieren. Für Grings eine schöne Auszeichnung, für die sie sich bei der Mannschaft bedankt. "Es passte einfach alles hervorragend zusammen, wir hatten uns als Team gefunden. Jede hat für jede gearbeitet. Die Stimmung war einfach prima. Wir waren ein tolles Team. Es hat jeder Spielerin Spaß gemacht, ein Teil davon zu sein – und das hat man auch gemerkt."

Zusammenhalt gepaart mit fußballerischer Klasse ergaben schließlich sechs Siege in sechs Spielen. Ein glatter Durchmarsch. Ein souveräner Erfolg. Dabei gab es einige kritische Situationen zu meistern. Etwa als Norwegen im Halbfinale zur Pause 1:0 führte. Oder im Viertelfinale, als Italien drauf und dran war, den Ausgleich zu erzielen. Eine echte Chance hatten die Gegnerinnen nicht, nicht in der Erinnerung von Grings: "Wir waren mental so stark, dass wir uns immer sicher waren, dass wir das Spiel für uns entscheiden. So etwas spürt man. Das mag vielleicht arrogant klingen, aber wir waren als Team so stark und selbstbewusst, dass wir immer daran geglaubt haben, es zu schaffen."

Das Finale war ein Spiegel dessen. Nach einem Doppelschlag von Birgit Prinz und Melanie Behringer (20., 22.) führte das DFB-Team früh mit 2:0. Doch dann schien das Spiel zu kippen. England gelang in der 24. Minute durch Karen Carney der Anschlusstreffer, und England war mehrfach nah dran am Ausgleich. Deutschland wankte nicht, Deutschland schüttelte sich kurz, Deutschland traf. Kim Kulig markierte das 3:1. Die Vorentscheidung? Nein. Wieder verkürzte England, doch wieder wankte Deutschland nicht. Und nach dem 4:2 durch Inka Grings war der Rest Schaulaufen. 6:2 hieß am Ende - der siebte Streich war perfekt.

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Aller guten Dinge sind drei, vier gewinnt, sieben auf einen Streich, alle Neune. Am Sonntag kann die Frauennationalmannschaft bei der EM in Schweden den Titel gewinnen. Es wäre der achte EM-Erfolg für die deutschen Frauen, alle Achtung! DFB.de blickt zurück auf die sieben EM-Titel der deutschen Frauen.

1989, EM in Deutschland

Am 2. Juli 1989 wurde Sportgeschichte geschrieben. In Osnabrück gewann die deutsche Frauen-Nationalmannschaft die Europameisterschaft. Im Finale gegen Norwegen siegte das Team von Trainer Gero Bisanz 4:1. Es war der erste Titel, den die DFB-Frauen überhaupt holten und der Start einer unvergleichlichen Erfolgsgeschichte. Als Überraschung oder gar Sensation wurde der Erfolg gefeiert. "Damals hatte keiner mit uns gerechnet", sagt Silvia Neid. Die heutige Bundestrainerin war seinerzeit Spielführerin der DFB-Auswahl. Sie führte ein Team an, das auch Gero Bisanz als "Außenseiter" in einem "exquisiten Teilnehmerfeld" mit Italien, Schweden und Norwegen bezeichnete. "Schon der Einzug in die Endrunde wurde als Überraschung gewertet", sagt Neid.

Danach entwickelte sich eine Eigendynamik, das deutsche Team wurde auch von der Begeisterung in Deutschland getragen. Das Halbfinale gegen Italien war ein Fußball-Krimi. Es ging in die Verlängerung, dann ins Elfmeterschießen. DFB-Vizepräsidentin Hannelore Ratzeburg erinnert sich an die Dramatik: "Ein Spiel, bei dem ich dachte, ich beiße gleich in den Blumenkasten. Nach dem Schlusspfiff herrschte eine ganz euphorische Stimmung. Nicht nur bei mir flossen Tränen der Erleichterung." Der Effekt: Die Mannschaft schwamm weiter auf einer Welle der Begeisterung. Das Finale in Osnabrück war ausverkauft, Frauenfußball war mit einem Schlag populär geworden. Die Geschichte des Endspiels ist schnell erzählt. Die DFB-Auswahl führte gegen Norwegen schon nach der ersten Halbzeit 2:0, erhöhte dann auf 3:0, so dass der Anschlusstreffer sie nicht aus dem Konzept bringen konnte und das 4:1 den Erfolg schließlich besiegelte. Der Rest war Gänsehaut. "Dieses Spiel bleibt immer etwas Unvergessliches", sagt Neid. Und Ratzeburg bestätigt: "Ja, die EM 1989 war ein Schlüsselerlebnis in der Entwicklung des deutschen Frauenfußballs."

1991, EM in Dänemark

Ein Schlüsselerlebnis - und ein Fingerzeig für die Zukunft. Zwei Jahre später bot sich ein ähnliches Bild: Im Finale der Frauen-EM standen sich erneut Deutschland und Norwegen gegenüber. "Wir wollten unseren Erfolg natürlich bestätigen, den wir zwei Jahre zuvor erreicht hatten", sagt Trainer Gero Bisanz. "Wir wollten zeigen, dass das keine einmalige Geschichte gewesen war." Sie wollten, sie haben. Erneut soll Deutschland den Titel gewinnen. Diesmal allerdings nach einem dramatischen Finale Deutschland spielt eine schlechte erste Hälfte. Nervös, verkrampft, hektisch. Norwegen geht sogar in Führung - Birte Hegstadt erzielt kurz nach der Pause das 1:0. Ein Schock. Aber Deutschland kommt zurück. Heidi Mohr schafft den Ausgleich. Danach überschlagen sich die Ereignisse. Vor knapp 5000 Zuschauern muss die Entscheidung in der Verlängerung fallen. Ein Fußballkrimi entwickelt sich. Norwegen ist stark, Deutschland ist stärker. Heidi Mohr wird mit ihrem zweiten Treffer zur Spielerin des Tages und zur Torschützenkönigin des Turniers. Silvia Neid sorgt mit dem 3:1 schließlich für die endgültige Entscheidung. Deutschland hat seinen Titel von 1989 verteidigt.

1995, Finale in Kaiserslautern

Im Jahr 1995 steht die Frauen-Nationalmannschaft zum ersten Mal in ihrer Geschichte unter dem Druck, einen Rückschlag korrigieren zu müssen. Nicht nur im Finale gegen Schweden, auch im großen Bild. Zwei Jahre zuvor war das Team im Halbfinale gegen Italien nach Elfmeterschießen ausgeschieden, der Titelhattrick war verpasst. Bisanz war enttäuscht, entmutigt war er nicht. "Wir haben eine sehr junge Mannschaft", sagte er. Und prophezeite: "In zwei Jahren wird alles wieder anders aussehen." Der Trainer sollte Recht behalten. Auf dem Weg ins Finale der EM 1995 erzielte die Nationalmannschaft in den sechs Gruppenspielen und den beiden Viertelfinals gegen Russland 59 Tore und blieb dabei ohne Gegentreffer. Die Semifinals gegen England waren vergleichsweise ausgeglichen, wobei sich das Team von Bisanz nach dem 4:1 in Watford beim Rückspiel im Bochumer Ruhrstadion beim 2:1 schon fürs Finale schonen konnte.

Dort wartet Schweden. Und Brigit Prinz. Die "Grande Dame" des Frauenfußballs ist damals noch ein Küken, ganze 17 Jahre alt ist die Stürmerin am Tag des Endspiels. Prinz ist Joker, und der Joker sticht. 62 Minuten muss Prinz warten, dann kommt sie für Patrizia Brocker auf den Platz. Ganze zwei Minuten nach der Einwechslung ist es soweit: Prinz erzielt das 2:1 und leitet damit den dritten EM-Titel der Frauen-Nationalmannschaft ein. Bettina Wiegmann sorgt in der 84. Minute für die endgültige Entscheidung, das 2:3 von Anneli Andelén ist nur noch Kosmetik. Deutschland ist Europameister, und mit Birgit Prinz hat ein Star die Bühne betreten.

Die Highligts der deutschen EM-Titel

1997, EM in Schweden und Norwegen

Die EM 1997 war das Turnier des Umbruchs. Wichtige Spielerinnen hatten aufgehört. Heidi Mohr, Patricia Brocker, Silvia Neid, Anouschka Bernhard und Ursula Lohn, um nur einige zu nennen. Auch an der Spitze gab es einen Wechsel. Gero Bisanz hatte den Posten des Cheftrainers an Tina Theune übergeben. Deutschland war diesmal nicht der Topfavorit, aber schon damals galt eine Fußballweisheit: "Mit Deutschland ist immer zu rechnen." Diese Worte der neuen Trainerin hat das Team im Verlauf des Wettbewerbs eindrucksvoll bestätigt. Um das Aus in der Vorrunde zu vermeiden, war allerdings auch etwas Glück nötig. "Es war insgesamt sehr holprig", sagt Theune. "Wir hatten in der Vorrunde Probleme. Denn wir mussten uns als Mannschaft erst finden. Wir hatten also einen sehr jungen Kader. Ich glaube, das Durchschnittsalter war unter 23 Jahren. Daher war ich darauf vorbereitet, dass es eng werden könnte."

Und es wurde eng. Deutschland musste im finalen Gruppenspiel gegen Dänemark gewinnen, um die Vorrunde zu überstehen. Das Spiel entwickelte sich zum Drama. Die neue Trainerin erinnert sich: "Es war dramatisch, wirklich nervenaufreibend. Erst hatte Dänemark eine hundertprozentige Zwei- oder Dreifachchance. In dieser Szene hat uns die zunächst die Unterkante der Latte gerettet, der Ball sprang wieder raus. Dänemark vor die Füße. Im zweiten Nachschuss haben sie den Ball jedoch übers Tor gejagt. Das war unser großes Glück." Auch weil praktisch im Gegenzug der Treffer auf der Gegenseite fällt. Wie und warum? Wieder Theune: "Monika Meyer lag am Fünfmeterraum plötzlich der Ball vor den Füßen. Einschussbereit. Sie hat unglaublich lange gezögert. Ich dachte in diesem Augenblick nur: "Schieß ihn rein, schieß ihn rein!" Aber sie hat gewartet, gewartet, gewartet. Und rückblickend war das genau die richtige Entscheidung. Denn sie hat den Ball dann ziemlich cool zum 1:0 verwandelt. Kurz vor Schluss hat Birgit Prinz den Endstand hergestellt.“

Die Vorrunde war überstanden – der Weg war frei. „Das war ein Wendepunkt“, sagt Theune. Nach dem Halbfinalsieg über Schweden folgte im Finale gegen Italien die wohl beste Turnierleistung. "Unsere Mittelachse mit Silke Rottenberg, Steffi Jones, Doris Fitschen, Ariane Hingst, Bettina Wiegmann, Maren Meinert und Birgit Prinz lief zu Hochform auf", sagt Theune. Sandra Minnert gelang mit einem herrlichen Freistoßtor das frühe 1:0, Birgit Prinz hat in der zweiten Halbzeit mit dem 2:0 alles klar gemacht.

2001, EM in Deutschland

Strömender Regen, 18.000 Zuschauer in Ulm, das Golden Goal von Claudia Müller im Endspiel in der 98. Minuten und der grenzenlose Jubel danach - der Gewinn der Europameisterschaft 2001 war für die DFB-Auswahl ein geschichtsträchtiger Moment. Für Doris Fitschen sogar in doppelter Hinsicht: Sie hielt im Finale gegen Schweden nicht nur die Abwehr souverän zusammen. Für sie war es nach 144 Einsätzen auch ihr letzter Auftritt im DFB-Trikot. "Es war in jeder Hinsicht sehr emotional", sagt die heutige Managerin der Frauen-Nationalmannschaft. Die 44-Jährige hatte zuvor bereits dreimal die Europameisterschaft gewonnen, dazu dreimal die Deutsche Meisterschaft und den DFB-Pokal. Aber den Kontinentalwettbewerb 2001 wird sie nie mehr vergessen: "Das war ein wunderbarer Schlusspunkt. Besser hätte es nicht laufen können."

Vom ersten Tag an. Dem 3:1 im Auftaktspiel gegen Schweden folgte die erste Gala beim 5:0 gegen Russland, und auch die Leistung beim 3:0 gegen England war mehr als souverän. Auch im Halbfinale blieb das Team ohne Gegentreffer, immer wieder versuchten es die Norwegerinnen mit hohen Flanken, immer wieder klärten Fitschen und Co. mit ihrem guten Timing beim Kopfball. Ein Tor von Sandra Smisek bringt Deutschland ins Finale, dort heißt der Gegner wie so oft: Schweden.

In Ulm erleben die Fans einen Krimi und ein Golden Goal. Keine Tore in der regulären Spielzeit, das Spiel geht in die Verlängerung. Es läuft die 98. Spielminute, Maren Meinert bedient Claudia Müller, der Weg zum Tor ist frei, Müller behält die Nerven, schiebt ein und sorgt für das bestmögliche Karriere-Ende von Doris Fitschen. "Das war ein wunderbarer Schlusspunkt", sagt Fitschen. "Besser hätte es nicht laufen können."

2005, EM in England

Das gilt auch für das gesamte EM-Turnier im Jahr 2005 in England. Als Weltmeister ins Turnier gegangenen, machten die deutschen Spielerinnen genau das, was von ihnen erwartet wurde. Sie eilten von Sieg zu Sieg. Fünf Erfolge in fünf Spielen. "Wir haben das Turnier souverän gewonnen", sagt Torhüterin Silke Rottenberg. Die Daten dazu: Kein Gegentor in der Vorrunde kassiert. 1:0 gegen Norwegen. 4:0 gegen Italien. 3:0 gegen Frankreich. Nie in Rückstand geraten. Im Halbfinale nichts anbrennen lassen. 4:1 gegen Finnland. Und im Endspiel die Geschichte rund gemacht. 3:1 gegen Norwegen. Das klingt so locker, so leicht und so einfach.

Aber der Eindruck trügt. Souverän ja, locker nicht. Denn der Eindruck zeigt nicht, wie viel Aufwand die Frauen dafür betrieben hatten. Die wochen- und monatelange Vorbereitung, das Schinden, die Entbehrung – all das hat dazu geführt, dass sich die deutsche Mannschaft im Turnier an der eigenen Leistung berauscht. Und natürlich - im Team vereinen sich viele Qualitäten. Die Argumente fließen über Silke Rottenbergs Lippen. "Wir haben über große Erfahrung verfügt." "Wir waren unberechenbar." "Wir waren eine geschlossene Einheit." "Wir waren im Kollektiv gut." "Wir hatten auch Individualisten."

Und alle Spielerinnen spielten auch für Tina Theune. Sie hatte vor der EURO das Ende ihrer Tätigkeit als Bundestrainerin angekündigt. Nach fast zehn Jahren außerordentlich erfolgreicher Arbeit. Es ging eine Ära zu Ende, mit einer guten Note. Tina Theune durfte mit einem Erfolg gehen. "Ich habe den Abschied bekommen, den ich mir so sehr gewünscht hatte", sagt sie.

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2009, EM in Finnland

Im Land der 1000 Seen sollte es den siebten Titel geben. Auch und insbesondere dank Inka Grings, die zuvor für vier Jahre im DFB-Team nicht zum Einsatz gekommen war, um bei ihrer Rückkehr zur besten Spielerin des Turniers zu avancieren. Für Grings eine schöne Auszeichnung, für die sie sich bei der Mannschaft bedankt. "Es passte einfach alles hervorragend zusammen, wir hatten uns als Team gefunden. Jede hat für jede gearbeitet. Die Stimmung war einfach prima. Wir waren ein tolles Team. Es hat jeder Spielerin Spaß gemacht, ein Teil davon zu sein – und das hat man auch gemerkt."

Zusammenhalt gepaart mit fußballerischer Klasse ergaben schließlich sechs Siege in sechs Spielen. Ein glatter Durchmarsch. Ein souveräner Erfolg. Dabei gab es einige kritische Situationen zu meistern. Etwa als Norwegen im Halbfinale zur Pause 1:0 führte. Oder im Viertelfinale, als Italien drauf und dran war, den Ausgleich zu erzielen. Eine echte Chance hatten die Gegnerinnen nicht, nicht in der Erinnerung von Grings: "Wir waren mental so stark, dass wir uns immer sicher waren, dass wir das Spiel für uns entscheiden. So etwas spürt man. Das mag vielleicht arrogant klingen, aber wir waren als Team so stark und selbstbewusst, dass wir immer daran geglaubt haben, es zu schaffen."

Das Finale war ein Spiegel dessen. Nach einem Doppelschlag von Birgit Prinz und Melanie Behringer (20., 22.) führte das DFB-Team früh mit 2:0. Doch dann schien das Spiel zu kippen. England gelang in der 24. Minute durch Karen Carney der Anschlusstreffer, und England war mehrfach nah dran am Ausgleich. Deutschland wankte nicht, Deutschland schüttelte sich kurz, Deutschland traf. Kim Kulig markierte das 3:1. Die Vorentscheidung? Nein. Wieder verkürzte England, doch wieder wankte Deutschland nicht. Und nach dem 4:2 durch Inka Grings war der Rest Schaulaufen. 6:2 hieß am Ende - der siebte Streich war perfekt.