Vogts: Es existieren viele Unterschiede. Zwar gibt es auch in
Aserbaidschan Vollprofitum, aber es wird am Tag im Schnitt nur einmal eine Stunde trainiert. Zudem kommen die meisten Nationalspieler in ihren Klubs nicht zum Zuge, da überwiegend
Ausländer, zumeist aus osteuropäischen Nachbarstaaten, bei den Klubs spielen. Das beste Beispiel ist Meister FK Baku, wo praktisch nur ausländische Akteure unter Vertrag stehen und kaum einer die
Landessprache spricht. Vor Länderspielen ziehe ich meine rund 20 Spieler eine Woche zusammen, um dann wenigsten ein normales Training mit zwei Einheiten pro Tag zu gewährleisten.
Frage: Haben Sie trotz der widrigen Umstände denn nach wie vor
Spaß an Ihrer Arbeit?
Vogts: Das habe ich, denn man sieht ja auch nach und nach
kleine Fortschritte. Gegen Teams, die auf einem vergleichbaren Niveau spielen wie wir, haben wir uns gut aus der Affäre gezogen. Wir haben gegen Usbekistan 1:1 gespielt, in Kuwait ebenfalls 1:1
und in der WM-Qualifikation sind wir bislang noch kein einziges Mal
richtig unter die Räder geraten.
Frage: Was erwarten Sie denn von dem Kräftemessen mit
Vize-Europameister Deutschland?
Vogts: Meine Mannschaft soll die Chance nutzen, von Deutschland zu lernen. Wenn wir das Hinspiel in Baku knapp und beim Rückspiel nicht zu hoch verlieren, wären wir mehr als zufrieden.
Klar ist aber, dass die deutsche Mannschaft der Topfavorit in
beiden Spielen ist. Ein Tor gegen Deutschland wäre für meine
Mannschaft wie ein dicker Lottogewinn.
Frage: Wo erwarten Sie die deutsche Mannschaft am Ende der
WM-Qualifikation und was trauen Sie ihr bei der WM-Endrunde in
Südafrika zu?
Vogts: Deutschland wird ohne Wenn und Aber Gruppensieger und ist für mich auch einer der großen Anwärter auf den WM-Titel. Das
Team ist auf allen Positionen sehr stark besetzt und hat in Mario
Gomez zudem einen Mittelstürmer, der meiner Meinung nach das Zeug
zum kommenden Weltstar hat.
Frage: Hat es Sie überrascht, dass in diesem Jahr der deutsche Nachwuchs drei EM-Titel gewinnen konnte?
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Berti Vogts war von 1990 bis 1998 Bundestrainer und wurde mit dem DFB-Team 1996 in England Europameister. Seit 2008 ist der gebürtige Büttgener Coach der Nationalmannschaft Aserbaidschans, mit der er am Mittwoch (18 Uhr/live in der ARD) auf Deutschland trifft. Im Exklusivinterview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) spricht der 62-Jährige über die Erfolgsaussichten seines Teams gegen den dreimaligen Weltmeister, den Fußball in dem Land zwischen Kaukasus und Kaspischem Meer sowie seine persönlichen Pläne für die Zukunft.
Frage: Am Mittwoch treffen Sie mit Ihrer Mannschaft in der
WM-Qualifikation auf Deutschland. Inwieweit ist dieses Spiel für
Sie als ehemaligem Bundestrainer eine besondere Partie?
Berti Vogts: Natürlich ist das für mich ein besonderes Spiel,
denn ich habe immer noch ein sehr gutes Verhältnis zum DFB. Zudem
verfolge ich die Entwicklung der deutschen Nationalmannschaft ganz
genau. Ich glaube auch, dass ich stolz auf meine 19 Jahre beim DFB
sein kann, in denen ich gute Arbeit geleistet habe. Ich habe beim
DFB eine wunderschöne Zeit erlebt. Ich weiß auch, dass ich dem
deutschen Fußball alles zu verdanken habe. Und egal, wo ich
arbeite, interessieren mich immer zuerst die Ergebnisse meiner
ehemaligen Mannschaften, der Nationalmannschaft und von Borussia
Mönchengladbach.
Frage: In der WM-Qualifikation haben Sie mit Aserbaidschan
bislang noch keinen Sieg landen und auch noch kein Tor erzielen
können. Ist das nicht frustrierend?
Vogts: Nein, weil ich in in erster Linie sehen möchte, dass
sich die Mannschaft in die richtige Richtung entwickelt. Und da sind wir ein gutes Stück vorangekommen. Ähnlich wie in meiner Zeit in Schottland habe ich die Mannschaft nach und nach verjüngt. Die
Erfolge nach einem solchen Umbruch stellen sich zwangsläufig erst später ein. Das hat man in Schottland gesehen und das wird man auch in Aserbaidschan sehen, wenn man die nötige Geduld hat. Wenn man an dem Konzept mit jungen Spielern festhält, wird man in vier bis fünf
Jahren im europäischen Fußball mithalten können.
Frage: Ihr Vertrag läuft Ende des Jahres aus. Können Sie sich
vorstellen, den Kontrakt zu verlängern?
Vogts: Vorstellen kann ich mir alles. Aber sicherlich muss man dann frühzeitig abklären, inwieweit der Verband in der Lage ist, meinen Vorstellungen zu folgen. Grundsätzlich habe ich im
Verband eine sehr gute Unterstützung für meine Arbeit. Um aber weiter nach vorne zu kommen, müsste gewährleistet sein, dass mindestens vier einheimische Spieler in jedem Erstliga-Team spielen
müssen. Zudem müssen wir einen Torjäger finden, weil sonst der
Druck auf Dauer zu stark wird.
Frage: Was ist der größte Unterschied zwischen dem
professionellen Fußball in Deutschland und in Aserbaidschan?
Vogts: Es existieren viele Unterschiede. Zwar gibt es auch in
Aserbaidschan Vollprofitum, aber es wird am Tag im Schnitt nur einmal eine Stunde trainiert. Zudem kommen die meisten Nationalspieler in ihren Klubs nicht zum Zuge, da überwiegend
Ausländer, zumeist aus osteuropäischen Nachbarstaaten, bei den Klubs spielen. Das beste Beispiel ist Meister FK Baku, wo praktisch nur ausländische Akteure unter Vertrag stehen und kaum einer die
Landessprache spricht. Vor Länderspielen ziehe ich meine rund 20 Spieler eine Woche zusammen, um dann wenigsten ein normales Training mit zwei Einheiten pro Tag zu gewährleisten.
Frage: Haben Sie trotz der widrigen Umstände denn nach wie vor
Spaß an Ihrer Arbeit?
Vogts: Das habe ich, denn man sieht ja auch nach und nach
kleine Fortschritte. Gegen Teams, die auf einem vergleichbaren Niveau spielen wie wir, haben wir uns gut aus der Affäre gezogen. Wir haben gegen Usbekistan 1:1 gespielt, in Kuwait ebenfalls 1:1
und in der WM-Qualifikation sind wir bislang noch kein einziges Mal
richtig unter die Räder geraten.
Frage: Was erwarten Sie denn von dem Kräftemessen mit
Vize-Europameister Deutschland?
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Vogts: Meine Mannschaft soll die Chance nutzen, von Deutschland zu lernen. Wenn wir das Hinspiel in Baku knapp und beim Rückspiel nicht zu hoch verlieren, wären wir mehr als zufrieden.
Klar ist aber, dass die deutsche Mannschaft der Topfavorit in
beiden Spielen ist. Ein Tor gegen Deutschland wäre für meine
Mannschaft wie ein dicker Lottogewinn.
Frage: Wo erwarten Sie die deutsche Mannschaft am Ende der
WM-Qualifikation und was trauen Sie ihr bei der WM-Endrunde in
Südafrika zu?
Vogts: Deutschland wird ohne Wenn und Aber Gruppensieger und ist für mich auch einer der großen Anwärter auf den WM-Titel. Das
Team ist auf allen Positionen sehr stark besetzt und hat in Mario
Gomez zudem einen Mittelstürmer, der meiner Meinung nach das Zeug
zum kommenden Weltstar hat.
Frage: Hat es Sie überrascht, dass in diesem Jahr der deutsche Nachwuchs drei EM-Titel gewinnen konnte?
Vogts: Nein, das hat mich nicht überrascht, weil sich die
Rahmenbedingungen in Deutschland zum Positiven geändert haben.
Schon 1981 war es mein Anliegen, eine einheitliche Ausrichtung im
Nachwuchsbereich von der U15 bis zur U18 zu schaffen. Heute gibt es
in diesem Bereich andere Möglichkeiten, vor allem auch im
wirtschaftlichen Bereich.
Frage: Können Sie sich vorstellen, noch einmal im deutschen
Fußball zu arbeiten?
Vogts: Mit Sicherheit. Vielleicht nicht als Trainer, sondern
als Technischer Direktor. Ich könnte mir auch vorstellen, dem DFB
als Berater zu helfen.