"Ein gelungener Start in die neue Saison"

Die neue Saison hat gerade begonnen, mancher Klub ist gut aus den Startlöchern gekommen, mancher hat noch Probleme. So geht es auch den Spielern. Frühform hier, Startschwierigkeiten dort. Und wie sieht es bei den Schiedsrichtern aus? DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke hat mit Lutz Michael Fröhlich, Abteilungsleiter Schiedsrichter beim DFB, über den Saisonstart aus Sicht der Unparteiischen gesprochen.

DFB.de: Herr Fröhlich, das spielfreie Wochenende hat die Schiedsrichter-Kommission zu einer ersten Analyse genutzt. Welche Ergebnisse hatte diese? Sind die Schiedsrichter gut aus den Startlöchern gekommen?

Lutz Michael Fröhlich: Ja. Insgesamt kann man von einem gelungenen Start in die Saison 2011/2012 sprechen. Insbesondere bei gesundheitsgefährenden Fouls, wie den Fußangriffen mit offener Sohle und den sogenannten Notbremsen, haben sich die Schiedsrichter sehr konsequent gezeigt und dabei vor allem einheitlich agiert. Die einheitliche Regelauslegung ist uns besonders wichtig, da die Bewertung der Vorgänge dadurch berechenbar bleibt. Vorausgesetzt natürlich, dass eine entsprechend gute Position zur Wahrnehmung der Vorgänge besteht.

DFB.de: Diskussionen kommen immer wieder bei Abseitsentscheidungen auf, auch beim passiven Abseits. Zu Beginn dieser Spielzeit gab es wieder strittige Situation. Die Schiedsrichterassistenten müssen die Positionen der Spieler und des Balles im Blick haben und dann auch noch bewerten, ob denn tatsächlich ein Spieleingriff erfolgt ist. Ist das überhaupt leistbar?

Fröhlich: Es ist ein kaum erreichbares Ziel, bei Abseitsentscheidungen absolut fehlerfrei zu bleiben. Aber auch hier gilt: Mit einer guten Positionierung zum Spielgeschehen, mit Beweglichkeit und mit Konzentration kann der Schiedsrichterassistent alle Voraussetzungen schaffen, um zu einer richtigen Bewertung zu gelangen. Das ist leistbar. Wir haben nach den ersten Spieltagen rund 15 Situationen festgestellt, in denen die Bewertung einer Abseitsposition fast schon Millimetersache war. In zehn Fällen lagen die Assistenten am Ende richtig. In drei Fällen ließen selbst Fernseh-Bilder keine endgültige Auflösung zu. In zwei Fällen lagen die Assistenten am Ende falsch. Hier geht es um das Ziel der Fehlerminimierung. Erfreulich ist: Durch das videogestützte Abseitstraining bei den Lehrgängen in den vergangenen Jahren hat sich die Trefferquote deutlich verbessert.

DFB.de: Und die Bewertung eines Spieleingriffes aus einer Abseitsposition? Gibt es hier neue Richtlinien für die Schiedsrichter und ihre Assistenten?

Fröhlich: Ein Spieleingriff besteht nicht nur darin, dass der im Abseits stehende Spieler an den Ball gelangt. Auch die Sichtbehinderung für den Torwart durch den im Abseits stehenden Spieler spielt eine Rolle. Oder wenn ein Spieler aus einer Abseitsposition das Spielgeschehen kreuzt, ohne den Ball zu spielen und dadurch Abwehrspieler, die eingreifen wollen, irritiert oder ablenkt. Wichtig ist, in Zweifelsfällen auch die Wirkung der Aktionen von Spielern mitzubeachten, also abzuwarten und die Fahne nicht zu früh zu bringen. Das ist das Prinzip des "wait and see", das die Assistenten bei ihrer Arbeit anwenden sollen.

DFB.de: Das Ziehen und Zerren im Strafraum hat schon oft die Gemüter erhitzt. Wie ist der aktuelle Trend, ist diese Unsitte rückläufig? Wie viele solcher Fälle wurden bisher in dieser Spielzeit entschieden?



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Die neue Saison hat gerade begonnen, mancher Klub ist gut aus den Startlöchern gekommen, mancher hat noch Probleme. So geht es auch den Spielern. Frühform hier, Startschwierigkeiten dort. Und wie sieht es bei den Schiedsrichtern aus? DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke hat mit Lutz Michael Fröhlich, Abteilungsleiter Schiedsrichter beim DFB, über den Saisonstart aus Sicht der Unparteiischen gesprochen.

DFB.de: Herr Fröhlich, das spielfreie Wochenende hat die Schiedsrichter-Kommission zu einer ersten Analyse genutzt. Welche Ergebnisse hatte diese? Sind die Schiedsrichter gut aus den Startlöchern gekommen?

Lutz Michael Fröhlich: Ja. Insgesamt kann man von einem gelungenen Start in die Saison 2011/2012 sprechen. Insbesondere bei gesundheitsgefährenden Fouls, wie den Fußangriffen mit offener Sohle und den sogenannten Notbremsen, haben sich die Schiedsrichter sehr konsequent gezeigt und dabei vor allem einheitlich agiert. Die einheitliche Regelauslegung ist uns besonders wichtig, da die Bewertung der Vorgänge dadurch berechenbar bleibt. Vorausgesetzt natürlich, dass eine entsprechend gute Position zur Wahrnehmung der Vorgänge besteht.

DFB.de: Diskussionen kommen immer wieder bei Abseitsentscheidungen auf, auch beim passiven Abseits. Zu Beginn dieser Spielzeit gab es wieder strittige Situation. Die Schiedsrichterassistenten müssen die Positionen der Spieler und des Balles im Blick haben und dann auch noch bewerten, ob denn tatsächlich ein Spieleingriff erfolgt ist. Ist das überhaupt leistbar?

Fröhlich: Es ist ein kaum erreichbares Ziel, bei Abseitsentscheidungen absolut fehlerfrei zu bleiben. Aber auch hier gilt: Mit einer guten Positionierung zum Spielgeschehen, mit Beweglichkeit und mit Konzentration kann der Schiedsrichterassistent alle Voraussetzungen schaffen, um zu einer richtigen Bewertung zu gelangen. Das ist leistbar. Wir haben nach den ersten Spieltagen rund 15 Situationen festgestellt, in denen die Bewertung einer Abseitsposition fast schon Millimetersache war. In zehn Fällen lagen die Assistenten am Ende richtig. In drei Fällen ließen selbst Fernseh-Bilder keine endgültige Auflösung zu. In zwei Fällen lagen die Assistenten am Ende falsch. Hier geht es um das Ziel der Fehlerminimierung. Erfreulich ist: Durch das videogestützte Abseitstraining bei den Lehrgängen in den vergangenen Jahren hat sich die Trefferquote deutlich verbessert.

DFB.de: Und die Bewertung eines Spieleingriffes aus einer Abseitsposition? Gibt es hier neue Richtlinien für die Schiedsrichter und ihre Assistenten?

Fröhlich: Ein Spieleingriff besteht nicht nur darin, dass der im Abseits stehende Spieler an den Ball gelangt. Auch die Sichtbehinderung für den Torwart durch den im Abseits stehenden Spieler spielt eine Rolle. Oder wenn ein Spieler aus einer Abseitsposition das Spielgeschehen kreuzt, ohne den Ball zu spielen und dadurch Abwehrspieler, die eingreifen wollen, irritiert oder ablenkt. Wichtig ist, in Zweifelsfällen auch die Wirkung der Aktionen von Spielern mitzubeachten, also abzuwarten und die Fahne nicht zu früh zu bringen. Das ist das Prinzip des "wait and see", das die Assistenten bei ihrer Arbeit anwenden sollen.

DFB.de: Das Ziehen und Zerren im Strafraum hat schon oft die Gemüter erhitzt. Wie ist der aktuelle Trend, ist diese Unsitte rückläufig? Wie viele solcher Fälle wurden bisher in dieser Spielzeit entschieden?

Fröhlich: In der laufenden Saison hat es elf knifflige Situationen im Strafraum gegeben. Die Schiedsrichter haben diese Situationen einheitlich und insgesamt mit Augenmaß entschieden. Auffällig sind die vermehrte Anzahl von Tacklings im Kampf um den Ball im Strafraum und in einigen Fällen relative plumpe Vergehen, wie das Stoßen in den Rücken oder Anspringen des Gegners. Hier ist es wichtig, dass die Schiedsrichter auf solche Spielweisen vorbereitet sind.

DFB.de: Nach dem Saisonvorbereitungs-Lehrgang der Schiedsrichter in Altensteig-Wart wurde eine härtere Gangart gegen die übertriebenen Reklamationen von Trainern angekündigt. Hatte diese Ankündigung schon prophylaktische Wirkung?

Fröhlich: Es geht genau um den Aspekt "übertrieben". Dass der Trainer in seiner Anspannung für den Erfolg seiner Mannschaft nicht mit allen Entscheidungen des Schiedsrichters einverstanden sein kann, ist doch verständlich. Aber es gibt Grenzen. Und die sind überschritten, wenn der sportlich-faire, respektvolle Umgang miteinander verlassen wird, wenn Emotionalität in Aggressivität kippt. Wüste Beschimpfungen, abfällige Gesten, permanente Provokationen können und wollen sich die Schiedsrichter nicht gefallen lassen. Das ist auch schädlich für den Sport insgesamt. Neben der Verantwortung für den Erfolg der eigenen Mannschaft hat jeder Trainer immer auch ein Stück Verantwortung für den Erfolg des Gesamtsystems. Andererseits sollte aber auch nicht jede kleine Aktion eines Trainers zu einem reflexartigen Eingreifen durch den Vierten Offiziellen führen.

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DFB.de: Seit zwei Jahren wird in der Bundesliga das Kommunikationssystem eingesetzt. Hat sich der Einsatz dieses Systems bewährt?

Fröhlich: Ja, die Bilanz ist absolut positiv. Mittlerweile nutzen alle Schiedsrichter der Bundesliga und der 2. Bundesliga das Headset. Das Schiedsrichterteam kann dadurch schneller und effektiver kommunizieren. Der Schiedsrichter kann sich mit seinen Assistenten über Spielsituationen abstimmen, ohne zu ihm an die Linie gehen zu müssen. Auf diese Weise kann eine Entscheidung auf eine noch solidere Basis gestellt werden. Dabei ist allerdings auch zu beachten, dass die Kraft der spontanen Entscheidung nicht verloren geht und sich stattdessen eine Zögerlichkeit in der Außenwirkung darstellt. Wann und was im Team kommuniziert wird, ist ein wesentlicher Aspekt unserer Arbeit mit den Schiedsrichtern im Rahmen der Lehrgänge.

DFB.de: Anfang Oktober findet der nächste Kurz-Lehrgang für die Schiedsrichter und Schiedsrichterassistenten der Bundesliga und 2. Bundesliga statt. Welche Schwerpunkte werden dort gesetzt?

Fröhlich: Wir werden das aktuelle Geschehen und die bis dahin durchgeführten Spielleitungen aufarbeiten. Mit den Schwerpunkten Teamarbeit und Unterstützung bei Gelben und/oder Roten Karten, Bewertung von Abseitssituationen und Bewertung von Strafraumsituationen. Und mit dem Ziel, die einheitliche Regelauslegung weiter zu fördern. Wir hoffen, dass sich bis dahin der positive Trend aus den ersten Spieltagen fortsetzt und werden unsere Schiedsrichter in der konsequenten und berechenbaren Linie bestärken. Wichtig ist im Rahmen der Lehrgänge aber auch, denjenigen Schiedsrichtern Impulse, Sicherheit und Rückhalt zu geben, die bisher ihr Leistungsvermögen noch nicht voll abrufen konnten und die nicht optimal in die Saison gestartet sind.