Ehrenamtler der Woche: Yesil lebt Integration

Ohne sie kann der Fußball nicht bestehen: die ehrenamtlichen Helfer. Von heute an stellt DFB.de immer dienstags einige von ihnen vor. Was die Ehrenamtler antreibt, was sie bewegt, was sie leisten – und wie wichtig ihr Engagement ist. Ihnen allen ist eines gemeinsam: Sie leben Fußball.

Als Sinan Yesil mit 13 Jahren nach Ludwigshafen kommt, kann er genau ein Wort Deutsch: Hallo. Mehr nicht. Yesil ist bei seinen Großeltern in Fatsa aufgewachsen, einer türkischen Kleinstadt am Schwarzen Meer. Jetzt zieht er zu seinen Eltern, die als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen sind. Mit 13 haben gleichaltrige Jungs ihre erste Freundin, sie tanzen Klammerblues und haben die ersten Pickel. Yesil muss erst einmal deutsch lernen. Und sich integrieren in eine Gesellschaft, die er nicht kennt.

Ein schwerer Weg sei das gewesen, sagt Yesil heute, 30 Jahre später. Er ist angekommen, arbeitet als Chemikant, hat eine Familie, und wer ihn reden hört, der mag nicht glauben, dass er mal anderswo gelebt hat als in der Pfalz. Wenn man ihn fragt, woher er komme, sagt er im Idiom seiner Heimat: "Isch bin Pälser."

"Sport in der Gemeinschaft ist wichtiger als jede Politik"

Beim ESV Ludwigshafen, seinem Verein, ist er F-Jugendtrainer (gemeinsam mit seinem Sohn Sezer), Integrationsbeauftragter, außerdem leitet er die Mädchenfußball-AG an einer Grundschule, auch das im Auftrag des Klubs. Er hat einen Trainerschein gemacht und das Rauchen aufgegeben, um seinen Jungen und Mädchen ein gutes Vorbild zu sein.

„Sport in der Gemeinschaft“, sagt Sinan Yesil, „ist wichtiger als jede Politik. Er ist eine Schule fürs Leben. Und nirgendwo sonst kann man sich so gut einfinden in einer neuen Umgebung.“ Yesil sagt das nicht aus der Distanz eines Funktionärs. Yesil hat all das selbst erlebt. „Gerade das macht ihn so überzeugend“, sagt Rainer Winkler, der Vereinsvorsitzende.

Seit Anfang dieses Jahres ist Yesil offiziell der Mann für die Integration beim Eisenbahner-Sportverein. Das bedeutet Arbeit: Rund 3000 Mitglieder in 20 Abteilungen hat der Klub. Allein unter den 240 Jungen, die Fußball spielen, sind rund 80 Prozent ausländischer Abstammung. Für sie und ihre Eltern ist Yesil der erste Ansprechpartner.

"Vorteil, dass ich beide Kulturen kenne"

Manchmal, sagt der 43-Jährige, sei es schon anstrengend zu vermitteln, gerade, wenn Eltern nicht wollten, dass ihre Tochter anfängt, Fußball zu spielen. „Da merkt man, dass es von Vorteil ist, dass ich beide Kulturen kenne“, sagt er. In seiner AG spielen mittlerweile schon zehn Mädchen. „Mit großer Begeisterung“, wie er sagt. Beim ESV reichen die Kapazitäten für eine Mädchenmannschaft nicht aus - zu wenig Platz.

In Silvana Arcagnioli hat der Verein eine Spielerin sogar bis in die Bundesliga gebracht. Sie hatte in den Jugendteams der Jungen gespielt, ehe sie zum 1. FFC Frankfurt wechselte. "Ich dachte mir, das kann doch nicht so bleiben", sagt Yesil. Darum beteiligt sich der Klub zumindest an der AG. Und die wird immer beliebter. Auch die Teilnahme am DFB-Projekt "Team 2011" ist geplant.

Gut zwölf Stunden gingen jede Woche für das Ehrenamt drauf, sagt Yesil: "Manchmal auch mehr." Als Opfer würde er die anderthalb Jahrzehnte seines Engagements aber nie bezeichnen. "Ich will nicht, dass die Jugendlichen auf der Straße herumhängen", sagt er. "Ich will, dass sie im Sportverein lernen, wie das Leben läuft." Irgendjemand müsse es halt machen, "und ich mache es eben gerne". [gt]


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Ohne sie kann der Fußball nicht bestehen: die ehrenamtlichen Helfer. Von heute an stellt DFB.de immer dienstags einige von ihnen vor. Was die Ehrenamtler antreibt, was sie bewegt, was sie leisten – und wie wichtig ihr Engagement ist. Ihnen allen ist eines gemeinsam: Sie leben Fußball.

Als Sinan Yesil mit 13 Jahren nach Ludwigshafen kommt, kann er genau ein Wort Deutsch: Hallo. Mehr nicht. Yesil ist bei seinen Großeltern in Fatsa aufgewachsen, einer türkischen Kleinstadt am Schwarzen Meer. Jetzt zieht er zu seinen Eltern, die als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen sind. Mit 13 haben gleichaltrige Jungs ihre erste Freundin, sie tanzen Klammerblues und haben die ersten Pickel. Yesil muss erst einmal deutsch lernen. Und sich integrieren in eine Gesellschaft, die er nicht kennt.

Ein schwerer Weg sei das gewesen, sagt Yesil heute, 30 Jahre später. Er ist angekommen, arbeitet als Chemikant, hat eine Familie, und wer ihn reden hört, der mag nicht glauben, dass er mal anderswo gelebt hat als in der Pfalz. Wenn man ihn fragt, woher er komme, sagt er im Idiom seiner Heimat: "Isch bin Pälser."

"Sport in der Gemeinschaft ist wichtiger als jede Politik"

Beim ESV Ludwigshafen, seinem Verein, ist er F-Jugendtrainer (gemeinsam mit seinem Sohn Sezer), Integrationsbeauftragter, außerdem leitet er die Mädchenfußball-AG an einer Grundschule, auch das im Auftrag des Klubs. Er hat einen Trainerschein gemacht und das Rauchen aufgegeben, um seinen Jungen und Mädchen ein gutes Vorbild zu sein.

„Sport in der Gemeinschaft“, sagt Sinan Yesil, „ist wichtiger als jede Politik. Er ist eine Schule fürs Leben. Und nirgendwo sonst kann man sich so gut einfinden in einer neuen Umgebung.“ Yesil sagt das nicht aus der Distanz eines Funktionärs. Yesil hat all das selbst erlebt. „Gerade das macht ihn so überzeugend“, sagt Rainer Winkler, der Vereinsvorsitzende.

Seit Anfang dieses Jahres ist Yesil offiziell der Mann für die Integration beim Eisenbahner-Sportverein. Das bedeutet Arbeit: Rund 3000 Mitglieder in 20 Abteilungen hat der Klub. Allein unter den 240 Jungen, die Fußball spielen, sind rund 80 Prozent ausländischer Abstammung. Für sie und ihre Eltern ist Yesil der erste Ansprechpartner.

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"Vorteil, dass ich beide Kulturen kenne"

Manchmal, sagt der 43-Jährige, sei es schon anstrengend zu vermitteln, gerade, wenn Eltern nicht wollten, dass ihre Tochter anfängt, Fußball zu spielen. „Da merkt man, dass es von Vorteil ist, dass ich beide Kulturen kenne“, sagt er. In seiner AG spielen mittlerweile schon zehn Mädchen. „Mit großer Begeisterung“, wie er sagt. Beim ESV reichen die Kapazitäten für eine Mädchenmannschaft nicht aus - zu wenig Platz.

In Silvana Arcagnioli hat der Verein eine Spielerin sogar bis in die Bundesliga gebracht. Sie hatte in den Jugendteams der Jungen gespielt, ehe sie zum 1. FFC Frankfurt wechselte. "Ich dachte mir, das kann doch nicht so bleiben", sagt Yesil. Darum beteiligt sich der Klub zumindest an der AG. Und die wird immer beliebter. Auch die Teilnahme am DFB-Projekt "Team 2011" ist geplant.

Gut zwölf Stunden gingen jede Woche für das Ehrenamt drauf, sagt Yesil: "Manchmal auch mehr." Als Opfer würde er die anderthalb Jahrzehnte seines Engagements aber nie bezeichnen. "Ich will nicht, dass die Jugendlichen auf der Straße herumhängen", sagt er. "Ich will, dass sie im Sportverein lernen, wie das Leben läuft." Irgendjemand müsse es halt machen, "und ich mache es eben gerne".