Duisburg-Trainer Kahlert: "Wir wollen es allen zeigen"

Kahlert: Sicher habe ich einige Zeit gebraucht, um mich einzuarbeiten. Mittlerweile jedoch funktionieren die Abläufe sehr gut. Wir sind gerade dabei, ein Konzept zu erarbeiten für den Duisburger Frauenfußball.

DFB.de: Wie sehen Sie persönlich den Schritt von Frankfurt nach Duisburg: Rückschritt oder neue Chance?

Kahlert: In einer gewissen Weise ist es sicher ein Rückschritt. Beim FFC haben wir immer um die verschiedensten Titel mitgespielt. Drei Jahre war ich dort. Wir waren im Finale der Champions League, zweimal hintereinander im Endspiel um den DFB-Pokal. Wenn Sie mich persönlich fragen: Ich hatte in Frankfurt viele Erfolge. In Duisburg wird das inzwischen etwas anders definiert. Das ist eine Chance. Für mich ist es schon ein Fortschritt, Kleinigkeiten verändern zu können, die nichts kosten. Dazu gehören Ideen und Kreativität - und man braucht die richtigen Leute zum richtigen Zeitpunkt. Wir freuen uns, dass wir vielen jungen Spielerinnen aus dem eigenen Nachwuchs die Möglichkeit eröffnen können, in der stärksten Liga der Welt Fuß zu fassen. Das sind ebenfalls Erfolge, wenn auch in einer anderen Form. Wenn wir es dazu schaffen, uns sportlich kontinuierlich zu verbessern, dann haben wir viel erreicht.

DFB.de: Wie wichtig ist ein guter Auftakt?

Kahlert: Wir spielen erst in Leverkusen, dann zu Hause gegen Hoffenheim. Da können und wollen wir natürlich etwas holen. Das ist wichtig für die Spielerinnen, aber auch für den Verein. Wir müssen wieder sportlich positive Schlagzeilen schreiben. Dann kommen mehr Zuschauer, dann unterstützen uns wieder mehr Sponsoren. Das ist der Weg, den wir gehen müssen. Wir müssen zeigen, dass es sich lohnt, diesem Verein zu vertrauen. Und wir müssen ein gutes Image aufbauen und uns somit attraktiv machen. Das ist ein langer Weg, den wir gehen wollen und werden. Davon bin ich überzeugt. Den ersten Schritt müssen allerdings die Spielerinnen machen - mit Teamgeist, mit Leidenschaft auf dem Platz. Erfolg macht interessant. Dann kann es beim traditionsreichen und erfolgreichen FCR 2001 Duisburg wieder aufwärts gehen.

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Sie standen vor dem Aus. Die Insolvenz schien nicht mehr abzuwenden. Aber dann haben es die Verantwortlichen des FCR 2001 Duisburg doch noch geschafft, dem Verein eine Zukunft in der Bundesliga zu ermöglichen. Es war lange ein Drahtseilakt. Inzwischen jedoch scheinen die größten Schwierigkeiten überwunden.

"Wir spüren hier eine Aufbruchstimmung", sagt Trainer Sven Kahlert gut drei Wochen vor dem Saisonstart. Aber eines ist auch klar: Von Titeln spricht aktuell niemand in Duisburg. Aus dem einstigen Topteam ist eine Mannschaft geworden, für die es zunächst nur um den Klassenverbleib geht. "Wir müssen sehen, dass wir so schnell wie möglich 22 Punkte für die Rettung holen", betont Kahlert im DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Sven Winterschladen.

Der 42 Jahre alte Fußball-Lehrer betreut die Mannschaft seit einem guten halben Jahr. Davor war er in drei Spielzeiten für den 1. FFC Frankfurt tätig. "In Duisburg haben wir jetzt ganz andere Aufgaben zu bewältigen, das ist kein Vergleich zu Frankfurt", sagt Kahlert. "Aber das bedeutet nicht, dass diese Aufgabe beim FCR nicht ebenfalls unglaublich spannend ist."

DFB.de: Herr Kahlert, wie ist die Stimmung im Verein nach dem schwierigen Frühjahr mit der langen Ungewissheit?

Sven Kahlert: Wir spüren hier eine Aufbruchstimmung, ganz klar. Wir wissen, dass die Saison für uns komplett spielbar ist. Das ist die wichtigste Erkenntnis. Es macht im Moment wirklich sehr viel Spaß, weil alle überragend mitziehen. Leider sind einige wichtige Spielerinnen verletzt. Doch ich bin sicher: Wir bekommen auch das in den Griff. Wir legen jetzt eben noch größeres Vertrauen in unsere jungen Spielerinnen.

DFB.de: Wie definieren Sie Ihre Saisonziele?

Kahlert: Für den Verein ist es ganz wichtig, dass wir uns von den Abstiegsplätzen fernhalten. Wir wollen von Anfang nicht hinten reingeraten, das wäre ein schlechtes Zeichen. Aber nach dieser langen Ungewissheit werden wir jetzt sicher keine großen Ziele formulieren. Es geht darum, dass wir uns in kleineren Etappen entwickeln. Ganz konkret habe ich drei Wünsche: Wir wollen am Ende einen Platz weiter oben stehen als in der vergangenen Saison, und wir wollen mit mehr Punkten sowie einem besseren Torverhältnis abschließen. Ich denke, das ist keine Träumerei.

DFB.de: Viele erwarten eine sehr ausgeglichene Bundesliga. Ist das ein Problem oder eine Chance, weil es diese Saison wohl keine sicheren Abstiegskandidaten gibt?

Kahlert: Ich sehe es als Chance, ganz klar. Es gibt die ersten Vier mit Wolfsburg, Potsdam, Frankfurt und München. Danach kommen alle anderen acht Mannschaften. Und da kann an einem guten Tag jeder jeden schlagen. Vielleicht gelingt uns gegen das eine oder andere Topteam ebenfalls eine Überraschung. Die Bundesliga ist hochattraktiv. Und eines ist mir noch ganz wichtig: In einigen Foren im Internet werden wir als Abstiegskandidat Nummer eins gehandelt, weil wir mit Mandy Islacker eine wichtige Spielerin verloren haben. Aber von dieser Einschätzung halte ich überhaupt nichts. Im Gegenteil: Das ist für uns ein Anreiz, es allen zu zeigen.

DFB.de: Sie haben als Trainer im Jugendbereich begonnen. Haben Sie also die Erfahrung, um auch in Duisburg die vielen jungen Spielerinnen auf ihren nächsten Schritten zu begleiten?

Kahlert: Ja, das sehe ich schon als Vorteil an. Und das ist sicher auch meine Aufgabe. Aber nur mit jungen Spielerinnen kann man nicht erfolgreich sein. Man braucht auch die eine oder andere Erfahrene. Wir haben einige im Kader, die die Mannschaft führen können. Dazu einige Ausländerinnen, die bereits in der Bundesliga dabei waren. Wir sind gerade dabei, ein Gerüst zu erstellen, mit dem wir mittel- und langfristig unsere Ziele erreichen können. Früher war Duisburg eine Spitzenmannschaft, jetzt sind wir ein Ausbildungsverein. Aber das ist überhaupt nicht schlimm, das ist eine tolle Herausforderung.

DFB.de: Wie sind die Ansprüche im Umfeld? Fühlen sich manche womöglich noch als Spitzenteam?

Kahlert: Hohe Ansprüche sind gut. Als Trainer will ich jedes Spiel gewinnen, ich will Deutscher Meister werden. Aber alle wissen, dass das im Moment nicht realistisch ist. Beim Anspruchsdenken hat auf jeden Fall eine Bereinigung stattgefunden. Das oberste Ziel ist ganz eindeutig formuliert, und dahinter stehen alle: Wir wollen nicht absteigen - da kann ich mich nur wiederholen. So schnell wie möglich wollen wir 22 Punkte holen, die zur Rettung ausreichen sollten. Wenn dann noch einige Begegnungen zu bestreiten sind, können wir über alle anderen Dinge sprechen. Wir sind einfach nur froh, dass sich die Lage aktuell ein wenig normalisiert und beruhigt hat. Das war viel Arbeit. Aber für alle Beteiligten ist das nun auch eine angenehme Situation.

DFB.de: Ist der Job beim FCR Ihre schwerste Station als Trainer?

Kahlert: Ich bin hier ja für alle sportlichen Bereiche tätig. Das macht die Sache sehr spannend. Zuletzt beim 1. FFC Frankfurt gab es einen festen Mitarbeiterstab, da hatte jeder seine Aufgabe. Hier ist das inzwischen etwas anders. Ich bin sehr vielfältig tätig. Das macht mehr Arbeit, kostet Kraft und Zeit. Aber es macht unheimlich viel Spaß und ist sehr attraktiv. Ich sehe es als persönliche Weiterentwicklung an. Man merkt, wie vielfältig die Dinge sind, die über den Trainerjob hinausgehen. Ich muss unglaublich viel mit Menschen aus verschiedensten Bereichen kommunizieren. In so einem Verein steckt viel Organisation. Manchmal denke ich: Schaffe ich das überhaupt alles?

DFB.de: Und, schaffen Sie das?

Kahlert: Sicher habe ich einige Zeit gebraucht, um mich einzuarbeiten. Mittlerweile jedoch funktionieren die Abläufe sehr gut. Wir sind gerade dabei, ein Konzept zu erarbeiten für den Duisburger Frauenfußball.

DFB.de: Wie sehen Sie persönlich den Schritt von Frankfurt nach Duisburg: Rückschritt oder neue Chance?

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Kahlert: In einer gewissen Weise ist es sicher ein Rückschritt. Beim FFC haben wir immer um die verschiedensten Titel mitgespielt. Drei Jahre war ich dort. Wir waren im Finale der Champions League, zweimal hintereinander im Endspiel um den DFB-Pokal. Wenn Sie mich persönlich fragen: Ich hatte in Frankfurt viele Erfolge. In Duisburg wird das inzwischen etwas anders definiert. Das ist eine Chance. Für mich ist es schon ein Fortschritt, Kleinigkeiten verändern zu können, die nichts kosten. Dazu gehören Ideen und Kreativität - und man braucht die richtigen Leute zum richtigen Zeitpunkt. Wir freuen uns, dass wir vielen jungen Spielerinnen aus dem eigenen Nachwuchs die Möglichkeit eröffnen können, in der stärksten Liga der Welt Fuß zu fassen. Das sind ebenfalls Erfolge, wenn auch in einer anderen Form. Wenn wir es dazu schaffen, uns sportlich kontinuierlich zu verbessern, dann haben wir viel erreicht.

DFB.de: Wie wichtig ist ein guter Auftakt?

Kahlert: Wir spielen erst in Leverkusen, dann zu Hause gegen Hoffenheim. Da können und wollen wir natürlich etwas holen. Das ist wichtig für die Spielerinnen, aber auch für den Verein. Wir müssen wieder sportlich positive Schlagzeilen schreiben. Dann kommen mehr Zuschauer, dann unterstützen uns wieder mehr Sponsoren. Das ist der Weg, den wir gehen müssen. Wir müssen zeigen, dass es sich lohnt, diesem Verein zu vertrauen. Und wir müssen ein gutes Image aufbauen und uns somit attraktiv machen. Das ist ein langer Weg, den wir gehen wollen und werden. Davon bin ich überzeugt. Den ersten Schritt müssen allerdings die Spielerinnen machen - mit Teamgeist, mit Leidenschaft auf dem Platz. Erfolg macht interessant. Dann kann es beim traditionsreichen und erfolgreichen FCR 2001 Duisburg wieder aufwärts gehen.