Dr. Koch: Einigung bei Hoyzer-Klage möglich

Was er anpackt, das tut er grundsätzlich mit viel Leidenschaft und Engagement. Denn der Fußball liegt ihm sehr am Herzen. Sechs Jahre lang war Dr. Rainer Koch (49) einst Jugendtrainer, zwölf Jahre lang Schiedsrichter, von 1998 bis 2007 schließlich Vorsitzender des Sportgerichts beim Deutschen Fußball-Bund (DFB).

Seit 2004 ist der gebürtige Kieler, der seit seinem dritten Lebensjahr in Poing in der Nähe von München lebt und im Hauptberuf Richter ist, Präsident des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV). Und seit dem DFB-Bundestag am 26. Oktober 2007 in Mainz zudem DFB-Vizepräsident für Rechts- und Satzungsfragen.

Im aktuellen "DFB.de-Gespräch der Woche" mit DFB-Internetredakteur Michael Morsch spricht Dr. Rainer Koch unter anderem über seinen Wechsel vom Sportgericht ins DFB-Präsidium, den Fall Hoyzer und die vom DFB eingereichte Schadensersatzklage, die Sportgerichtsfälle der letzten Woche und seine Initiative für einen "Runden Tisch" zu Schiedsrichterthemen.

Frage: Dr. Rainer Koch, bevor Sie im Oktober 2007 beim DFB-Bundestag in Mainz zum DFB-Vizepräsidenten für Rechts- und Satzungsfragen gewählt wurden, waren Sie neun Jahre lang Vorsitzender des DFB-Sportgerichts und haben diese Position mit Herzblut ausgeübt. Schwang beim Amtswechsel auch etwas Wehmut mit?

Dr. Rainer Koch: Ich meine grundsätzlich, dass es richtig ist, Aufgabenfelder im Sport von Zeit zu Zeit zu wechseln. Als Sportrichter für die Bundesliga hat man es nach Platzverweisen oder anderen Vorfällen immer wieder mit den selben Vereinen und Personen zu tun. Da ist ein Personalwechsel nach neun Jahren sinnvoll, denn schließlich löst der Sportrichter mit seinem Tun meist keine La-Ola-Wellen aus. Was bleibt, ist die Erinnerung an eine aufregende Zeit mit vielen spannenden Sportrechtsfällen. Traurig bin ich keinesfalls, denn ich freue mich, dass mir mit der Wahl ins DFB-Präsidium eine neue, umfassende und herausfordernde Aufgabe übertragen worden ist.

Frage: Welcher der unzähligen Fälle aus Ihrer Zeit als Vorsitzender des DFB-Sportgerichts ist Ihnen besonders im Gedächtnis haften geblieben - und warum?

Koch: Rechtlich am schwierigsten waren die zahlreichen Verfahren rund um den Wett- und Manipulationsskandal, den der ehemalige Zweitliga-Schiedsrichter Robert Hoyzer ausgelöst hatte und die mich Anfang 2005 vier Monate lang in Atem hielten. Die schwierigste Frage dabei war zu entscheiden, ob die Aussagen von Herrn Hoyzer glaubwürdig sind oder nicht. Kann man - so fragte man sich in der Öffentlichkeit - einem Betrüger glauben? Robert Hoyzer hatte ja mit seinen Aussagen nicht nur sich selbst, sondern auch andere belastet. Und zu entscheiden, ob er da die Wahrheit gesagt hat - dabei konnte mir damals niemand helfen. Ich hielt seine Aussage für glaubwürdig, wie man heute weiß zu Recht. Hätte ich mich geirrt, hätte das der DFB-Sportgerichtsbarkeit schwer geschadet.

Frage: Ihr Nachfolger beim DFB-Sportgericht, Hans E. Lorenz, hat unlängst gesagt, dass sich das bestehende Rechtssystem des DFB absolut bewährt habe und derzeit keine Änderungen vonnöten seien. Kann dem der DFB-Vizepräsident für Rechts- und Satzungsfragen zustimmen?

Koch: Ja. Kleinere Anpassungen werden zwar immer wieder mal notwendig werden, aber das vor gut fünf Jahren von dem damaligen Vorsitzenden des DFB-Kontrollausschusses, Horst Hilpert, und mir entwickelte Einzelrichter-Verfahren hat sich seither sehr gut bewährt.

Frage: In der vergangenen Woche diskutierten viele Fans die Sportgerichtsfälle Diego, Gomez und van Bommel. Wie sehen Sie die ergangenen Entscheidungen?

Koch: Drei Spiele Sperre für den Platzverweis gegen Diego entsprechen der ständigen Rechtsprechung. Auch die Geldstrafe von 8000 Euro gegen Mario Gomez ist angemessen, denn die Beleidigung seines Gegenspielers Maik Franz war inakzeptabel. Beide Spieler müssen wissen, dass ihre kleine Privatfehde sich schnell in einer gewalttätigen Fan-Auseinandersetzung fortsetzen kann. Die am Wochenende gegen Mark van Bommel verhängte weitere Sperre von zwei Spielen zuzüglich 15.000 Euro Geldstrafe ist ebenfalls gut vertretbar.

Frage: Droht denn im Profifußball ein Verfall der Sitten?

Dr. Rainer Koch © Bongarts/Getty/Images
Dr. Rainer Koch mit Fußballnachwuchs

Koch: Nein, das glaube ich nicht. Fußball ist ein Spiel mit Emotionen. Natürlich kann man nicht gutheißen, wenn Stuttgarts Mario Gomez den Karlsruher Maik Franz vor laufender Kamera beleidigt und die beiden ihr Duell öffentlich austragen. Unsere Profis stehen besonders im Rampenlicht und haben deshalb auch eine Vorbildfunktion. Da muss der DFB selbstverständlich reagieren, aber Mario Gomez hat sich schnell entschuldigt, und der Fall ist erledigt. Viel mehr Sorgen machen mir aber die Feuerwerkskörper, die beim Derby zwischen Stuttgart und Karlsruhe auf den Rasen flogen. Wenn da mal einen Spieler getroffen wird, dann kann das sehr gefährlich sein. Wir wollen keineswegs die Freiräume der Fans beschneiden. Aber solch ein Verhalten gehört missbilligt und streng bestraft. Da sind die Anhänger aber auch im Verhältnis untereinander gefordert. Die richtige Reaktion wäre, dem Nebenmann auf die Finger zu klopfen, wenn er einen Feuerwerkskörper zünden will. Wenn das passiert, muss das Sportgericht gar nicht mehr eingreifen.

Frage: Wie erklärt der Präsident des Bayerischen Fußball-Verbandes seinen Mitgliedern die teils unterschiedlich langen Sperrstrafen für in etwa vergleichbare Vergehen im Amateur- und Profibereich?

Koch: Ich habe das für Bayern genau untersuchen lassen. Dabei kam heraus, dass sich die Strafen bei gleichen Sachverhalten nicht wesentlich unterscheiden. Der davon abweichende Eindruck in der Öffentlichkeit wird ursächlich dadurch beeinflusst, dass dem DFB-Sportgericht zur Urteilsfindung vor allem dank der Fernsehbilder wesentlich bessere Beweismittel zur Verfügung stehen als den Sportrichtern im Amateurfußball. Das ermöglicht dem DFB-Sportgericht mitunter eine präzisere Sachaufklärung und führt hin und wieder zu einer etwas milderen Bewertung eines Platzverweises, als dies im Amateurbereich bei bloßer Zugrundelegung der Schilderung im Schiedsrichter-Bericht möglich ist.

Frage: Sie sind im DFB-Präsidium auch für den Schiedsrichterausschuss zuständig. Zuletzt standen die Bundesliga-Unparteiischen seitens einiger Vereinsvertreter und Medien teilweise in der Kritik. Berechtigt?

Koch: Fehlentscheidungen von Schiedsrichtern lassen sich nicht gänzlich vermeiden und müssen intensiv aufgearbeitet werden, weshalb der Schiedsrichterausschuss für den heutigen Montag aus aktuellem Anlass zu einer bewusst um einen Monat vorgezogenen Zusatzschulung der Assistenten eingeladen hat. Ich appelliere aber an alle Beteiligten, bei der Beurteilung von Schiedsrichterentscheidungen mehr Sachlichkeit und Fairness walten zu lassen. Wenn ein Schiedsrichtergespann wie vergangene Woche im Münchner DFB-Pokal-Derby über 120 Minuten hinweg schwerste Abseits- und Foulentscheidungen fast durchgängig richtig trifft, dann sollte man das anerkennen und sich nicht wegen berechtigter Platzverweise und eines möglicherweise vorenthaltenen Strafstoßes aufregen.

Frage: Sie haben jüngst angekündigt, einen „Runden Tisch“ für Schiedsrichterfragen mit Vertretern aus der Liga einrichten zu wollen. Wie ist der Stand der Dinge?

Koch: Heute treffe ich mich mit dem Vorsitzenden des Schiedsrichterausschusses, Volker Roth, Schiedsrichter-Lehrwart Eugen Strigel und DFL-Geschäftsführer Holger Hieronymus Wir werden, entsprechend meiner Ende Januar gestarteten Initiative, schon sehr bald zum ersten Mal und dann in regelmäßigen Abständen sowie bei aktuellem Bedarf Verantwortliche aus der Bundesliga und aus dem Schiedsrichterbereich an einen "Runden Tisch" holen. Dort soll dann ein regelmäßiger Austausch zu aktuellen Schiedsrichterthemen erfolgen. Wir müssen die Diskussion versachlichen und vor allem endlich mal versuchen zu klären, wann eine Schiedsrichterleistung gut ist. Dazu scheint es mir aktuell nämlich keinen Konsens zu geben, weshalb mich die ständigen Querelen zwischen Vereinen und Schiedsrichtern auch nicht wirklich wundern.

Frage: Für den DFB sind Sie in Berlin einer der Prozess-Beteiligten bei der Verhandlung der vom DFB im Rahmen des Wett- und Manipulationsskandals eingereichten Schadensersatzklage gegen Robert Hoyzer. Zuletzt gab es ein Gespräch beider Parteien zur Erörterung einer möglichen außergerichtlichen Lösung. Wie sehen Sie die Chancen dazu?

Koch: Ich sehe gute Aussichten für eine Einigung, wenn Robert Hoyzer auf unsere wesentlichen Zielsetzungen eingeht: Wir wollen eventuell bei ihm noch vorhandene Informationen zum Wett- und Manipulationsskandal schnellstmöglich und vollständig erhalten und nicht immer wieder mit neuen Enthüllungen konfrontiert werden. Ferner wollen wir sicherstellen, dass er aus dem Wett- und Manipulationsskandal keinen persönlichen wirtschaftlichen Nutzen zieht. Wenn Robert Hoyzer hier zur Kooperation bereit ist, dann werden wir ihm eine Chance für seinen weiteren Lebensweg eröffnen und den uns nach Ansicht des Landgerichts Berlin wohl zustehenden Schadensersatz-Betrag von über 1,5 Millionen Euro zu großen Teilen nicht vollstrecken.

Frage: Eine Erhebung auf dem Gebiet des Bayerischen Fußball-Verbandes ergab vor kurzem, dass an einem Wochenende mehr als zehnmal so viele Zuschauer auf den Fußballplätzen der Amateurvereine anzutreffen sind als in den Stadien der bayerischen Profiklubs. Welche Rückschlüsse ziehen Sie daraus, gerade im Hinblick auf den neu zu verhandelnden Grundlagenvertrag mit dem Ligaverband?

Koch: Die Einnahmen der Nationalmannschaft und aus dem Betrieb der Bundesliga generieren sich überwiegend über die Fans, die den Fußball lieben und dafür oftmals sehr viel Geld ausgeben. Sie lieben den Profifußball, dessen Stars eminent wichtig für die dauerhafte Attraktivität der Sportart Fußball sind. In sehr großer Anzahl sind die Fans gleichzeitig aber auch Akteure, Anhänger oder Förderer des Amateurfußballs. Ohne den Amateurfußball lässt sich auf Dauer weder ein wirtschaftlich stabiler Fußballmarkt sichern, noch eine effektive Förderung des Fußball-Nachwuchses gestalten. Es ist daher richtig und in Zukunft mehr denn je notwendig, dass der Amateurfußball weiterhin angemessen und mit festen Mittelzuweisungen an den Einnahmen des professionellen Fußballs beteiligt wird.

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Was er anpackt, das tut er grundsätzlich mit viel Leidenschaft und Engagement. Denn der Fußball liegt ihm sehr am Herzen. Sechs Jahre lang war Dr. Rainer Koch (49) einst Jugendtrainer, zwölf Jahre lang Schiedsrichter, von 1998 bis 2007 schließlich Vorsitzender des Sportgerichts beim Deutschen Fußball-Bund (DFB).

Seit 2004 ist der gebürtige Kieler, der seit seinem dritten Lebensjahr in Poing in der Nähe von München lebt und im Hauptberuf Richter ist, Präsident des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV). Und seit dem DFB-Bundestag am 26. Oktober 2007 in Mainz zudem DFB-Vizepräsident für Rechts- und Satzungsfragen.

Im aktuellen "DFB.de-Gespräch der Woche" mit DFB-Internetredakteur Michael Morsch spricht Dr. Rainer Koch unter anderem über seinen Wechsel vom Sportgericht ins DFB-Präsidium, den Fall Hoyzer und die vom DFB eingereichte Schadensersatzklage, die Sportgerichtsfälle der letzten Woche und seine Initiative für einen "Runden Tisch" zu Schiedsrichterthemen.

Frage: Dr. Rainer Koch, bevor Sie im Oktober 2007 beim DFB-Bundestag in Mainz zum DFB-Vizepräsidenten für Rechts- und Satzungsfragen gewählt wurden, waren Sie neun Jahre lang Vorsitzender des DFB-Sportgerichts und haben diese Position mit Herzblut ausgeübt. Schwang beim Amtswechsel auch etwas Wehmut mit?

Dr. Rainer Koch: Ich meine grundsätzlich, dass es richtig ist, Aufgabenfelder im Sport von Zeit zu Zeit zu wechseln. Als Sportrichter für die Bundesliga hat man es nach Platzverweisen oder anderen Vorfällen immer wieder mit den selben Vereinen und Personen zu tun. Da ist ein Personalwechsel nach neun Jahren sinnvoll, denn schließlich löst der Sportrichter mit seinem Tun meist keine La-Ola-Wellen aus. Was bleibt, ist die Erinnerung an eine aufregende Zeit mit vielen spannenden Sportrechtsfällen. Traurig bin ich keinesfalls, denn ich freue mich, dass mir mit der Wahl ins DFB-Präsidium eine neue, umfassende und herausfordernde Aufgabe übertragen worden ist.

Frage: Welcher der unzähligen Fälle aus Ihrer Zeit als Vorsitzender des DFB-Sportgerichts ist Ihnen besonders im Gedächtnis haften geblieben - und warum?

Koch: Rechtlich am schwierigsten waren die zahlreichen Verfahren rund um den Wett- und Manipulationsskandal, den der ehemalige Zweitliga-Schiedsrichter Robert Hoyzer ausgelöst hatte und die mich Anfang 2005 vier Monate lang in Atem hielten. Die schwierigste Frage dabei war zu entscheiden, ob die Aussagen von Herrn Hoyzer glaubwürdig sind oder nicht. Kann man - so fragte man sich in der Öffentlichkeit - einem Betrüger glauben? Robert Hoyzer hatte ja mit seinen Aussagen nicht nur sich selbst, sondern auch andere belastet. Und zu entscheiden, ob er da die Wahrheit gesagt hat - dabei konnte mir damals niemand helfen. Ich hielt seine Aussage für glaubwürdig, wie man heute weiß zu Recht. Hätte ich mich geirrt, hätte das der DFB-Sportgerichtsbarkeit schwer geschadet.

Frage: Ihr Nachfolger beim DFB-Sportgericht, Hans E. Lorenz, hat unlängst gesagt, dass sich das bestehende Rechtssystem des DFB absolut bewährt habe und derzeit keine Änderungen vonnöten seien. Kann dem der DFB-Vizepräsident für Rechts- und Satzungsfragen zustimmen?

Koch: Ja. Kleinere Anpassungen werden zwar immer wieder mal notwendig werden, aber das vor gut fünf Jahren von dem damaligen Vorsitzenden des DFB-Kontrollausschusses, Horst Hilpert, und mir entwickelte Einzelrichter-Verfahren hat sich seither sehr gut bewährt.

Frage: In der vergangenen Woche diskutierten viele Fans die Sportgerichtsfälle Diego, Gomez und van Bommel. Wie sehen Sie die ergangenen Entscheidungen?

Koch: Drei Spiele Sperre für den Platzverweis gegen Diego entsprechen der ständigen Rechtsprechung. Auch die Geldstrafe von 8000 Euro gegen Mario Gomez ist angemessen, denn die Beleidigung seines Gegenspielers Maik Franz war inakzeptabel. Beide Spieler müssen wissen, dass ihre kleine Privatfehde sich schnell in einer gewalttätigen Fan-Auseinandersetzung fortsetzen kann. Die am Wochenende gegen Mark van Bommel verhängte weitere Sperre von zwei Spielen zuzüglich 15.000 Euro Geldstrafe ist ebenfalls gut vertretbar.

Frage: Droht denn im Profifußball ein Verfall der Sitten?

Dr. Rainer Koch © Bongarts/Getty/Images
Dr. Rainer Koch mit Fußballnachwuchs

Koch: Nein, das glaube ich nicht. Fußball ist ein Spiel mit Emotionen. Natürlich kann man nicht gutheißen, wenn Stuttgarts Mario Gomez den Karlsruher Maik Franz vor laufender Kamera beleidigt und die beiden ihr Duell öffentlich austragen. Unsere Profis stehen besonders im Rampenlicht und haben deshalb auch eine Vorbildfunktion. Da muss der DFB selbstverständlich reagieren, aber Mario Gomez hat sich schnell entschuldigt, und der Fall ist erledigt. Viel mehr Sorgen machen mir aber die Feuerwerkskörper, die beim Derby zwischen Stuttgart und Karlsruhe auf den Rasen flogen. Wenn da mal einen Spieler getroffen wird, dann kann das sehr gefährlich sein. Wir wollen keineswegs die Freiräume der Fans beschneiden. Aber solch ein Verhalten gehört missbilligt und streng bestraft. Da sind die Anhänger aber auch im Verhältnis untereinander gefordert. Die richtige Reaktion wäre, dem Nebenmann auf die Finger zu klopfen, wenn er einen Feuerwerkskörper zünden will. Wenn das passiert, muss das Sportgericht gar nicht mehr eingreifen.

Frage: Wie erklärt der Präsident des Bayerischen Fußball-Verbandes seinen Mitgliedern die teils unterschiedlich langen Sperrstrafen für in etwa vergleichbare Vergehen im Amateur- und Profibereich?

Koch: Ich habe das für Bayern genau untersuchen lassen. Dabei kam heraus, dass sich die Strafen bei gleichen Sachverhalten nicht wesentlich unterscheiden. Der davon abweichende Eindruck in der Öffentlichkeit wird ursächlich dadurch beeinflusst, dass dem DFB-Sportgericht zur Urteilsfindung vor allem dank der Fernsehbilder wesentlich bessere Beweismittel zur Verfügung stehen als den Sportrichtern im Amateurfußball. Das ermöglicht dem DFB-Sportgericht mitunter eine präzisere Sachaufklärung und führt hin und wieder zu einer etwas milderen Bewertung eines Platzverweises, als dies im Amateurbereich bei bloßer Zugrundelegung der Schilderung im Schiedsrichter-Bericht möglich ist.

Frage: Sie sind im DFB-Präsidium auch für den Schiedsrichterausschuss zuständig. Zuletzt standen die Bundesliga-Unparteiischen seitens einiger Vereinsvertreter und Medien teilweise in der Kritik. Berechtigt?

Koch: Fehlentscheidungen von Schiedsrichtern lassen sich nicht gänzlich vermeiden und müssen intensiv aufgearbeitet werden, weshalb der Schiedsrichterausschuss für den heutigen Montag aus aktuellem Anlass zu einer bewusst um einen Monat vorgezogenen Zusatzschulung der Assistenten eingeladen hat. Ich appelliere aber an alle Beteiligten, bei der Beurteilung von Schiedsrichterentscheidungen mehr Sachlichkeit und Fairness walten zu lassen. Wenn ein Schiedsrichtergespann wie vergangene Woche im Münchner DFB-Pokal-Derby über 120 Minuten hinweg schwerste Abseits- und Foulentscheidungen fast durchgängig richtig trifft, dann sollte man das anerkennen und sich nicht wegen berechtigter Platzverweise und eines möglicherweise vorenthaltenen Strafstoßes aufregen.

Frage: Sie haben jüngst angekündigt, einen „Runden Tisch“ für Schiedsrichterfragen mit Vertretern aus der Liga einrichten zu wollen. Wie ist der Stand der Dinge?

Koch: Heute treffe ich mich mit dem Vorsitzenden des Schiedsrichterausschusses, Volker Roth, Schiedsrichter-Lehrwart Eugen Strigel und DFL-Geschäftsführer Holger Hieronymus Wir werden, entsprechend meiner Ende Januar gestarteten Initiative, schon sehr bald zum ersten Mal und dann in regelmäßigen Abständen sowie bei aktuellem Bedarf Verantwortliche aus der Bundesliga und aus dem Schiedsrichterbereich an einen "Runden Tisch" holen. Dort soll dann ein regelmäßiger Austausch zu aktuellen Schiedsrichterthemen erfolgen. Wir müssen die Diskussion versachlichen und vor allem endlich mal versuchen zu klären, wann eine Schiedsrichterleistung gut ist. Dazu scheint es mir aktuell nämlich keinen Konsens zu geben, weshalb mich die ständigen Querelen zwischen Vereinen und Schiedsrichtern auch nicht wirklich wundern.

Frage: Für den DFB sind Sie in Berlin einer der Prozess-Beteiligten bei der Verhandlung der vom DFB im Rahmen des Wett- und Manipulationsskandals eingereichten Schadensersatzklage gegen Robert Hoyzer. Zuletzt gab es ein Gespräch beider Parteien zur Erörterung einer möglichen außergerichtlichen Lösung. Wie sehen Sie die Chancen dazu?

Koch: Ich sehe gute Aussichten für eine Einigung, wenn Robert Hoyzer auf unsere wesentlichen Zielsetzungen eingeht: Wir wollen eventuell bei ihm noch vorhandene Informationen zum Wett- und Manipulationsskandal schnellstmöglich und vollständig erhalten und nicht immer wieder mit neuen Enthüllungen konfrontiert werden. Ferner wollen wir sicherstellen, dass er aus dem Wett- und Manipulationsskandal keinen persönlichen wirtschaftlichen Nutzen zieht. Wenn Robert Hoyzer hier zur Kooperation bereit ist, dann werden wir ihm eine Chance für seinen weiteren Lebensweg eröffnen und den uns nach Ansicht des Landgerichts Berlin wohl zustehenden Schadensersatz-Betrag von über 1,5 Millionen Euro zu großen Teilen nicht vollstrecken.

Frage: Eine Erhebung auf dem Gebiet des Bayerischen Fußball-Verbandes ergab vor kurzem, dass an einem Wochenende mehr als zehnmal so viele Zuschauer auf den Fußballplätzen der Amateurvereine anzutreffen sind als in den Stadien der bayerischen Profiklubs. Welche Rückschlüsse ziehen Sie daraus, gerade im Hinblick auf den neu zu verhandelnden Grundlagenvertrag mit dem Ligaverband?

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Koch: Die Einnahmen der Nationalmannschaft und aus dem Betrieb der Bundesliga generieren sich überwiegend über die Fans, die den Fußball lieben und dafür oftmals sehr viel Geld ausgeben. Sie lieben den Profifußball, dessen Stars eminent wichtig für die dauerhafte Attraktivität der Sportart Fußball sind. In sehr großer Anzahl sind die Fans gleichzeitig aber auch Akteure, Anhänger oder Förderer des Amateurfußballs. Ohne den Amateurfußball lässt sich auf Dauer weder ein wirtschaftlich stabiler Fußballmarkt sichern, noch eine effektive Förderung des Fußball-Nachwuchses gestalten. Es ist daher richtig und in Zukunft mehr denn je notwendig, dass der Amateurfußball weiterhin angemessen und mit festen Mittelzuweisungen an den Einnahmen des professionellen Fußballs beteiligt wird.